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 Betreff des Beitrags: Im Geiste Jassavias
BeitragVerfasst: 1.10.10, 17:29 
Einsiedler
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"Schwester, man erwartet Dich im Hof der Abtei. Rüste Dich und lege Dein Ornat an, wir haben einen hohen Gast."

Yeranae schlug das Buch zu, über dem sie gebeugt war und ebenso ihre Augen. Für einen kurzen Moment war ihr, als hätte sich das alles schon einmal abgespielt. Vor ihrem inneren Auge. Es kam selten genug vor, dass die Klosterfeste von einer höheren Person besucht worde. Sie lag so tief in den nördlichen Gebirgen Galadons, dass es an ein Wunder grenzte, sie überhaupt in all' dem Schnee und Eis wieder zu finden. Meist verirrten sich nur Wanderer hier hinauf. Das war einmal anders. Damals, als die Kriege mit den Nordvölkern das nördliche Galadon heimsuchten. Zu dieser Zeit gab es hier oben mehr zu tun - das Hospital war ununterbrochen belegt mit Kranken, Verletzten und Flüchtlingen. Die Schwertführer Bellums und ihre Schwestern und Brüder waren stets auf der Suche nach Verirrten in den Gebirgsgängen und -pässen und nicht selten wurde die Klosterfeste selbst angegriffen.

Kämpfe, die erlebte man hier nur noch gegen die seltenen Troll- und Harpienübergriffe. Es war ein langweiliger Ort, könnte man sagen. Aber er gefiehl ihr. Er war alles, was sie jemals sah und sehen wollte. Und es war selige Ruhe und Zeit genug, die Bibliotheken zu durchforsten.

Sie stieß einen Augenblick später auf den Innenhof der Abtei, richtete noch rasch das einfache, ungefärbte Ornat über ihrer Fellgefütterten Lamellarrüstung, mit den eingestickten roten Runenzeichen, welche hier auf jedem Kleidungsstück, selbst an jeder Tier verewigt wurden und die Zugehörigkeit der Wacht Tharans attestierten.

Kurz bevor sich das weite Portal zum Innenhof öffnete, nahm sie bereits Stellung neben einer älteren Nonnenschwester in schlichtester Tracht. Als eine in viele Kleider verhüllte Gestalt mitsamt seiner beiden ebenso schmächtigen Begleiter durch das im Vergleich grotesk gewaltig wirkende Portal traten und vom Abt mit rasselnden, weiten Schritten in Empfang genommen wurden, gab die hinter ihm aufgebaute Kulisse keinen Laut von sich. Köpfe neigten sich, Augen schlugen sich nieder, die Hände waren vor der Brust gefaltet oder unter den Mänteln und Roben vor der Kälte verborgen.

"Den Vieren sei Dank, Ihr seid wohlbehalten angekommen, Exellenz. Kommt, heraus aus der Kälte, Eure Reise war anstrengend.", ohne weiteres Zögern führte der Geweihte die Dreiergruppe an seiner braven Schar vorbei, die sich auch dann erst rührte, als alle vier im Inneren der Abtei verschwunden waren.

Magier ... eine Seltenheit hier oben, abgesehen vom Alten Zherebras, dem Eremiten. Immer für eine Abwechselung gut. Sie zog sich zurück in die Bibliothek.

***
Zu einer anderen Zeit, an einem vollkommen anderen Ort


"Ich glaube du kannst es schaffen, wenn du ein wenig Leid in Kauf nimmst. Ansonsten werden sich die Späher der Echsenwesen deiner annehmen. Sah'Lien ... ich hoffe wir sehen uns wieder."

Seine Worte dämmerten in ihrem Kopf. Seit vielen Zyklen saß sie nun hier, an die Wand gedrängt. Ihre Hände waren am Rücken gefesselt und die Fesseln am alten, mit Moos bewachsenen, übelriechenden Gemäuer festgebunden.
Sie rastete gerade in dem Moment, als sie schlurfende Schritte und unmenschliches Geschnatter aus dem Abgrund wahrnahm, den die Treppe, vor der sie gefangen war, herabführte.

Noch einmal suchte sie nach aller Konzentration, die sie nur aufbieten konnte. Sie lernte einst, Schmerzen und Mühsal über sich ergehen zu lassen. Sie aus dem Geist zu vertreiben und somit fern von ihrem Körper zu halten. Für einen Augenblick zumindest. Im Kampf, wenn jeder Schmerz zur Last werden oder der Anblick des Chaos einem den Mut rauben würde. Doch dies hier war kein Kampf. Es war eine Prüfung. Nicht eine Prüfung die ihr die Götter stellten. Ihr Meister stellte sie ihr... .

Das Seil schnitt noch tiefer in ihre Handgelenke, scheuerte die Haut auf, brachte sie zum Bluten. Sie versuchte es weiter und weiter, zwang sich mit aller verbliebener Kraft und der kläglichen Ruhe dazu, die Fesseln zu lockern, nur um noch einen Schritt weiter zu gelangen. Zu dem Dolch, der kaum drei Schritte neben ihr im Boden steckte.

Sie suchte ihn sich nicht aus. Doch sie nahm ihn als Meister an, ohne sein Wesen zu kennen, ohne ihn überhaupt zu kennen. Vielleicht war es eine Eingebung - oder nur der einzig erleuchtete Weg auf diesen dunklen Pfaden. Sie hatte sich für diesen Weg entschieden. Und sie wollte nicht versagen. Nicht vor den Göttern, nicht vor ihrem ewigen Herrn und nicht vor ihrem Meister.

Wir tragen das Licht der Götter in uns. Doch einer, der voller Hingabe ist, trägt dieses Licht als eine Rüstung des Glaubens und erhellt uns die finstersten Wege, wenn wir ihm nur folgen würden.

Ein Ruck ging durch ihren Körper, sie fiel plötzlich flach nach vorne. Das morsche Gemäuer hatte nachgegeben und sie wenigstens davor befreit, an der Wand gefesselt zu sein. Jetzt kroch sie eilig dem Dolch entgegen, windete sich um ihn, sodass die Schneide ihre Fesseln zerreißen konnte. Sie hörte die Geräusche aus der Tiefe immer näher kommen - die Wesen mussten gleich hier oben sein.

Da sah sie den hässlichen, gehörnten Kopf am Ende der Treppe auftauchen. Das zornige Zischen der Echse zog wie ein eisiger Frostwind durch ihre Glieder. Die Echse setzte zum Sprung an, direkt auf sie zu - und ging kreischend zu Boden.
Im letzten Moment durchschnitt der Dolch im Boden ihre Fesseln und sie zögerte nicht lange, nahm die Klinge in die einzig freie Hand und stieß sie dem anspringenden Untier entgegen.
Der scharfe, spitze Stahl bohrte sich in seine Brust - es war beinahe augenblicklich tot. Sie musste das Herz getroffen haben... .


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 Betreff des Beitrags: Eine Geschichte
BeitragVerfasst: 5.10.10, 16:26 
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Auf einem grünen Grabhügel abseits des großen Portales Jassavias' stand ein Ehrenmahl der Wächter - eine eherne Statue des kniend betenden Kriegers und ein Zirkel aus Schrifttafeln, gewidmet den vier Göttern. So sagt man jedenfalls. Und vielleicht kennt man auch noch die Sage dazu, die in den letzten Tagen der weißen Stadt entstand.


Nachdem Zhervas sich gelabt und von seinen schwersten Wunden im Schoße der Priesterinnen befreit war, erfasste ihn neuer Mut und er strebte danach, zu seinen Gefährten in den Kampf zurück zu kehren. Dies, obgleich sein Schildarm lahm und seine Augen ihn fast mit Dunkelheit umfingen und er kaum scheiden konnte zwischen Freund und Feind. Er schwang sich mit dem Segen der getreuen Priesterinnen auf sein Ross und bald entdeckte man ihn auf dem Schlachtfeld vor den silbernen Portalen der Stätte. Sein Ross führte ihn durch das Getümmel. Sein edles Schwert schlug gerade den, der ihm Nahe war und traf bald das goldene Laub einer befreundeten Wehr.

Es war Isindil, einer der Verteidiger, dessen Schulterzierde unter dem Hieb zerborsten war und der sich dem Freund entgegen stellte. "Bist du das, Bruder? Zhervas, gib dich zu erkennen - dein Schwert hat meinen Panzer gebrochen."
"Vergebe mir! Vergebt mir ihr Vier. Mein Blick ist verdunkelt und meine Wunden machen mir zu schaffen, alter Freund. Kannst du mir vergeben? Noch einmal will ich an deiner Seite stehen." Untröstlich war Zhervas, weil sein Schwert, das den Vieren gewidmet war und gegen die Dunkelheit gerichtet, dem Freund Leid zufügte. Doch half ihm der Freund nur vom hohen Roß und erwiderte ihm ohne jeden Argwohn. "Ich vergebe dir. Und die Götter vergeben dir. Sieh, dort stürmen sie wieder an. Stehe an unserer Seite."
Viele andere versammelten sich um die beiden und bildeten einen Wall aus schimmernder Wehr. Ihr Blick richtete sich voran, so wie ihre Schwerter und Speere und ihre Lanzen. So erwarteten sie die ungestüme Horde der götterlosen Geschöpfe, unter denen nicht nur Monstren und Wesen aus den Zwischensphären, aber auch Menschen aus Fleisch und Blut waren.
Die Schlacht fand ihren Höhepunkt. Doch weder Isindil noch Zhervas, schwer verwundet, nahmen Teil an den Schrecken, die inmitten des Getümmels nicht zu sehen waren. Und so auch nicht die anderen Gefährten, von denen einer nach dem anderen zu Boden fiel, wenn er von einem Speer gefällt, von einem Schwert erstochen oder den hieben von Äxten nachgeben musste.

Der Heerführer Vharan, der zurück mit wenigen getreuen Tempelwächtern blieb, um als letzter, müsste es sein, die Heiligtümer der Stätte verteiden zu können, sah mit trübsinniger Miene von den hohen Mauern herab, wie seine Brüder und Schwestern im Kampf fielen. Bald löste sich das Getümmel auf. Vieles blieb reglos im Gras liegen, als die Heerschar Angamons sich zurückzog. Doch keiner seiner Gefährten kehrte zurück. "Mit dem nächsten Ansturm", so wandte er sich an die kleine Schar Ältester, "will ich mit Euch die Tore verteidigen."

Derweil gelang es Isindil, der schwere Wunden davon getragen hatte und sich selbst kaum noch halten konnte, den alten Freund, der wie er selbst im Kampf gefallen war, an eine abgelegene Stelle auf dem Schlachtfeld in frisches Gras zu betten. Der Freund hatte kaum die Kraft mehr, seinen schweren Helm vom Haupt zu heben. So half er ihm.
"Mit mir geht es zu Ende, mein Bruder. Mögen die Götter, mögen die Ahnen auf uns herab lächeln. Mögen sie uns in das Paradies Lothorien führen, uns mit den Gefährten vereinen."
Mit diesen Worten verschloß Zhervas zufrieden und glücklich trotz seines Leides die Augen. Galtors Schwingen umfingen ihn. Sein Geist kehrte zurück auf die Nebelinseln.
Isindil, der nebem seinem entschlafenen Freund kniete, wurde von tiefer Trauer empfangen. Seine Gefährten waren allesamt gefallen, die Stätte war nun ungeschützt und in seinen Armen lag der tote Bruder.
"Oh ihr Vier. Ihr prüft uns schwer. Nehmt dieses Wesen, das Euch stets ein getreuer Diener war, an Eure Seite. Ich lege mich hernieder und will ihm folgen." So sprach Isindil laut den Himmeln entgegen und seine Hände umfingen die Erde zu seinen Füßen.

Doch als er schon im Inbegriff war, sich seiner Wunden zu ergeben, tauchten vor ihm zwei Gefährten auf, die er als gefallen glaubte. Es waren Jheris und Mirná, zwei Verteidiger der Stätte. Auch sie trugen schwere Wunden davon. Ehe Mirná noch etwas sprechen konnte, legte sie sich neben dem entschlafenen Zhervas in das frische, grüne Gras und folgte ihm jenseits der großen See.
Doch Jheris, der ein Sohn des obersten Tempelwächters Vharan war, kniete sich neben seinen verbliebenen Gefährten, streckte ihm sein silbernes Horn entgegen und sagte ohne Kraft, denn seine Wunden waren unverzeilich. "Mein Bruder. Auch mit mir nimmt es ein Ende. Doch ich sah, dass der Feind fast geschlagen ist. Die, die uns zuletzt blieben, müssen hinaus kommen und sich ihnen entgegen stellen. So wird auch das Portal nicht fallen und die Bewohner Jassavias bleiben unversehrt. Hier, nimm das Horn des Silbernebels und blase es mit all' deiner Kraft, auf dass sie uns erhören und folgen werden."


Isindil, in dem neue Hoffnung und neuer Mut entflammten, sodass er seine schweren Wunden vergaß, vereinigte in seinem Atem all' seine verbliebenen Kräfte und blies das Horn so lautstark, dass noch im weit entfernten Wald man die Vögel emporstoßen sah.
Auf dem Tempelberg hörte man den klagenden Ruf und der letzte Wächter, Vharan rief voller Tatendrang und Erleichterung seine Getreuen auf.
"Hört den Ruf meines Sohnes! Er lebt noch und steht alleine in der Finsternis. Ich höre an seinem Ruf, dass sein Leben ein Ende nimmt. Kommt, eilt, wenn Ihr noch einmal mit ihm in den Kampf ziehen wollt."
Eine kleine Schar der ältesten Wächter ritten in Windeseile zu den Toren der Stätte herab, um den Freunden und dem Sohn noch einmal beizustehen und die verbliebene Schar Angamons zurück zu schlagen.

Doch auf der Lichtung, in der die Gefährten sich zum Sterben niederlegten, entbrannte jähes Kampfgeheule. Die verbliebene Schar, es waren noch etwas mehr als 200, kehrte zurück. Auch sie hörten den Ruf des Hornes. Doch versetzte er ihnen einen Schauer und den Drang, die übrigen Elfenkrieger zu morden, ehe sie noch etwas anrichten könnten.
Isindil, der sah, dass Jheris ohne jede Kraft mehr war, schöpfte dagegen unbändige Kraft aus der Hoffnung auf die nahenden Freunde. Er ergriff seinen Speer und seinen silbernen Schild und ließ sich den Segen Bellums von seinem hohen Freund wünschen. Er stellte sich der dunklen Meute entgegen und als die Sonne seine Gestalt erleuchtete, war es, als würden die Götter ihn im heiligen Licht erhellen.
Die finstre Brut spaltete sich - 200 Geschöpfe weichten zu allen Seiten aus, um den letzten Wächter zu umzingeln und wagten nicht, ihn anzugreifen.
"Los, los! Es ist Isindil und er trägt die Kraft des Schlächters! Dort eilen schon die Ritter des Tempels zu seiner Hilfe! Bringt ihn noch um, bewerft ihn mit Speeren und Pfeilen!"
Isindil blieb standhaft. Sein Schild wurde wie ein Sieb zerborsten von den Pfeilen und Speeren, die auf ihn niederregneten. Doch blieb er bis zuletzt und ließ die Meute nicht an seinen Freund gelangen, sodass sie fliehen musste vor den nahenden Reitern.

Als Vharan und seine Getreuen eintrafen, fanden sie nur mehr den Sohn wieder, der gerade noch mit dem Segen des Vaters seine letzte Reise antreten konnte und kein weiteres Leid von den götterlosen Wesen davon trug.
Isindil aber, dessen silberne Rüstung zerrissen war und nur noch in blutigen Lumpen an ihm herab hing. Dessen Körper von einem Speer und einer Anzahl von Pfeilen durchbohrt und kraftlos seine letzten Atemzüge tat, spürte, dass es nun ein Ende mit seinem Leben in Mandon nehmen würde.
Er kniete dort wo er zuvor stand nieder, lehnte sich kraftlos an seinen Silberspeer und sprach zuletzt.
"Mit dieser Welt mag es einst ein übles Ende nehmen. Doch begleitet mich heute in die alte Heimat zurück, ihr heiligen Vier und schützt die weiße Stadt, denn sie ist Euer Ehrenmahl und Euer Tempel in der größten Finsternis. Den Freunden aber vergebet, sie haben getan, was sie konnten."
So entschlief auch er in gebeugter Haltung und erwies den Göttern seine letzte Ehrung im Leben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Im Geiste Jassavias
BeitragVerfasst: 30.01.11, 15:20 
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Schneidender, eiskalter Wind peitschte ihr in der Finsternis des noch anhaltenden Dunkeltiefs entgegen.
Ihre Hände fanden gerade noch Halt an einem Vorsprung, dessen Erde von der Kälte erstarrt war, sodass sie sich mühselig daran herauf ziehen konnte.

Atemlos sanken ihre Knie und Hände in den jungfräulich hohen Schnee des im Vitama sicher blühenden, hohen Hügels ein.

Hier musste es gewesen sein. Hier hatte sie vor einem Tageszyklus das rotglimmende Leuchtfeuer gesehen, das sie lockte, ihr die Hoffnung auf Erkenntnis gab. Hier, über den Hügeln in den Gebirgen Südfalls.

*


Sie stand auf den Wehrgängen Seebergs. Gedankenverloren. Und in Selbstmitleid und Trauer versunken über den Verlust des Tempels, über den Tod Myrandhirs und über die Flucht vor ihrer Bestimmung.

Sie sah das Leuchtfeuer rot am Himmel erscheinen - wie sie es vor vielen, vielen Jahren bereits gesehen hatte, an einem gänzlich anderen Ort.
*


Doch hier war nichts. Nur Finsternis. Dunkelheit, die alles verschluckte.

Die Götter haben Siebenwind den Rücken gekehrt und ihre letzte Bastion der allesverschlingenden Dunkelheit überlassen. Wir waren nicht bestimmt dazu, sie zu bewahren.

***


Munteres Rascheln und Knacken von Blattwerk und Geäst im Totenwald, in der sonst Schweigen und Stille jedem Leben Einhalt gebietet. Ein schneller Spurt in der Art eines aufgeschreckten Tieres.

Aus der Ferne erhellt Glut und Feuer der Gemäuer Falkensees nur spärlich den dunklen Pfad. Ein leeres Haus - die Lichter brennen noch, die Fassade hält nicht, was sie verspricht.

Die kleine Schar des Unlebens, das seines Weges gen Seeberg zieht, stört es nicht.

Auch als das finstere Blattwerk am Wegesrand aufbricht und das aufgeschreckte Tier, als es seine Jäger eingeholt hatte, sich auf die Schar der Untoten lautlos stürzte, war die Überraschung so gering, wie sie für einen sein kann, der keine Überraschung kennt.

Das dumpfe Surren einer matten Klinge durchbricht die leblose Finsternis und für einen kurzen Augenblick durchbricht nicht nur die kämpferische Gestalt das Dickicht des Waldes. In ihrer weißen Handfläche, den Untoten Einhalt gebietend und wenig angsteinflößend im Spurt entgegen gereckt, flammt ein grelles, helles Licht auf. Es blendet die Augenlosen für einen Moment.

Dann kehrt wieder Totenruhe ein und das Rascheln im Walde wird nur noch begleitet von einem zornigen Grollen des Meisters der Widergekehrten von jenseits der einstigen Ruhestätte.

Als sie die dunklen Wege aus den Augen verloren hat, sank Yeranae in den Schnee.
Es war nicht viel, das sie tun konnte, solange sie in der Schlucht zwischen zwei Wegen wandelte.

So streunt sie auf ihrer Suche abseits der Pfade.


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 Betreff des Beitrags: Re: Im Geiste Jassavias
BeitragVerfasst: 30.01.11, 18:02 
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Vor einem wärmendem Feuerchen saß Yeranae in einer Felsnische, hoch oben in dem Gebirgszug der Südfall vom Rest der Insel trennte.
Von dort oben hatte man einen freien Blick über die Insel - oder das, was von ihr übrig blieb - nachdem die unnatürliche Dunkelheit dem Licht Felas gewichen war.

Es ging ihr besser, seit die Insel wieder in Tageszyklen auftauchte und in Nachtzyklen versank. Seit das Leben der Insel zurückgekehrt war. Der Schwermut und die Enttäuschung waren von ihr gefallen, wie eine schwere Last, die man nur abuzlegen brauchte.

Sich am Feuer wärmend, lag ihr Blick auf der Stadt, die man einst Falkensee nannte. Sie beobachtete aus der Ferne das Treiben jenseits ihrer Mauern und das Treiben diesseits ihrer Mauern. Doch mehr als die Rauchschwaden, die über den Turmspitzen der Stadt verharrten und über das Dorf der Halblinge zogen, war nicht zu erkennen. Das war es nie... .

Sie konnte nicht zurückkehren. Noch nicht.
Als sie ging, war sie sich bewusst, dass sie nicht zurückkehren würde, ehe sie Gewissheit erlangte. Gewissheit über sich selbst, über die Wege, die sie einschlug und die sie fortan beschreiten würde. Waren sie gerecht? Waren sie das, was ihr bestimmt war? Oder entzog sie sich immer mehr ihrer Bestimmung als das, was sie war - eine niedere Schwester der vier Götter.

Sie verschloss ihre Augen. Aus der Ferne hörte man das dumpfe Pochen und Knallen der Katapultgeschosse, die hier und da in Dächer und Mauern krachten. Und die Rufe, die manchmal bis hinauf in die nahegelegenen Gebirge drangen.

In ihrem Kopf spukten Bilder, seit sie Siebenwind betrat. Vielleicht schon, seit sie mit dem Schiff reiste. Sie konnte sie nicht ordnen, doch sie schienen ihr vertraut. Etwas Schönes. Eine gute Erinnerung. Doch so genussvoll sie auch sein könnten, umso angsteinflößender waren sie ober der bloßen Undeutbarkeit.

Ein müdes Schmunzeln erhellte ihre Gesichtszüge - sie blickte wieder nach Falkensee.
Sie hatte versucht, diese Bilder zu malen - Oh Vitama. Sie war eine schlechte Zeichnerin.

Jassavia und seine Legenden dagegen lichteten die Ungewissheit in ihrem wirren Geist ein wenig. Fast so, als hätte sie all' das schon einmal gehört oder gelesen oder gar erlebt. Was gewissermaßen unsinnig erschien. Schließlich entsprang alles, was sie über die elfischen Völker wusste den Büchern und Lehren alter Menschen und ihres kurzen Aufenthaltes auf Siebenwind.

Sie war keine von ihnen. Aber sie hatte gehofft, es werden zu können. Eine Elfe werden zu können, ohne ihrer Bestimmung vor den Göttern zu entfliehen. Und nun ... - sie hatte versagt. Wenigstens darin, geflohen zu sein.

Ihre Augen verschlossen sich wieder. Sie konnte noch nicht zurückkehren.
Vor ihrem Inneren zog goldenes Licht über grüne Felder und marmornes, ehernes Gestein vorüber und hörte sie die milden Stimmen aus unerreichbarer Ferne, deren Worte sie nie verstand und nie verstehen würde.

Sie war nicht auf Siebenwind, nicht in ihren Gedanken.


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 Betreff des Beitrags: Re: Im Geiste Jassavias
BeitragVerfasst: 30.09.12, 19:48 
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"Heilige Briseis, Stimme des Bellum. Sprich zu meiner Seele in der Finsternis.", leise, elfische Silben, welche den verwaisten Schrein des Bellum in Brandenstein erfüllen. Rituelles Wispern, viele Zyklen erst, dann Tagesläufe. Ein Refugium für die elfische Kriegerin. Ein Ort der Stille, der Ruhe und der Geborgenheit inmitten jener Insel, die in Finsternis schon lange versunken war, ehe sie selbst einen Schritt auf ihre verdorbene Erde setzte.

Die Elfen der Wälder, welche die alten Pfade ihres Geschlechtes nie verließen, sprechen oft von dem Einklang zwischen der Natur und ihrer Bewohner. Dem Leid der Bäume und Tiere unter dem sich unaufhaltbar ausweitenden Einfluss der jungen Völker. Dem Gleichgewicht in allen Dingen. Gut und Böse - nur von geringer Bedeutung.

Zu ihr sprachen nicht die Bäume. Auch die Tiere nicht.
Sie lernte Seelen zu hören - und ihr Klagen zu verstehen. Nicht aber zu dem Zweck, sie zu bewahren, sondern aufzuspüren, was ihnen Leid zufügte. An einem Ort wie diesem aber sind die alten Pfade des Lichtes der weißen Stadt eine große Bürde. Ein finsterer Wald, verdorben und bedrohlich - unaufhörlich klagend, schreiend und drohend. Die Verderber aber in seinen weiten Schatten verborgen, unnahbar - lauernd.

Für einen kurzen Moment war dort, im verlassenen Schrein, vollkommene Ruhe. Weder der Herold, noch die Seelen fanden ein Ohr. Nur ein kurzer Moment. Dann machte sich der brennende Schmerz in ihrem Leib wieder bemerkbar - die Elfe hebte ihre Hand an die vor Schmerz stechende Stirn, verdeckte mit den Fingern das dunkle Mal, welches so unnatürlich, widerspenstig in ihrem Fleisch verharrte, als warte es nur darauf, wenn die Zeit gekommen wäre, seinen Zweck zu erfüllen.

Schließlich verließ sie den Schrein wieder, dessen göttliche Nähe sie abstieß, wie ein zartes Geschwür. Unter dem brandensteiner Nachthimmel klagten die Krähen - die Seelenwälder waren verlassen und ihr Leiden fern.


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 Betreff des Beitrags: Re: Im Geiste Jassavias
BeitragVerfasst: 13.01.13, 22:08 
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Zitat:
Er kniet vor den Ahnen nieder, die ihn seit seiner Geburt auf seinen Pfaden geleiteten. Und vor dem Antlitz der Götter senkt er sein Haupt. Der letzte Schritt in ihr Reich ist vollzogen. Die Nebelschleier der Lebenden hat er überwunden. Einzig die letzten Worte, die er im Reich der Lebenden spricht, sollen in Erinnerung bleiben.
Er löst das Band, das Vitama mit ihm knüpfte, das ihn im Leben hält. Die Göttin trauert nicht - sie kennt den Wert und die Bedeutung ihres Geschenkes.
Sein Geist ist nun frei, nicht mehr gebunden an die edle, sterbliche Hülle. Der einstige Bund mit Astrael erfüllt.
Seine Seele wird eins mit dem Licht, das er bewahrte und mit welchem er die Finsternis erfüllte. So kehrt sie zurück in die ewige Quelle der Seelen, dem Ursprung alles Lebens - dem Hor'laf.

Unter dem Geleit derer, die im Leben und danach seine Brüder und Schwestern waren.

"In den tiefen Wäldern Lothoriens began deine Reise. Über die Weltenmeere hinweg in das Reich der jungen und rohen Völker. Deine Pfade führten dich dem Licht entgegen, in die dunkelsten Reiche. In der Finsternis sahst du dein Volk emportreten und niedergehen. Es ist nicht dein Leben, das dich an das Licht bindet. Es ist nicht das Leben, das deine Pfade beschreibt. Dein Leben ist nun vollendet - verweile nun unter uns und leite die, die nach dir kommen, aus der Finsternis hinaus. La'lenya ... Licht Jassavias - scheine ewig."


Am Ende nun verließ sie den vom Menschen geschändeten und zerstörten Körper und kehrte zurück in das Licht. An die Seite derer, die vor ihr die Wege Jassavias beschritten, um die zu geleiten, die nach ihr kommen. Ahnen, Brüder und Schwestern. Wenige, die alten Pfaden folgen, die längst vergessen waren.


Versteckter Inhalt bzw. Spoiler :
Danke an alle Freunde, die trotz Staff-Restriktionen und Spieler-Cliquen doch noch ein vernünftiges Ende für eine gute Spielfigur ermöglicht haben. Etwas, wofür eigentlich gerade der Staff sorgen sollte, dennoch lieber und widersinnigerweise für das Gegenteil einsteht. Aber auf 7wind ist eben doch nicht jeder gleich. RP kann schön sein. Selbst hier. Selbst auf Siebenwind.


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