Die Spur einer Stimme … das Wirken einer Vitamadienerin
Das Schnurren einer Katze ist zu hören, als Lilium ihr durch das weiche Fell krault. Sie selbst weiß, wie schön es sich anfühlt, wenn sie die Augen schließt, so träumt sie ab und an noch immer davon, durch den Wald zu springen auf vier Pfoten. Die Augen sind fast wieder ganz normal geworden, sie richtet diese aufmerksam herum, lauernd, die Augen einer Jägerin. Doch nun zumindest hat sie sich auf gebratenes Fleisch umgestellt, der Heißhunger auf Tierblut ist vollkommen erloschen. Ihre Gedanken, kreisen doch noch um ihn. Oft geht sie nach Falkensee, am Rosengarten vorbei, in der Hoffnung ihn dort zu sehen. Doch er hat viel zu tun. Nur manchmal kann sie seine Nähe spüren, auch wenn sie irgendwie sein warmes Fell vermisst.
Ihre Schritte lenken sie nun aber in den Vitamaschrein. Erneut muss sie nach der Hochelfe sehen. Alles in Ordnung. Gut, dann geht es zurück zum Rosengarten oder vielleicht nach Avindhrell. Da hört sie plötzlich etwas, eine Stimme, was gleich eines Bienenstichs im Hinterteil anfühlt, und auch den gleichen Effekt erzielt.
Laz
Sie ist hier, sie muss weg! Im Bellumsschrein ist sie, also beschließt sie rasch das Weite zu suchen. »Lilium... was hast du es so eilig?« das ist Lilliens Stimme. Mist. Wie eine auf frischer Tat ertappte Diebin bleibt sie stehen.
Jetzt schnell herum drehen, irgendeine Entschuldigung murmeln und hoffen das Laz noch im Schrein beschäftigt ist.
Panik steigt in ihr an. Nicht Laz, alles nur nicht jetzt Laz! Wo sie doch eben an sein warmes Fell, die angenehme Zunge, das Kraulen mit der Pfote dachte! Langsam dreht sie sich wieder herum, will sich davon stehlen, denn irgendwie bekommt sie keinen einzigen Laut heraus. Lillien versteht das Ganze natürlich falsch, denkt wohl, dass Lilium Sorgen und Probleme hat. Nun, die wird sie gleich haben, wenn sie noch länger hier bleibt!
»Geht es dir gut?«
Rascher setzt sie sich nun in Bewegung doch dann plötzlich!
»Lilium! Meine zauberhafte Putzgehilfin!« Sie zuckt zusammen, Laz hat sie gesehen. Sie muss hier weg, irgendwie. Panisch setzt sie sich in Bewegung vor die Tür des Tempels und schließt sie hinter sich, um sich rasch dagegen zu lehnen. Der Atem geht immer schneller vor Aufregung und Fluchtinstinkt. Deutlich hört sie die Stimmen der beiden hinter sich.
»Ich glaube, sie hat Angst vor dir« merkt Lillien nachdenklich an.
»Hmm. Denkst du? Ich glaube, sie ist nur schüchtern. Ich sollte sie umarmen!«
»Du könntest einmal laut fragen, vielleicht ist sie noch da.«
Panisch schaut Lilium hin und her, irgend einen Fluchtweg muss es doch hier geben, dann zuckt sie aber zusammen als Laz ruft.
»Lilium? Magst du mich nicht?«
Es gibt nur eines, was schlimmer ist als eine Laz, die freundlich zu einem ist, eine Laz, die sauer ist, weil man sie nicht mag. So weit sollte es besser nicht kommen! Fester presst sie sich an die Tür, als sie hört wie die Stimmen näher kommen. Von innen drückt jemand gegen die Tür, was ihre Panik nur noch steigert. Unter ihren Füßen beginnt sich eine Luftkugel zu bilden, Großer und größer wird sie und kurz darauf katapultiert sich ihr Körper in die Luft, um recht unsanft auf dem Tempeldach zu landen, was ihr ein schmerzliches Keuchen entlockt. Ein paar Finger rutscht sie das Dach herab und einige Schneebrocken verlieren den Halt und fallen vom Dach herab auf den Boden. In Sicherheit, jetzt kann ihr Laz nichts mehr antun, dachte sie.
Doch Lillien, die ebenso wie Laz die vorbeifliegende Gestalt, den Aufschlag und die kleine Schneelavine bemerkt hat, rief herauf:
»Komm da sofort wieder runter, Lilium, du bist doch kein Kind mehr!« Lilium klammert sich an das schneebedeckte Dach doch rutscht noch etwas weiter herab. „Nicht Fallen! Verdammich!“ ruft Lilien energisch herauf.
»Komm wieder runter! Sofort!« Aber Lilium denkt gar nicht daran, wieder herunter zu der schreienden Lillien und der noch schlimmeren Laz zu kommen. Abgesehen davon, dass sie sich nicht so ganz überlegt hat, wie sie eigentlich wieder runter kommen will. So schaut sie herab und schüttelt den Kopf rasch hin und her.
»Bei Fuss! Ich erzähl das einem gewissen Herren! Also komm wieder runter!« Verdammt! Daran hat sie nicht gedacht. Nein, sie sollen Alricio da raus lassen. Gut, sie muss runter, aber schön weit weg von beiden, so sucht sie nach einem Fluchtweg. Hoch genug um weit zu sehne, ist es ja. Doch Laz setzt noch einen drauf:
»Lilium, entweder du kommst da runter oder ich gehe jetzt sofort zu deinem Kater! Und dann ist es MEIN Kater!«
»Sie meint Alricio« fügt Lillien überflüssigerweise aber keineswegs beruhigend hinzu. Mist, sie muss sich beeilen. Rasch beginnt sie einen Zauber zu erschaffen, der sie irgendwie wieder herunter bringt. Hoffentlich geben sie ihr die Zeit. Mehrere dünne Samen lässt sie herab fallen um eine Ranke herauf bis zum Dach wachsen zu lassen, die eine Rutsche bildet. Der Mittelpunkt des Tempels scheint ein gutes Ziel zu sein. Offenbar zum sichtlichen Erstaunen von Lillien. »Und da sagen Leute ich wäre seltsam, wenn das nicht seltsam ist, weiß ich auch nicht“ Rasch versucht sich Lilium aus dem Rankengewirr zu befreien. Offenbar geht das Laz nicht schnell genug:
»Egal, ich geh zum Kater« und damit stapft sie los. Kurz darauf kommt Lilium aus dem Rankengewirr frei und rennt ihr hinterher.
»Lilium, sie geht zum Rosengarten« ruft ihr Lillien hinterher und erntet einen starrenden Blick. »Dann halt sie doch einfach auf. Ich kann auch nicht alles aufhalten,« lautet ihre Antwort darauf. Auf den schmalen Katzenaugen liegt ein leichter bedrohlicher blauer Schimmer, doch sie eilt voran, Laz hinterher.
So führen ihre Schritte sie über den, zu diesem Zyklus, menschenleeren Marktplatz weiter zum Rosengarten. Die Bank ist zu ihrer rechten. Auf der anderen Seite ist schon der Eingang zu der Taverne, dem Rosengarten.
Rasch drückt sie die Türen auf und eilt zum Wassergraben hin. Er ist im Boden eingelassen und mit reinigendem frischen Wasser gefüllt, um die dreckigen Füße der Besucher sauber zu waschen. So bleiben aber auch die Teppiche weich und sauber. Immerhin soll man sich hier wohl fühlen.
Sie schlüpft aus den Stiefeln, lauscht und hört ein paar leise Schritte auf dem oberen Gang. So huscht sie rasch die Stufen hinauf, und sieht dort Laz an der Tür knien. Seiner Tür. Mit den Händen macht sie sich gerade an dem Schloss zu schaffen, ein leises Klicken ist zu hören als Lilium näher tritt. Mit dem Dolch hat sie wohl gute Arbeit geleistet, was kann Laz eigentlich nicht? Möglichst leise bewegt sich Lilium an die Vitamadienerin heran, immerhin schläft Alricio hinter dieser Tür. Ohne sich herum zu drehen spricht sie ruhigen Tones zurück:
»Warum dauert das so lange? Beim Wegrennen warst du schneller«
Lilium greift ihre Schultern und blickt sie an, emotionslos wie eine erbarmungslose Jägerin, die kurz davor steht, ihre Beute zu töten.
»Warum nur rennst du dauernd weg. Würdest du das nicht tun, müsste man dich nicht zum Nachlaufen bringen.«
Sie führt den Kopf näher an ihren heran. Nichts liebevolles oder gutmütiges liegt in der Geste. Es ist fast so, als wolle sie ihr nun in die Kehle beißen, so wie sie es mit dem Reh vor nicht all zu langer Zeit getan hat. Die bernsteinfarbenen Katzenaugen, ein langsam verblassender Überrest ihrer anderen Gestalt, starren Laz geradezu vorwurfsvoll, wild und feindselig an. Fast schon spürt sie Blut auf den Lippen, atmet tief durch, doch blinzelt ein paar mal um sich dann zu besinnen. Doch Laz bleibt das nicht verborgen. Ihre Züge wandern nach oben zu einem Lächeln eh sie mit verführerischer Stimme fragt, als wolle sie einer Katze eine schale Milch anbieten:
»Willst du bei ihm sein? Jetzt?«
Die Katzenaugen funkeln sie an, ein leises halb unterdrücktes Fauchen ist zu hören. Die Hände, gleich den Krallen einer erbarmungslosen Jägerin, liegen schwer auf den Schultern von Laz. Bilder der Jagd kommen ihr in den Sinn, und sie erscheinen sehr reizvoll. Laz selbst erhält keine Antwort aus ihrem Mund, aber das ist auch nicht nötig, da ihr Körper, ihr Gesicht laut genug sprechen.
Plötzlich hört sie Alricios Stimme, als Laz die Lippen bewegt. Das verwirrt sie, tötet sogar den Instinkt ab, ihr wirklich etwas anzutun. Sie presst die Lippen zusammen bei den Worten:
»Du willst mir weh tun?«
Doch die Stimme löst noch mehr in ihr aus. Als würde die Schale Milch wirklich vor ihr stehen, wird aus der Furie eine liebe schnurrende Katze, die plötzlich Laz über die Nase leckt, nur um im nächsten Moment blinzelnd wieder zu sich zu kommen. Verdammt, warum hat sie das denn getan? Weil sie es bei Alricio getan hat, als er noch ein Fell trug? Fellpflege eben!
Laz selbst blinzelt verwirrt, beginnt dann aber kurz darauf breit zu schmunzeln. Ihre Taktik geht auf und so spricht sie weiter in der Stimme, die eigentlich Alricio gehört.
»Ich will dich bei mir haben.«
In der Alricio so ähnlichen Stimme schwingt eine leichte Erregung mit. Mit einer langsamen Geste deutet die Vitamadiernerin auf die Tür hinter sich und spricht sie weiter:
»Komm zu mir«
Erneut fährt ihre Zunge aus dem Mund, doch nun leckt sie sich die eigenen Mundwinkel. Das alles nur bei halbem Bewusstsein. Dann dreht sich Laz um, macht sich wieder an der Tür zu schaffen, während Lilium mehr von sich selbst verwirrt dort steht. Dann plötzlich schwingt die Tür auf und die Vitamadienerin vollführt eine einladende Geste.
»Komm zu mir mein Kätzchen«
Spricht noch immer Alricios Stimme ausgehend von Laz Mund und funkelt sie mit ihren Augen verführerisch an. Lilium starrt zu ihr zurück in einem Kampf aus Instinkt und Verstand. Der Mund wird geöffnet um etwas zu sagen, doch man hört nur ihren lauten Herzschlag in der Brust. Kein Laut kommt aus ihren Lippen heraus und so presst sie diese leicht zusammen. Das Gesicht ist mit einer leichten Röte überzogen.
»Lass mich dich wärmen … und deinen Herzschlag spüren«
Sanft erklingt ihre Stimme, etwas leiser um den Schlafenden darin wohl nicht aufzuwecken, oder um Lilium noch ein wenig mehr zu … begeistern? Diese starrt sie weiterhin an, und öffnet ihren Mund erneut in der Absicht Worte zu formen. Doch Laz kommt ihr erneut zuvor:
»Deine Lippen … sie sind so süß wie sie aussehen. Wie gern würd ich sie kosten .. ihre Weichheit spüren und deinen Atem. Komm mein Kätzchen … komm zu mir … lass … mich nicht allein.«
Lilium blinzelt mehrmals und starrt an ihr vorbei in den Raum hinein, in den Raum, in dem Alricio noch immer schläft. Offenbar ist er sichtlich erschöpft, weil er von dem nächtlichen Besuch nicht aufwacht.
Doch Laz hat es mit den letzten Worten übertrieben. Das würde er niemals so sagen, es löst ihren Bann auf und auch die unbewegliche Zunge im Mund, die ihr das Sprechen unmöglich gemacht hat. Rasch schüttelt sie den Kopf und meint.
»Du … kannst doch nicht einfach … was … ich kann doch nicht einfach … hier!«
Auch wenn es noch immer zerrüttet und unsicher klingt, die Gedanken überschlagen sich und reißen ihre Worte einfach mit.
»Sieh nur …,« spricht Laz nun wieder in ihrer normalen Stimme, „sieh nur … sieh nur wie verloren er wirkt … ohne dich.«
»Warum sagst du so was! Was … erhoffst du … davon?« fragt Lilium, die sich nun endlich aus dem Bann von Laz Worten und vor allem ihrer Stimme lösen kann.
»Entweder du gehst hinein … oder ich. Lilium, sei Katze und geh zu dem Kater, eh er zu einer anderen Katze geht.«
So war die Drohung ausgesprochen, die Lilium schwerer trifft als ein Schlag ins Gesicht. Ihr Körper erstarrt, sie hält den Atem an und versucht ihre Gedanken zu ordnen. Es tut weh daran zu denken, dass das was Laz sagt wahr werden könnte. Ihre Bernsteinfarbenen Katzenaugen blicken sie voller Bestürzung und Angst an.
»Man kann Kater bezähmen, doch das geht nur mit Nähe, mit schnurren an ihrer Seite liegen und sie so beschäftigt halten, das sie keine Zeit haben etwas anderes zu sehen als dich.«
Der letzte Funken, den Lilium für Anstand und Ordnung hält, erlischt immer mehr und mehr bei den Worten, schafft es sogar noch ein paar Worte zum Mund zu bringen:
»Aber … ich kann doch nicht … einfach …« doch ihre Worte werden durch die eigenen Gedanken unterbrochen und sie meint mit nun nachdenklicherer und leiserer Stimme: »wobei« und starrt zu Laz. Warum soll es nicht gehen, immerhin hat sie ja schon bei ihm geschlafen. Es hat ihn niemals gestört, eher im Gegenteil. Vielleicht, aber nur vielleicht, hat Laz in dem Punkt doch recht?
»Er wird es dir danken mit einem aufblitzenden Lachen und einem willkommenheißen in seinen Armen beim Erwachen.«
Spricht Laz weiter und Lilium löst die Hände, die zuvor die Krallen in der Beute waren, von den Schultern Laz, die sogleich fortfährt.
»Wenn nicht … ist er deiner nicht wert.«
Gut, sie hat sich entschlossen, sie wird zu ihm gehen und sich in sein Bett legen, ihn wärmen seine pure Anwesenheit genießen. Der Widerstand gegen Laz ist gebröckelt, zumindest in dem Fall.
»Erst Jennaia, dann Isodora, dann Mahribar und auch noch du!«
Nuschelt sie leise hin, die jenigen aufzählend, die ihr etwas mehr Vitamas Wirken näher gebracht haben. Die versucht haben so ähnlich wie Laz vom „Richtigen“ zu überzeugen. Laz schaut sie entrüstet an.
»Vergleichst du mich mit anderen? Ich bin Lazra i Radin'in!«