Siebenwindhomepage   Siebenwindforen  
Aktuelle Zeit: 23.06.25, 23:14

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 2 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Einen Steinbiss weit entfernt
BeitragVerfasst: 30.11.12, 08:06 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 29.11.12, 09:48
Beiträge: 47
Kapitel 1
Rastlose Heimat


Laut kreischend schlug die Picke auf den grauen, rauen Stein auf. Einige größere Brocken lösen sich, die schnell von schmalen Kinderhänden aufgesammelt wurden. “Diesen einen noch", rief Johannes Steinbiss seinem ältesten Sohn, Viktor, zu, während er die Picke hob und auf seine linke Schulter sinken ließ. Viktor nickte leicht bevor er sich mit seinem Hemd die von der Sonne errötete Stirn abwischte. Seine beiden jüngeren Geschwister, Valeria und Jakob brachten die gesammelten Brocken zur Lore und legten sie behutsam rein. Johannes riss die Picke nach oben und ließ sie erneut auf den massiven Stein hinabstürzen.

Das kleine, beschauliche Zuhause der Steinbiss lag direkt neben dem Steinbruch in einem abgelegenen Landstrich des Fürstentums Malthust. Sie führten ein einfaches und arbeitsames Leben in dem Haus, was sich schon seit mehreren Generationen im Besitz der Familie befand - eine ellenlange Ahnenreihe von Steinhauern. “Lasst es euch gut schmecken", sprach Maril Steinbiss während sie zum Abendessen eine bescheidende Auswahl an Brot und Käse auf den Tisch stellte. “Danke, Mutter", antworteten Viktor und seine Geschwister. Nach einem kurzen Gebet im Namen der Viere brach Johannes das Brot und wendete sich Viktor zu: “Weißt du, Sohn, wir wünschen uns für unsere Kinder ein besseres Leben, als das einer Familie von Steinhauern." Viktor schaute seinen Vater fragend an. “Unser Leben ist doch gut.", stellte er fest. Johannes reichte seinem Ältesten ein Stück Brot, während er weiter sprach: “Ich weiß, aber da draußen gibt es so viel mehr. Ich will nicht, dass alle meine Kinder in meine Fußstapfen treten."

Maril trat von hinten an Viktor heran und legte ihm ihre Hand auf seine Schulter. “Wir haben etwas Geld beiseite gelegt", sagte sie mit einem warmen Tonfall. Viktor drehte seinen Kopf verwundert in ihre Richtung. “Du wolltest doch schon immer mal auf Reisen gehen und schauen, was es außer unserem Steinbruch noch so gibt." Viktors Augen weiteten sich. Noch ehe er zu einer Antwort ansetzen konnte, fuhr sein Vater fort: “Wir haben dich an einer kleinen Kampfschule in der nächsten Kleinstadt angemeldet. Sie ist nicht außerordentlich gut, aber du solltest dort in guten Händen sein." An diesem Abend gab es noch eine lange Diskussion zwischen Vater und Sohn. Viktor, der sich zwar insgeheim so eine Möglichkeit gewünscht hat, wusste allerdings auch, dass seine Familie jede noch so kleine Münze gut gebrauchen konnte. Er konnte diese Geld doch nicht einfach so annehmen und verschwinden. Doch seine Eltern bestanden darauf.

Am ersten Tag des nächsten Monats stand Viktor vor den Türen der Kampfschule. Es war ein spärlicher Holzbau, der zwar groß erschien, aber nicht gerade dem Wort Augenweide gerecht wurde. Mit Viktor waren noch weitere Jungen unterschiedlichen Alters angereist. Einer nach dem Anderen betraten sie, mehr zögerlich, den Bau. “Nächster!", schallte es durch den Raum, in dem Viktor einige gerüstete Männer sah, die anderen Jungen und einen kleinen Schreibtisch am anderen Ende, hinter dem ein breitschultriger Mann mittleren Alters saß. Unzählige Narben zierten sein Gesicht, welches von einem dichten Bart umsäumt wurde. Als Viktor endlich an der Reihe war, stellte er sich gerade vor dem Schreibtisch auf. “Name und Alter?", bellte der Mann ihm entgegen. “V-viktor Steinbiss... 16 Jahre", antwortete Viktor zaghaft. “Haste Angst?", grollte es ihm vom Bärtigen entgegen, der sich in einem kleinen Buch einige Notizen macht. “N-Nein, Herr.", stammelte sich Viktor eine Antwort zusammen. “Dann hör auf so dämlich zu stammeln! Geh dort durch die Tür, Steinbiss, dort wirst du deinem Zimmer zugeteilt."

Die folgenden zwei Jahre waren hart für Viktor, aber auch sehr lehrreich. Er erhielt eine grundlegende Ausbildung mit Schwert und Speer, wurde in Rüstungskunde eingewiesen und hat mehrere praktische Übungen in Wäldern und auf freiem Feld absolviert. “All das Wissen, was ein Mann braucht, wenn er der Armee beitreten will."

Viktor dachte auch lange Zeit daran, der Armee bei zu treten. Ein Soldat unter des Königs Banner zu werden. Doch mit seiner Ausbildung stärke sich auch sein Selbstbewusstsein. Er dachte sich, dass jetzt, wo er es doch mit der Hilfe seiner Eltern so weit gebracht hat, ihm die ganze Welt offen stehen müsste. Je näher er seinem Abschluss kam, um so mehr wurde er sich dessen bewusst: “Ich will mehr sein als ein einfacher Soldat... ich will die Welt auf eigene Faust bereisen und nicht bloß auf Befehl."

Nach seiner Lehrzeit an der Kampfschule reiste Viktor durch die Ländereien. Sein Brot verdiente er sich mit allen möglichen Tätigkeiten. In einer Stadt machte er sich als Aushilfe eines Schreiners, in der Nächsten stand er Wache für einen wohlhabenden Kaufmann. Sein Abschlusszeugnis öffnete ihm einige Türen - nicht zuletzt auch bei der einen oder anderen Dame. Er genoss sein neues Leben in dieser neuen, wunderbaren Welt.

Auf seinen Reisen sah er aber auch viel Leid. Ganze Dörfer, die von Banditen heimgesucht wurden oder arme, rechtschaffene Händler, die von Wegelagerern ums Gold und nicht selten auch ums Leben gebracht wurden. Über die Zeit entwickelte Viktor einen scharfen Sinn für Gerechtigkeit. Wo immer auch Menschen Probleme hatten, er bot seine Hilfe an - zur Not auch nur für einen Leib Brot.

Zwei Jahre später, einen Monat nach seinem 20. Geburtstag, kam er in die Stadt Ventria wo er ein Schiff mit einem ganz bestimmten Ziel suchte. Er hatte unterwegs viele Geschichten über ein großes Eiland gehört, welches von allen möglichen Wesen und Menschen bewohnt wird. Tausende Gesänge, Sagen und Mythen drehen sich um diese Insel und auch das Versprechen, dass ein Mancher dort sein Glück gefunden hat. Viktor war sich seines Zieles sicher: “Eine Fahrt nach Siebenwind, bitte."


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Einen Steinbiss weit entfernt
BeitragVerfasst: 30.11.12, 08:12 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 29.11.12, 09:48
Beiträge: 47
Kapitel 2
Eine seltsame Insel


Die Überfahrt dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Das schlimmste daran war jedoch, dass Viktor nichts zu tun hatte. In dem wuseligen Treiben der Mannschaft kam er sich mehr und mehr nutzlos vor. Es kam ihm irgendwie falsch vor. Irgendwann wurde er des Wartens überdrüssig und er begann damit, den Seemännern zu helfen, wo es ihm sinnvoll erschien. Er erwartete mitnichten einen Lohn - er hatte nur das Gefühl, dass er es machen müsste, also tat er es.

“Land in Sicht!", brüllte es auf einmal von oben gen Deck. Alles an Bord wurde plötzlich hektischer, als es einem Außenstehenden ohnehin schon vorkam. Die Mannschaft bereitete sich aufs Anlegen vor und Viktor tat es ihnen gleich indem er seine Habe verschnürte und sie zum Oberdeck brachte. Die Stadt Falkensee erhob sich eindrucksvoll vor dem Schiff mit ihren verwinkelten Steinbauten, wovon einige schon aus der Ferne wahrlich riesig erschienen. Auf dem Schiff wurde es langsam wieder ruhiger - die Vorbereitungen waren abgeschlossen und die Mannschaft bereit zum anlegen.

Knarrend und träge bewegte sich das Schiff an die Anlegestelle heran. Mit schon fast instinktiver Routine sprangen einige der Seeleute vom Schiff an Land und fingen sogleich die auf sie zu fliegenden Taue auf, mit welchen sie das Schiff am Steg fest surrten. Zwei Andere stemmten eine große Holzplanke und legten sie erstaunlich schnell zwischen Deck und Steg aus. Viktor bewunderte das eingespielte Treiben nicht sonderlich lange, denn dort lag etwas entscheidend spannenderes vor ihm: Der Hafen von Falkensee.

Viktor schlenderte vom Hafen aus durch die Gassen und schaute sich neugierig um. Im Prinzip war die Stadt so aufgebaut wie alle anderen auch, die Viktor bisher gesehen hat, aber irgendwie hatte diese neue Fremde einen ganz eigenen Charme.

Nach nicht all zu langer Zeit kam Viktor an einem Bankhaus vorbei. “Perfekt", dachte er sich. Er hatte es sich auf seinen Reisen zur Angewohnheit gemacht, in einer neuen Stadt erstmal den Großteil seiner Habe irgendwo zu verstauen. Am Besten dazu geeignet waren die Bankfächer der einzelnen Städte, wo ein Jeder, für eine schmale Münze, seine Wertsachen unterbringen konnte. So konnte Viktor seinen Kram stets sicher wissen und die Gegenden, in welche seine Reise ihn führte, erstmal mit leichtem Gepäck erkunden.

Als Alles verstaut war machte sich Viktor auf, die Stadt mit seinen Blicken zu erobern. In den Straßen herrschte reges Treiben. Viktor sah einige an sich interessante Persönlichkeiten, die eilig durch die Gegend liefen. Zwischen all dem Gewusel huschte auch eine Hochelfin durch umher. Viktor hatte zwar auf seinen Reisen viel gesehen und gehört, aber von sowas hatte er bisher nur gehört - entsprechend überrascht und zugleich fasziniert war er auch. Er merkte aber schnell, dass dies hier wohl ziemlich normal sein muss. Regel Nummer Eins: “Tu' es den Einheimischen gleich, dann kannst du nicht viel falsch machen." Viktor hatte sich auf seinen Reisen einige Regeln zusammengestellt, die ihm das Leben in der Fremde einfacher gestaltet haben. Einige davon waren sicherlich nicht sonderlich durch Klugheit gebrannt markt, wie zum Beispiel “Vorsicht vor den Blättern fremder Pflanzen bei der Notdurft in der Wildnis"; Regel Nummer 21. Der Bärenanteil von Ihnen war jedoch tatsächlich nützlich.

Um nicht unangenehm auffällig zu werden riss Viktor sich also mit seiner Faszination von der Elfe los und führte seine Erkundung fort. Er kam an vielen Schildern und Anschlägen vorbei, welche er sich allesamt durchlas um sich ein Bild von der Stadt zu machen. Bei einem kam er jedoch kurz ins Stocken. Es war der Aushang der hiesigen Garde, dass sie nur Leute einer gewissen Herkunft aufnehmen und das restliche Verräterpack bei ihnen nichts zu suchen hat. Seine Heimat stand auf diesem Zettel aber unter der falschen Überschrift.

“Das ist nicht gut... ich sollte dahingehend wohl erstmal Dicht halten.", dachte sich Viktor. Es missfällt ihm zwar grundsätzlich, andere Leute zu belügen, aber Probleme zu bekommen missfiel ihm noch mehr. Man muss sich halt anpassen.

Irgendwann kam er am nördlichen Haupttor an. Eigentlich war er auf der Suche nach einer Taverne, wo er die hiesigen Speisen und Getränke sichten wollte, aber eine Sache hier ließ ihm jetzt keine Ruhe mehr. Durch das Tor kamen und gingen ungewöhnlich viele äußerst interessante Leute. In Uniformen gekleidet, von ausgefallenen Lederrüstungen geschützt oder üppig mit Fell behangen waren sie. Viktor konnte nicht anders, als sich das näher anzuschauen.

Auffällig war, dass die wenigsten dieser Personen den Hauptweg nahmen denn mehr sofort nach dem Stadttor einem kleinen, schmalen Weg entlang der Mauer folgten. Viktor schlenderte hinterher und kam nach kurzer Zeit zu einer Art Kampfplatz wo sich viele dieser interessanten Gestalten herum trieben. Er ging auf dem Platz umher und schaute sich das Treiben an. Hier und da standen die Leute zusammen und frönten ihren Gesprächen oder balgten sich im Ring. Hier fühlte sich Viktor wohl denn diese Szenerie kannte er nur zu gut.

“Der da neben dem Pferd auch! Mitkommen!", bölkte auf einmal ein recht stämmiger Kerl über den Platz. Viktors erster Gedanke war “Hä?" und der zweite war “Verdammt, ICH bin gemeint" als er merkte, dass er direkt neben dem einzigen Pferd hier stand. Verwundert schlenderte er in Richtung des Schreihalses während er darüber rätselte, was denn nun los sei - falsch gemacht haben konnte er nichts, denn bis auf Atmen und Gucken hatte Viktor nichts getan.

Der brüllende Mann stellte sich als William Glaron vor. Er nannte einige Titel und Positionen, die sich Viktor aber nicht merken konnte. Er hatte gerade wichtigeres im Kopf, wie “Warum schreit der so?" und “Wieso stehe ich hier eigentlich?". William war irgendein höheres Tier im Orden der wachenden Löwen und nutzte seine Zeit wohl dafür, neue Recken für diesen Orden zu finden. Irgendwie sollte Viktor in diesem Moment rekrutiert werden - einfach so und aus heiterem Himmel. Viktor fand den Mann jedoch zunehmen sympathisch. Er schien ein Mann mit aufrechtem Charakter und einem kernigen Wesen zu sein - er bewies sogar einen gewissen Sinn für Humor. Anders als der Andere Glückspilz, der auf ähnliche Weise wie Viktor von William eingesammelt wurde: Rupert Talheim. Viktor wusste nicht genau was er von ihm halten sollte, er machte einen ziemlich ernsten Eindruck und trug sein Herz auf der Zunge - aber auf eine der Art und Weise, die einem schnell Probleme einbringen.

William hatte ausführlich über den Orden referiert und auch gezeigt, worum es bei der ganzen Sache ging: Der Wall. Eine überaus große Schutzmauer die das Grünland, also das Gebiet jenseits der Stadtmauern vom Ödland trennte, einer lebensfeindlichen Steinwüste, die von vielen gefährlichen Kreaturen bewohnt wird. Am Schluss der Einweisung stellte William klar, dass man sich dem Orden gerne verpflichten kann, wenn einem das Werk dieser Leute zu sagt. Für Viktor klang das Ganze gar nicht mal so schlecht. Er hätte zumindest erstmal eine Aufgabe in dieser ihm unbekannten Welt und könnte sich so zumindest grundlegend einen Namen machen. Außerdem rannte dort eine recht ansehnliche Anwärterin herum, was dem ganzen obendrein noch einen ganz besonderen Reiz gab.

William entschied, dass man über diese Entscheidung erst noch eine Nacht schlafen sollte. “So soll es sein.", sagte sich Viktor.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 2 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de