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Registriert: 6.04.08, 20:14 Beiträge: 2882 Wohnort: USA
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Der dritte Tag des Dunkeltiefs in Brandenstein...Die Dunkelheit zu ertragen war nicht mehr so einfach wie früher. Früher, da hatte er noch drüber gelacht, dass sich ein besonders hartnäckiger Dunkelzyklus einfach länger hinzog und von ein wenig Spuk begleitet wurde. Seitdem hatten die Schatten ihn gelehrt, was sie bereithalten. Erinnerung an sechs Monde auf See, ein Dunkeltief noch dazu, in tiefster und schier endloser Finsternis, krochen bei jeder Gelegenheit wieder in seine Gedanken, drückten auf seine Laune und dämpften den sonst so allgegenwärtigen Optimismus. Er musste nur am Osttor der Stadt stehen und Ausschau halten, schon dachte er unwillkürlich wieder an die fiesen Visagen der Wesen, die nie Felas' Licht erblickt hatten, und die fernen Gestade, die sie ihre Heimat nannten. Zu ausgelasseneren Anlässen hatte er noch diese Begegnungen ausgesponnen, nun rächte sich das Seemannsgarn und plagte ihn mit lebhaften Bildern, die höhnend vor seinen Augen tanzten und verschwommen.
Immer wieder sprach er sich selbst Mut zu: Bisher war es doch nur Spuk gewesen. Harmlose Illusionen, zwar innerlich aufrührend und furchteinflößend, aber eben nur körperlose Trugbilder ohne Konsequenz, ohne Substanz. An den Worten hatte er sich verschluckt, sechs Zyklen vor dem Ende des Dunkeltiefs. Ein unheiliges Gewitter, gespickt mit roten Blitzen, die die schweren Wolken am Firmament erleuchteten und überall dort Portale nach Kawor aufrissen, wo sie zischend auf die See vor Brandenstein trafen. Dunkle Kiele, die sich krachend durch die Wellen bohrten. Unförmige Rahen, bespannt mit Segeln aus menschlicher Haut, die im Sturm schauerlich knarzten. 'Leviathane', Kriegsschiffe eines Kalibers, auf das die königliche Marine neidisch wäre, fuhren magische Geschütze aus. Zahllose Landungsbooten machten sich bereit, die Flut der einfallenden Dämonen auf die schutzlose Hafenstadt zu entfesseln. Und zuletzt das Flaggschiff der grausigen Flotte, bemannt von einem gepanzerten Dämonen voll grausiger Schönheit, der mit seiner Anwesenheit jeden Mut auf den ersten Blick brach. Wer ihn erblickte, der schauderte bei dem aufgezwungenen Gedanken an die vielen Opfer, die sein Zweihänder bereits gefunden haben muss. Das selbstsichere Gebahren, das herrische Auftreten und die projizierte Autorität eines Feldherren zur See eilten ihm voraus.
Es brach die Zuversicht, dass Brandenstein vielleicht dieses eine Mal ungeschoren davonkommen könnte. Mit einer gründlichen Zerstörung durch die Sammler, dem Wiederaufbau der folgte, und der Besetzung durch die Diener des Einen war soviel Leid und Mühe das Schicksal der Einwohner gewesen. Schon hörte man das Bersten der am Hafen festgemachten Handelsschiffe und Fischerboote, von Geschossen zermalmt. Dazu das schaurige Gackern, Zischen, Keifen und Brüllen der einfallenden Dämonen, die sich gegenseitig überstürzten, zurückhielten und wegstießen um auch ja zu den Ersten zu gehören, die ihren Blutdurst stillen könnten. Die Straßen - leer, bis auf vier gerüstete Menschen, denen nichts als ein ungeordneter Rückzug in die Stadtmitte blieb.
- - - Er war einer dieser Gerüsteten gewesen, des kleinen Haufens der zusehen durfte, wie die Heimat unmittelbar davor stand, wieder von einem Meer aus Flammen und dämonischen Kreaturen verschlungen zu werden. Es tat weh. Ein vernichteter Hafen und ein halbes dutzend herrenloser Schiffe, die gerade in kleinen Stücken auf den Grund der Brandensteiner Bucht herabsanken. Und all' dies instrumentiert von irgendeinem aufgeblasenen Dämonen, der sich leichte Beute und ein hemmungsloses Blutbad ausgemalt haben muss. Er fand sich im Schrein der Elemente, notdürftig verbarrikadiert. Beide Hände am Rahmen der Ventusharfe. Er hatte dieses eine Instrument wochenlang beschützt, unter Einsatz seines eigenen Lebens. Egal, welcher Diener des Einen oder der Viere gerade die gierigen Hände danach ausgestreckt hatte. Es war immer irgendwie 'hier' gewesen, eine Konstante im Durcheinander dieser Insel. Wie er es so in den Armen geborgen hielt, erinnerte er sich vage an die vielen Gelegenheiten, zu denen er die Finger an die Saiten aus Eis gelegt hatte. Und jedes Mal bekam er einen Geschmack des Geists, der das Tra'avain erfüllte und sich danach sehnte, wieder freie Luft zu schnuppern. Auf gnädige Weise gezähmt, denn es war nie in der Lage gewesen, sich zu beherrschen. Ein echter Störenfried. Im nächsten Moment, als er die Augen wieder aufschlug, hatte er die Harfe über das Knie gebrochen.
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