Siebenwind Foren
http://schnellerwind.mind.de/Foren/phpBB3/

Graue Wogen.
http://schnellerwind.mind.de/Foren/phpBB3/viewtopic.php?f=27&t=99378
Seite 1 von 1

Autor:  Brand [ 22.12.13, 14:13 ]
Betreff des Beitrags:  Graue Wogen.

In den frühen Morgenstunden des dreiundzwanzigsten Sekar, vierundzwanzig Jahre nach der Thronbesteigung durch Hilgorad.
Irgendwo in Falkensee...


Still war es in solcher Frühe. In der Abwesenheit der wärmenden Felascheibe hatte Xan die Welt überzogen wie eine wahnsinnige Zuckerbäckerin: glasig-klar glänzte jede Oberfläche, von Raureif und Frost überzogen. Unter Stiefel und Holzbein knatschte der kompakte Altschnee vom gestrigen Tage, zu dem sich schon frischere Flöckchen gesellten. Die bittere Kälte ließ den Atem wolkig kondensieren, bevor dieser fortgerissen wurde vom schneidenden Wind, der durch die Straßenschluchten der Stadt fuhr. Tiefer vergrub er die Hände in den Taschen des altgedienten Mantels und beschleunigte die Schritte, die ihn hafenwärts führten.

Es war Gewohnheit geworden, so früh aufzustehen. Einem morgendlichen Ritual gleich hatte er sich hübsche Fleckchen gesucht, um von dort aus den Ausblick auf die morsansmüde See zu werfen. Der Balkon der heimatlichen Priorei in Brandenstein angeboten, um bei einem heißen Gewürzwein Ignis' Geschenk beim Aufstieg zuzusehen. Schlaf war jenen vergönnt, die Xan noch nicht in ihrem Bann hatte. Und unablässig hatte er sich in den vielen Stunden ausgemalt, erneut hinausfahren zu können. Die würzige Gischt im Gesicht, der Reiz des lockenden Unbekannten hinter dem sich entfaltenden Horizont.. es war eine verzehrende Sucht geworden.

- - -


Die angeheuerten Seemänner waren ein sympathischer Menschenschlag. Sicher würde man sich in den kommenden Wochen dort draußen besser kennen lernen, doch für den Moment wurde in gegenseitiger Wertschätzung ausgetauscht, was das Wetter so bringen könnte und in welchem Zustand das laufende Gut ist und sein müsste. Nachdem der erste Grog miteinander getrunken wurde, um die klamme Nässe aus den Knochen zu treiben, ging es an das Aufladen der Waren. Tauwerk, Tuch und Holz. Fässer mit Wasser, Rum, Wein, Bier. Eingekochtes und Eingemachtes: Kohl und Früchte aller Art. Schinken und Käseräder, Wurstketten und Räucherfisch. Zweimal gebackenes Brot, Honig und diverses Dörrobst.

Während an Deck in allem Fleiße gearbeitet wurde, machte er sich einen Überblick über seine Braut. Die "Litheth", die sie hinübertragen würde, war ein sonderbarer Fall gewesen. Zugelaufen war sie ihm, herunterkommen und kaum mehr als ein treibendes Wrack unbekannter Herkunft. Daher mussten all die reparierten und ausgebesserten Stellen stammen, die sie wie einen Flickenteppich wirken ließen. In die Jahre gekommen und erprobt war sie, ohne unnütze Schnörkel und Dekorationen, ohne Fett und Ballast. Benannt nach der mythischen Herrin der Stürme würde sie ihrer Patronin ganz gewiss nicht durch Ähnlichkeit schmeicheln, doch womöglich ihr Herz erwärmen aus Mitleid für diesen tristen Kahn.

Diese Gedanken und Ähnliche gingen ihm durch den Kopf, als er auf die Passagiere wartete.

Seite 1 von 1 Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]
Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
http://www.phpbb.com/