Eomana
Die vierte Schwester, die trauernde Mutter
"Komm und sag mir, wenn das Lied zu Ende geht,
wenn Flammen die letzten Musiker verschlingen
und jedes Instrument zu grauer Asche zerfällt
wenn die Tänzer stolpern und ihre faulen Glieder strecken
und stumme Zungen vom Leid der Zeitalter singen."Eomana wird von einigen Barden und Schaustellern als vierte der drei Schwestern verehrt, als vergessene Schutzherrin verstoßener Barden und gepeinigter Künstler. Sie gilt ebenfalls als Zwillingsschwester von Amoena, jedoch werden ihr nur jene Lieder gewidmet, die Barden meist nur unter ihres Gleichen singen oder allenfalls um voll Spott und Hass ein ungeliebtes Publikum oder gleich die gesamte Welt zu verschmähen. Sie von Musikern angerufen, denen man die Finger brechen lies, von Schaustellern, die nach Endophal in die Sklaverei verkauft wurden und von Sängern, die Hunger plagt und die in fiebrigen Gedanken darüber nachsinnen, die eigene Zunge zu verschlucken, um zumindest irgendetwas im Magen zu haben.
Eomana spielt mit verstümmelten Fingern auf einer gebrochenen Laute und während den drei Schwestern nachgesagt wird, dass ihre Lieder selbst die Götter zu Tränen rühren können, vergießen sie bei Eomanas Spiel nur blutige Tränen. Niemandem außer ihr selbst sagen die schneidenden Dissonanzen ihrer Laute und der gefrierende Gesang von ihren ausgetrockneten dünnen Lippen zu. Als Angamon von Vitama geboren wurde, brachte auch Eomana ein Kind zur Welt, dass nach dem Richtspruch der Viere nie auf Tare wandeln sollte und so sang und spielte sie selbst, als die Götter das Neugeborene erstachen, noch ehe die Nabelschnur durchtrennt war. Als sie nicht aufhören wollte, Lieder der Trauer und der Anklage über dieses Verbrechen zu singen, brachen die Götter ihr alle Glieder und schnitten Eomana die Zunge aus dem Mund.
Es heißt, wenn Tare ihre Ende findet und im Weltenbrand vergeht, wird Eomana zu einem fiebrigen letzten Lied spielen und mit ihrer brüchigen Stimme wird voller Spott und voller Verachtung den Fall der Götter und ihrer Diener begleiten. Und wenn Angamon sein Ende findet, wird sie am Ende der Welt, wenn alles Leben zu Asche zerfallen ist, ihrem Kind, dem es niemals gegönnt war, auf Tare zu wandeln, einen Namen geben und ein Schlaflied singen.
Dargestellt wird Eomana oft als in Lumpen gehüllte Gestalt, bei der der schmutzige Stoff der Kleider direkt in blasse kranke Haut überzugehen scheint. Unzählige verstümmelte und krumme Gliedmaßen tragen eine Auswahl an zerbrochenen und zerstörten Musikinstrumenten. In einem dieser gebrochenen Arme liegt ein blutbeflecktes Bündel, direkt aus ihrer Gestalt entspringt. Ihr Antlitz wird fast nie dargestellt, es heißt, sie habe es mit dem Mord an ihrem Kind von Tare und den Göttern in Trauer und Wut abgewandt. Alle ihre Abbildungen haben zum Zweck, Unbehagen zu erwecken und alle ihre Lieder sollen an das Unrecht erinnern, dass der Welt angetan wird, während selbst die Götter ihre Augen abwenden. Einzig für Vitama hat Eomana mehr als Schmach übrig, verlor sie doch ebenfalls ihren Sohn und doch verachtet sie ihre Naivität und Scheinheiligkeit.
"Komm und sag mir wenn das letzte Lied zu Ende geht,
wenn die Sterne, die Juwelen in den Kronen der Götter,
brüllend auf die Welt stürzen und der Himmel feurig brennt
und wenn Könige, Helden und Heilige vorbeimaschieren
und von den Gesichtern all ihre Masken fallen."