Gedanken zum nahenden Dunkeltief

Unsere Heimat ist die Insel Siebenwind. An unseren Küsten, den Ufern des Meeres der Sieben Winde spalten sich die Strömungen und über unseren Köpfen tollen die sieben östlichen Handelswinde. In unseren Häfen kreuzen sich die dutzenden Kurse der Schiffe, die über uns mit allen Winkeln des fernen Falandriens verkehren. Auf den Straßen unserer Städte begegnen sich Sesshafte und Reisende, Zweifler und Tapfere. Es reichen sich Völker und Volksgruppen die Hände, die auf dem Kontinent durch hunderte Meilen, hohe Mauern und eherne Vorurteile getrennt wären.

Schon immer stand das Schicksal der Insel auf des Messers Schneide. Eine bewegte Gesellschaft, von göttlicher Hand aufgebrachte Gezeiten und eine blutige Geschichte verwehren es uns, zu verweilen und zur Ruhe kommen, sondern werfen uns immer neue Wellen vor den Bug. Die Gesellschaft unserer Bürger und Obrigen fügte sich immer mehr Krone und Kirche, sodass die ausgestoßenen Frevler nicht mehr am Rande des täglichen Geschehens einen Platz fanden, sondern sich gezwungen sahen, ein eigenes Lehen zu begründen: Kairodun entstand.

Die Gezeiten zerrissen das uns wohlbekannte Antlitz der Insel, als große Teile unter Fluten oder Felsen begraben wurden. Wir hatten zuvor durch prächtige Festungen unserer Heimat sicheren Frieden und Stabilität gebracht. So hielt der Falkenwall, bemannt vom Löwenorden, das Dunkel auf der einen Hälfte der Insel fern von den lichten Wäldern und Fluren. Nun aber liegt die Front nicht mehr klar begrenzt im Osten unserer Heimstatt. Stattdessen umringen uns unsere Feinde von jeder Himmelsrichtung her und jene tapferen Männer in löwenblauer Gewandung sind längst tot und vergessen.

Wo wir zuvor auf des Messers Schneide unseren Alltag bestritten, sind wir jetzt verloren in großen Wirren. Umschlossen von feindlichen Lagern, geplagt durch dämonische Umtriebe und grausige Seuchen, beunruhigt durch unerklärliche und beängstigende Geschehnisse in einer Fülle, dass wir längst nicht mehr wissen, wie uns geschieht. Cortan ist ein grausamer Feind, gestützt durch die Söldner vom Bündnis der Klinge, die Magier der schwarzen Akademie, die gerüsteten Fanatiker des Einen und die gekauften Seelen der Piratenbanden.

Abermals befinden wir uns am Scheideweg und wiederum wird von den erhabenen Göttern über unser Schicksal befunden. Entschied sich unser Los zuletzt, als die Insel zerbrach, müssen wir nun bangend und hoffend zum Dunkeltief schauen. Das Geschehene, wie auch das Geschehende, ist jenseits unserer Kräfte und weit jenseits dessen, was wir bewerkstelligen oder aufbringen könnten. Mit drei Segeln schief im Wind treiben wir durch die stürmischen Morsanswinde und können nur hoffen, durch fromme Worte und schmerzliche Opfer die Götter zur Güte und Gnade zu bewegen.

Möge der allzeit verlässliche Rückenwind des Ventus euch durch die Tage des Elends treiben. Und möge Xan euch Leidgenosse, wie auch Lotse, sein.

Lazalantin
Und die "Litheth"