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 Betreff des Beitrags: [ig] Ein Brief an die Gläubigen am Rand von Valunis Refugium
BeitragVerfasst: 14.10.16, 14:41 
Edelbürger
Edelbürger
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Registriert: 21.12.15, 14:43
Beiträge: 1522
Ein Jüngling mit mittellangem, blondem Haar, dem ein Besuch beim Barbier mal wieder gut bekäme, und in den weinroten Roben des Vitamaordens betritt am Mittag -wie eigentlich fast jeden Tag - Valunis Refugium.
Er lässt sich zu Füßen des jungen Baumes zwischen den schlanken Wurzeln nieder und kontrolliert den Schrieb, den er mit sich trägt, nochmal mit unsicherem Blick, der Rücken gegen die noch recht weiche Rinde des Segensbaumes gedrückt. Dann richtet er die Aufmerksamkeit auf die in das Geäst geknoteten Bänder und Haarstränge, die im Wind klappernden Amulette des noch immer saftig grünen Gewächses. Trotz dass die meisten Bäume bereits ihre Blätter verfärbten in flammende Bellums und Ignis-Farben, war der Segensbaum noch immer frisch und grün wie im Frühling, als sie ihn gepflanzt hatten und Valuni herabgestiegen war, um ihn zum Wachsen zu bringen.
Einen Augenblick huscht ein glückliches Lächeln ob der Erinnerung über seine Züge, dann richtet er sich wieder auf, trägt den Aushang, den er sorgfältig mit Wachs beschichtet hat gegen das elend nasse Wetter zu den jenes Refuium umschließenden Mauern, nahe der kleinen Vitamastatue, in deren Sockel er mit mühevoller Fummelei den Namen des Ortes eingeritzt hatte. Daneben an einen Pfeiler befestigte er nun den Aushang, zufrieden ob der ernsthaft bemühten, sorgfältigen Schrift, die dank Tendarions Mühen weitestgehend von Fehlern bereinigt ist.
Nach einem letzten Blick zum geliebten Baum huscht er wieder davon. So viel zu tun!


Zitat:
Opfer an Vitama


Manchmal da fragt man sich, was man der gütigen Mutter opfern könnte. Eine Blume erfreut sie bestimmt, keine Frage, und auch eine Leckerei, ah, man hört beinahe ihr Lachen! Aber ist ein Opfer nicht auch etwas, das den Opfernden etwas kostet? Zwar mag sie nicht darauf bestehen, weil ihr der Gedanke wichtiger ist, doch ist es auch oft die Opfergabe, die dem Gläubigen hilft. Sei es, dass man eine Missetat wieder gut machen möchte und damit beweisen will, dass man es ernst meint. Sei es, weil man für einen anderen beten mag, damit dieser Glück findet, wie das eigene Kind, das den Bund schließt, oder die Frau die niederkommt und man nicht weiß, ob es für sie und das Kind gut gehen wird.

Also will man ein starkes Opfer bringen, eines, das die Gefühle ausdrückt. Aber was ist angemessen für die gütige Herrin, die Gewalt ablehnt, die keinen Sinn für klimperndes Gold besitzt? Es ist einfacher sagt, als getan.

Stiehlt ein hungriger Dieb Brot, ist es Recht, den Dieb zu fangen und zu bestrafen. Aber hat er wirklich so Schlimmes getan, dass man ihm ein Brandmal aufdrücken sollte oder sogar eine Hand abschlagen, oder, noch schlimmer, ihm das Leben nehmen sollte? Es wäre ein Opfer an die Herrin, Gnade zu zeigen obwohl man wütend ist, verletzt und vielleicht Angst hat, zu verlieren, was einem wichtig ist. Oder man zürnt dem Dieb, weil er die Frechheit besitzt, sich am hart erarbeiteten gütlich zu tun.

Wäre es nicht ein Opfer, den Dieb zum Mahl einzuladen und Frieden mit ihm zu suchen, auf dass er nicht mehr stehlen muss? Ja, man muss über den eigenen Schatten springen um das zu tun, den eigenen Stolz opfern und auch für den Dieb kämpfen, damit er frei kommt, wenn er schon geschnappt wurde. Aber, ach, welch Glück erfüllt der Mutter Herz, lässt man Gnade walten und beschenkt das Leben, statt Blut zu vergießen!

Wäre es nicht ein Opfer an die Herrin zu vergeben, wenn einem weh getan wurde, oder man beleidigt wurde? Ist es nicht wahnsinnig schwer zu vergeben, wo Leid herrscht, unfassbar schwer, dem Stolz zu entsagen, um weiteres Leid zu verhindern? Wäre es nicht ein großes Opfer, bei einer Beleidigung auf Wiedergutmachung in Form von Blut zu verzichten und den Fehdehandschuhe nicht zu werfen? Ah, wie jubiliert sie, treten sich Feinde gegenüber und teilen das Brot, statt ihr Blut!

Wäre es nicht auch ein Opfer alles zu geben, was man besitzt, um etwas Großes und Gutes zu schaffen? Sei es ein Waisenhaus oder ein Hospital in einer armen Gegend? Ist es nicht ein gewaltiges Opfer, die eigene Sicherheit wegzuwerfen, um anderen Leid zu nehmen? Gewiss hört man ihr Lachen, in den Leben die man bewahrt, denen man eine Zukunft schenkt.
Vielleicht fällt dann auf, welche Art Opfer nebst köstlichen Kringeln, Blumen und Gesang und Lachen ihr Freude bereiten mögen: wenn man sich zurücknimmt, kein Blut vergießt. Sondern man Frieden schließt, wenn man die Hand reicht, oder annimmt, statt sie fort zu schlagen.
Wenn man gibt, anstatt nur zu nehmen.

_________________
Inaktiv.


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