Eine zerzauste, schlammige Gestalt in abgetragener Kleidung und mit einem halben Wald im roten Haar hat es sich nachts auf der kleinen Bank vor dem Tempel bequem gemacht. Die morastbesudelten Handschuhe hat der seltsame Kauz kurzerhand abgestreift, und dann aus seiner gewachsten Umhängetasche ein paar Hadernseiten hervorgekramt.
Mit Kohlestift hat er darauf zwei Briefe verfaßt, das Schriftbild für einen verwahrlosten Zausel erstaunlich sauber und formell.
Den einen bringt er dann zum Stadttor, um ihn mit ein paar mühsam hervorgestotterten Erklärungen einer der Stadtwachen stellvertretend für das Lehensbanner zu überreichen. Oder, Zitat: "W...w...wer eben f...für mögliche V...ver...verbr... für mögliche Gewalttaten zuständig ist". Er informiert die Uniformierten zudem darüber, daß der darin beschriebene Fund direkt vor dem Stadttor steht und vielleicht am morgigen Tage vom Tempel abgeholt werden könnte.
Das andere Schreiben behält er bei sich, um ihn dem erstbesten Angehörigen der Kirche zu übergeben. Denn nach seinem kurzen Besuch am Stadttor kehrt er wieder zurück auf die Bank, um dort zu warten. Und er ist geduldig, tatsächlich rollt er sich irgendwann einfach auf der Bank zusammen, die Arme wie beschützend um einen rostigen, erdverkrusteten Topf geschlungen.
Der Brief liegt hierbei gut sichtbar neben ihm, damit man sich diesen einfach greifen kann.
Das Schreiben an das Banner:
Zitat:
Man e Odal id Vaai, werte Zuständige,
Ich wurde heute von einem hilfsbereiten Fremden darauf aufmerksam gemacht, daß sich vor dem Nordtor der Stadt Brandenstein eine Schubkarre mit den sterblichen Überresten eines Unbekannten befände. Nach kurzer Überprüfung besagten Gefährtes muß ich mit Bedauern berichten, daß diese Schilderung nicht nur der Wahrheit entspricht, sondern obendrein noch davon auszugehen ist, daß es sich bei der Todesursache um Fremdeinwirkung handelt.
Da aktuell niemand am Tempel anzutreffen ist, habe ich eine entsprechende Nachricht an die Geweihtenschaft verfaßt, um einen Transport in die Krypta des Tempels und entsprechende Konservierung für mögliche spätere Ermittlungen zu gewährleisten.
Auch wenn mir keine weiteren Details bekannt sind, stehe ich für etwaige Rückfragen natürlich jederzeit zur Verfügung. Da ich aktuell über keinen Wohnsitz verfüge - zumindest soweit mir bekannt ist - verbleibe ich vorerst in der Nähe des Tempels.
Nui'e sigila lit Tevra'thi
Und jenes an den Tempel:
Zitat:
Man e Odal id Vaai, hochwohlverehrte Diener der Sahor,
Als Beteiligter der heutigen Expedition, welcher auch Gnaden Cuanna Faldahon angehörig war, wurde mir die Ehre zuteil, beim Transport einer vor vielen Jahren verblichenen Bürgerin des ehemaligen Luth Chalid in Morsans wohlbehütete Krypta zu unterstützen.
Leider muß ich Euch allerdings mitteilen, daß dies nicht die einzige Leiche bleiben sollte, welche sich an diesem Tage meinem Blick offenbarte. Ein weiterer Teilnehmer, dessen Name mir leider nicht bekannt ist, wies mich auf den Fund einer Schubkarre am nahegelegenen Nordtor hin. Er brachte mich zu jener, und nach kurzer Inspektion der darin abgelegten Leiche erscheint es für mein laienhaftes Auge, als hätte jene das Leben aufgrund von Fremdeinwirkung verloren.
Die Wache am Tor wurde entsprechend informiert, mit dem Zusatz, daß dieses Schreiben an Euch ergeht, sodaß die Leiche vom Tempel abgeholt und in der Krypta aufgebahrt werden kann, um einen respektierlichen Umgang und eine Konservierung für mögliche Ermittlungen zu gewährleisten.
Gerne biete ich erneut meine Dienste für den Transport an und stehe auch für etwaige Rückfragen zur Verfügung, auch wenn mein Wissensstand in dieser Angelegenheit bedauerlich gering ausfällt.
Aufgrund meiner aktuellen Heimatlosigkeit habe ich mir die Freiheit genommen, die Bank vor den Türen des Tempels temporär als Schlafplatz zu wählen - sollte dies Mißbilligung oder Bedenken hervorrufen, werde ich mir zeitnah einen anderen Ort suchen, an welchem ich für möglicherweise erwünschte Befragungen in dieser Angelegenheit auffindbar sein kann.
Nui'e sigila lit Tevra'thi
Addendum: Ich habe mich bereiterklärt, nach weiterer Prüfung der sichergestellten Beweise im Falle der aus dem Sumpf geborgenen Leiche ein Schreiben an die Hinterbliebenen in Ventria zu verfassen, so die Kirche dies nicht zu übernehmen wünscht. Auch dafür stehe ich natürlich jederzeit bereit - es muß wirklich unerträglich sein, über einen solch langen Zeitraum hinweg keine Kunde zum eigenen Kind erhalten zu haben.
Keine der beiden Nachrichten ist namentlich unterzeichnet.
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Just like the seed
I don't know where to go
Through dirt and shadow I grow
I'm reaching light through the struggle