Müde ritt sie auf Brandenstein zu, doch kurz vorm Osttor nahm sie die Abzweigung, die nördlich von Brandenstein entlangführte, um zu ihrer Hütte zu gelangen. Verkrustetes Blut klebte in ihrem Gesicht, die Haare stark zerzaust und ihre Rüstung war mal wieder arg lädiert.
Langsam ritt sie an den Gattern vorbei - goldgelber Weizen, der noch von den restlichen Strahlen der untergehenden Fela beschien wurde, friedlich grasende Pferde, schneeweisse Ziegen, ebenso weisse sowie schwarze und braune Schafe...

Ruckartig hob sie den Kopf und blickte wieder einigermassen wach zur Seite hinüber, während sie mit kurzem Zügelzug das Pferd zum Stehen brachte.
Ein braunes Schaf?
Sie rieb über ihre Augen, sah hinüber zu dem vermeindlichen Schaf, was dort im Gatter Nr. 2 herumwuselte, hier und da was annagte und einen langen, nackten Schwanz hinter sich her zog.
Nein - kein Schaf, sondern eine riesige Ratte war es.
Mit verzogener Miene und noch immer etwas ungläubig auf das Rattentier blickend, stieg sie von ihrem Ross hinab.
Wer mochte das Monstrum dort reingelassen haben?
Soweit sie wusste, hatten die Gropps die Schlüssel dazu, doch konnte sie sich kaum vorstellen, dass diese ein Tier des Einen dort reinsperren würden.
Nein, vielmehr witterte sie einen üblen Komplott dahinter - genau! Diener des Einen haben das Rattenmonstrum übers Gatter geworfen, damit es die Schafe krank macht, denn bekanntermassen übertragen doch gerade Ratten die schlimmsten Krankheiten.
So muss es sein!

Sie griff zu dem Bogen an ihrem Köcher, der dort mit ausgehakter Sehne hing, doch dann hielt sie inne. Zum einen war die Schussbahn dank der vielen Schafe selten frei, zum anderen wäre es doch besser, erstmal diejenigen, die Zugang zu dem Gatter haben, über das Wesen zu informieren.
So zückte sie flink einen Zettel sowie einen Kohlestift, schrieb mit ihrer überlicherweise schwungvoll-hektischen Schrift etwas auf und befestigte den Zettel so gut, wie es ging, an einem alten Nagel, der an einem Zaunpfahl herausstand.

Auf dem Zettel kann man nun lesen:


Die Viere zum Grusse,

in diesem Gatter treibt sich ein monströses Rattenvieh
herum!
Da jene Tiere bekanntermassen Tiere des Einen sind
und zudem noch gefährliche Krankheiten übertragen,
setze ich hiermit eine Frist von drei Tagen, ehe ich mich
des Monstrums annehme und es mit meinem Bogen
oder Schwert eigenhändig töte.

Elena Steiner


Dann stieg sie wieder auf ihr Pferd rauf und ritt weiter.