Sirenen, Drachenköpfe und "das Ding"
mager war die Ausbeute ja gewesen. Die Eiswasserflasche von den Sirenen gemopst, das seltsame Amulett mit dem Spiegel ihnen ebenfalls überlassen, blieb nur Papierkram. Doch wen nahm es wunder, dass die Landratte Torbank nichts als Schreibzeug im Kopf gehabt hatte.
*die folgenden Schriftstücke sind in nortravischer Sprache verfasst*
Warenliste Dornwald
*wohl hat das zuoberst liegende Papier am meisten Wasser abbekommen, als die Kiste geöffnet wurde. Hier und da sind die Zeilen verschwommen, bruchstückhaft ist der Inhalt noch zu entziffern doch wird deutlich, dass es sich offenkundig um eine Liste von Waren handelt, die in Dornwald an Bord genommen wurden.
Felle, Eiswasser, Holz, Prunkschilde,
das sind die Waren, die noch lesbar sind.
Und ganz zu unterst, mit verwischter mengenangabe:
Schwefelasche vom Solvej-Massiv (Vorsicht, Gefahr!)
Dahinter hat jemand unbeholfen, aber umso eindringlicher einen Totenschädel gekritzelt*
Bankliste Siebenwinds
*völlig vergilbt, alt und brüchig scheint das Papier, die Schrift ist ordentlich, aber ausgebleicht. Als habe jemand diese Liste lange mit sich herumgetragen. Manch alter Nortrave mag seinen Namen darauf wiederfinden und erkennen, dass es sich um Daten seines alten, Westhever Faches handelt. Wohl mag Nostalgie Torbank dazu gebracht haben, dies aufzubewahren, vielleicht tat er es auch im festen Glauben, sie einmal fortzusetzen*
Torbanks Briefe:
*auf mehrere Blätter geschrieben, mit unterschiedlicher Schrift, ohne Datum*
Lach nur Bruder, über den Schreibkram, den ich dir schicke, ich weiß, du freust dich doch über meine Lebenszeichen.
Es tut mir weh, Sturmbach zu verlassen. Wieder eine Art Flucht, wie damals, von Siebenwind her. Bin ich feige? Damals war Glytja der Grund, nun ist sie es wieder.
Ihr Brief hat mich auf Siebenwind in stürmischer Zeit erreicht, ich habe nicht gezögert, zu ihr zurückzukehren, in voller Erinnerung daran, wie verliebt ich schon damals in sie war. Ich habe wohl die Zeichen falsch gedeutet. Immer. Bin stets ein Stubenhocker gewesen, von Seeleuten und Kriegern verlacht. Mit gutmütigem Spott. Und doch, zurecht gewiss.
Als ich nach Siebenwind fortging, war Glytja noch ein halbes Kind, sie lachte über mein Werben, eine eigenwillige, kluge junge Frau, die gar nicht ans heiraten dachte. Jetzt mag sie wieder lachen, denn nun hat ein anderer mit seinem Werben Erfolg. Wie schmerzt das! Ein alter Bär bin ich geworden, das hätte ich schon längst bemerken müssen.
Ich wollte bis zur Hochzeit bleiben, ihr und ihrem Gefährten alles erdenklich gute wünschen, wenn sie Eydis’ Bund eingehen, doch ich spürte, dass es mir unmöglich sein würde, unerträglich.
Ich habe eine Zeichnung der Schönen angefertigt und Ljorna Katsund sagte mir, er könne es ohne Schwierigkeiten auf meine rechte Schulter übertragen. Doch ich weiß nicht, soll ich sie für immer bei mir tragen?
Ein Teil in mir sagt, ich muss vergessen, aber wie könnte ich! Sie vergessen!
Ich habe ihr ein Amulett fertigen lassen, wahrscheinlich ist das galadonischer Tand und Siebenwind hat mich verweichlicht, wie ihr alle das oft sagt. Dort ruht nun das Lederstück. Sie ahnt nicht einmal was davon, trägt es nicht,... vielleicht ich irgendwann.
*mit einem Absatz und in anderer Schrift, als liege eine Pause zwischen den Abschnitten*
Du glaubst nicht, was wir bei den Limgod-Inseln im Meer gefunden haben. Ach nicht was, sondern wen. Sie! Ich habe niemals so etwas *gestrichen* jemanden erblickt. Die Seeleute sagen, man nennt sie Sirenen. Ich finde keine Worte für sie.
Sie haben geglaubt, sie ist tot und der Kapitän wollte, dass man sie über Bord wirft! Ich aber habe gespürt, dass sie nicht tot ist, habe gefleht, befohlen, alles. Thjarek sei Dank, die Brüder haben auf mich gehört und sie unter Deck gebracht. Der Kapitän weiß nichts davon, egal.
Sie ist so schön, neben ihr verblassen alle anderen.
*wieder mit einem Absatz*
So schwer krank ist sie, liegt nur matt da, nimmt etwas Wasser von mir an, nicht einmal mein wohlgehütetes Eiswasser mag sie trinken. Aber ach, so unbeschreiblich schön!
Über uns wütet ein Sturm, wir alle beten zu Thjarek und die Seeleute sind wacker am Werk. Ein Mann ging bereits über Bord. Möge Thjarek ihn an seiner Tafel willkommen heißen.
Man hat mich in die Kapitänskajüte gebracht, soll für mich als Landratte der beste Ort sein. Muss mich immer hinunter zu meinem wunderschönen Wesen schleichen.
Wenn ich sie anschaue, habe ich vergessen, wie Glytja aussieht. Einmal habe ich bei dem wundersamen Wesen das Amulett herausgenommen und betrachtet, weil ich gänzlich das Gesicht der Guten vergessen hatte. Wie kann das sein! Aber vielleicht ist es segensreiche Läuterung.
*hastig hingekritzelt*
Seit ein paar Tagen ist der Sturm abgeflaut, wir treiben wohl recht ruderlos, aber der Kapitän sagte vorhin, wir dürften morgen oder übermorgen recht sicher Siebenwind erreichen, wenn wir auch nicht in die Bucht hineinkommen werden, so steuerlos wie die gute alte Lhana ist. Von Westhever ist wohl nur noch ein Steg übrig, aber da wollen wir anlanden.
Es ist so still draußen, kein Rufen, kein Stiefelstapfen, keine Befehle. Still wie auf einem Leichenfeld. Bei Eydis, ich muss nach ihr sehen.
*hier bricht das Schreiben endgültig ab*
Orginialauszug eines Eventlers
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