Das vorliegende Werk ist eine gekonnte und saubere Handschrift mit schwarzer Tinte. Es handelt sich um mehrere aneinandergereihte Pergamentblätter. [EDIT] Sie hängen: - flatternd auf der Terasse am See vor dem Seiltänzer - am Eingang zum Armenviertel (und an der Tür der Obdachlosenunterkunft - *abgerissen*) - in mehreren engen Gassen zwischen Markt und Südtor
DEMAGOGIE DES STAATES
Die Kirche der Sahor – Machtinstrument der Obrigkeit
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Seit dem das Königreich den Glauben als „einzig wahren“ bestätigt und zur beglaubigten Religion der Krone und damit des gesamten Reiches erklärt hat, hat die Kirche der Sahor nicht nur an Glaubwürdigkeit, sondern auch an Tugend verloren. Sie trägt erhebliche Mitschuld an noch nicht eingestandenen Verbrechen, wobei sogar manche auf eigene Verantwortung begangen worden sind und noch immer begangen werden. Mit der Erklärung der Kirche der Sahor als die beglaubigte geht die Unterdrückung anderer Glaubensrichtungen einher, obschon sich manche (zum Beispiel die der Enhor) nicht ausrotten lassen und daher ‚geduldet’ werden, wobei man sich sogleich der eigenen Freigiebigkeit rühmt. In der religiösen Hetze und Herabsetzung hat man eine vorzügliche, wenn auch mehr als zweifelhafte Ablenkung von den inneren und äußeren Problemen des Reiches gefunden. In diesem blinden Wahn gehen auch wertvolle Zeit und Schweiß, welche der Bekämpfung des Einen und seiner Anhänger dienen sollten, verloren. Verantwortlich für die Durchführung gewisser Unternehmungen zu Schutze des „wahren Glaubens“ ist die Inquisition, ein Teil der Kirche, der vom Orden des Bellum ausgeht und dem auch die wohl bekannten Hexenverbrennungen obliegen, welche ebenfalls eine Ablenkung auf Kosten einzelner Personen darstellen. So genannte „Hexen“ sind wohl für den gebildeten Mann nicht viel mehr als der Magie und Kräuterkunde zugeneigte Weibsbilder, welche aber im Gegensatz zu Magistern und Magiern nicht in Hoch- und Magieschulen oder ähnlichen Anstalten, sondern in Wäldern oder sonst wo weilen. Die Kirche hat schon früh und gezielt begonnen, sich die dem gemeinen Volk eingewachsene Angst vor dieser Randgruppe zunutze zu machen, um mit aufwendig dargestellten Verbrennungen, welche nach allen moralischen Maßstäben im schlimmsten Grade verwerflich sind, dem Unmut des Volkes Luft zu machen, dessen Wurzeln jedoch ganz wo anders lagen und liegen. Hungersnöte, und Krankheit, Armut und Unglück, all dies wälzt man gerne auf derartige Randgruppen, wie sie erwähnt wurden, ab. Auch beim Ausbruch von inneren Spannungen, wie wir sie von Pappin und Malthust her kennen, wurde sogenannten „ruchlosen“ Randgruppen Zauberei und Kriegshetze unterstellt. Gegebenheiten wurden und werden dem gemeinen Volk bewusst und gewollt vorenthalten, im Interesse der Monarchie versteht sich. So genannten Ketzern und Häretikern konnte stets mit der Inquisition gedroht werden, wobei im Falle einer Haft oder gar Hinrichtung freilich der gesamte Nachlass an die Kirche oder die Krone ging. Sippenhaft soll ebenso kein Einzelfall gewesen sein.
Der Glaube an die Viere – eine widersprüchliche Religion ?
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Wir wissen nun, dass die Kirche der Sahor die einzig anerkannte Kirche im Königreich Galadon ist (die der Enhor wird bekanntlich lediglich geduldet). Und wir wissen auch, dass sich jene Kirche - es sticht vor allem der Orden des Bellum hervor – der Bekämpfung des Einen, des Namenlosen, des Angamon verschrieben hat.
Doch ein näheres Studium der alten Schriften und Überlieferungen lehrt uns Dinge, welche die Geweihten und Inquisitoren gerne ungeschehen sähen, was aber gewisslich unmöglich ist. Es geht um den Ursprung jenes ‚Einen’, dem großen Feind. Denn es war – man verzeih – die Inzucht der Geschwister Bellum und Vitama, welche Angamon erst hervorbrachte. Nun stellt sich die Frage, ob der Eine bei mütterlicher Liebe wie man sie Vitama doch zuschreibt, ebenso bösartig geworden wäre. Wäre aber dieser Verstoß des eigenen Kindes nach unserer Moralvorstellung nicht höchst verwerflich? Ist es nicht die Pflicht der Mutter ihr Fleisch und Blut zu behüten, ebenso wie auch der Vater es eigentlich tun sollte (und Bellum tat es nicht)? Stattdessen ließen sie den mächtigen Spross verkommen und nun jagen sie ihm nach um ihn wieder zu vernichten. Und eben diese Götter sollen uns als Vorbild dienen?
Eine bissige, vielleicht auch müßige Diskussion, sie soll hier nicht weiter behandelt werden.
Zum Abschluss soll die Problematik mit Galamnor und Timanor behandelt werden, die Schöpfungsdrachen. Es ist bekannt, dass beide innerhalb des Ordens des Morsan in Ehren gehalten werden, jedoch nicht angebetet werden dürfen. Die Anbetung der Schöpfungsdrachen gilt als Ketzerei, da die Kirche behauptet, sie wären nicht mehr existent, da ihre Macht aufgebraucht sei. Stattdessen sei allein den Vieren die Herrschaft und Schöpfungskraft übertragen worden.
Kritisch betrachtet eine irrsinnige und unbewiesene Mutmaßung, aufgestellt um das Monopol der Kirche aufrechtzuerhalten und zu manifestieren. Trotzdem konnte die genannte Glaubensminderheit niemals gänzlich ausgelöscht werden und lebt weiter fort.
Arm und Reich im Königreich Galadon
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Es ist ein jedermann bekanntes, aber immer wieder totgeschwiegenes oder durch verworrene Worte sinnentfremdetes Thema: Die Armut. Während Kaufleute und die Herzöge sowie der König ihr Vermögen stets mehren können, was in prunkvollen Bauten ausgelassenen Festen, aber auch dem Heer zum Ausdruck kommt, gibt es nach wie vor eine breite Schicht in der Bevölkerung, die an Kleidung, Nahrung und Bildung gänzlich unterversorgt ist und eigentlich der Hilfe ihrer Herren bedarf.
Stattdessen aber schiebt man das so genannte „Gesindel“ in elende Viertel ab unter dem Deckmantel der Armenfürsorge. So kennen wir es auch von Falkensee, welches immer mehr die Gestalt einer typischen falandrischen Stadt annimmt. Durch diese gezielte Abschottung versucht man einerseits, offene Unruhen zu verhindern beziehungsweise kontrollieren zu können und andererseits, um die „guten Leute“ nicht mit dem „Gesindel“ zu belästigen oder diese großartig mit deren Existenz konfrontiert werden. Daraus resultiert unweigerlich eine Aufspaltung der Gesellschaft, wobei die Kluft stetig anwächst.
Hier endet der zusammenhängende Text. Darunter ist nur ein geschwungener, von Hand gezogener Schriftzug zu lesen:
Wo man Unrecht hegt, da wird auch Widerstand gedeihen.
Mut – Aufrichtigkeit – Solidarität.
„Das Freie Wort.“
Zuletzt geändert von Das_Freie_Wort: 7.11.05, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.
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