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 Betreff des Beitrags: Ein Buch
BeitragVerfasst: 27.04.09, 14:58 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 25.04.09, 22:05
Beiträge: 6
Ein einfaches Buch, eingebunden in rotes Hirschleder. Wenn man es aufschlaegt, schlaegt einem der Geruch nach frischer Tinte und nicht mehr ganz so frischem Pergament entgegen. Die Tinte ist schwarz und jede einzelne Zeile ist optimal ausgenutzt um so viel wie moeglich an Inhalt zwischen die zwei Buchdeckel zu quetschen. Die Schrift selbst ist nicht durchgaengig gleichmaessig, sodass man sagen koennte, dass entweder mehrere Personen dieses Buch verfasst haben oder der Schreiber sich in tiefer, emotionaler Aufruhr befand.

Zitat:
Sic est.

    Prolog.

Im Laufe dieses Werks wird schonungslos Grund und Ursache entblättert werden, nicht wenige und nicht unbedeutende Götter werden mit der Macht des geschriebenen Wortes enttarnt und als nichtig herausgestellt und euch, Leser, werden die Augen geöffnet werden damit ihr seht, was wirklich ist und was anbetungswürdig ist auf Tare – und was nicht.
Dieses Werk ist kontrovers und soll es sein. Aber durch die manchmal stummen, manchmal laut ausgesprochenen Drohungen der sogenannten Würdenträger und Vertreter der Viere in Falandrien wird sich kein vernünftig denkendes Wesen, welchen Volkes auch immer es sei, noch ich mir die Schreibhand verbieten lassen. Aus erster Hand und besten Erfahrungen ist dieses Werk entstanden, die Quellen sind stichhaltig und von bester Art und Herkunft.
Wenn ihr zu Ende gelesen habt, werdet ihr einen anderen Blick auf die Dinge erhalten und endlich zu jenen Erleuchteten gehören, die das wahre Wesen dieser Welt ins Innerste verstehen und in ihrer Weisheit erhaben sind über dem hirnlosen Bauernvolk, das sich wohlfühlt in Herrschaft und Lenkung durch Obere und Oberste, die Reichsreligion.
Dieses Buch soll fortan haben einen Platz in jeder Einrichtung, in der das Wissen hochgehalten wird, besonders in den Schulen der Klöster und den Bibliotheken der Hochtürme, welchen Pfades auch immer, in denen da übertragen wird Meinung und Lehre.
Aufbrechen soll der eitrige Wundschorf, der die Weiterentwicklung unseres Geistes und der Menschheit selbst aufhält, frische Luft in Form des hier dagebrachten und dargelegten Wissens soll an das Geschwür geraten das sich in unser aller Mitte gebildet hat, auf dass es verheilt und abfällt. Oder so trocken wird und abstirbt, damit wir es mit einer scharfen Klinge und einem beherzten Ruck aus dem Fleisch der Gesellschaft schneiden können.
Wer musste sich als Heranwachsender denn nicht die Predigten in den Tempeln anhören, wer wurde nicht ermahnt von seinen Eltern und den Geweihten allzeit die Tugenden der Viere zu befolgen und ihre Diener auf Tare zum Vorbild zu nehmen, gar danach zu streben selbst zu jenen, den Anerkanntesten unter den Anerkannten, zu gehören. Wer brachte denn nicht Stunden, gar Zyklen, in den prunkvollen Hallen zu um Hymnen und Gesänge an einen der oder alle Viere zugleich zu richten?
Dies soll der Vergangenheit angehören. Keinen anderen Zweck hat dieses Buch und durch nur diesen einen Zweck ist es rein und zielgerichtet, anders als der wuchernde Schwamm der Staatsreligion, der unser aller Kraft und hartes Tagewerk für sich beansprucht um zu wachsen und noch allumschlingender zu werden.
Im ersten Kapitel werde ich mich eingehend mit den Taten des sich selbst als Staatsreligion bezeichnenden Kultes befassen und wie er Leid statt Heil über die Völker bringt, um dann im zweiten Kapitel die vermeintlichen Beweise für die Existenz der Viere und im Zuge dessen auch des Einen der Reihe nach zu widerlegen und durch evaluierte Theorien zu erklären und zu ersetzen, die nicht auf der Basis von Willkür und Starrköpfigkeit, sondern auf tiefgründer, wissenschaftlicher Arbeit begründet sind. Auch wird dort erläutert werden, wie es dazu kam, dass es die Vierekirche gibt und warum sie so beispiellos erfolgreich ist in ihrem Tun.
An dieser Stelle möchte ich für die Erlaubnis zur Recherche, für die erquickenden theologischen Diskussionen und die vielfältige Hilfe beim Zusammensuchen der Quellen und Belege dem Bibliothekar der Reichsbibliothek zu Draconis Lazalantin Georgssohn danken. Ohne ihn und die vielen anderen, die daran mitgewirkt und mir Kraft gegeben haben, es zu schreiben, wäre es nie entanden. Danke an dieser Stelle dafür.

- 13. Duler 20 n.H., bzw 5019 n.E.A. zu Ventria.


    1. Kapitel
    Warum die Kirche der Vier nicht so tugendvoll und gut ist wie man denken könnte.

Die Diener Morsans begraben die Toten in der Absicht ihnen ewige Ruhe und Schutz vor dem Dasein als Untoter schenken zu wollen. Die Diener Bellums stehen mit „einfachen“ Soldaten zusammen in der Schlachtreihe und geben jenen frischen Mut. Die Diener Vitamas speisen die Armen und geben jenen, die in den Armenvierteln der großen Städte gelandet sind ein Heim und neue Hoffnung. Die Diener Astraels verbreiten die einzige Wahrheit und haben allzeit ein offenes Ohr für Fragen und Anregungen.
So sagt man.
Später in diesem Werk werde ich darauf eingehen warum sie diese Taten tun, für den Moment wollen wir uns einmal genauer damit beschäftigen, ob das denn alles ist was sie tun. Ziehen wir dazu einige Quellen und Augenzeugenberichte heran.

„Der Heuschober brannte, Flammen wallten zum Himmel und ich
dachte schon ich würde vom lauten Knistern der trockenen Strohs und
dem angsterfüllten Blöken und Grunzen der eingeschlossenen Schafe und
Mastschweine taub werden. Aber als ich hinaus aus meiner Hütte eilte um
nachzusehen was den Brand verursacht hatte, da wurde ich gepackt und
niedergeschlagen. Viele Zyklen später, mir kam es vor wie eine Ewigkeit,
hatte man mich in ein Kellerloch verfrachtet, wo ich (...) geschlagen und
auf grausamte Weise misshandelt und auf vielfältigste Weise
gefoltert wurde von einem Mann der ein himmelsblaues
Gewand trug und immer wieder beteuerte nur von mir hören zu wollen,
dass ich ein Diener des Einen sei. Dann würden die Schmerzen
aufhören.“

Der schriftliche Bericht eines vandrischen Bauern der in den Wirren der Glaubenskriege dort gefangen genommen wurde und inzwischen seine Tage im Spital der Geistesverwirrten in Ventria zubringt. Seine Frau und seine Kinder fanden an diesem Tag den Tod. Und warum das alles? Weil Krieger im Namen der Viere in ihrem Eifer einfache Landbevölkerung nicht mehr von ihren eigentlichen Feinden unterscheiden konnten und von ihren Ordensoberen und von dem Drang sich vor ihren Göttern beweisen zu müssen lieber dutzende Unschuldige für den Rest ihres Lebens körperlich und geistlich schädigten, nur um vereinzelt den einen oder anderen jener zu finden, die sie zu ihren Feinden erklärt hatten.
Zahllos sind solche Fälle, nicht nur in Vandrien, aber besonders dort. Sehen wir uns doch noch eine andere Geschichte an. Die einer Frau, die auf eine Weise liebte und lebte, die Vitama, man mag sagen, ihren Dienern, nicht gefiel. Sie möchte nicht, dass ihr Name genannt wird, in der Angst Schmähungen und körperliche Zurechtweisung zu erleiden.

„Männer waren mir nie recht. Ich verstand nie was die
jungen Dinger in meinem Dorf an den Burschen fanden. (...),
bis ich eines Tages durch einen Zufall in die Nähe eines badenden
Mädchens kam. Wie dem auch sei, an diesem Tag
wusste ich, dass mein Herz für zarte Frauen schlug,
in einem Sinne von dem mir immer eingeredet worden war,
dass so nur die Bösen und Falschen fühlen und denken.
Meine Freundin ist tot, ermordet von einem Laien des Ordens
Vitama dort und ich bin auf dieses Eiland geflohen, Siebenwind.“


Ich denke diese Zeilen sprechen für sich. Eine junge Frau, deren angeborene Vorliebe für die zarte Hand einer von gleicher Art lieber war als das, was üblich ist in unserer Gesellschaft. Gepredigt wird von allen Dienern Vitamas, in ganz Falandrien, über die Herrlichkeit der Verbindung zwischen Mann und Weib und darüber, wie erstrebenswert der Zustand des Rosen- oder des Smaragdbundes ist. Doch wenn es zu Fällen wie dem dieser Frau kommt, dann erscheinen eines Tages Häscher im eigenen Haus und nicht wenige Münder mit unpassenden Meinungen verstummen daraufhin für immer.
Vandrien, so ist unbestreitbar, ist ein Brennpunkt in Galadon und keineswegs der Normalfall in den anderen Regionen des Reiches. In Vandrien herrscht schließlich ausdrücklicher Kriegszustand und was mit den jungen Männern die dort kämpfen müssen kann doch gewiss schnell zu einer gewissen Rohheit und Abstumpfung führen.
Doch erstens ist die überwältigende Mehrheit dieser Über- und Angriffe kaltblütig und von langer Hand geplant, gar existieren nicht wenige Aufzeichnungen in den Kerkern der Ordensburgen von Vandrien über „hochnotpeinliche Verhöre“, jenem euphemistischen Begriff für Folter unter Vorwand, und zugleich ist Vandrien bei weitem kein Einzelfall, sondern das Kernland Galadon in seiner Friedfertigkeit und Ruhe, oder, so kann man anders sagen, in der subtilen Art der theologischen Kriegsführung die dort betrieben wird, die Ausnahme.
Priester der Viere weihen guten Gewissens in Malthust Steinbrüche und in Morthum die Mienen ein in denen sich, so ist ihnen wie jedem der davon weiß unweigerlich bewusst, dutzende, hunderte, tausende Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, vermeintliche Ketzer und Andersdenkende ehemaliger Amtsträger und Politiker, auf grauenhafteste Weise zu Tode schuften werden, wenn nicht vorher ein erlösender Stolleneinbruch oder Steinschlag kommt, der schnelle und leichte Erlösung von Qual bedeutet, der sie jeden Zyklus, Tag für Tag, mondelang, die Starken einige Götterläufe lang, ständig ausgesetzt sehen.
In Endophal war vor dem Einmarsch königlicher Truppen ein intaktes Stämmesystem deren Grundsätze und Glaubensvorstellungen unvergleichlich friedlich und funktionierend waren. Keiner war aufgrund seiner theologischen oder politischen Meinung ausgeschlossen und noch heute existieren einige wenige Dokumente, die diesen Zustand belegen und zeigen, dass das Leben der Menschen damals zwar einfach und schmucklos, aber zugleich glücklich und erfüllt war. Nun aber hat sich mit vielen Götterläufen die vergangen sind eine neue Kultur galadonischer Besatzer in dieses System hineingefressen wie stetig tropfendes Wasser in den Sandstein. Tempel, in ihrem wahnwitzigen Prunk die Lebensgrundlagen ganzer Landstriche für den Bau verbrauchen und in ihrer Massivität und Sesshaftigkeit völlig gegen die Natur eines wahren Endophali, wuchsen wie Pilze aus dem Boden, um den nachrückenden galadonischen Bürgern auch hier geistlichen Beistand zu leisten. Doch ergeht in Hasspredigten in diesen Hallen in den Küstenstädten Endophals nicht selten der ausgebrüllte Aufruf sofort jeden zur Anzeige zu bringen, dessen Glaube noch den alten Mächten gilt und der damit nach Definition diverser Konzile nichts anderes als ein Ketzer sein kann. Nicht wenige, die diesen Vorträgen lauschen, befolgen dies auch und jeder, der sich öffentlich zum uralten Glauben an die Mächte bekennt findet sich bald niedergeschlagen und ausgeraubt, mit brennendem Haus und toter Familie, wieder. Nicht minder aggressiv gehen jene Institutionen vor, für die sich in der Hierarchie der Kirche der Begriff Laienorden, beziehungsweise Tempelwache, eingebürgert hat. Auf Befehl der Geweihten der ansässigen Orden oder auch auf eigenes Gutdünken machen jene dort Jagd auf Andersgläubige, um sie, wie sie selbst sagen, der Gerechtigkeit Bellums und Astraels zuzuführen. Was, in klaren Worten, nichts anderes bedeutet als eingehende Befragung unter Zufügung genau kalkulierter Schmerzen, um sie dann schließlich hinzurichten und in einer der sandigen Seitenstraßen, wo niemand hinsieht oder sich traut hinzusehen, ausbluten zu lassen.
Welches Wissen verbreiten die Diener Astraels? Nun, fein säuberlich eingemischt und vermengt mit dem unbedenklichen Unterricht in der Rhetorik, der Kunst eloquent zu reden, und der Logik ist nichts anderes als das Gedankengut, das die Kirche gerne in den Köpfen ihrer Gläubigen wissen möchte. Warum wird der goldgelbe Mond nicht neutral und zutreffen Wohlwolk, nach Art der Halblinge, oder Nameho’, wie es im Run heißt, genannt? Der Grund ist einfach. Wenn sich in der Bevölkerung festgesetzt hat, dass der Mond nun einmal Vitamalin heißt und der Zweite nicht etwa Silbermal oder A’enodal sondern Astreyon, dann impliziert das auch sogleich die Schlussfolgerung, dass folglich Vitama und Astrael allzeit auf uns herabsehen. Wohlwollend? Nun. Wer sich unter der ständigen Beobachtung göttlicher Wesen wähnt, in deren Macht als vermeintliche Schaffer des eigenen Lebens, gar der eigenen Spezies, es läge die Gedanken zu lesen, der wird sich selbst davor zu fürchten Falsches zu denken, geschweige denn es auch tatsächlich auszuführen. Zusätzlich ist es viel einfacher die Existenz einer Gottheit als gegeben und bestätigt vorauszusetzen, wenn man noch Details und Ausschmückungen hinzufügt, die verwirren und vom eigentlichen Kern der Sache, der Anbetung einer zweckmäßig erschaffenen, nichtexistenten Wesenheiten, ablenken sollen. Claiomh, Gabha, Maynagh, Dedelebres, Angionemes, Catares, Shilor, Briseis und noch viele Diener der Viere mehr verzeichnen und beschreiben in aller Ausführlichkeiten die jedes Jahr aufs Neue herausgegeben Kompendien, noch angefügt mit einer langen Liste von Menschen und anderen Wesen die angeblich den Segen der Viere selbst erfahren hätten. Selbst den größten Gelehrten kann solch ein Durcheinander an Namen und so eine Umschreibung um den Überblick bringen, und nichts anderes ist gewünscht.
Warum sind die Tempel der Viere ausnahmslos die prunkvollsten Gebäude in jeder Stadt, gar noch in den kleinsten Dörfern, wo die armen Bauern sich jahrelang das Brot vom Mund weggespart haben um zumindest eine Kapelle bauen zu können? Weil es ein Gefühl von Macht, von Tradition und von Althergebrachtheit übermittelt. Was die Eltern gebaut haben, das möchte so mancher ungebildeter Bauernsohn nicht zerstören und entehren, und so wird am Ende jeder Woche brav in den Tempel gegangen um die Viere anzubeten und der Predigt des Ortsgeweihten zu lauschen. Hinter Pomp und Prunk, hinter Dekoration und Detail, da verbirgt sich das tiefe Bedürfnis im Recht zu sein, der Wunsch, die einzig wahre Vorstellung zu besitzen, wie ein Mensch glücklich und zufrieden leben kann.
Tief um sich gegriffen hat dieses Wissen, so sehr, dass man es selbst fernab von den theologischen Großkonzilen und den bedeutenden, mächtigen Orden auf dem Eiland Siebenwind finden kann.
„Nur der Glauben an die Viere führt zum Seelenheil.“
So die Worte eines Hochgeweihten der Vitama, Benion Sandelholz. Ein Mann der nicht wenige milde Spenden verwendete, um eine Obdachlosenunterkunft zu bauen und Arme zu speisen, zeigt die wahre Intention hinter seinen Taten. Es zeigt uns: Auch vermeintlich freundliche und gutmütige Diener der Viere wissen genau was sie tun. Die Bewohner des sogenannten Viertels stehen unwiderruflich in der Schuld der Kirche der Viere auf jener Insel, können sie doch nicht in einer Generation, nicht in zweien, voller Arbeit zurückzahlen was er ihnen geschenkt hat, so besticht und kauft er sie auch noch mit dem was die Verzweifelsten unter ihnen am Dringendsten wünschen: Schutz vor Kälte und der Schwärze der Dunkelzyklen und Essen und Trinken, das einem Hungernden, unwichtig welche Qualität die Nahrung tatsächlich hat, wie die reinste Götterspeise vorkommen muss, wenn er damit wieder seinen lange leeren Magen füllen kann.
Das von mir bis hierher geschilderte Problem jedoch ist nicht von einigen Dienern der Viere verursacht worden und wird sich also auch nicht mit deren Tod lösen lassen, sondern es ist eine Mentalität die in den Orden von Lehrer zu Schüler weitergegeben wird. Sobald man in den Dienst eines der Viere eintritt, seien die Gründe dafür noch so hehr und edel, beginnt als Anwärter das harte Leben im Dienst. Doch nicht im Dienst an dem Gott, dem man sich verschrieben hat, sondern viel mehr an den Ordensoberen, den Lehrmeistern und allen anderen, die im Rang über einem stehen. Rechtlos ist ein Anwärter, muss er doch jede noch so kleine Erledigung für einen Geweihten ausführen, wenn dieser es befiehlt. An Auflagen muss er sich halten, die jeden gesund denkenden Menschen anekeln würden. In Lichtenfeld ist es üblich, dass die Anwärter nur jede zweite Mahlzeit bekommen, von jeder Dritten nur die Reste und weit verbreitet und gang und gebe ist es, dass sie, manchmal zusätzlich auch noch die Novizen, nur eine bestimmte Anzahl an Schritten vom Haus ihres Ordens hinwegbewegen dürfen. Wie an die Kette gelegte Hunde, die aggressiv gezüchtet werden indem man ihnen das Futter wegnimmt. Und sobald jene den Dienst abbrechen wollen, so ist es nicht selten, dass sie für den Rest ihres Lebens entweder benachteiligt behandelt werden von ihren Mitmenschen oder gezwungen werden wieder einzutreten. Mit Methoden, die ich an diesem Punkt nicht näher behandeln möchte um mich nicht in grausigen Details zu verlieren. Sollten jene Anwärter schließlich zu Geweihten aufsteigen, nach einer Weihe die viel mehr begleitet von leeren Worten stattfindet, ohne wirklich auf die Meinung der Gottheit zu hören oder darum zu bitten, so werden sie wiederum mit Genuss die Misshandlung kompensieren und ihre Schüler wiederum auf die selbe Art und Weise behandeln.
Ermöglicht wird dies durch eine komplizierte und obskure Hierarchie, deren genaue Verhältnisse dem einfachen Gläubigen verborgen bleiben. So ist jeder Anwärter einem Novizen zugeordnet, ein Geweihter bildet mehrere Novizen aus und untersteht wiederum einem Prätor, wobei der Titel des Leiters einer Diöszese, so der Name eines Verwaltungsdistrikts, von Region zu Region schwankt. Der Prätor wiederum untersteht dem Relator, dem höchsten Verwalter, der wiederum dem König Galadons direkt untersteht, der das Oberhaupt der Kirche der Vier darstellt. Jedes Glied in der Kette hat die Möglichkeit sein Gewissen zu beruhigen, indem es die Verantwortung auf den nächst Höheren weiterschiebt oder sich stumm damit begnügt, dass es ja schließlich Befehle und Tradition sind und so etwas zu befolgen ist. Und der König selbst, fast schon angebetet als von den Vieren Berührter, muss sich nicht rechtfertigen und ihm werden keine unangenehmen Fragen gestellt.

    2. Kapitel
    Warum die Kirche der Vier wirklich existiert und wie die vier Götter „erschaffen“ wurden.

Nicht wenige Religionen sind lokal äußerst stark und weit verbreitet, wie der Schamanismus in Khalandra, die Nortravengötter im Norland oder eben der Glaube an die Mächte in Endophal. Aber auch der Glauben der Auelfen an das Gleichgewicht der uns umgebenden Natur und die zivilisierte Anbetung der Elemente, beziehungsweise der Elementarherren, ist manchem nicht unbekannt. Bedingt durch diese vergleichsweise hohe Menge an konkurrierenden Religionen und Weltansichten ist es für die Kirche der Vier besonders wichtig, die Existenz ihrer Götter gut zu untermauern.
Wer von uns kennt nicht das überwältigende Gefühl der jungen, ersten Liebe? Das Kribbeln im Bauch, wenn man die Angebetete oder den Angebeteten erblickt oder gar in den Armen hält. Welchem Gelehrten blüht nicht förmlich das Herz auf, wenn er auf ein altes Problem die Lösung findet oder der Natur der Dinge wieder ein Stückchen näherkommt in seinem Streben nach Wissen. Welcher Trauernde ist nicht etwas getröstet, wenn er weiß, dass sein Verwandter nicht nicht mehr existent ist, sondern lediglich in die Dritte Sphäre hinübergewechselt ist wo es ihm sicher noch viel besser geht? Und welcher lebennehmende Grobian, welcher militante Soldat können ihr Gewissen denn besser beruhigen als im Glauben, dass sie dem Weg Bellums folgen, also doch sicher mindestens ein bisschen gerecht sind und in seiner Gunst stehen?
Wenn man tiefgreifende Gefühle wie Liebe, Trauer, Kampfrausch und Forscherdrang, die zusammen alle Bereiche des Lebens und jeden Charakter an Gläubigen zumindest teilweise ansprechen, zu Göttern formt und darum eine Kirche formt, dann ist dies doch sicher viel Ansprechender für rührselige, gefühlsbestimmte Wesen wie Menschen, die mit den Naturreligionen weniger anfangen können, wohl aber in ihrem bedeutungslosen Alltag viel finden, was sich in eine der vier Schubladen einordnen lässt. Ein großer Stamm an Gläubigen ist auf diese Weise schon so gut wie gesichert.
Doch warum sollte eine Religion willentlich gegründet werden, und wer würde es auf sich nehmen ein ganzes Volk für Zeitalter lang bewusst zu betrügen und an der Nase herum zu führen? Macht ist die Antwort auf die erste Frage, das Oberhaupt der Kirche die Antwort auf die Zweite. Der König.
Zweifellos kann so mancher Monarch sich damit konfrontiert sehen, dass an seiner Art zu Führen kritisiert wird. Besonders als Beispiel herangezogen sei hier, als Extremfall, die Kultur der Orken. Sobald der Häuptling eines Stammes auch nur das geringste Anzeichen von Schwäche zeigt, wird er von einem aufstrebenden Krieger herausgefordert der sich im Duell selbst den Titel und damit die Orkfrauen des Stammes und die Spitze der Hackordnung sichern will. Man sollte den Anführer eines so überlegenen Staates wie Galadon nicht mit Orken vergleichen? Nein, das kann man aus historischer Sicht nicht. Aber nicht jeder König bis auf den momentan Amtierenden, Hilgorad, hatte solch einen universellen Machtanspruch. Könige würden verfrüht, in einigen Fällen auch mit Waffengewalt oder Intrige, abgesetzt und ganze Sippen bekriegten sich aufs Blut wenn es darum ging wer von ihnen das Recht hatte den nächsten Herrscher des damals noch viel kleineren Galadon zu stellen. Nur acht Jahre hatte Garan III. Ap Mer, nur 18 Jahre Borast IV. Ap Mer, ein Amt inne, dass eigentlich auf Lebenszeit vergeben wird. Das war vor geschätzten viertausend Jahren.
Seitdem hat sich erwiesenermaßen die Lebenserwartung des Königs von Galadon drastisch erhöht und es ist zu vermuten, dass Hilgorad I. Ap Mer eines natürlichen und höchst wahrscheinlich auch noch sehr lange weißmagisch hinausgezögerten Todes sterben wird.
Wie aber kam es nun dazu, dass sich dies plötzlich so dramatisch geändert hat? Die Ursache liegt, wie bei so vielen Dingen, in der Vierekirche. Es ist kein Zufall, dass Hilgorad und die Könige vor ihm gleichzeitig das Oberhaupt der Kirche waren und damit der höchste Vertreter der Viere auf Tare – gepaart mit der massiven weltlichen Macht eines Großherrschers ergab das eine Kombination, die wie geschaffen war für den Aufbau eines langwährenden Königreichs. Die Religion, als Rauschmittel für das Volk an dem es sich benebeln und sein überschüssiges Potenzial in Gebete und Liturgien verwenden konnte, um ruhig zu bleiben, war und ist also mit voller Absicht und zwar einer solchen, die von so niederer und zweifelhafter Moral ist, dass man sie nicht erwartet hätte, von den Königen Galadons erdacht und eingeführt worden.
Zunutze gemacht wurde sich auf perfideste Art und Weise der Lauf der Monde. So ist das Lichthoch und das Dunkeltief nicht das Ergebnis des direkten Eingreifens der Götter in unsere Sphäre. Vielmehr löst das ununterbrochene, tagelange Licht beziehungsweise die ununterbrochene Dunkelheit für viele Tage in den Menschen etwas aus, was sich nur zu gut verstehen lässt: Hoffnungs, beziehungsweise Furcht. So ist das Lichthoch und das Dunkeltief nicht etwa eine Erscheinung ausgelöst von den Göttern, sondern vielmehr eine selbsterfüllende Prophezeiung. Lieder singend und lachend ziehen Soldaten in den Krieg gegen das, was sie als Feind ansehen, um die am Dunkeltief zugefügten geistigen wie auch körperlichen Qualen mit Waffenstahl zurückzuzahlen und es ist der Rausch der mit dem festen Wunschtraum kommt, im Auftrag der Götter zu handeln und von ihnen an diesem doch so besonderen Tag, voll von ihrem Licht, zu handeln, der die Soldaten erfolgreich und todesverachtend kämpfen lässt, nicht etwa das direkte Eingreifen Bellums. Genau so ist das Dunkeltief die Zeit der Diener des Einen, nicht aus dem Grund, dass er seine Finger nach Tare ausstreckt. Sondern weil sie unter dem Mal am Himmel, Dorayon, von dem sie denken, dass Angamon persönlich ihn an den Tagen des Dunkeltiefs enthüllt um von dortaus allerlei Schrecken über Tare kommen zu lassen, wandeln und im Schutz der Dunkelheit sich sicher sein können, dass ihre Schandtaten unbemerkt und im Geheimen bleiben. Dorayon hingegen tritt an diesen Tagen nur in den Vordergrund, vorhanden ist er das ganze Jahr, doch leuchtet er viel zu schwach, als dass man ihn unter normalen Umständen sehen könnte. Doch am Dunkeltief, wenn das Licht der beiden Monde ihn nicht überstrahlt, tritt er hervor. Astronomie statt Götterwirken. Hoffnung und Mut statt Götterintervention.
Desweiteren war es ein hervorragender Schachzug, Gefühle beziehungsweise Tugenden als Hauptbestandteil der Religion zu nehmen. Kein noch so weltgewandter Gelehrter kann mit seinem Seziergerät Mut zwischen den Organen eines Menschenkörpers finden – aus eigener Erfahrung – und selbst wenn man einen Körper gänzlich zu Asche verbrennt, so findet man kein einzelnes Körnchen Wissen, kein Pigment der Liebe, nichts. Sehen wir uns um. Tiere und Bäume umgeben uns in unserem Leben, Gras wächst, Insekten schwirren durch die Luft und Vögel singen. Und, nach Aussage der überwältigenden Mehrheit der Geweihten der Vier, hat keines einzelne dieser Wesen eine Seele wie ein Mensch eine hat. Diese Aussage ist ein essentieller Bestandteil des Konzepts ‚Viereanbetung’: Den Gläubigen das Gefühl zu geben, dass sie wichtig, einzigartig sind und das nur, weil sie das besondere Etwas, die unsterbliche Seele tief in ihrem Inneren haben. Unsterblichkeit. Eine direkte Anspielung auf den sehnlichsten Herzenswunsch nicht weniger Menschen, nämlich, dass der Tod sie nicht zu früh den Armen ihrer Geliebten entreißt oder, dass die Nachwelt ihren Namen im Gedächtnis behält. Mit dem Versprechen, dass sie mit dem Beten an die Viere sicher machen, dass ihre Seele nach dem Ableben des Körpers in Morsans Hallen gebracht wird, werden die naiveren Gemüter geradewegs bestochten, dem Glauben weiter treu und loyal zu folgen, während die Zweifler nicht von den Gebeten ablassen aus Furcht, dass sie eine Ewigkeit lang dafür bezahlen würden. Eine Tretmühle aus Furcht und Hoffnung, die jeden, der sich von ihr einspannen lässt, zu einem dem Oberhaupt der Kirche hündisch ergebenen Gläubigen umformt, der alles dafür tun wird, dass er nach seinem miserablen Leben auf Tare wenigstens im Tod zufrieden wird und vielleicht auch die, die ihm teuer und lieb waren und vor ihm gestorben sind, wiedersieht.
Ein überwältigender Großteil der Scriptorien und Schreibstuben, der Archive und Büchergeschäfte von Galadon befindet sich in der Hand der Diener der Viere, zumeist sind es Diener Astraels die auf Geheiß des lokalen Vorstehers der Kirche die Aufgabe übernommen haben zu überwachen, welches Wissen weiterexistieren darf. So wurde in den dutzenden von Jahren die der Vierekirche zur Verfügung stand geplant und organisiert die Geschichte geändert, bis heutzutage nurnoch Fragmente ehemaliger Quellen zur Verfügung stehen, die uns sagen könnten, wie es sich wirklich verhalten hat. Plötzlich heißt es, Astrael hätte die Hochelfen erschaffen. Von diesem Stand des Wissens aus, so dürfte den Verantwortlichen bewusst sein, bedarf es nurnoch eines kleinen Schrittes um in den Köpfen aller Völker, einschließlich der Hochelfen selbst, durch stetiges Predigen und Abschreiben und Korrigieren und Anpassen der Schriftstücke die anderes aussagen ein für alle mal zu verankern, dass Astrael alle Elfen erschaffen hat. Eine irrsinnige Behauptung, so ist zumindest den Elfen der Auen und der Wälder klar. Unfassbar alt ist dieses Volk und ihr Wissen gründet sich auf Erfahrung, die sie gesammelt haben und die die Elfenvölker zur Hochblüte geführt hat als die Menschen noch in dreckigen Löchern hausten. Kein Zufall ist, dass weder Auen- noch Waldelfen jemals mit dem Gedanken an so etwas Abwegigem wie dem Glauben an die Viere gespielt haben und sie stattdessen an die Natur glauben und daran, dass jedes Tier hat, was wir als Seele bezeichnen und nur dem Mensch zuschreiben.
Die Magie, ein scheinbar überzeugendes Argument dessen sich vor allem Diener des Astrael bedienen, muss nicht zwangsläufig von Astraels Augenopfer kommen. Viel mehr hat sich die Sage von Astraels Augenopfer der Tatsache angepasst, dass die Magie seid der Existenz Tares besteht und den eigentlichen Grund verdrängt, sodass wir heute nurnoch Mutmaßungen anstellen können. Aber es gibt nicht wenige Theorien, die uns ebenfalls Erklärungen anbieten. Ob die Magie, nach einer Weiterführung der Aurentheorie, aus uns selbst kommt oder vielleicht auch wieder die Elfen recht haben und das Lied der Wechselwirkungen der Elemente und das Gleichgewicht die Quelle alles Seins ist – und die Magier unseres Volkes nur akademisch veranlagte Beeinflußer des Liedes sind, wir werden es nicht zu sagen vermögen, denn die Vertuschung von Jahrhunderten hat das was wir als Wahrheit anerkennen verschwimmen lassen und sie muss erst wieder mit viel Mühe befreit werden.
Ein perfektes Beispiel dieser Anstrengungen der Vierekirche alle Lehren die im Weg sind beiseite zu räumen ist die Geschichte der Diener des Mens. Mens, ein Wort mit dem man bei den meisten, gar vielen Gelehrten und belesenen Männern, nur verständnislose Blicke ernten würde. Der fünfte Elementarherr ist der, dem man den Geist zuschreibt. Da dies jedoch nichts anderes bedeuten würde, als dass die Seele gar nicht zwingend notwendig ist und folglich ihre Existenz, nach dem Prinzip der Wissenschaft möglich wenig unbegründete Annahmen machen zu müssen, nicht angenommen werden muss. Seine Diener wurden zu Ketzern erklärt und sind nun das, was man als die Druiden beschreibt. Der Hass der ihnen über Jahrhunderte, gar Jahrtausende hinweg von gläubigen Fanatikern entgegenschlug trieb sie in die Einsamkeit der Wälder und das Ziel der Vierekirche ist erreicht, dass niemand mehr diese unangenehme Lehre verbreiten kann. Oder können sollte.
Es ist einfach das kollektive Gedächtnis der Völker zu ändern, wenn die großflächige Verbreitung des Glaubens mit der Erweiterung eines unvergleichlich erfolgreichen Großreiches, Galadon, zusammenhängt. So ließ sich selbst die Schöpfungsgeschichte ändern und es hat sich so eingebürgert, dass es nur eine einzige Wahrheit gibt. Unbeachtet bleiben die endophalische Version, auch die, die den Go’Hor, den Schöpferdrachen, folgen, haben eine andere Art die Schöpfung zu erzählen. Unerwähnt sollen sie an dieser Stelle bleiben, wie auch die vielfältigen anderen Stimmen, die dereinst wohl in einem neuen Buch zusammengefasst werden sollten. Die Nortraven denken anders, die Auen- und die Waldelfen haben eine ganz andere Ausrichtung, und so weiter. So schlichen sich auf Geheiß dutzender gläubiger, geblendeter Schreiber plötzlich vier Namen in die Geschichtsbücher ein, die seitdem und durch die von lange Hand geplante Institution die ihre Anbetung plant, viel Leid nach Tare gebracht haben. Leid, das nicht notwendig ist, sondern nur auf unbegründetem religiösen Hass beruht, der willentlich geschürt wird von den Prätoren, dem Relator und dem König. Der Macht wegen.


sic est. So ist es.


Hier und da wurde etwas wegradiert oder zwischen die Zeilen gequetscht, sodass es den Anschein haben mag, dass sich das Buch in staendigem Wandel und Veraenderung befindet und oefters diverse Abschnitte hinzugefuegt werden.






OOC: Normalerweise kommt hier ja immer der Hinweis, dass das Buch IG zu finden ist. Aber es zu finden ist schon sehr unwahrscheinlich! :lol:


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