Ehrenbürger |
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Registriert: 20.10.07, 17:38 Beiträge: 811
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*Mit dem gleichen Schiff, mit dem auch ein anderes gesiegeles Schreiben nach Falandrien auf den Weg gebracht wird, verlässt auch dieser Brief Siebenwind. Adressiert ist er an den Hof von Graf Gernod von Ersont* 20. Oner 22 n.H. Hochverehrter Graf Gernod,
mit größter Trauer und Bestürzung muss ich Euer Hochwohlgeboren bitterste Nachrichten kund tun: Burggräfin Hannah Berndorf zu Lichtenwald ist verstorben. Sie verstarb in der ersten Nacht ihrer Gefangenschaft in den Händen von Ketzern, die im Dunkeltief die Stadt Falkensee auf Siebenwind in ihre Gewalt gebracht haben. Mit Ihr zu Tode kam auch ihr Secretarius Primus Theobald Badereck. Wir haben nicht nur den Verlust unseres Lehensherren auf Siebenwind zu beklagen, sondern ebenso den Fall der Provinzhauptstadt Falkensee, die bis zu diesem Tage von den Schergen des Einen besetzt ist und von ihnen in "Angamonis" umgetauft wurde. Pläne zur Rückeroberung durch lehensübergreifende Kräfte der Insel werden geschmiedet und zur Ausführung gebracht. Bei allem Glauben an das Gute vermag ich den Ausgang jedoch nicht vorher zu sehen. Kraft meines Amtes und Standes werde ich mit dem eingerichteten Kriegsrat zusammenarbeiten, solange es zum Wohle Eures geschundenen Lehens gereicht. Nur durch gemeinsame Anstrengung ist ein Sieg möglich.
Eure treue Dienerin wurde bei dem Versuch, die noch am Leben geglaubte Burggräfin aus ihrem Gefängnis zu befreien überwältigt und zum Tode verurteilt. Um Haaresbreite nur gelang mir die Flucht. Als von Ihrer Durchlaucht und Rat eingesetzten Lehenskanzlerin und standeshöchster Person des Ersonter Bundes auf Siebenwind fällt mir damit provisorisch die Lehensherrschaft zu. Ich bitte Euch darum, einen Nachfolger für die Burggräfin und neuen Lehensherren zu bestimmen. Solltet Ihr dazu gar kühnerweise mich in Erwägung ziehen, so muss ich doch Folgendes zu Eurer Kenntnis bringen: Ich habe mich vor dem Text des Gesetzes schuldig gemacht des Hochverrats und Paktierens. Nach meiner Entdeckung in Falkensee habe ich das Angebot des sog. Skelettfürsten, dem Anführer der Ketzer, angenommen in dessen Namen Statthalter von Falkensee zu sein. In vollem Bewusstsein über die Konsequenzen habe ich dies getan, weil ich der Meinung war, dass die Bewohner des Lehens unter mir die bestmöglichen Lebensbedingungen gehabt hätten, als wenn eine dieser sadistischen "Sammler"-Kreaturen über die Stadt geherrscht hätte. Im Gegenzug erwartete man von mir, die Bürger zu beruhigen und zu einer Kooperation mit den Besatzern zu bewegen. Auch dies habe ich in Wort und Schrift getan, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Wenige Tage diente ich so dem Namen nach dem Skelettfürsten, ehe ich nach der misslungenen Befreiung der Burggräfin zum Tode verurteilt wurde. Demütigst überlasse ich es Eurem Urteil, oder dem eines königlichen Gerichts aus Siebenwind, über diese Taten zu urteilen. Ich werde mich keinem Urteil entziehen, wie es auch ausfallen möge.
Sollte ich darob in Ungnade fallen und verständlicherweise als Führung für das Lehen nicht tragbar sein, so rate ich Euch bis zur entgültigen Bestimmung oder Entsendung eines Eurer Getreuen die Lehensgeschäfte in die Hände von Frau Awa Aldorn zu legen. Sie war unter der Burggräfin Ratsherrin und ist eine begnadete und gut wirtschaftende Händlerin und Handwerkerin, die großen Rückhalt unter den Stützen der Stadt genießt. Eine stille, vielleicht zu ruhige Frau, doch strebsam und mit Eifer gesegnet, wohl härter und belastbarer als es den Anschein hat. So es aus meinem Mund nicht unverschämt ist, würde ich die Empfehlung abgeben, ihr eine ähnliche Ehre zuteil werden zu lassen wie einst Waldemar Delarie, nun Edelmann, und mir. Auch ohne Betrachtung des möglichen Hochverrats bestehen gewiss unausräumbare Zweifel an meiner Eignung. Zwei mal schon ist Falkensee nun binnen zweier Monde in Feindeshand gefallen, zweimal schon entkam ich dabei nur knapp dem Tode, zwei mal schon steht der Ersonter Bund auf Siebenwind vor seiner Auslöschung. Das Vertrauen, das die Burggräfin, Morsan heiße sie willkommen, in mich gesetzt hatte, verbietet mir die einfache Niederlegung meines Amtes. Doch ich wage es zu gestehen: ungeheure Erleichterung verspürte ich, wenn ein Wechsel angeordnet würde und meine wenig segensreiche Zeit an der Lehensspitze beendet wäre. Meine Bilanz gereicht dem Ersonter Bund bei aller Offenheit nicht zur Ehre, wenn man keine Umstände als Entschuldigung anführen will
Es dräut mich, Euch nicht bessere Auskunft geben zu können, doch das Papier wird knapp. Vor allem aber betrübt es mich, dass meine Nachrichten an Euch nur schlecht sind. Mögen die Götter uns helfen, Euren Besitz wieder zur Blüte zu führen und vor einem Zerfall zu bewahren.
Für den Fall, dass die Stadt Falkensee unter der Herrschaft des Feindes bleibt, werde ich ein Exil in Seeberg beziehen. Südfall ist kein sicherer Ort. Richtet eine mögliche Antwort also bitte an die königliche Enklave Seeberg auf Siebenwind.
In demütiger Ergebenheit wartet auf Euer gnädiges Urteil
Freifrau Solice Aurora zu Ersont

_________________ Danke fürs Char-Portrait an Awa
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