.
.
.
Ärger nicht den HoffSeufzend legte Jarev die Zeitung neben sich auf die Sitzbank.
„Melvo Solas und Markus P. Kusbusen… Kusbusen… Wie kommt man auf solche Namen?“ Der
Schwarzhaarige blickte fragend zur Seite.
„Keine Ahnung. Eins führte eben zum Anderen“, antwortete der weißhaarige Mann schmunzelnd und
blickte zur Seite aus dem Fenster des Kutschwagens. Er griff in die Innentasche seines Mantels und
zog neben einer Pfeife auch einen kleinen Tabakbeutel heraus. Während er die Pfeife in aller Ruhe
stopfte, sprach er mit nachdenklicher Stimme: „Ich hätte Sial nicht in der Stadt lassen sollen. Das ist
kein Ort für ihn… das wird er mir sicher ewig vorhalten. Erinnere mich bitte daran, dass ich ihm etwas
Gutes zu Essen mitbringe.“
„Der Geweihte Hastenhoff wird dir sicher ein paar exotische Dinge anbieten können.“ Jarev strich mit
einer Hand durch seinen Vollbart und sah zum Weißhaarigen, der derweil die Pfeife mit einem Feuer-
hölzchen entzündete. „Nimm es dir nicht so zu Herzen. Es war nicht deine Schuld.“
„Leider doch. So etwas passiert mir normalerweise nicht. Stell dir vor was er uns alles hätte erzählen
können. Du hast ihn selbst gehört. Die Gruppe war nur die Spitze des Eisbergs.“ Lergoh zog an der
Pfeife und stieß einen Schwall Rauch aus.
„Wir haben die gekriegt, die die Bauern zu ihren Taten getrieben haben. Wir waren erfolgreich, und
haben nebenbei noch ein schönes Stück magischen Wissens ergattern können. Der höchste Bote war
sehr zufrieden. Tabu Hin und Her.“
Lergoh seufzte leise, ehe er den Blick vom Fenster löste und zu seinem Freund sah: „Du hast wohl recht.
Die Spuren sind jetzt kalt. Es würde ewig dauern neue Hinweise zu finden. Mal sehen ob uns dein Freund
Hastenhoff helfen kann. Man sagt er hätte ein sprechendes Pferd?“
„Ja... erwähne das besser nicht. Weißt du eigentlich schon was du danach tust? Zurück auf die Insel?“
Der Schwarzhaarige sah seinen Freund abwartend an, während Lergohs Blick wieder zum Fenster hinaus
wanderte.
Nach einem Zug an der Pfeife sprach der Weißhaarige: „Ich weiß nicht. Irgendwer muss das Heim wieder
aufbauen oder? Vielleicht ein Lehrstuhl an einer magischen Fakultät?“
„Wieso…reist du nicht einfach mal ins… Fürstentum Ossian?“, kam es zögernd von Jarev, während sein
Blick fest auf L, dessen Augen sich bei der Frage etwas verengten, lag. Nach einem weiteren Zug an der
Pfeife sprach mit ruhiger Stimme: „Ich weiß worauf du hinaus willst, aber das ist vorbei…bin drüber weg.
Schon lange.“
„Weißt du…anfangs habe ich dir das auch noch geglaubt, aber von dem Moment an, an dem du das Gesche-
hene verarbeitest hattest, habe ich dich immer wieder dabei erwischen können, wie du dein Armband
anstarrst. Mal ganz zu schweigen von dem komischen Schrank, den du immer mit dir rum schleppst.“
Der Schwarzhaarige legte die Stirn in Falten und deutete auf den kleinen Holzschrank, der vor dem Weiß-
haarigen auf dem Boden stand.
Lergoh zog an der Pfeife, wendete sich vom Fenster ab und blickte zu Jarev. „Der Schrank ist äußerst
praktisch. Ich kann damit eine ganze Menge Zeug herumtragen, wenn ich länger unterwegs bin. Geordneter
und sicherer, als mit einer Tasche aus Stoff.“
„Und das Armband?“, fragte der Schwarzhaarige, hob die Brauen und sah seinen Sitznachbarn in die Augen.
Mehrere Augenblicke verstrichen, bevor Jarev die Stille noch einmal brach und etwas näher an L heran
rutschte: „Weißt du, du hast wunderschöne Augen… Lass mich dich küssen!“
„Halt doch den Mund du endophalische Mannhure!“, sprach Lergoh amüsiert, während er den, sich vor-
lehnenden, schwarzhaarigen Mann von sich schob. Er atmete tief durch, senkte dann jedoch den Blick
und zog nun wieder still an seiner Pfeife. „Es war meine Schuld und ich kann es nicht rückgängig machen.
Sagen wir… Ich habe die wahren Ausmaße, meines möglichen Scheiterns, vorher nicht erkennen können.
Damals, war es das Risiko wert.“
„Hier“, sagte Jarev dann mit sanfter Stimme und hielt seinem Freund einen Umschlag hin. Lergoh nahm
ihn entgegen, musterte ihn kurz und blickte fragend zum seinem Sitznachbarn, ehe dieser fortfuhr: „Du
hast mich gebeten sie nachhause zu bringen. Das habe ich getan. Musste mir eine gefühlte Ewigkeit Ge-
schichten über dich anhören. Schrecklich, soviel Blödsinn. Etwa eine halbe Tagesreise westliches ihres
Dorfes, direkt zwischen Rowa und Ignes, habe ich auf dem Rückweg einen Runenstein gebunden. Falls du
mal in der Nähe bist, überleg es dir.“
Leise brummend, jedoch ohne ein Wort zu sagen, nickte Lergoh knapp und schob den Umschlag in die
Innentasche seines Mantels.
Jarev rutschte etwas tiefer in die gepolsterte Sitzbank und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Übrigens, wo wir gerade bei endophalischen Huren waren: Der höchste Bote gab mir den Auftrag eine
Expedition nach Endophal auf die Beine zu stellen. Man sagt sich, dass es dort ein paar interessante
Schriften zu finden geben könnten.“ Ein breites Grinsen formte sich auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen,
der sich dann räusperte und mit gekünzelt, aufgeblasener Stimme anfügte: „Möchte seine Exzellenz sich
vielleicht ein paar einfachen Boten Mondenlaubs auf dieser Reise anschließen? Wir würden uns geehrt
fühlen.“
Lergoh hob eine Braue, presste die Lippen zusammen und erwiderte nach einem kurzen, nachdenklichen
Brummen: „Ich, in die Wüste? Naja, ich wollte sowieso Buße tun.“
.
.
.