Rose stand zitternd vor dem verschlossenen Tor. Die Kälte schien durch Mantel und Robe zu dringen, und die Wachen liesen sie nicht ein, noch wollte sie eine Botschaft zu ihrem Herrn tragen.
Langsam hob sie den Kopf zu den Fenster, von dem sie wusste, dass dahinter der Grossmeister schlief. Schnell zog sie die warmen Handschuhe aus und nahm ihre Laute vom Rücken. Nach kurzen Saitenspiel begann sie zu singen.....

Hört mich an, ihre lieben Leut,
hört, was ich berichte heut:
Von Tapferkeit und Rittereid
von Heldentum und grossen Leid.
Von des Horstes letzer Schlacht
als der alte Feind mit Macht
erhob erneut die dunkle Hand
um zu rauben unser Land.

Im Falkenhorst bei Tag und Nacht
drei Ritter hielten einsam Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib

Allein sie standen auf den Zinnen
Als der Feind mit üblen Sinnen
blickte auf zu hohen Mauern
um ihnen dort dann aufzulauern.
Er sandte aus, die dunkle Schar,
wo, das was einst lebendig war
diente ihm, auch wenn es tot
zu bringen Leid und grosse Not.

Doch im Horst bei Tag und Nacht
drei Ritter hielten einsam Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib

Die Ritter sahn die Schatten drohn,
ein Bürger wäre wohl geflohn,
doch ein Ritter wird nicht fliehn,
wenn er kann sein Schwert noch ziehn.
Und so tagte manche Stunde.
in jener Nacht die Tafelrunde
wo man sich sehr ernst beriet
ob man ging oder doch blieb.

Und im Horst bei Tag und Nacht
drei Ritter hielten einsam Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib......

Langsam blickte sie zum Fenster hoch, ob sich da wohl etwas rührte....

Eine Hand legte sich auf Talliostros Schulter und rüttelte ihn recht unsanft aus tiefem Schlaf. Er schlug die Augen auf und sah in Athos ernstes Gesicht.
"Sir, ihr solltet euch dies anschauen, oder besser anhören." flüsterte dieser leise.
Erst jetzt bemerkte Talliostro, dass das Fenster einen spaltweit geöffnet war und kalte Luft in das Zimmer strömte. Leise seufzend erhob sich Talliostro und ging langsam zum Fenster, um herauszuschauen und zu hören.
Er vernahm leise Klänge einer Laute und eine vertraute Stimme die sang. Währenddessen sah er ernst zu Athos
"Holt sie besser herein, sie unterkühlt sich noch. Ich denke, es ist das beste, auch weil ich nur die Hälfte des Liedes höre"
"Ja Sir, ich werde die Wache anweisen, ihr ein warmes Plätzchen zum singen zu geben", mit diesen Worten ging Athos bestimmten Schrittes hinaus.
Talliostro hingegen lehnte sich an die Wand und lauschte bedächtig.

Rose seufzte leise und zog den Mantel noch enger um sich. Ihre Stimme ertönte nun etwas lauter, in der Hoffnung, gehört zu werden.....

Lange, lange hielt man Rat
und dann, als rot der Morgen naht,
erhob sich still mein hoher Herr
als drückt' ihm eine Last gar schwer.
"Es gilt zu halten Burg und Stadt,
und alle Menschen, die's dort hat.
Solang wir halten uns're Zinnen
können sie nach Stein entrinnen!
Und so lautet mein Beschluss:
Die Ritterschaft sich teilen muss!"

Und so, im Horst bei Tag und Nacht
nur noch drei Ritter hielten Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib.

Und dann im ersten Morgengrau'n
sah man die drei nach Westen schaun.
Ihren Gefährten galt der Blick,
als man sie liess allein zurück.
Alle Herzen waren schwer
an Wiedersehn glaubt keiner mehr.
Die Schar zog still nach Brandenstein
um dort dann Schutz und Trost zu sein.

So hielten dann bei Tag und Nacht
drei Ritter ihren einsam Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib.....


Seufzend blickt sie zum Fenster.....

Bei den Zeilen dieser Strophe regt sich eine seltene Regung auf Talliostros Gesicht und er war froh, dass er alleine war. Langsam verzog er das Gesicht und in seinen Augen schimmerte es. Schnell verdrängte er die Gedanken an den Abschied damals und öffnete das Fenster nun vollends, lehnte sich hinaus und sah herunter. Auch um zu sehen, ob die arme Rose nicht endlich erlöst würde von der Kälte, die an diesem Morgen herrschte.

Als sie die Bewegung am Fenster sieht, huscht ein sanftes Lächeln über ihr Züge. Leicht neigt sie das Haupt zum Gruss während sie weitersingt:

Beim Abendmahl sassen die drei
nur ein Kätzchen war dabei,
dass leis um ihre Beine strich,
und nicht von ihrer Seite wich.
Und da man es nicht jagte fort
hörte es ein jedes Wort
von der kleine Ritterschar,
die so nah dem Tode war.

Und in jener letzten Nacht
drei Ritter hielten einsam Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib......

Mit recht eiligen, leise scheppernden Schritten verläßt Athos den Raum um sich der nächstbesten, arglosen Wache zuzuwenden. "Wache, schafft die Dame vor dem Fenster hier rein, besorgt ihr einen heißen Tee und geleitet sie zu Sir Barnabas. Und wenn ihr damit fertig seid kümmert euch mal wieder um die Öfen, ist ja verflucht kalt hier drin!". Als die den Auftrag nur mit einem kurzen "Jawohl Sir" bestätigende Wache sich in den Hof hinaus begibt um die Sängerin hereinzubitten, wartet Athos selbst etwas abseits in der Halle, um die hereingeführte Frau mit hinter dem Rücken verschränkten Armen knapp nickend und eher schmal lächelnd zu begrüßen. Als sie einen Schritt auf ihn zu macht, deutet er kurz einladend zur Treppe um dann gleich hinter einer weiteren Tür zu verschwinden.

"Vitama...... irgendwann werfe ich diesen Giftpilz von der Burgmauer..." murmelte Rose, als sie zitternd an dem Ritter vorbeistolperte. Und doch hüpft ihr Herz leicht vor Freude, ihn wieder auf den Beinen zu sehen. Auf den Treppenabsatz wandte sie sich um. "Sire.........". Sie knickste leicht, in ihren Lächeln lag Spott. Sie merkte nicht, das viel zu viel Wärme in ihrer Stimme lag. Etwas schwerfällig eilte sie weiter, um das Zimmer der Ritter zu betreten. "Mein Lehnsherr.........." Sie sank vor dem Grossmeister in die Knie, die Laute fest umgreifend.....

Talliostro drehte sich um, als Rose den Raum betrat und schaute zu ihr herab, als sie vor ihm kniete.
"Erhebt euch ruhig Rose, keine Umstände" sagte er, während der ruhig lächelte.
Talliostro war in sein einfaches Gewand ohne Wappen gekleidet und hatte auch noch keine Stiefel an, da er direkt aus dem Bette den Klängen Roses gelauscht hatte. Etwas beschämt bemerkte er diesen Umstand und zog sich schnell etwas über die Füsse. Danach schloss er das Fenster, um dem frischem Morgen nicht weiterhin Einlass zu geben, denn es war bereits recht frostig im Zimmer.
"Nun Rose, was führt euch zu mir, ausser eure lieblichen Klänge? Kann ich euch vielleicht ein Frühstück anbieten oder dergleichen, bevor ihr vielleicht weitere Zeilen eures Gedichtes preisgebt?"

Roses Blick hing kurz versonnen an seinen Lippen.
"Etwas...... zu essen wäre nicht schlecht, dann will ich auch weiter für euch singen, wie es einer armen Sängerin gebührt."
Seufzend lies sie sich auf einer Kiste nieder, um erneut die Saiten ihrer Laute zum erklingen zu bringen. Prüfend lag ihr Blick auf seinen Antlitz als sie wieder anfing leise zu singen......

Dem ersten sprang es auf den Schoss,
der kraulte es, dann lies er los,
und Kätzchen merkte allzubald,
das sein Herz nur einer galt,
die doch verschmähte seine Lieb,
so dass allein zurück er blieb,
und wie man sich ganz leis erzählt,
zur Liebsten dann den Tod erwählt...

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort treu die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Schwertklinge, wurde er genannt,
und war doch mehr als eine Hand,
die sicher eine Klinge führt,
wenn er Gefahr sich nähern spürt.
Sein Herz war treu und stets bereit
zu streiten für Gerechtigkeit.
Und hat er auch aufs Schwert geschworn
niemals erhob er es im Zorn.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort treu die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Während Rose sang, nahm Talliostro sein Frühstück hervor, dass ein fürsorglicher Page schon bereit gestellt hatte. Er nahm sich einen Stück Brot und bot den Rest dann Rose an. Er verspürte keinen Hunger, die Gedanken an seine Rede heute zum Volke Brandenstein liessen ihn nicht wirklich schlafen und essen.
Leicht lächelnd hörte er den Zeilen über Aspin zu, doch dann verdunkelte sich wieder sein Blick, als er an den Verlust des Ritters denken musste.
"Fahrt ruhig fort, werte Rose. Ihm gebührt eine besondere Ehre in diesem Lied, denn es ist nicht sicher, ob er jemals wiederkehrt..."

Kurz unterbrach sie ihr Lied, um etwas zu essen, denn ihr Körper forderte Tribut. Dann sah sie zum Grossmeister auf.
"Es war sein Wunsch.... Ich las es in seinen Augen. Bekümmert euch mein Lied? So will ich besser schweigen..."

Lächelnd schaute er Rose beim Frühstück zu.
"Nein Rose, euer Lied stimmt mich nicht traurig. Es beschwingt mich desto mehr, weiterzuleben, zu kämpfen und dieses Lied und sein Erbe weiterzuerzählen. Und wer weiss das schon...
Nur weil Aspin noch nicht wiedergekehrt ist, muss es nicht bedeuten, dass er tot ist. Also fahrt ruhig fort."
Wieder lächelte Talliostro ungewöhnlich sanft. Die Anwesenheit Rose liess ihn immer wieder ruhig werden und positiv in die Zukunft schauen....

Rose fegte schnell ein paar Brotkrümmel von ihrer weiten Robe, und nahm dann wieder die Laute zur Hand.
"Euer Wunsch, sein mir Gebot......!"
Und wieder begannt sie zu singen. Nicht so schön, wie sie es einst von ihren Bruder, dem Barden hörte, jedoch sang sie aus ganzen Herzen, und vielleicht konnte ihr Herr ja ahnen, das dies Lied auch ihr eigenes war......

Als Herrn der Münze kannt' man ihn
doch zum Gold zog's ihn nie hin.
Golden aber war sein Herz,
denn er teilte fremden Schmerz.
Niemals hat er lang gesäumt,
benötigte man einen Freund.
Und auch Stolz focht ihn nie an,
denn er war ein Rittersmann....

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt treu seine Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib.

Kätzchen sah ihn lange an,
dann hob es zu sprechen an:
Komm mit Kätzchen, Rittersmann!
Es versteckt Dich, so es kann.....
Siehst du dort die Schatten stehn?
Willst du nicht mit Kätzchen gehn?
Kostbar, kostbar ist Dein Leben,
dass die Herrin Dir gegeben.

Und in jener dunklen Nacht
der Ritter hielt treu seine Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib.

Und der Ritter lächelt leicht
während er ihr Fell sacht streicht.
Niemals, niemals will ich gehn!
Muss zu meinen Schwur treu stehn.
Doch du Kätzchen, eile fort
denn nur Tod gilt diesem Ort.
Kätzchen aber, du sollst leben
und meine Botschaft weitergeben.

Und in jener dunklen Nacht
der Ritter hielt treu seine Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib.

Talliostro lauschte still den Versen Roses und ein Lächeln umspielte seine Züge. Sie hatte Aspin wahr beschrieben, in seiner Essenz und auf den Punkt gebracht. Es waren würdige Zeilen für diesen Ritter, der nun verloren schien...
"Rose, ich muss euch beglückwünschen zu diesen Zeilen, denn sie beschreiben Sir Schwertklinge mit solcher Klarheit, dass keine Zweifel über sein Pflichtgefühl und Tugendhaftigkeit entsteht. Ich brenne darauf, weitere Zeilen aus diesem Liede zu hören."
Aufmerksam und neugierig schaute er zu der jungen Frau, begierig darauf, weiteres aus diesem Epos zu hören...

Rose neigte leicht das Haupt. Ihre grünen Augen funkelten leicht bei dem Lob. Nun..... dann kommen wir zum Giftpi... äh.....hm..... zu Sire Athos.....
Etwas verlegen zupft sie an den Seiten um dann fortzufahren...

Das Kätzchen want' sich seufzend ab
es ahnte wohl sein frühes Grab
Das kleine Herz vor Kummer schwer
überlegte es still hin und her:
Wenn Bitten ohne Wirkung sind
dann stiehlt einfach das kluge Kind!
Doch ist ein Ritter keine Maus,
nur schwer trägt man ihn aus dem Haus!

Und in jener letzten Nacht
drei Ritter hielten treu die Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib......

Es sprang dem zweiten auf den Schoss,
der zogs am Schwanz, dann lies er los,
und Kätzchen merkte allzubald,
das sein Herz nur einer galt,
der schönsten Frau im ganzen Land
die in Vitamas Diensten stand.
Und doch sass er nun hier allein
denn sie, sie sollte sicher sein.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort stolz die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Sie sah zögernd zum Grossmeister, wohl etwas unsicher ob sie fortfahren soll.....

Leicht brummend hörte Talliostro zu und nickte hin und wieder.
"Diese Zeilen werden ihm aber nicht so gerecht Rose, ihr stellt ihn ja fast als Scheusal hin den Armen...
Ich hoffe, da folgt gleich noch etwas, was ihn entlastet, ein solch schlechter Mensch ist Athos dann doch nicht" sagt er schmunzelnd.
Leise raschelnd nimmt der Grossmeister dann einen Stapel Papiere und überfliegt diesen langsam.
"Fahrt ruhig fort, ich höre euch zu, keine Bange"

Ein leises "Pfffffft!" entwich Roses Lippen. Dann lächelte sie zuckersuess. "Mein Herr ich vergess nicht wer ich bin, wes Brot ich ess, des Lied ich sing....

Sir Athos wurde er genannt,
die Zunge flink und so gewand,
er führte, wie er führt sein Schwert
und war damit auch doppelt wert
und bei allen hochgschätzt.
Nur das Kätzchen war vergräzt,
und zuckte wütend mit dem Ohr
als es sein Herz an ihn verlor.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort stolz die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Mehr als überrascht hebt Talliostro eine Braue. Die Zeile "als es sein Herz an ihn verlor" hallte noch nach.
"hmmm ja das klingt schon eher nach Athos, aber ihr habt da eine recht interressante Zeile mit hineingedichtet, die mir in Erinnerung bleiben wird."
Lächelnd schaut er dabei Rose kurz in die Augen und wendet sich dann wieder einen Schreiben zu, dass wohl eine Aufstellung der Waffenvorräte innerhalb Brandensteins sein mag. Brummend liest er die Aufstellung, macht einige Notizen und schaut dann wieder auf.
"fahrt ruhig fort, ich bin wissbegierig..."

Kurz erwiderte sie das Lächeln, rieb sich seufzend ihren Rücken und begann dann weiterzu singen, wie es ihr gerade in den Sinn kam:

Herzensbrecher, nannt man ihn
Frauen sanken seufzend hin
nahte sich der Diplomat.
Und man schätze auch den Rat
denn er willig stets gewährt'
genso hoch wie Athos Schwert.
Er war tapfer und voll Kraft
besonnen und gewissenhaft.
Kein Fest er jemals hat versäumt
und er war der treuste Freund
denn man sich nur wünschen kann
kurz: er war ein Rittersmann.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort stolz die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Kätzchen sah ihn lange an,
dann hob es zu sprechen an:
Sagt mir guter Rittersmann!
Entführ ich Dich, was steht dann an?
Und sprachs, das es wie Scherzen klang.
Und Athos lächelt: Nun - der Strang.
Das Kätzchen schlucke einmal schwer,
denn am Leben hing es sehr.
Steckte still den Schlaftrank fort
und sprach davon kein weit'res Wort.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort stolz die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Und der Ritter packt es schnell
ziehmlich fest am Nackenfell.
Kätzchen, niemals will ich gehn!
Muss zu meinen Schwur treu stehn.
Meinen Brüdern steh ich bei,
solangs der Viere Wille sei!
Doch du Kätzchen, eile fort
Nichts hält Dich an diesem Ort.

Und in jener letzten Nacht
der Ritter hielt dort stolz die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

"Hmmmm keine schlechten Zeilen Rose, sie werden Athos eigentlich gerecht, auch wenn dieses mit dem "Strang" doch sehr hart klingen mag. Aber mir scheint, er hatte einen schlechten Tag erwischt..."
Talliostro wandte sich dem letzten Schreiben zu und setzte sein Siegel herunter.
Liese murmelnd zu sich selbst
"So, jetzt noch die Rede ausfeilen und dem Boten bescheid geben, dann kann man essen gehen..."

Das leise Saitenspiel verstummte. "Wünscht mein Lehnsherr, dass ich gehe? Die Papiere scheinen ihn wieder aufzufressen?" fragte sie mit ungewöhnlich unterwürfiger Stimme. Doch in ihren Augen funkelte Spott auf, der nur zu deutlich ihre Meinung über die "Papiere" zum Ausdruck brachte.

"oh nein nein Rose, die Papiere sind alsbald fertig und ich würde mich auch um Begleitung beim Mittagessen erfreuen. Spielt ruhig weiter, es erfreut mich und lenkt mich ab von den dunklen Gedanken, die mich sonst plagen..."
Still sieht er Rose an und legt das Papier schnell beiseite...

"Mittagessen..." seufzte sie leise, wohl immer noch hungrig, denn die Strasse ist alles andere als ein Garten. Wieder neigte sie gehorsam das Haupt und sang für ihn, auch wenn sie wusste das ihre Stimme nicht so rein war, wie er es wohl von Hofe gewohnt war.

Das Kätzchen want' sich fauchend ab
als er es wieder lies hinab
Und doch seufzte es gar schwer
und überlegte still hin und her:
Wenn mir hilft nicht Trug und List
dann wohl Zwang die Lösung ist!
Doch ist ein Ritter keine Maus,
nur schwer trägt man ihn aus dem Haus!

Und in jener letzten Nacht
drei Ritter hielten treu die Wacht
um zu erfüllen ihren Eid
und kostet es auch ihren Leib......

Dann wurde ihre Stimme leiser, fast scheu sang sie nun die Strophen und blickte nicht mehr zu ihm auf.

Es sprang dem dritten auf den Schoss,
es krallt' sich fest, lies nicht mehr los,
denn Kätzchen merkte allzubald,
das sein Herz dem Ritter galt,
der es einst gerettet hat,
aus einer totgeweihten Stadt.
Es schmiegt' den Kopf in seine Hand,
an der er trug ein kleines Band.

Und in jener letzten Nacht
ein Ritter hielt treu die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib......

Bei den letzten Zeilen scheint Talliostro in Erinnerungen versunken zu sein. Leicht fuhr er sich über die Augen, um verfluchte Erinnerung von schönen Gedanken zu trennen, aber das meiste war zu sehr miteinander verbunden...
"finsterwangen..." murmelte er leise.
Dann blickt er hinab zu Rose und ein leichtes lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht und die Züge glätten sich wieder, als wenn die meiste Last von ihm fallen würde bei diesen Zeilen.
"Ach Rose, ihr weckt längst vergessene schöne Erinnerungen an alte Zeiten, aber so will ich weiter lauschen, zumindest den letzten Versen vor dem Mittag, denn die Zeit hält nicht an, auch wenn ich es mir zumeist wünschen würde..."

Nachdenklich zupfen Roses schmalen Finger über die Saiten, während sie leise und zögern weitersingt, als wäre sie nicht sicher, wie der Grossmeister darauf reagieren möge......

Sir Barnabas, wurd er genannt,
ein hoher Herr mit starker Hand,
der treu zu unserem König steht
selbst wenn es an sein Leben geht.
Stets beugt er willig sich der Pflicht,
scheint hart und streng, wenn er mal spricht,
und doch ist, wie das Kätzchen weiss
sein Herz voll Liebe und kein Eis.

Und in jener letzten Nacht
ein Ritter hielt treu die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib

Zum Grossmeister wurd er ernannt
zu schützen uns und unser Land.
Stets direkt ist sein Gebahren,
leidgeprüft und kriegserfahren,
führt er stets selbst die Ritter an
und fürchtet weder Geist noch Mann.
Den schwarzen gilt sein ganzer Zorn
ihnen Tod er hat geschworn.
Fürs Volk, er tut, was er nur kann,
er ist und bleibt ein Rittersmann.

Und in jener letzten Nacht
ein Ritter hielt treu die Wacht
um zu erfüllen seinen Eid
und kostet es auch seinen Leib

Talliostro hob eine Augenbraue und blickte stumm zu Rose einige Zeit. Dann fuhr er sich ein wenig verlegen durch die Haare und räusperte sich leise, wohl um die etwas peinliche Stille zu durchbrechen.
"Nun hm... danke für diese Zeilen, aber ich bin auch nur ein Mensch...
Wie wäre es mit Mittagessen?" fragte er schnell ausweichend.

"Gerne, Sire....." Rose hängte sich ihre Laute wieder über die Schulter und erhob sich langsam. "Ich werde das Lied weitersingen, wenn ihr es hören wollt und ihr etwas Zeit erübrigen könnt......" Sie sah zögernd zu ihm auf......

Talliostro nickte kurz.
"sicher werde ich für das Lied noch Zeit finden, darum müsst ihr euch keine Sorgen machen. Aber gehen wir doch hinunter und sehen nach, was die Küche zu bieten hat werte Rose."
Mit diesen Worten erhob sich Talliostro langsam und bot Rose seinen Arm an.

Zögernd ergriff sie seinen Arm. "Erzählt mir davon, mein Lehnsherr, damit ich mein Lied zu Ende singen kann, wie ich es in jener Nacht versprach......" Beide verliessen das kalte Zimmer, ein jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend und versuchend die des anderen zu erraten.

Tage waren vergangen. Manchmal erspähte sie ihren Herrn wie er in schimmernder Rüstung die Stadt verlies, um sich dem Feind entgegen zu werfen. Es war die Zeit des Schwertes und nicht der Laute. Und doch trat sie an jenem Abend wieder vor das Tor und bat um Einlass, denn sie sah oben im Fenster das Licht brennen und fast glaubte sie hören zu können, wie eine Feder unablässig über Pergament kratzte......