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 Betreff des Beitrags: Das Flüstern des Waldes
BeitragVerfasst: 10.01.03, 22:41 
Edelbürger
Edelbürger
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Registriert: 29.05.02, 11:50
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Die Befehle Sire Riencans waren eindeutig gewesen: Ausbau und Befestigung der Palisade am Orkpass. Von den Untoten errichtet aber letztlich doch vom königlichen Heer genommen, sollte sie nun den Verteidigern Brandensteins ihre Aufgabe erleichtern. Bisher waren die Arbeiten gut vorangegangen. Der fünfköpfige Trupp aus Rekruten der Kriegerakademie unter Fähnrich Weidenbach hatte den alten Wehrgang entfernt und den übriggebliebenen Teil der Palisade fast wieder in Stand gesetzt. Nun fehlte nur noch der neue Wehrgang. Doch dies sollte sich als schwieriger erweisen als gedacht.
Während er den Abschnitt der Palisade einer letzten Prüfung unterzog, sah Siegfried Steiner auf und ließ die letzten Strahlen der untergehenden Sonne sein Gesicht wärmen. Zu den ohnehin eisigen Temperaturen kamen hier draußen die beißend kalten Winde, die durch den Pass heulten. Die Sonne war nunmehr fast vollends hinter den schroffen Felsen des Sichelberges verschwunden und bald würde die Nacht hereinbrechen... und mit ihr würden die Schrecken zurückkehren, die die Insel nun schon so lange bedrohten. Die Arbeit musste beendet werden... und das schnell.
Mittlerweile war Rekrut Laurec Llewellyen aus Brandenstein zurückgekehrt und hatte ernüchternde Nachrichten mitgebracht: Niemand, der sich auf Holzarbeiten verstand, war aufzufinden gewesen und noch fehlte es an Baumaterial um den Wehrgang abzuschließen und zu sichern... die Zeit drängte. Fähnrich Weidenbach schienen offenbar ähnliche Gedanken zu bewegen, als sich an seine Leute wandte:
„Hat jemand eine Axt dabei?“
Siegfried musste sich zwingen, den Blick der Sonne abzuwenden bevor er bestätigend nickte. „Ich habe zwei aus Brandenstein mitgebracht.“ Dabei deutete er auf den Beutel, der am Sattel seines getreuen Pferdes Wildfang herabhing. „Sehr gut. Dann werden zwei von euch Holz hacken gehen. Ich bleibe mit dem Rest hier und halte Wache.“ Siegfried nickte abermals und sah zu den anderen Rekruten hinüber. Der hochgewachsene Elf Lorin Iera stand aufrecht vor dem Tor und spähte reglos, einer Statue gleich, den Pass entlang. Während dessen schloss Laurec die letzten Kontrollen auf seiner Seite der Palisade ab, mit welchen Jonas gerade fertig geworden zu sein schien. Also wandte sich Siegfried an ihn: „Jonas, wir werden uns um das Holz kümmern.“ Er wandte sich um, stapfte zu seinem Pferd und zog sich am Sattelknauf nach oben. Die Zügel kurz anziehend ließ er Wildfang langsam durch den Schnee voraustraben, während Jonas zu Fuß folgte.
Er musterte die Umgebung, doch nahe des Orkpasses gab es nur ein paar verkrüppelte Bäume, die sich kaum zum Fällen eigneten. Etwas weiter, westlich des Passes, erreichten sie den Rand des dichteren Waldes. Siegfried duckte sich unter einigen Ästen hinweg und ritt im Schritttempo voran. Die Dämmerung war schon fast der Dunkelheit gewichen und die letzten Strahlen der Sonne durchdrangen schwach das Geäst. Sie erreichten eine kleine Lichtung, welche bis auf einen umgestürzten, vermoderten Baum ansonsten kahl war. Sich nachdenklich durch den Bart fahrend sah Siegfried sich um.
„Ich denke diese Bäume eignen sich recht gut zum Fällen... werden bestimmt einen guten Wehrgang abgeben.“, bemerkte er und deutete auf zwei recht stämmige und gerade gewachsene Bäume am Rand der Lichtung. „Nehmt ihr den rechten, ich werde den linken fällen.“ „Wird gemacht.“, entgegnete Jonas kurz und nahm die Axt in Empfang. Siegfried band Wildfang in sicherer Entfernung an und stapfte durch den Schnee zur Mitte der Lichtung, wo er niederkniete und seine Fackel aus einer Schlaufe am Gürtel zog. Nach einigen Versuchen gelang es ihm sie zu entzünden und er befestigte sie provisorisch zwischen zwei Steinen. Er wandte sich dem Baum zu, den er auserkoren hatte gefällt zu werden. Mit schnellen, routinierten Bewegungen löst er die eisernen Plattenarmschoner und legte sie ab.
Die Lichtung wurde nunmehr nur noch vom Schein der Fackel erhellt, welche sie in fahlen Schein tauchte und die Bäume gespenstische, unruhig flackernde Schatten werfen ließ. Er hob die Axt langsam an. Jonas hatte mittlerweile mit der Arbeit begonnen und in regelmäßiger Folge hallte das Geräusch der Axthiebe durch den ansonsten stillen, verschneiten Wald. Er fixierte den Stamm vor sich und begann eine Kerbe tief hinein zu schlagen. Tapfer ignorierte er den Schnee, der sich von den Ästen löste und zu Boden fiel.
Die Zeit verstrich und unermüdlich ließen die Rekruten ihre Äxte in das harte Holz der Bäume fahren. Mühsam und anstrengend war die Arbeit, doch schließlich lagen die beiden Bäume auf der verschneiten Lichtung. Erleichtert ausatmend fuhr Siegfried sich über die Stirn. Als er sich daran machte ein Seil am ersten Stamm zu befestigen, bemächtigte ein mulmiges Gefühl sich seiner und ließ ihn kurz schaudern.
Er hob den Kopf und ließ seinen Blick über den Rand der Lichtung wandern. Siegfried kniff die Augen zusammen und schüttelte schließlich sachte den Kopf. Dort war nichts... Sorgsam knotete er das andere Ende des Seils an den Sattel bevor aufstieg und sich Jonas zuwandte. „Ich bringe den Stamm zur Palisade... dauert nicht lang.“ Jonas nickte leicht und so ließ er Wildfang langsam antraben. Schnaufend zog das Pferd den Stamm zum Pass zurück, wo er von den anderen Schülern der Akademie in Empfang genommen wurde.
Langsam ließ er Wildfang wenden und ritt zurück zur Lichtung. Schon als er den Forst betrat überkam ihn wieder dieses mulmige Gefühl, dass er schon zuvor verspürt hatte und das er eben noch als Einbildung abgetan hatte. Im Schritttempo trabte er tiefer in den Wald, seinen eigenen Spuren dabei folgend. Dennoch hätte er die Lichtung beinahe verfehlt; sie lag nun in einem ebenso tristen Grau wie der Rest des Waldes. Die Fackel lag erloschen im Schnee und Jonas stand reglos neben ihr.
„Was ist los?“ fragte Siegfried, seine Stimme unabsichtlich gesenkt, wie man es normalerweise in einem Tempel zu tun pflegt. „Irgendetwas... ist hier...“ entgegnete Jonas ebenso gedämpft.
„Irgendetwas?“, Siegfried ließ seinen Blick über den Rand des Waldes wandern. Da. Dieses Gefühl wieder. Diesmal eindringlicher. Beunruhigt kniff er die Augen zusammen, konnte aber nichts entdecken. Dafür wuchs das Gefühl beobachtet zu werden... Beobachtet? Von wem...oder von was? Er vermochte es nicht zu sagen. Auch das Pferd schien zu spüren, dass irgendetwas seinen Herren in Sorge versetzt hatte, denn es schnaubte und trat unruhig etwas näher. Mittlerweile hätte er schwören können, dass nicht ein einzelnes Wesen ihn beobachtete, sondern der Wald selbst. Nervös sah er aus den Augenwinkeln nach hinten, konnte aber wieder nichts entdecken. „Jonas“ ,flüsterte er, “befestigt schon mal den Baumstamm... wir sollten uns beeilen... es wird zunehmend unheimlicher...“. Dieser nickte nur und begann hastig das Seil am Stamm zu befestigen. Siegfried kniete sich neben der Fackel in den Schnee und versuchte sie wieder zu entzünden. Ein Unbehagen ging von den Bäumen aus und es schien, als würden sie die beiden Rekruten umzingeln wollen.
„Geeeht!", erklang es plötzlich wie ein Rascheln im Wind und doch in dieser beinahe heilig anmutenden Stille laut genug, um sie aufschrecken zu lassen. „Hast du... hast du das gehört, Jonas?“ vergewisserte Siegfried sich seiner eigenen Sinneswahrnehmung. Dieser nickte langsam und sprach leise „Wir müssen weg hier...“ „Mir war als spräche der Wald... oder etwas darin...“, wieder sah Siegfried sich nervös um und zog sich in den Sattel des Pferdes. „Geeeht" erklang es wieder und nun erschien es eindringlicher... drohender. „Verlaaast diiiesen Waaald!“, setzte die Stimme diesmal nach.
So schnell es die Last zuließ, strebten sie dem Rand des Waldes zu. Es war ihnen, als würden warnende Augen jeden ihrer Schritte verfolgen. Nach Minuten, die den beiden Rekruten endlos erschienen sein mochten, traten sie endlich aus dem Schatten der unheimlichen Bäume. Nicht innehaltend setzten sie ihren Weg nach Osten fort, der sie zum Orkpass zurückführen würde und erst als der Rand des Waldes in der Dunkelheit verschwunden war, wagten sie noch einmal zurückzublicken. Das Drohen schien verschwunden, aber ein leichter Schauder blieb dennoch...

_________________
I don't speak destiny.


Zuletzt geändert von Siegi: 10.01.03, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.

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