Die Straßen Venturias waren stark belebt. Reges treiben herrschte auf den kleinen Gassen. Gemächlich trat die Erzgeweihte ihren Weg, der ihr scheinbar nicht unbekannt war. Die Straßen am Rande erinnerten sie an den Weg vor fast zwei Jahresumläufen. In den Gegenden am Hafen herrschte sichtlich Armut, die Häuser, wenn man sie so bezeichnen konnte, waren teilweise eingefallen. Obwohl dieser Armut, dankten gerade jene Menschen Vitama besonders, denn sie gab ihnen das wenige was sie hatten und dieses schien für sie ausreichend. Ein Dach über dem Kopf, der den Regen im Bellum aufhielt, eine Möglichkeit Feuer zu schüren, um den Morsan zu überstehen, Nahrung, um ihren Hunger zu stillen. Viele dieser Leute waren Tagelöhner und Hilfsarbeiter, wenn sie den gesetzestreuen Weg folgten. Die anderen, ob nun Streuner oder Diebe, versuchten ihren Lebensunterhalt mit Lebensgefahr zu erreichen. Fast täglich kann man sehen, wie in den Straßen Venturias die Wachen Bürger abführen, die auf frischer Tat ertappt wurden oder gesucht wurden. Trotz dieser schwierigen Lebensbedingungen konnte man in ihrem Gesicht ein lächeln erkennen, als die Erzgeweihte, die selber nicht gepflegt war, erblickten. Oft musste sie ihren Weg stoppen, um einzelnen Menschen den Segen der Herrin zu erteilen, aber ein jeder wartete geduldig, auch wenn für sie Zeit Goldstücke bedeuteten.
Der Weg vom Hafen bis zur prächtigen Innenstadt, die durch 3 Tempel der Viere gesäumt war und in deren Mitte ein prächtiger Platz war, mag vielleicht 15 Minuten zu Fuß dauern. Man kann deutlich erkennen, wie die Gebäude von Schritt zu Schritt heiler und beeindruckender werden. Im Zentrum der Stadt leben der Baron der Baronie, etliche Edelleute und reiche Handwerker, ihre Häuser ragen in den Himmel und sie glänzen mit ihrem Prunk. Eine Baronie die durch ihre Handelsverbindungen zu Mammon kam. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Tempel den anderen Häusern kaum nachstehen. Nur der kleine Morsanschrein am Rande der Stadt, direkt am Morsanacker gelegen, schien schmucklos und einfach gebaut. Die Straßen wurden größer bis zum Platze. Aus festgetretenen Sand und Granit wurden irgendwann Marmorplatten. Aus armen Tagelöhnern wurden edle Frauen, die sich in Seide und Brokat schmiegten. Nur ein Stück ihres Schmuckes würde eine Tagelöhnerfamilie über Wochen von Sorgen befreien.
Im Zentrum des Platzes befand sich ein Springbrunnen, Marmor und Horwahs zierten den Mittelpunkt des Stadtinneren. Die Fontaine ergoss sich aus 4 Mündern der Horwahs und senkte sich in der Mitte des Brunnens zusammen.
Am Eingang des Tempels der Herrin stockte die Erzgeweihte einen Moment und hebte ihren Blick in den Horizont. Ein leises erleichtertes Atmen entrann ihrer Kehle, bevor sie mit gehobenem Saum ihres Kleides in den Tempel trat. Ihr Erscheinungsbild einer Erzgeweihten mag sie vielleicht seit 2 Wochen verloren haben. Es wirkte alles nur noch verdreckt. Tempeldiener erkannten die goldbestickten Zeichen im Kleid und eilten rasch zu ihr. Sofort kamen weitere mit Schüsseln mit Wasser und Kleidung ihr entgegen. Aber die Erzgeweihte hebte leicht ihre Hand und wiegelte knapp ab.
„Gedankt sei die Herrin, ein dank an euch Kinder der Herrin, aber ich ersuche ein Gespräch mit der Tempelvorsteherin,“ erklang ihre melodische sanfte Stimme.
Im selben Moment verbeugten sich alle und traten beiseite, während eine Tempeldienerin die Erzgeweihte in den Vitamagarten führte. Dort verweilte die Tempelvorsteherin zu Venturia. Sie saß im Blumenbeet und meditierte, als sie die Schritte vernahm, blickte sie auf und erhebte sich leichtfüßig und trat auf die Erzgeweihte zu. Beide berührten sich an den Händen und drückten sie. Obwohl sie sich nicht kannten, wurde ein jeder Diener Vitamas wie ein Bruder bzw. eine Schwester behandelt. Es wurden kaum Worte gewechselt, das meiste schien nur durch Gefühle zum Ausdruck gebracht zu werden.
„Ich benötige eine Kutsche in Richtung Draconis. Ich habe Kundschaft über die Diözese Siebenwind. Es bedarf Handlung dort.“
Die Tempelvorsteherin nickte verstehend und schnippte mit einem Finger, als bald erschien eine Tempeldienerin und verschwand nach Sekunden Einweisung wieder. Sie gab der Erzgeweihten zu verstehen, das vor dem morgigen Tage keine Möglichkeit gegeben sei, die Reise fortzusetzen, so entschloss sie sich der Erzgeweihten anzubieten am heutigen Tage im Ordenshaus zu nächtigen, frisch zu machen und etwas zu speisen.
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