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 Betreff des Beitrags: Abschied
BeitragVerfasst: 4.12.02, 17:01 
Einsiedler
Einsiedler

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Aus "Morsans Schlaf"
Abschied

„Secora Scidae, erzähle eine wundervolle Geschichte...“
Leise fuhr sie herum, der Wind wehte das schwarze wirre Haar, das aus dem langen Zopf ausgeglitten war, in das blasse Gesicht. Salzig schmeckte die Luft, und eisig und trocken war sie. Wellen schlugen gegen die Blanken am Hafenbecken und fielen mit plätschernden Lauten zurück.
„Wundervolle Geschichten erwachen nicht, wenn alles unter dem kalten Schnee begraben liegt, wenn mehr tapfere Krieger die Hallen Morsans betreten als die der Tempel und die Vögel in den Wäldern ihre Melodien verloren haben.“
Gekrümmt, gebeugt, dennoch nicht am Ende seines Lebens, legte der alte Mann beide Hände um den knorrigen Stab, dessen Ende sich in eigenwillig gerundeter Form über sein ergrautes Haupt neigte. Er sah hinaus auf das offene Meer und nickte sacht zu ihren Worten.
„Wohl wahr, Eichhörnchen, wenig Hoffnung und Freude spüre ich, nicht nur unter dem Volke der Menschen. Aber wenn niemand mehr wundervolle Geschichten zu erzählen hat... wie hoch soll dieser kalte Schnee fallen, mein Kind? Bis auch das letzte unter ihm ersticket ist?“
Sie hob den Kopf nicht an zu ihm und ihre hellen Augen folgten ihm hinaus wo die Wellen mit dem Horizont im Nebel verschmolzen.
„Ich weiss es nicht... und wenn ich nachdenke, so habe ich niemals Antworten auf Eure Fragen finden können...“
Er wendete den Kopf nur leicht, blieb tief in die Kapuze des gefütterten Umhanges gehüllt. Sanft ruhten die Augen auf der jungen Frau, wohlmeinend und zugetan.
„Dein Weg war lang, Secora, doch eines hast du nie verloren...“
Ein heimliches Schmunzeln unterbrach kurz seine Worte.
„Wenig stark und wenig klug, das sagst du noch heute von dir.“
Sie blinzelte unruhig und war doch gezwungen, still zu lächeln. Warm gekleidet sass sie auf der steinernen Mauer, das zertrümmerte Bein in Felle gewickelt und gebunden, dass die Kälte es nicht sterben liess. Viel zu weit fiel die dunkle Robe über den schmächtigen Leib.
„Ich war feige, und nur das rettete mir so oft das Leben. Haltet Ihr Furcht für ehrenhaft?“
Er hob die buschigen Brauen und nahm den Blick wieder von ihr, um gedankenvoll in die Ferne zuschweifen.
Still wurde es zwischen ihnen, ruhig weilten sie am Hafen von Brandenstein und noch immer rieselte der Schnee aus angefüllten Wolkendecken.
„Ich werde dich vermissen, Eichhörnchen...,“ murmelte der Greis tonlos in den langen Bart hinein, fast so, als hoffte er, es würde ihr entgehen.
Doch sie vernahm die Worte, das kurze Flimmern ihrer Lider verriet, dass es sie traf in ihren Tiefen.
„Es wird mir gut gehen, denn ich kehre heim,“ antwortete sie mit ebenso wenig Klang in der dünnen Stimme.
„Was machen die Schmerzen Secora Scidae?“
„Ich spüre sie nicht mehr...“
Langsam beugte sie den schmalen Oberkörper und schob ein heruntergeklapptes Stück Fell unter die Schnüre am unbeweglichen Bein zurück.
„Das ist nicht gut... nicht gut ist es...“ murmelte der Alte besorgt vor sich her und die Furchen auf seiner Stirn vertieften sich.
„Ich kann es nicht verlieren, es ist unmöglich,“ sagte sie gequält.
Ihre hellen Augen wollten ermunternd zu ihm auflachen und doch zog sich ein feuchter Schimmer in ihnen zusammen.
„Welches Menschenkind kletterte je flinker den Baum hinauf als ich?“
„Du wirst nicht mehr auf Bäume klettern...“
Er wandte sich ihr zu, indem er den gebrechlichen Körper auf den Stab gestützt langsam herumdrehte.
Sie hob den Kopf an, noch immer mit dem selben alten Stolz und dem leichten Trotz, der über den jungen Zügen lauerte.
„In der Heimat wird man dich deinem Mann geben und du wirst ihm folgen wohin immer sein Schwert ihn führen mag.“
Mit ernster, mahnender Stimme sprach er es, doch selbst das konnte die Nachsicht nicht aus seinem Gesichte wischen.
Sie war nicht widerstrebig, weder trotzig noch aufgebracht. Was sie tat war zum ersten mal an diesem frühen Tage zu lächeln, wie sie es nur in Gedanken an den einen vollführen, zu lächeln, dass es Morsans Sonne jeden Triumph nahm.
Er musterte sie und grollte unverständlich in den lichten Bart hinein, bevor er die Augen gen Himmel drehte und nachgebend das Haupt schüttelte.
„Selbst ein alter Mann wie ich hat noch immer Fragen, mein Kind, die er nicht beantworten kann. Und wen soll es sonst geben, ausser den Göttern, die sie beantworten könnten?"
Er machte eine gedankenvolle Pause ehe er fortfuhr.
"Als du vom Schiff sprangst, damals am Hafen von Tiefenbach, als man die Stadt noch die Stadt der Blumen nannte und sie mehr hervorbrachte als vier Behausungen, drei Schäflein und einen vergessenen Säufer, nahm Furcht dir jedes Wort und du folgtest Askan dem Treuen in die Wälder. Als du wieder auftauchtest, erkannte ich dich nur in Momenten wieder, in denen du Früchte von den Bäumen stahlst oder dir das Knie an der Steintreppe der Markthalle aufschlugst und heultest wie ein kleiner Mädchen...“
Liebevoller Spott schwankte in seinen Erinnerungen, er sah sie nicht an, als er sprach.
„Welcher verdammte Narr kam auf die Idee, dich in dieses Amt zu erheben?“
Sie kicherte leise, doch sie war nicht wirklich frei von Sorge.
„Es gab Zeiten, in denen ich fast vergessen habe, wie mein eigenes Lachen klingt. Ihr würdet solchen Hohn nicht wagen, wenn Ihr auch das Leid gesehen hättet.“
Traurig und schwach sank das schwarze Köpfchen hernieder und die junge, zerbrechliche Frau richtete die hellen Augen kummervoll auf die umspülten Blanken unter ihrem baumelnden gesunden Bein.
„Lass den alten Mann nur reden, Eichhörnchen, du weißt, er meint es nicht boshaft,“ lächelte er ihr milde zu.
„Ich weiss, wie er es meint, und bei Rien, ich werde es missen...“
Ihr immer wacher Blick, klar wie die Quellen an den kargen Felsen, wanderte vom Meer ab zu den leeren Ankerplätzen, über die Häuser aus Stein und Gebälk und weiter zu den aufgeknüpften Netzen der Fischer an denen Eiszapfen in der frühen Sonne schillerten.
„Ich werde selbst diesen verfluchten Hafen missen, oh, Ihr wisst, ich habe Brandenstein immer gemieden, doch selbst das...“
Sie brach ab, als ihre Stimme jede Festigkeit verlor.
„Was soll man sagen, wenn man nicht weiss, ob ein Schiff je wieder kehrt?“ flüsterte sie betreten, „Wenn man nichts versprechen und zugeben muss, dass das Ziel vergessen lassen kann. Ich werde nicht vergessen, nicht das Krächzen der Raben am Morgen auf den Dächern in Tiefenbach, wenn ich die Augen aufschlug und mir der würzigen Duft von Gerids guter Kost in die Nase stieg."
„Und an jedem neuen Tag sprangst du barfuss die Stufen hinab, um die Stadt auf neue zu begrüssen,“ führte der Alte leise aus, als sie schwieg, „Viento frass in Gerids Blumenbeeten, hinter der Marmorbank lag ein grauer Wolf im wilden Gras, wohl kein einziger Zahn mehr im Maule und hässlich wie ein verrotteter Orkenpelz, nur ein faules Knurren kam aus der Kehle, trat man ihm zu nahe... Du liebtest diesen alten Wolf, genau wie jeden Stein, der noch am Platze lag und jeden Baum, der aus der Erde wuchs. Die gute Gerid jagte dich ins Haus zurück und verlor niemals die Geduld Dank Morsans Lehre.“
Seine heiteren Worte entlockten ihr ein inniges Lachen und in ihren Augen begannen die Erinnerungen aufzuglimmen.
„Ich lief zurück auf mein Zimmer und warf das Kleid aus tannengrünem Samt über den Kopf. Und dann sprang ich auf die Holzbank am Fenster, Arudil hatte sie gezimmert, und sah hinaus zum Westtor, ob Blitzregens schneeweisses Fell endlich zwischen den Tannen aufleuchtete.“
„Der Sire kam immer durch das Westtor und immer hob er schon am Pfeiler der Brücke die Hand, um zum Fenster hinauf zu winken...“
Ein tiefer Seufzer begleitete die Schilderung des alten Mannes.
"Viele wundervolle Geschichten habe ich Euch erzählt..." sagte sie schwermütig.
„Nein Secora, eine wundervolle Geschichte fehlt noch und das ist deine eigene, die noch nicht zuende erzählt wurde.“
Sie sahen einander an, eine ganze lange Weile, und es war ein stummes Versprechen zwischen ihnen, das ihre Wege zurück führen würden.
„Was ist mit den Kisten dort drüben, Sire?“ ertönte die knarrende Stimme eines Seemannes hinter den Mauern.
„Aufs Schiff, aufs Schiff, und eile er sich, wir liegen zu weit zurück in der Zeit und das nur, weil dieses...“
Den letzten Teil des Satzes schluckte der junge Herr herunter, der aufrecht über die Holzbohlen trat, vorwurfsvoll warf er einen Blick zurück auf den alten, missgestalteten Wolf, der ihm widerwillig folgte. Tiefblau und vom edlen Tuche waren die Gewänder, die er trug. Schon glitten die braunen, sanften Augen vom Wolfe ab und suchten nahe dem Hafenbecken.
Secora warf sich herum, obgleich das verletzte Bein ihr nicht viel Bewegungsfreiheit liess.
Vor dem Fenster mit den vielen Streben zwischen den verlassenen Häusern stand er. Das Morgenlicht fiel brechend auf die Scheiben, Eisblumen hatten sich dort in kunstvollen Gebilden verschlungen. Die Umrisse seiner Gestallt zeichneten sich gross und kräftig vor der weissgetünchten Wand ab, kaum regend oder ein Geräusch hervorbringend, doch seine Silhouette verriet ihr, dass er noch immer die kalte, harte Rüstung unter dem Tuche trug. Die Farbe seines kurzen wirren Haares erinnerte sie jedes Mal an die wilden Kornfelder an den Hängen von Adoran, sein ruhiges, liebevolles Wesen an etwas das sie nie zuvor gekannt hatte und trotzdem in sich trug. Seine Augen... Wenn sie sich erinnerte, so hatten sie ihr niemals gezürnt, niemals gespottet oder sich in ihrer Gegenwart verfinstert. Von warmen Braun waren sie und versuchten voller Güte ihren Blick zufangen. Narben zeichneten sich auf seiner Haut, Narben die sie nicht sah, weil sie sie nicht sehen wollte oder Liebe sie vor ihr verbarg.
Leise trat er Schritt für Schritt durch den Schnee heran, er hatte seinen Kopf angehoben und sah ihr entgegen. Es lag eine Ruhe und Milde um ihn, die jeden dunklen Gedanken, jede schreckliche Erinnerung und die quälenden Laute der Schlachtfelder verbannten. Sie nahm seinen vertrauten Geruch war, durchdrungen von dem des Leders und des Stahls an seinem Körper. Er griff in ihr schwarzes, feuchtes Haar und drückte sie sanft an sich. Sie legte die Stirn an das Metal über seinem Brustkorb und verharrte mit ernsten Zügen. Sie wollte nur dort bei ihm sein und spüren dass er da war, dass er bei ihr war, mit allen seinen Sinnen und was ihn je ausgemacht hatte. Tief hinter dem Panzer konnte sie sein Herz schlagen hören, sie sah und fühlte, dass er lebte und für wenige Augenblicke schien sie unverwundbar und vor allem Übel geschützt zu sein. Seine Arme umfassten sie zärtlich und doch fest genug um ihr Halt zu geben. Sie hob den Blick zu ihm an und erwiderte voller Vertrauen sein freundliches Lächeln. Solange er bei ihr war, konnte nichts sie ängstigen, bedrohen oder verzweifeln lassen.
„Verzeih mir, Secora.“
Liebevoll klang die tiefe Stimme, als er zu ihr hinab sprach. Seine Augen glänzten und schienen wie verzaubert auf ihrem Gesicht zu liegen.
„Solange ich dieses eigensinnige Vieh kenne, solange schon ignoriert es jedes Wort, das ich zu ihm spreche.“
Nur flüchtig beachtete sie den Wolf, der geduckt seiner Spur nach lief, um sofort wieder zu ihm hinauf zublicken.
Der alte Mann schauderte leicht unter den wallenden Hüllen und wandte sich höflich ab, um langsam und still von ihnen zurück zu treten.
„Jene Heilerin, sie hat mir einen Herrn gesandt, der uns begleiten wird und sich deiner Verletzung annimmt,“ fuhr der Sire ruhig fort und löste eine verhüllte Hand von ihr, um besorgt und prüfend über das Fell an ihrem Beine zu tasten.
„Wohl mögen die Schmerzen unerträglich für dich sein, wie kann ich sie nur mildern...“
„Curio...weisst du...ich..."
Sie stammelte hilflos und ihre schmalen Hände fuhren rasch hinauf, um sich sacht an seine Schultern zu legen. Er lächelte geduldig und ruhig.
"Ich bin so schnell zurück geeilt wie ich konnte, aber die Wege sind verschneit, Tore verschlossen..."
Sie antwortete mit dünner Stimme.
„Ich habe zum ersten mal in meinem Leben... den Glaube an die Götter verloren.“
„Nein Secora, lasse nicht zu, dass Glaube und Hoffnung stirbt, denn wenn ich es nicht mehr in deinen Augen finde, habe ich keinen Grund mehr hinauszuziehen und zu kämpfen... Wenn es keinen Glaube oder die Hoffnung mehr gibt, haben wir den Sinn dieses Kampfes verloren.“
"Ich bin so unfähig mich zu bewegen, jede Selbstständigkeit wurde mir genommen... Jeder Gedanke war bei dir und deine Abwesenheit ist ein langes, unerträgliches Warten."
Sein Lächeln wurde breiter und seine braunen Augen strahlten sie so klar und offen an, dass es in ihrer Brust stach.
"Noch einmal zurückzureiten wäre zu belastend für das Bein gewesen..."
Wieder schlang er beide Arme fest um ihren schmalen, zerbrechlichen Leib, so wie er versprochen hatte, es sein Leben lang zu tun.
"Es wird...wieder gut, nicht wahr, wenn ich Geduld zeige," sagte sie zaghaft.
Eine Weile versanken sie im entbrannten Blick des anderen und hielten einander ohne jedes Gespür für Zeit. Sie senkte ihren Kopf und es schien ihr unmöglich, seinen massiven Leib so zu umfassen, wie sie es gewollt hätte. Um ihm zu folgen, wohin auch immer sein Schwert ihn führte...
"Denke nicht mehr zurück, Eichhörnchen," flüsterte er in ihr Haar hinein, "ich bin hier und nichts könnte mich je wieder von dir loseisen"
Ein leises Schluchzen entkam ihrer Kehle, das sie zu unterdrücken versucht hatte. Es war ihr nicht gelungen und sie wusste, dass er ihr leichtes Zittern unter seinen Händen spürte. Erschrocken nahm er seine Wange von ihrem Haupt und sah auf sie hinab.
"Habe ich...habe ich falsche Worte gewählt? Die Götter mögen mich strafen, sollte ich dich je verletzt haben," sprach er hastig und sorgevoll.
Sie bewegte an seiner Schulter den Kopf, doch wagte nicht unter Tränen hinauf zu sehen.
"N..nein, nicht doch..."
Nur schwervernehmlich und wankend kam es aus ihr heraus.
"Das ist nur Liebe, weiter nichts..."
Er schob fragend seine rechte Braue hinauf, wie er es immer tat und wiederholte mit leisem Tadel ihre Worte.
"Nur Liebe, weiter nichts...hm?"
Sie konnte sein zärtliches Lächeln nicht sehen und nickte abermals. Er schmunzelte eine Spur amüsiert und schob die Hand in ihren Nacken.
"Ahm...Secora?"
Sie antwortet ihm nicht und eine Träne tropfte von ihrem zarten Kinn auf seinen mattglänzenden Schulterschutz.
Hörbar atmete er die Luft ein, die ihren Duft trug und seufzte leise, bevor er sie einfach nur still in den Armen hielt.
Sie wollte nicht mehr reden, nicht mehr weinen, die schrecklichen Tage waren wie eine Ewigkeit an ihr vorüber geschlichen. Liebevoll glitt seine Hand dann über ihr wirres Haar.
"Wir werden heim kehren," flüsterte er leise, "und irgendwann all das vergessen..."
Langsam hob sie den Kopf an und löste sich von ihm, um die Tränen durch ein erleichtertes Lächeln versiegen zu lassen.
Er trat von ihr fort, um die schwere Rüstung zu richten, die trotz der Kampfspuren und Schrammen fahl glänzte. Sie hörte das leise Klirren unter seinen gemächlichen Bewegungen, ruhevoll und doch bestimmt. Sie wandte sich ab und sah hinüber zu dem Alten, der schweigend wartete. Sie lächelte besinnlich und Sanftmut nahm die Ernsthaftigkeit von den jungen Zügen, die sie so oft erschreckend altern liess.
Würden die Götter vergeben, wenn man für Momente den Krieg und das Grauen vergass, die Sorge und die Last, die niederdrückte und zermürbte?
Sir Curio klopft die blaue Tunika mit den flachen Händen ab, sie sass eng über dem gerüsteten Körper des kräftigen Mannes.
Die weiten Ärmel der dunklen Robe, die sie einhüllte, entblößten leicht die schmalen weissen Arme und den tannengrünen Samt, als sie sie hob, um ihm mit sachten Berührungen das Tuch gerade zu zupfen.
Liebevoll lag sein lachender Blick auf ihr, doch sie erwiderte ihn nicht, als sie leise zu sprechen begann.
„Taikan ist noch nicht da, ich mache mir Sorgen.“
Er lachte entspannt auf.
„Sorge um deinen Bruder? Er wird entweder bei der einen oder der anderen sein.“
Sie warf einen kecken Blick durch die langen dunklen Wimpern zu ihm hinauf. Ihre Ernsthaftigkeit verlor sich gänzlich in seinem friedvollen, beseligten Wesen und sie kicherte ungezwungen.
„Du hast wohl recht,“ gab sie zu, „Taikan ist unergründlich.“
„Ich versuchte, einen Magier aufzutreiben, um dich von dem Schmerz zu erlösen...“
Ein Seufzen begleitete seine Worte. Er unterbrach einen Moment und hielt nachdenklich ihren aufmerksamen Blick fest, bevor er überzeugt fortführte:
„Du wirst wieder laufen können, du bist noch immer wieder aufgestanden. Und s-lange werde ich dich tragen, wohin immer die Dame wünscht.“
Verlegen flimmerten ihre Lider und ein blassroter Schimmer tönte die eingefallenen Wangen.
„Wir sind wohl beide jung und töricht... Ich hätte besser hören sollen.“
Sie hielt erwägend ein, und kaum sichtbar erschien ein verschlagenes Lächeln auf ihren farblosen Lippen.
„Hmmm...“
Hastig schüttelte er den Kopf und sprach mit leichtem Spott zu ihr:
„Ich hätte wissen müssen, dass du trotzdem reiten würdest. Du hast noch nie auf das gehört, was ich dir sage, genau wie Askan.“
Wieder blinzelte sie beschämt, während sein herzliches Lachen erschallte.
Ihre schlanken Hände glitten weiter und legten sich um seinen Nacken, als sie ihn an sich presste und sich zu ihm hinauf reckte, um nahe an seinem Ohr zu flüstern.
„Ich hätte fürwahr nie die Wälder verlassen ohne dich.“
Seine Arme von Stahl umhüllt legten sich schützend und behutsam um ihren Rumpf, der sich zerbrechlich an ihn schmieg.
„Wenn du sie nicht verlassen hättest, wäre ich eben in die Wälder gekommen.“
Sie hielt inne und der Glanz in ihren hellen Augen verriet, dass sie seinen Worten bedingungslos Glaube schenkte. Sie dachte nach und war zu einem Lachen gezwungen.
„Du und die Wälder... Curio, verzeih. Ich erinnere mich nur an das Feuer, als du...ahm...“
Wieder kicherte sie an seiner Schulter. Er schmunzelte erheitert und erwiderte:
„Oh all diese Bürden und Hindernisse wären mir einerlei, obgleich ich in diesen Dingen...nunja vielleicht... ungeschickt bin?“
Ihre reinen Augen lagen auf seinem heiteren Gesicht, eine Verbindung aus Trost, Ausgelassenheit und Erstaunen leuchtete in ihnen empor.
„Es hat sich so viel verändert seit dem,“ murmelte sie und zog die fein geschwungenen Brauen zusammen, „Nicht nur die Städte und all das. Manchmal erkenne ich mich selbst nicht wieder.“
Sein Lächeln verschwand, als er den Kopf neigte und das Kinn an ihr wirres Haar legte. Sie spürte wohl, dass er wusste, ihre Gedanken glitten ab, führten zurück zu den Sorgen und Ängsten. In ihrer Welt gab es keine Schelmereien, jedes Lachen wurde von den Pflichten und Lasten verdrängt. Er presste seine Lippen leicht aufeinander und schwieg einen Moment ehe er zu fragen wagte.
„Wie... wie meinst du das?“
Unruhig bewegten sich ihre Wimpern und sie äugte hinauf zu ihm.
„Ich meine...hm...du bist betrübt, dass wir fort müssen?“ fuhr er vorsichtig fort.
„Nein,“ gab sie mit Festigkeit zurück, „ich bin nicht betrübt, solange du bei mir bist...“
Sie brach ab und wich für Sekunden nur seinem fragenden Blick aus. Seine Arme legten sich fester um ihren Rumpf und zogen sie an sich.
„Es ist nur,“ begann sie zögerlich.
„Mhmm... Secora?“
„Ich werde die Raben nicht mehr hören, wenn ich aufwache, ich kann den Duft von Gerids Speisen nicht vernehmen, und wenn ich aus dem Fenster sehe, werden es nicht mehr die Baumkronen des Finsterwaldes sein, die ich sehe.“
„Erinnerst du dich an die Wälder von Adoran?“
Er sprach ruhig zu ihr und das milde Lächeln kehrte auf seine gelösten Züge zurück. Erstaunt warf sie den Kopf auf und er war gezwungen, sein Kinn von ihrem Haupt zu nehmen.
„Adoran... wie sollte ich je vergessen.“
„Ich ahm... kann nicht erwarten, sie zu sehen, wohl um so vieles schöner müssen sie sein, wenn du sie in dir trägst und ich werde...“
Immer langsamer wurden seine Worte, bis er ganz verstummte. Seine Stimme schien ihm zu versagen als er in ihre strahlenden Augen sah. Abermals streckte sie den schmächtigen kleine Leib hinauf und presste ihn fest an sich, die schwachen Arme dicht um seinen Nacken geschlungen. Er neigte sich behutsam herab, um sie zu halten.
„Ich werde nicht vergessen,“ wisperte sie und erneut wollten Tränen ihr den Hals zuschnüren, „Aber meine Heimat liegt auf der anderen Seite des Meeres und ich habe versprochen dich zu begleiten, wenn du nach Dragonis musst.“
Er nickte vorsichtig, soweit es ihre Nähe zuliess.
Sie schluckte schwer und hob tapfer den Kopf wieder auf.
„Wir werden ihm Lebewohl sagen müssen.“
Sie sahen beide hinüber zum alten Mann, der abseits verharrte und tiefen Gedanken nachzugehen schien.
„Und wir müssen aufbrechen, Secora,“ raunte Sir Curio ihr zu und war schon dabei den linken Arm unter ihre Knie zu schieben, um sie von der Mauer aufzuheben, „du wirst mir hier einschneien und wer versorgt mich dann mit diesen herrlich angebrannten Fleischspiessen?“
„Sire, so lasst mich noch eine Geschichte hören, nur eine einzige... so vieles, das ich bislang versäumte...“
Flehend richtete der alte Mann den Blick auf den jungen Ritter, als er wenige Schritte von ihnen herumfuhr.
„Ich möchte auch Geschichten hören, guter Mann,“ sagte der Sire gelassen, „Geschichten von Adoran, den Wäldern in denen der Smarog lebt und Tycos meisterhafte Königsvögel...“
Getrost schlang er den rechten Arm um ihren Rumpf und hob sie mühelos auf, um ihr die Leiden zu erleichtern.
„Sir Curio, gegen Euch komme ich wohl nicht an, doch versprecht mir eines,“ fuhr der Alte friedfertig fort, „bringt sie zurück, werdet Ihr das tun?“
Der junge Herr fuhr schwungvoll herum und sie warf eilig die Arme auf, um sich an seine Schultern zu klammern.
Er betrachtete abwägend das wettergegerbte Gesicht des Mannes, bevor das knabenhafte Lächeln auf seine sorglosen Züge zurückkehrte.
„Ich verspreche Euch, ich werde sie zurück bringen, jedoch nur als die meine.“
Sanft presste er sie auf seinen Armen enger an seine Brust und schient dennoch bedacht auf den zerschlagenen Knochen.
„Vitama möge Euch begleiten und dorthin führen, was immer die Götter für Euch vorsahen,“ war das letzte, das der Alte sprach, dann neigte er sein schweres Haupt unter der Kapuze der Robe, bis der Schatten es bedeckte und suchte seinen Weg stumm durch den hohen Schnee.
„So wartet doch...“
Secora starrte ihm nach, unfähig von den haltenden Armen zu gleiten und ihm nachzueilen, wie sich der Wunsch in ihrer Miene widerspiegelte.
„Lass ihn gehen, wir werden zurück kehren, eines Tages... und dann wirst du die Geschichte zu Ende erzählen.“
Vorsichtig pustete der Sire eine verirrte, schwarze Strähne aus ihrer Stirn zurück.
„Von Adoran?“
Sie strich zärtlich über seine Schläfe.
„Von Adoran und deinen Wäldern, von den Orten an denen Taikan dich lehrte, den Falken zu zähmen. Ich werde dorthin mit dir gehen, so oft erzähltest du, dass ich glaube, Adoran stets gekannt zu haben. Und dann werde ich Tycos dem Falkner seine einzigen Tochter nehmen.“
Lächelnd küsste er ihre Stirn und trug sie vorsichtig hinüber zur Blanke, die zum einzigen Schiff im Hafen hinauf führte, das bedenklich in den Wogen schwang.
„Dann bring mich nach Adoran, und wenn Rien die Wälder zu neuem Leben erweckt, trägt ein Schiff uns zurück, denn sonst würde ich beginnen dir in Adoran Geschichten von der Heimat Siebenwind zu erzählen.“
Leise aufatmend und mit dem gewohnten Leuchten in den Augen legt sie den Kopf vertrauensvoll an seiner Schulter ab und sah ohne Furcht hinauf zu den straffen Segeln des grossen Zweimästers. Ventus und Xan, sie würden sie beschützen auf der langen Seereise und in die Heimat bringen.
Askan der Treue drehte sich noch einmal müde um und hob den Fang den fernen Wäldern zu. Nur die Wipfel der höchsten Tannen ragten hinter der mächtigen Stadtmauer hervor. Für den Moment noch nahm er die Witterung des Alten auf, dann knurrte er leise und setzte ohne zu zögern die rissige Pfote auf das eisglatte Holz, um Curio und Secora zu folgen.


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 Betreff des Beitrags: Veränderungen
BeitragVerfasst: 21.12.02, 19:55 
Einsiedler
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An den Hängen nahe der Grenze zu Sae zügelte die Gruppe von fünf Reitern die erschöpften Pferde, um hinab ins weite Tal zu blicken. Hinter ihnen in nebelumrahmten Höhen zeichneten sich die Umrisse der Hand Mens am Himmel ab. Wie ein gewaltiger Schutzwall trennte das Gebirge Falkenstein von Altvordere und dem fernen Meer.
Der junge Herr ließ die ledernen Zügel durch seine festen Handschuhe gleiten und liess das Ross im ruhigen Stand Atem schöpfen. Ein alter Krieger, durch schwere, abgeschabte Lederrüstung geschützt, lenkte sein Tier dicht neben ihn und schob das mattglänzende Schild, das er an seiner linken trug, hinter sich auf die Halterung am Sattel. Prächtige Decken aus besticktem schwerem Brokat schützten die dampfenden Körper der Pferde vor der Kälte, wenn auch das Schneetreiben im tiefen Süden Galadons nachgelassen hatte.
„Adoran,“ sagte Moridan Nael von Lirendal und hob den Arm, um mit der Hand einen weiten Kreis durch das Tal zu beschreiben, „die Heimat Eurer Gemahlin, Sire.“
Sir Curio sah ihn nicht an, seine braunen Augen wanderten über das Land, das ruhig und friedlich vor ihm lag. Hohe Tannen und dichtes Unterholz, nur unterbrochen von brachen Feldern, auf denen im Morsan die Ähren nicht golden leuchteten, wie man es von Adoran erzählte. Lächelnd sah er hinab und konnte die freudige Erwartung kaum verbergen. Leise seufzte er und senkte entspannt die gerüsteten Schultern nach vorne.
„Adoran... so habe ich es mir vorgestellt... Nichts als Wälder so weit das Auge blicken kann.“
Sir Moridan hob bedenklich die Brauen an, wenig befallen von der knabenhaften Leichtfertigkeit des jungen Herrn, den man unter seine Fittiche gestellt hatte.
„Sire, lasst Euch von dem friedlichen Bild nicht täuschen das Ihr meint vor Euch zu sehen...“
Sir Curio lächelte dem Mann an seiner Seite ruhig zu.
„Secora... sie erzählte mir von dem Monstrum, das sein Unwesen treibt.“
„Dafür dass Ihr unterrichtet seid, seid Ihr ungewöhnlich gefasst...“
Der alte Ritter legte die Hände übereinander über den Knauf des Sattels und beobachtete ihn weiterhin missbilligend im Profil.
„Seid unbesorgt, Secora kennt das Tier und weiss um die Lüge, die das Volk heraufzüchtete.“
„Ihr vertraut Eurer Gemahlin mehr als den Streitern des Königs?“
Verdrossenheit war in der Stimme des älteren zu vernehmen. Der junge Ritter lachte nur leise und liess den Blick weiter bewundernd über das Tal gleiten, das sich unter ihnen auftat.
„Ja das tue ich, zumindest was Adoran betrifft.“
Sir Moridan schüttelte den Kopf und zwang sich selbst zu Gelassenheit. Dann richtete er das durch Narben entstellte, faltige Gesicht wieder geradeaus.
„Hinter dem nächsten Hügel dort, da liegt es, das Gehöft Tycos. Ihr solltet Euch in Acht nehmen, der Herr des Hauses Scidae ist nicht als erbötiger Zeitgenosse bekannt...“
Sir Moridan konnte den feinen Spott nicht verbergen und Sir Curio nicht überhören.
„Ich bin gekommen, um meine Gemahlin zu holen und ich werde mich selbst von Tycos Scidae nicht davon abhalten lassen,“ lachte er selbstsicher auf und griff rasch die Zügel nach, um den Reitern hinter sich zu erkennen zu geben, dass er den Weg fortsetzen wollte.
Bedacht folgten sie dem geschlungenen Pfad, den Altschnee bedeckte, hinab ins Tal, bis die nahen Wälder sie wieder verschluckten und die dichtverwachsenen Kronen es dunkel über ihren Häuptern werden ließen.
„Und Ihr verwaltet dieses ertragreiche Land schon seit etlichen Jahren, Sir Moridan?“ fragte Sir Curio interessiert an seinen Nebenreiter, als sie ebenen Waldboden erreicht hatten.
„Dieses und Lirendal... Der Baron von Adoran wurde ermordet, wie man Euch wissen liess.“
„Ja...,“ still kam der junge Ritter ins Grübeln, während der Braune unter ihm geruhsam einen Huf vor den andere setzte, „den Baron und seine Familie, Morsan sei ihnen gnädig...“
„Das sind alte Geschichten, Sir Curio, ich habe genüge Mühsal daran, mit den Ältesten der Siedlungen zu beratschlagen. Das Volk von Adoran ist stur und stolz, es hat meine Vormacht nie wirklich anerkannt.“
„Mir wurden die Bewohner von Adoran als friedliebend und unscheinbar beschrieben...“
„Nennt es lieber eine gefährliche Stille, die das Volke überkommt, sobald Fremde vor ihren Holzhütten auftauchen. Wohl gehen sie tüchtig ihrer Arbeit nach, doch Ihr werdet nichts aus ihnen heraus bekommen, gleich welcher Fragen Ihr Antwort sucht.“
„Ich vermute, die Steuern werden an Euch entrichtet?“
„An mich und einen Teil an den König...“
„Die Steuer verfällt an Lirendal?“
„Überrascht Euch das gar?“
Sir Curio antwortete nicht und blickte ausdruckslos nach vorne, wo nur die geschlagene Schneise den Lauf des Weges unter der Schneedecke verriet.
„Dieses Land sollte in Hände fallen, die es zu schätzen wissen...“
„Die Herren aus Bernstein sind immer leicht zu beeindrucken von der weite der Wälder hier im Süden Galadons. Und verwechseln wohl törichte Unwissenheit mit stolzschwelligem Widerstand.“
Sir Moridan warf ihm schmunzelnd einen raschen Blick zu, längst nicht mehr so zynisch wie er es für angebracht gehalten hatte.
„Ich bin wohl beeindruckt von der Schönheit des Landes und seiner Widerspenstigkeit, an keinem anderen Ort Tares hätte meine liebe Gemahlin heranwachsen können, um sie zu dem zu machen, was sie ist und sich in den Wäldern Adorans widerspiegelt.“
Der alte Krieger, der gemächlich und aufrecht neben ihm ritt, lachte leise.
„Ihr seid jung und gerade erst verehelicht, so will ich Euch nicht verübeln, dass Ihr in Adoran stets nur dem süße Wort der jungen Gemahlin gedenkt.“
Sir Curio fiel in sein Lachen ein, als die Spannung zwischen ihnen nachließ und die ehrsamen Herren einander Achtung zugestanden. Einträchtig ritten sie nebeneinander den schmalen Pfad entlang, der hinauf zur Anhöhe führte.
„Ihr werdet nicht lange bleiben, Sire,“ fuhr Sir Moridan nach einer schweigsamen Weile ernst fort, „auf dem Eiland Siebenwind braucht man jeden Manne, der es versteht, sein Schwert zu führen.“
„Ja..., die Götter vergelten es, mein Aufenthalt kann nicht von Dauer sein...“
Mit gequälter Miene führte Sir Curio seinen Braunen im Schutz des Waldes voran. Sir Moridan betrachtete ihn sorgevoll, doch er schien es nicht zu beachten und richtete den Blick weiter nach vorne.
„Ihr werdet nicht viel Zeit haben und Ihr tätet besser daran, Eure Gemahlin nicht mit zurück zu nehmen und hier in Adoran zu lassen. Verzeiht mir, wenn ich so frei mein Wort an Euch richte, aber die dunkle Bedrohung ist mehr als gefahrvoll.“
„Ist es denn hier sicher? Gibt es überhaupt einen Ort auf Tare an dem sie sicherer wäre, als an meiner Seite? Wenn ich sterbe, so will ich es in ihren Armen tun.“
„Ein einfältiger Wunsch...“
„Kein Wunsch, aber sollte Morsan nach mir greifen, so ist ihr Anblick das letzte, dass ich mit mir nehmen will. Der Wunsch zu sterben wäre wider meiner Eigenheit, Sir Moridan, das Leben und die Gedanken an die, die uns teuer sind, sollten uns ausreichen, um niemals fallen zu wollen. Solange ich mein Schwert heben kann gegen jene Diener des Einen, werde ich es tun, für mein Volk und im Namen der Götter. Grund genüge wäre schon der Blick zu den Hängen von Adoran und das Leuchten in ihren reinen Augen, wenn ich zurück kehre.“
Der alte Sire schmunzelte abermals und schüttelte das ergraute Haupt.
„Man sagt Euch nach, Ihr seid wenig poetisch, junger Sir Curio, aber dennoch tragt Ihr Euer Herz am rechten Fleck.“
„Ich habe Siebenwind gesehen, Sire, Städte in denen Völker sich begegneten, blutende Krieger und Kinder, die die Lieder der Alten sangen. Sagt mir nicht, wer ich bin und was ich tun sollte.“
Ihr Reiseweg brachte sie weiter über den grünen Hügel zu einem Tal, das nur halb vom Wald bedeckt war und die Sicht auf einige grosse Seen freigab, von denen ein langer Fluss nach Nordwesten abzweigte. Dazwischen kleine Siedlungen, deren Dächer sich wie winzige Mosaike im weissen Schnee abhoben. Zerstreut lagen die Höfe und Häuser der Menschen, erbaut aus geschlagenen Nadelholz, nur am breitesten der Seen sammelten sie sich um eine Feste herum, die auf zusammengetragenem Fels errichtet worden war, als versuchten sie diese hartnäckig zu stützen. Dunkler Rauch stieg in schmalen Säulen empor zum freien Himmel und verriet, dass Leben in dieser Stille ruhte.
„Falae von Adoran, Sire,“ beschrieb Sir Moridan knapp, „und dort an seinem Rande, von den Tannen verdeckt, das Hause Tycos Scidaes, dem Falkner.“
Sir Curio folgte seinem raschen Deut und richtete sich auf dem Rücken des Pferdes auf, um hinab blicken zu können. Wärme und Wohlwollen lag in den braunen Augen, als sie den kleinen Ort erfassten, die steingraue Burg in seiner Mitte und den Waldrand, der verborgen halten wollte, nach dem er sehnte.
„Falae,“ flüsterte er die Worte nach, „wie oft hörte ich es aus ihrem Munde und stets lag ein Lächeln über ihren Zügen. Jetzt, wo ich es sehen kann, verstehe ich...“
„Ich hoffe für Euch, dass Ihr mit den Gebräuchen vertraut seid. Man legt in Adoran Wert darauf, dass alte Rituale geachtet werden.“
Sie sahen zweifelnd einander an.
„Ich wurde unterwiesen, doch ist uns der Segen Vitamas bereits gegeben...“
„Bedenkt gut Eure Worte und Euer Tun, wohl wissen wir hier um die Güte und das Geleit der Viere, doch sind es Ignis, Ventus, Xan und Rien, denen wir unsere Gebete widmen. Jene Götter die unser Leben bestimmen und führen... unser Schicksal lenken und Gleichgewicht über all unsere Welten bringen.“
Verunsichert presste der junge Ritter die schmalen Lippen aufeinander und schien in Gedanken abzurufen, was man ihn gelehrt hatte, über ein Land, das ihm fremd und dessen Brauchtum ihm wenig vertraut war und dennoch... Er begann ihre Worte zu begreifen, die Verbundenheit und den Stolz, die Heimatliebe die sie selbst im fernen Siebenwind nie verloren hatte.
„Könnte ich nur Teil eines solchen sein, wie es das Volke von Adoran ist, „ murmelte er abwesend und senkte den Kopf, um flüchtig über das kurze, helle Haar zu fahren, „leben sie doch im friedlichem Einklang mit ihren Wäldern, dem Vieh und ihrem Nächsten.“
„So reitet hinunter und holt Euch jene, nach der es Euch verzerrt,“ lachte Sir Moridan inbrünstig auf und neigte sich ihm auffordernd zu.
Der junge Sire lächelte fast erleichtert und triebt die braune, stämmige Stute an, um keine Sekunde mehr zu verlieren.
„Rasuv! Eile er voran und schütze den jungen Herrn!“ rief Sir Moridan barsch ohne sich zu dem Gefolge umzuwenden.
Sogleich versuchte einer der Begleiter dem jungen Ritter nachzupreschen, doch sein Tier verfügte kaum über die ausdauernden Kräfte des zähen Nortravenpferdes.


Weisse Wogen aus Pulverschnee stoben auf unter den donnernden Hufen der edlen Stute. Ihr Atmen dampfte und Schweiss perlte von ihrem pulsierenden Hals. Die unscheinbare Gestallt presste sich in die dunkle Robe gehüllt dicht an den Körper des Tieres und liess ihre Bewegungen verschmelzen. Kahle Äste zischten über ihre Köpfe hinweg, gefallene Baumstämme über denen eine weisse Schicht lag, zwangen sie immer wieder, die Richtung zu ändern und dichte Wolken die sich vor die Sonne schoben, nahmen ihnen die klare Sicht.
"Eile Tierra, eile..." flüsterte die junge Frau, flach die Wange an das Fell des Pferdes gelegt.
Weiter jagte die Stute durch die erstarrten Wälder, als schien sie ihre Worte zu verstehen und ihnen bedingungslos zu folgen.
Auf einer Lichtung erst verlangsamte sie und blieb schliesslich geräuschvoll keuchend stehen. Ihr heisser Atem legte einen feinen Nebel um sie und ihre Flanken bebten.
Die junge Frau hob den Kopf an und blinzelte prüfend aus dem feuchten, geröteten Gesicht. Ihre Finger klammerten sich trotz der ledernen Handschuhe steifgefroren um die Zügel. Dann weitete sie die hellen Augen ganz und richtete den schmalen Oberkörper auf.
"Hier?" entfuhr es ihr erstaunt.
Sie sah sich um.
Die Stute schüttelte die Mähne auf und entriss einen Teil des Zügels ihren Händen.
Jetzt erst nahm sie wahr, was die Stute zum Stillstand gebracht hatte und sie jeden weiteren Schritt verweigern liess. Am kargen Waldesrand wankte ein Wolf mit dichtem, zottigen Fell, an dessen Bauchseite sich feine Eiskristalle gebildet hatten. Er schleppte sich auf einer umwegigen Spur durch die hohen Schneewehen. Leer waren die dunklen, wilden Augen, tief und drohend das Knurren, das seiner Kehle entkam.
Ein Blick genügt ihr, um zu erkennen, dass der Wolf litt, dass er ohne Sinne seine Spur weiter lief, dass er bedrohte, was er sonst mit gegenseitigem Respekt in einem weiten Bogen umging.
"Ich bitte dich, Herrin und Mutter, sieh hinab...," hauchte sie erschrocken, als das wilde Tier auf sie zu schlich.
"Gib ihm Sanftmut, heile dein Kind vor..."
Vor was?
Es schoss durch ihren Kopf wie altes Entsinnen. Sie starrte auf den Wolf hinab, der bedrohlich näher kam und verstand zum ersten mal die Sprache des geliebten Waldes nicht mehr. Nicht nur dieser Wolf... Langsam hob sie den Blick an und verengte die wachsamen Augen. Es war der Gesang der Vögel, der anders klang, lauter, ruheloser, ihre Melodien waren verzerrt. Das Rotwild hastete vorüber und wetzte sich nervös und fahrig an den rauen Stämmen, es knickte unachtsam Geäst, anstatt lautlos durch das Dickicht zu schreiten.
Der Wolf blieb stehen und senkte zähnefletschend den Kopf. Die Stute begann zu tänzeln, einen Schritt zurück und einen zur Seite.
Die junge Frau löste sofort die Rechte vom Zügel, fasste den Handschuh mit den Zähnen, zog ihn ab und legte die bloße Hand an den Hals des Tieres.
"Tierra, wahre Ruhe..." wisperte sie, den Blick nicht vom Wolfe lösend.
Die Stute stand still und drehte die Ohren zurück. Die Berührung und das Wort genügten, um das Vertrauen zu halten.
"Rien bitte erhöre mein Flehen und sei gnädig. Gib ihm deine Sanftmut," wiederholte sie leise.
Der Wolf knurrte tief und dumpf und trat in geduckter Haltung näher und näher. Sein Nackenhaar war gesträubt, sein Gang schien unkontrolliert. Schon huschte der Blick der jungen Frau verzweifelt zu der Wand aus hohen Tannen, die dem massiven Leib der Stute kein Durchdringen ermöglichen würden. Sie begriff, das wilde Tier hatte jede natürliche Hemmung verloren, Gift trieb es zum Angriff. Ein schneller, sicherer Pfeil zischte durch die Luft, nahe an ihrer Schulter vorbei und traf den Wolf in die pelzige Brust.
„Haltet ein! Nicht!“ ertönte laut und fast schrill die Stimme des Geliebten hinten ihr, „Sie wird ihn heilen können...“
„Diesen Wolf heilt niemand mehr, die Wälder sind verflucht,“ knurrte der Schütze leise und senkte den Bogen.
Secora starrte auf das Tier, das lautlos im Schnee zusammenbrach. Seine Beine wichen unter ihm und rotes, warmes Blut färbte das reine Weiß und befleckte die friedsamen Wälder von Adoran.
„Vergebt mir, edle Dame,“ murmelte der Bogenschütze und blieb zurück, als Sir Curio den Braunen neben dem Schimmel zum Stehen brachte.
Noch immer blickte sie auf das leblose Tier hinab, der Schnee schmolz unter der Spur des dampfenden Blutes.
„Secora, es tut mir unendlich leid...“
„Dein Wächter tat recht daran, ihn zu töten, meine Heilkunst hätte nicht ausgereicht, das Tier zu besänftigen.“
Die späten Strahlen des Drachen Fela, der gleichmässig weiter seine Kreise um Tare zog, berührten ihr schmales Gesicht und gab ihren Umrissen einen sanften Schimmer.
„Sei gegrüßt, Curio, hier in Falae zu Adoran.“
Sie lächelte überglücklich und wendete langsam die Stute, um zu vergessen und ihn hinüber zu den einsamen Hütten am Fuße der Felsenburg zu geleiten. Er aber streckte rasch den Arm zu ihr aus, um ihre schmale Hand darauf sacht mit sich zu führen.
„Ich grüße dich, Secora von Adoran, möge diese schwere Bestimmung die letzte sein, die man uns auferlegte.“


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 Betreff des Beitrags: Hoffnung
BeitragVerfasst: 27.12.02, 05:25 
Einsiedler
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In der Schankstube der kleinen Taverne warf das flackernde Licht kleiner Öllampen bizarre Schatten an die grob gearbeiteten Holzwände und enthüllte nur zögerlich die stillen, nachdenklichen Gesichter der Männer von Falae. Sie saßen stumm an den derben Tischen, umfasten mit rauen Händen ihre Tonkrüge und warteten.
Ein Mann, wohl um die fünfzig Jahre schon, krümmte sich über dem Tresen und fuhr wieder und wieder mit dem Daumen über die sorgevollen Furchen auf der gerunzelten Stirn. Warmes Leder und Felle kleideten seinen kräftigen Körper, sonderbare Ruhe strahlte er aus und erstaunliche Beherrschtheit.
Als geräuschvoll die Tür aufschlug und Ventus den Hauch des kalten Schnees für einen Moment hereinbrachte, fuhr er nicht auf, sondern starrte mit stahlgrauen Augen in die Leere vor seinem gefüllten Kruge.
Sir Moridan Nael von Lirendal trat aufrecht über die knarrenden Bohlen und stampfte schwer mit den gefütterten Stiefeln auf, um den Schnee los zu werden, der daran hängen geblieben war. Sein Blick fiel sogleich auf den Mann am Tresen und er nahm ihn nicht mehr von ihm, bis er zu ihm hin trat und sich langsam setzte. Kälte brachte er mit sich, und der Mann ließ seinen Daumen auf der Stirn innehalten.
„Tycos Scidae, wenn Ihr sprechen wollt so sprecht jetzt mit mir,“ sagte Sir Moridan laut und vernehmlich und schenkte dem Wirt keine Beachtung, der eilig einen Becher Met zu ihm schob.
„Warum habt Ihr ihn hergeführt,“ murmelte Tycos der Falkner undeutlich.
„Weil König Hilgorad um ihn weiß.“
Sir Moridan streifte seine wärmenden Handschuhe ab, warf sie auf die Platte und griff nach dem Becher, um einen tiefen Schluck zu nehmen.
„So versteht er wohl das Schwert zu führen,“ fuhr Tycos leise fort.
„Es fehlt dem jungen Herrn an Jahren und Erfahrung, doch will ich nicht leugnen, dass er eine schnelle Auffassungsgabe besitzt,“ brummte Sir Moridan hinter dem Kelch.
„In Adoran gibt es keine Krieger, Sire, Ihr wisst dies, so geht und zieht nach Lirendal zurück und lasst uns in Frieden.“
Noch stiller wurde es, als Tycos seinen Arm senkte und den alten Ritter fordernd ansah.
„Es ist zu spät Tycos, und auch Ihr spürt es. Ich brachte Nachricht aus Dragonis, längst weiß man, dass das Schicksal von Siebenwind das Schicksal von Tare sein wird.“
Sir Moridan blieb gefasst, doch die Spannung zwischen ihnen schien unüberwindbar.
Tycos ließ das ergraute Haupt fallen und schloss für den Moment die Augen.
„Wir sind nichts als ein Volk einfacher Bauern und Jäger, wir führen keine Kriege und unsere Familien... sie wissen nichts von der Welt dort draußen. Hier wurde Secora geboren und nur diese Stille und Friedfertigkeit kann sie verstehen, sagt ihm das und führt ihn zurück nach Bernstein, von wo er kam.“
„Ich fürchte, es ist zu spät, Tycos...“
Sir Moridan stellte langsam den Becher ab und erwiderte ernst seinen Blick.
Der Mann neben ihm ließ gequält die ganze Hand vor sein Gesicht sinken und wischte sich über die müden Augen.
„Wann gedenkt er abzureisen?“ fragte er vorsichtig.
Es schien, als wagte er kaum einen Gedanken zu Ende zu fassen.
„In drei Tagen und er wird Eure Tochter mitzunehmen.“
„Secora...“ es war ein Flüstern, verzweifelt und kraftlos, „er wird fallen, Sire, nicht wahr?“
Sir Moridan atmete tief die stehende Luft im Raume ein, die nach Tannennadeln und Räucherfleisch duftete.
„Ich erfuhr nicht alles in Dragonis, doch es werden viele fallen, wenn überhaupt etwas diesen Mächten Einhalt gebieten kann...“
Die Männer aus Falae senkten die Köpfe, kaum fähig zu erahnen, auf wessen dunklen Schlachtfeld Menschen und Elfen, Dwarschirm und Nortraven Seite an Seite starben.
„Ich wünschte, sie wäre nie gegangen, ich wünschte Adoran hätte nie erfahren, dass es noch etwas anderes außer Ignis verheerenden Flammen gibt.“
„Die Zeiten sind vorbei, Tycos Scidae,“ fuhr Sir Moridan mit fester Stimme fort, „der junge Sire trägt keine Rolle, er ist nur einer von vielen, die für ihre Hoffnung fallen werden.“
„Viele Jahre ist es her,“ murmelte Tycos in ferner Erinnerung, „als die Ahnen von Adoran durch die Wälder streiften, auf der Suche nach Getier dass sie erlegen konnten. Man sagte, es war noch immer helles Tageslicht, als jene zum ersten mal die Elfen sahen. Die Jäger drängten sich furchtsam und starrten zu den Wesen, denen sie niemals zuvor gegenüber gestanden hatten. Doch die Elfen aus Weisheit und Milde, sie zeigten keine Furcht und kein Verachten. Und so lehrten sie unseren Vätern, die Zeichen Riens zu erkennen und das Vieh mit bloßer Sanftmut zu bändigen. Das ist die Geschichte von Adoran und so lebten wir im stillen Schosse unserer Wälder. Wäre Secora dem Bruder Taikan nicht nachgeeilt, niemand hier hätte erfahren...“
Sir Moridan hob die Hand und griff sacht nach der Schulter seines Gegenüber, doch er berührte sie nicht und ließ sie hinab auf die hölzerne Kante.
„Ich bringe Sir Curio zurück an die Grenzen von Bernstein und dann betet um die Gnade der Götter. Sind wir wahrhaftig keine Helden.“
Er erhob sich langsam, fast schwerfällig, obgleich er seinen Becher noch nicht geleert hatte, griff fast gleichzeitig den Handschutz auf. Seine Wachmänner standen regungslos und aufrecht an der Tür der Taverne und warteten ergeben auf seinen Befehl.
„Wie lange noch bis zum Dunkeltief?“ fragte Tycos matt.
Sir Moridan verharrte in der schleppenden Bewegung.
„Nicht mehr lange, doch wir haben längst verloren.“
Der alte Krieger setzte seinen Weg fort und ließ die Tür öffnen, um dem kalten Schnee und Ventus eisigen Winden entgegenzutreten.
„Ist es das, was den Vätern der Menschen einst von den Göttern gegeben wurde? Feigheit und Schwäche und kein Vertrauen zu unser selbst,“ flüsterte der Falkenzähmer heißer und niemand in der kleinen Schankstube vermochte dem zu widersprechen.



Sie stand vor der schrägen Blanke an der Anlegestelle des kleinen Segelschiffes und führte geblendet die flache Hand vor die Augen. Noch immer war der Hafen zugefroren und verschneit, nichts schien sich verändert zu haben, keinen Tag schien sie fort gewesen zu sein von diesem Ort. Kisten und Körbe stapelten sich neben ihr, das nackte Gerüst eines unfertigen Schiffes ragte geisterhaft und verlassen an der Werft empor. Das weiße Fell der Stute, die sie geduldig trug, war dicht und pelzig gewachsen und sie selbst noch immer eingehüllt in die warme, weite Robe, die sie verbarg.
„Askan bleib und warte auf meine Rückkehr,“ brachte die junge Frau leise über die farblosen Lippen.
Sie schloss ihre Augen, während sich der alte Wolf neben den Hufen des stehenden Pferdes niederlegte und dem Wort seiner Gefährtin folgte.
Sie erinnerte sich an die letzten Stunden in Adoran, an den Abschied und an die tiefe, freundliche Stimme, deren Klang sie so sehr misste.

Leise war der junge Herr an den Verschlag herangetreten, schmalen Spuren im hohen Altschnee war er gefolgt, die hinüber führten und nur ein schwaches Kerzenlicht ließ ihn sehen.
Secora verweilte still in der kleinen Holzhütte hinter dem Gehöft des Vaters und hob die schmale Hand an, die in schützendes dickes Leder gebunden war. Sanfte, fremde Worte kamen über ihre Lippen, deren Bedeutung sie selbst längst nicht mehr wusste. Langsam nährte sie sich dem großen Vogel. Er hatte die scharfen Fänge um einen aufgestellten Ast geklammert und beobachtete mit unübertrefflicher Schärfe jede ihrer sachten Bewegungen.
„Sanahri...“
Sie lächelte dem Tier ruhig zu und verharrte mit ausgestreckter Hand, bis der Falke die Fänge vom Holz löste und bei ihr Halt suchte.
„Wie ist es möglich, dass er deinem Worte folgt,“ fragte Sir Curio leise und bereute fast, sie in ihrer Stille zu unterbrechen.
Sie erschrak weder, noch sah sie sich zu ihm um.
„Rien gab den Königen des Himmels eine Schwäche,“ erklärte Secora geduldig ohne den Vogel aus den hellen Augen zu lassen, „ihre Schwäche ist die Gier nach dem Fleische. Doch nur der Vogel ist zu brechen, dem man das Fleische schon in seinen ersten Tagen nahm. So wird er von der Hand des Menschen nehmen und alles, was die Herrin ihm riet, scheint vergessen.“
„Die Menschen von Falae sind seltsam, Secora, sie scheinen mehr mit ihrem Vieh zu sprechen als mit ihresgleichen.“
„Weil jedes zweite Wort, das ein Mensch an einen Menschen richtet, eine Lüge ist.“
Behutsam trug sie den Falken an ihm vorüber, zu dem kleinen Tore hinaus und warf ihn hinauf gen Himmel, der von den unverdeckten Monden erhellt wurde.
Frierend stand sie neben ihm und sah dem prächtigen Tier nach, bis das Rauschen der Flügel in der kühlen Nachtluft verklang.
„Sie haben etwas mit den Menschen gemeinsam, Curio,“ fuhr sie leise fort, , „stets streben sie hinauf und stets streben sie nach Freiheit. Und legst du Hand an ihrer Brut so werden sie unbarmherzig ihren Zorn auf dich richten. Ist es das was wir in den Königsvögeln sehen?“
Sie ließ den Kopf hinab, den sie weit in den Nacken gelegt hatte und warf den flüchtig gebundenen Zopf über die Schulter zurück. Dann sah sie ihn an, noch immer mit dem freudvollen Lächeln über dem jungen Gesicht.
„Secora...“
Er trat an sie heran und versuchte dabei den weiten Umhang aus dunkelblauem Tuch um ihre schmalen Schultern zu legen, der sich um seinen Arm verwickelt hatte. Rasch zog er sie an sich und presste sie an seinen gepanzerten Körper.
„Unser gnädiger König ließ mich um Tage später ziehen und dennoch ward die Zeit viel zu kurz, die mir in Adoran geschenkt wurde...“
Er flüsterte es zu ihr hinab, bevor er sich löste von ihr und sacht ihr Kinn mit der Hand anhob.
„Ich kann nicht länger verweilen, meine Liebe, längst sind die letzten Entscheidungen getroffen, längst die letzten Heere zusammen gerufen.“
„Ich werde deine Seite nicht verlassen, gleich wohin dein Weg dich führt.“
„Bleibe hier in Adoran, an den einzigen Fleck auf Tare, an den du gehörst, ich hätte es sehen müssen, du hättest niemals...,“ versuchte er sie nur zögerlich abzubringen.
„Ich habe Adoran verlassen, um über mich hinaus zu wachsen.“
Ihre helle Stimme zitterte leicht und sie versank im innigen Blick seiner sanften Augen.
„Erinnerst du dich, was du im Falkenhorst einst zu mir gesagt hast? Selbst wenn es in Momenten wie diesem nur dich und mich zu geben scheint, so sind wir beide nichts hingegen eines ganzen Volkes. Wir werden zurück kehren und uns dem Einen widersetzen. Und sollten wir fallen, werden unsere Namen verblassen, niemals aber das Menschentum.“
Zärtlich legte er beide Handflächen an ihre Wangen, die feucht von Tränen waren und neigte sich hinab, um ihre Stirn zu küssen.
„In Adoran weiß man der Gefahren nicht, unvorstellbar, was unser Auge sah. Warum ich zurück kehre...“
Secora blickte zu ihm auf, das fahle Gesicht noch immer in seinen schützenden Händen.
„Viel wurde über unser Volk gesprochen und geschrieben, viel Wahrheit und viel Lüge. Viel wurde gezürnt und verflucht... Ich habe nicht vergessen, was ich fühlte, als ich in der glänzenden Stadt Rohehafen umherirrte, durch das Viertel der Hochelfen, an den prächtigen Bauten vorbei, über spiegelnden Marmor. Verstand ich ihre Worte auch nicht, so erkannte ich doch die Verachtung in ihren klaren Augen. Viel wurde unserem Volke nachgesagt, und ich leugne nicht, vieles davon ist wahr. Menschen voller Habgier, voller Lüge und Trug, so leicht zu verführen, so leicht zu erkaufen, sie hassen und sie töten... Schwach sind sie in Körper und Geist... das ist wahr...“
Nachdenklich unterbrach sie und griff nach seiner Hand an ihrer Wange, um sie zu umfassen und zu halten.
„Aber du weißt, warum ich dich begleiten werde, warum ich zurück gehe, auch wenn die Furcht mich zu lähmen vermag.“
Er nickte leicht und erwiderte das Strahlen über ihren Zügen, offen und redlich, wie sie es immer gewesen war.
„Weil zwischen all diesen harten Worten, diesen gnadenlosen Tatsachen, ich nie aufgehört habe, an mein Volk zu glauben und zu hoffen. Denn ich weiß, in den Stunden des Schreckens und des Leids werden sie wieder eins sein, stehen sie zusammen und werden den Völkern Tares eine Stärke und Liebe beweisen, die sie niemals für möglich hielten und an ihre Seite treten. Unsere Fehler wiegen schwer, doch kann nichts die Liebe, Treue und den Glaube eines Menschen übertreffen und den Willen, die seinen zu schützen und mit den seinen zu leben fortan. Mag Habgier und Eigennutz, Hass und Neid Besitz von uns ergreifen, so gaben die Götter etwas in unsere Wiegen, das nicht zu brechen ist. Darauf vertraue ich und mit diesem Wissen im Herzen werde ich nach Siebenwind zurück kehren.“
„Hätte ich all das vergessen, hätte ich längst mein Schwert niedergelegt und bis zum letzten Niedergang der Sonne zugesehen, wie die Menschheit ihrem Ende entgegentreibt. Wenn ich dich ansehe, so zweifele ich keinen Moment daran, dass mein Volk es wert ist, gerettet zu werden und weiter bestehen muss, mit all seinen Schwächen und Wundern. Die Götter sehen auf uns hinab und sie haben die unstetesten ihrer Kinder noch nicht aufgegeben.“
Seine Arme umschlossen ihren zierlichen Leib und seine warmen Lippen berührten die ihren unbefangen und versiegelnd. Sie verharrten eine Weile, während in der Ferne, weit hinter Xans tobenden Wogen, die Armee der Untoten weiter eine blutige Spur über das Eiland zog. Und es traf alle Völker, alle wie sie dort standen und keinen Rat mehr wussten und verzweifelten an der eigenen Hoffnungslosigkeit.

Secora schreckte auf, starrte hinauf zur Palisade, die den Hafen Brandensteins von den Häusern und Gassen trennte. Lärm und Stimmengewirr drangen herüber, lauter als sonst, erfüllter, zweifelnder. Ihre hellen Augen richteten sich dem Himmel entgegen, sie bat in einem schweigendem Gebet um den Beistand ihrer Herrin. Nichts würde sein, wie es einst war, Ruinen, die gnadenlos die unabänderliche Vergänglichkeit der Menschheit aufzeigten. Rien würde Wurzeln wachsen lassen und bröckelndes Gestein mit ihren grünen Armen und Ranken umfassen und die letzten Spuren ihres Volkes verwischen. Was würde auf sie warten, eingepfercht in einer Stadt, der Seuchen und Hunger drohen konnten, nur durch eine Mauer von den Armeen des Einen getrennt. Sie wollte gehen und sehen, durch die Gassen reiten und noch einmal den singenden Kindern zuhören und ihrem Spiel folgen, so ahnungslos... voll Vertrauen, obwohl ihre Väter und Mütter sie nicht beschützen können würden. Und die Alten, wie sie sich über das unebene Pflaster schleppten, so reich an Erinnerung, so voller Weisheit. Kaum zu begreifen, dass sie ruhig dem Ende entgegen sahen, da sie Zeiten erleben durften, in denen die Götter ihnen Frieden schenkten. Jemand nickte der jungen Frau auf ihrem edlen Rosse zu, doch man erkannte sie nicht unter der weiten Kapuze.
„Milady? Milady, ein paar gute Apfelringe? Sie sind noch immer köstlich...“
Eine kleine schmutzige Hand reckte sich ihr entgegen, und sie sah hinab in das hagere Gesicht eines Knaben.
„Nimm, mein Junge, und trage deine Apfelringe zu dem, der mehr Hunger leidet als ich,“ sprach sie mit leiser Stimme, schon unter der dunklen Robe in den Beutel an ihrem Gürtel fassend und kalte Golddukaten greifend.
Sie reichte ihm die Münzen in der schmalen, bedeckten Faust hinab und trieb die Stute weiter die Gasse hinunter, ohne einen letzten Blick in seine erstaunten Kinderaugen zu wagen.
Vorsichtig lenkte sie das besänftigte Tier durch das laute Gedränge Richtung Marktplatz. Menschen, Elfen, fremde Gesichter...wohin sie auch sah, Sorge und Zweifel in den leeren Blicken die sie kreuzte. Schon spürte sie die schnellen Hände, die zu den ledernen Taschen hinter ihrem Sattel hinauf glitten und stahlen, was sie ertasten konnten. Sie tat nichts, als still auf dem Rücken ihrer treuen Tierra zu verharren und traurig das Bild festzuhalten, das sich vor ihr erstreckte.
Wie hatte all das geschehen können. Wie hatte der Eine so viel Macht erlangen können das Wunder der Götter in die Knie zu zwingen. Langsam hob Secora ihre Hand, die schwarzes festes Leder verdeckte, liess die Finger nahe vor ihren hellen Augen sich krümmen und sich zur Faust ballen. Erwärmt durch ihren eigenen schwachen Körper fühlte sie das Amulett der Rien auf ihrer Brust und sammelte sich.
„Sie werden da sein in der Not, sie werden unsere Gebete erhören und sich nicht abwenden,“ flüsterte sie weinerlich und blickte einer Gruppe bewaffneter und gerüsteter Reiter nach, die die Pferde durch die Menge dem Stadttor entgegen trieben, „die Götter werden da sein und ihre Hände formen, um die Völker Tares zu beschützen, das der Elfen, das der Dwarschim, der Hobbits und der Menschen, jener aus dem kalten Norden und jener, von denen man sagt, sie lebten am Feuerberg des Ignis. Ohne die Schönheit an all diesen Werken will auch ich nicht mehr sein... Wie könnten sie je zulassen, dass der Gott der Grauens und des Unheils all ihr Schaffen zerstört“
Verhalten legte sie die Hand an den Zügel zurück und dreht das Haupt. Sie wusste weder wohin noch an wen sie sich wenden sollte. Freunde waren in den Massen untergegangen, die Wege in die Heimat versperrt, doch sie ahnte, ihr Platz war hier an diesem Ort, unter ihresgleichen, solange es noch einen Menschen auf Siebenwind gab.


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BeitragVerfasst: 17.02.03, 04:48 
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Riens Gnade

Unter dem schwarzen Himmel war es wie jede Nacht, Sternenleuchten über der schlaflosen Stadt Brandenstein, schwere Wolkendecken schoben sich vor das silbrige Licht, als wollten sie es endgültig auslöschen. Doch wahrlich, es war noch immer Licht, in den Hütten, durch Kaminfeuer erwärmt, flackernder Kerzenschein hinter rußigem Glase, Licht das durch die Nebel brach und auch im Herzen manches Wesens, das das Unheil nicht zu zerschlagen vermochte. Der Krieg hatte die Insel verwüstet, Dämonen und die Armee des Einen hatten zurück gedrängt, was von den ungebeugten Völkern geblieben war. Wie ein Gewand aus Kälte und Tod lag Angamon über den niedergebrannten, zerstörten Ansiedlungen, die einst so mächtige Burg war gefallen und in den Schatten ragten die zertrümmerten Türme wie aufgerissene Schlunde hervor, geisterhaft und einsam, verblichen und entseelt. Das Leben war gegangen, nicht eine zarte Blüte vermochte unter der Eisdecke hervor zu brechen, keine Wurzeln überstanden die Brände bis in tiefe, verdarbte Erde. Krieger waren gefallen, zurück gelassen auf entweihten Feldern, fern der Heimat und der Brüder, namenlos und doch tapfer in Vergessenheit geraten. Brandenstein war die einzige Bastion vor der ewigen Dunkelheit und der faulige Atem des Einen war bereits zu spüren vor den Toren.
Der letzte Wald, in den die Götter schützend Leben zu geben vermochten, lag hinter den festen, abgesicherten Mauern der Stadt, er war Zuflucht für alle die, deren Heimat schon immer die freien Weiten Siebenwinds gewesen waren. Wo er an die Ufer der stürmischen See grenzte, standen Nortraven wie wachende Hünen, felsenfest, eingehüllt in grob vernähte Pelze, die hellen Häupter trotz der Kälte stolz erhoben, die Blicke voll Gram auf die brechenden Wellen gerichtet. Am großen Feuer hinter ihnen hockten zusammengekauert Halblinge auf den herangerollten Stämmen, streckten die nackten, filzigen Füsse den Flammen entgegen, harrten friedfertig aus und vertieften sich in Geschichten, die sie zurück brachten in ihr ruhiges Dorf. Und folgte man den Pfad hinab, wo er sich in verschneiten Wiesen verlief, hatten auch jene vom Volke der Barbaren ihr lohendes Feuer entzündet, selbst in ihren harten, furchtlosen Gesichtern der Schimmer der Schwermut in den wilden Augen. Dampfend und schnaubend scharrten die Pferde im schützenden Dickicht und leise knurrend legten sich Hunde an der Seite ihrer Herren unter den Sternen zur Ruhe. Ein Zwerg mit bleischwerem Bündel stampfte schwerfällig und unwirsch brummend durch die Schneewehen und suchte einen Weg zur Mauer der Stadt, wo ein Elf bereitwillig den schweren Torflügel aufschlug, um ihm den Eintritt zu erleichtern. Murrend nur klang sein Dank, als er mit kurzen, festen Tritten vorüber durch den Torbogen wankte. Der Elf lächelte langmütig hinunter zum Zwerge, bevor er die grazile Gestallt fester in den Umhang hüllte und leichtfüssig die glatten Pflastersteine betrat. Ein Flüstern und Raunen lag in der beißenden Nachtluft, die schützenden Feuer knisterten, gedämpft klirrte Zaumzeug und leise tönte die Musik der Spielmänner aus der Taverne.
Zwischen den Wurzeln eines riesigen wuchtigen Yewbaumes sass eine junge Frau auf frostigem, kargen Grund, legte das müde Haupt an die furchige, uralte Rinde und versuchte die aufgesprungenen, farblosen Lippen zu einem Lächeln zu formen. Der dichte Bärenfellumhang war von der schmächtigen Schulter zurückgeglitten, Eis bereifte den langen wirren Zopf, der sie noch bedeckte. Im Schosse der Menschenfrau lag regungslos der Kopf eines alten, grauen Wolfes. Steifgefroren war ihre linke Hand in das vernarbte Fell des Tieres vergraben. Längst schon war der Wolf tot, sein Körper kalt wie der stechende Wind der um sie schlich. Sie summte heisser das Lied der Mutter und spürte sein Gewicht nicht mehr auf den tauben Beinen. Es war das Licht der Monde, das in ihren trüben, hellen Augen reflektierte, denn das Licht ihres Herzens hatte aufgehört zu scheinen. Als ihr durchbrochenes, schwaches Summen verhallte, schloss sie die Lider und vernahm noch einmal den Hauch des Waldes, den Ventus im Windstoß zu ihr sandte. Längst schon war jeder schmerzliche Gedanke ihrem Geist entwichen und Morsan legte sanft seinen weissen Mantel um ihren abgezehrten Leib. Die Herrin Rien fuhr herab, um sie in starren Schlaf gebettet zu den Ahnen von Adoran zu begleiten. Das blasse, junge Gesicht war wie Kristall, das gütige Bemühen für immer vergangen. Und so starb Secora still und schweigend wie sie gekommen war, während unbeachtet auf Tare die Herrin ein neues Leben unter der Glut des Drachen Fela entspringen liess, um abermals den Kreislauf zu vollenden.


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 Betreff des Beitrags: Morsans Lied der ewigen Stille
BeitragVerfasst: 17.02.03, 23:28 
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'RÜCKZUG!'
Die verzweifelten Rufe hallten über das Tal an der Palisade. Scheppernder Stahl, schreiende Männer und das Krachen des Holzes waren das einzigste, das zu hören war. Wieder war ein aussichtsloser Versuch, durch die Scharen des Ungenannten zu brechen missglückt. Wieder einmal starben zig Männer, zig Männer für nichts. Kein nennenswerter Landgewinn, keine wichtige Schlacht geschlagen und sie kämpften dennoch weiter. Sie kämpften für den Frieden, für die Hoffnung, für ihre Freunde und Lieben..
Doch mit jedem Tag und jedem Toten erstarb diese Hoffnung, Stück für Stück schlich sie sich in die Herzen der Menschen, die Verzweiflung und Entmutigung. Und ohne dass man es merkt, begann man schleppend alles hinzunehmen.. man nahm hin, dass der Offizier des Banners die Toten ausrief und ehrte.. man nahm die Bestattungen hin, die wenn überhaupt möglich, von den Geweihten durchgeführt wurden.. man nahm es hin, weil jeder Versuch der Befreiung nur mehr Tote forderte.

Und dennoch würde er weiterkämpfen und sein Schwert in jeder Schlacht in vorderster Front gegen den übermächtigen Feind richten. Nicht weil noch Hoffnung in seinem Herzen ruhte, nein.. weil ihn etwas viel stärkeres aufrecht hielt...

Ihm war nicht wohl im Magen und es trieb ihn zur Eile an.. ein Kind, dachte er.. sie erwartet ein Kind. Sie verriet es ihm letzte Nacht. Feawen, sagte sie, solle sie heißen, wenn es ein Mädchen werden würde und sie fragte ihn, ob er sich nicht freue. Doch er sagte nichts, er saß nur da eine Weile und verließ ohne ein Wort zu verlieren die Unterkunft. Oh, wie hätte er sich auf das Kind gefreut.. Feawen.., wiederholte er in Gedanken, ein schöner Name.. wie der ihrer Mutter. Und wie hilflos Athos sein würde wenn er es für einen Tag zur Obhut bekäme. Doch wie konnte er von Freude erfüllt sein, wenn er sich nicht sicher war, die nächste Schlacht zu überleben und das Kind in einer Welt geboren wurde, in der nur Furcht und Tot zu finden waren.

War sie deshalb hinaus in den Wald geritten? Sir Barnabas traf sie, doch ließ sie sich nicht abhalten und setzte unbeirrt ihren Weg fort. Lange schon streifte er durch den eisigen Wald und das Pferd bewegte nur noch widerwillig seine Hufe, bis er es mit einem Ruck zu stehen brachte. Kaum zu sehen, über einen Wolf zusammengekauert, saß eine Frau regungslos zwischen den Wurzeln, ein Umhang lag zu ihren Füssen und einige Schneeflocken lagen auf ihren Haaren und ihrem Rücken.

Und mit einem male fühlte er nichts mehr.. er bemerkte nicht mehr, wie er vom Pferd sprang und zu ihr eilte. Wie er sie schüttelte und ihren Namen rief. Er bemerkte nicht, wie er sie eng an sich drückte, wie er sie küsste und versuchte, sie zu wärmen und ihr irgendwie Leben einzuhauchen. Wie er jeden einzelnen der Götter um Gnade anflehte und kurz darauf verfluchte, weil das anmutige, schöne Gesicht, welches er mit Tränen in den Augen an seine Brust drückte, kalt blieb. Weil das Herz, das so vielen Menschen Freude und Trost gespendet hatte, nicht wieder anfing zu schlagen. All das bemerkte er nicht mehr, weil das letzte bisschen in ihm gestorben war, als er Secora zwischen den Wurzeln erblickte.

Er brachte sie nicht zurück in die Stadt.. sie hatte die Stadt gehasst.. sie hatte immer gespottet über die Bürger und ihn aufgezogen, wie er es überhaupt unter so viel Menschen aushielt.. nein ..Er bettete sie in einem Grab zwischen den Bäumen und Pflanzen des Waldes, zu ihrer linken ihren treuer Wolf. So hätte sie es gewollt, nur vielleicht etwas später.
„Leb wohl meine Liebe, mein ein und alles’
Mit Tränen im Gesicht schwang er sich auf sein Pferd und verließ das Grab, auf welchem nur ein Ring und eine Rose zurückblieben.

‚Öffnet das Tore!’ sprach er knapp und bestimmend zu der Wache an der Palisade..
‚Aber Sire..’ stammelte der verunsicherte junge Soldat.
‚LOS’ rief er mit einer Stimme, die keine Widerworte zuließ.
Und mit dem Satz ‚Die Götter mit dir und Siebenwind’ zog er seine Klinge und stürmte blind nach vorne hinein in die Lager der Untoten.

5 vielleicht 6 unheilige Kreaturen mochte er niedergeschmettert haben, bevor ihn ein Pfeil in die Schulter und kurz darauf der Speer eines Skelettes mitten in die Brust traf. Wie ein Stein fiel er vom Pferd, in der Hand nur ein tannengrünes Tuch. Er hörte nichts mehr.. außer einem leisen Rauschen. Langsam legt sich ein schwarzer Schleier über seine Augen und das Rascheln verklang.

Und das letzte, das er hörte war das ruhige, friedliche Lied Morsans. Das Lied, das niemals endet und immer währt. Das Lied der ewigen Stille.


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 Betreff des Beitrags: und sie wird in uns weiterleben
BeitragVerfasst: 20.02.03, 21:17 
Edelbürger
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Tage sind vergangen als eine grüngekleidete Riengeweihte durch die Strassengassen zieht. Dick eingemummt in ihre Kleidung, den Schal vor dem Mund gezogen und das Kopftuch über den Ohren. Auf ihrer Robe ist deutlich das Zeichen der Rein zu erkennen. Sie trug auch ihren Tempelschmuck aus Bronze den sie nur zu besonderen Anlässen trug. Hintersich führt sie ihr Pferd am Zügel welches am Sattel einen Beutel mehrere Streifen Leder und Stoff als auch eine Schaufel fest gemacht sind. Es ist sehr früh morgens und dichter Nebel steht in den Gassen und Plätzen der Stadt. Die Morsanssonne ragt kaum über der Mauer und kommt kaum durch den Nebel. Durch das leichte Schneetreiben sucht sie sich ihren Pfad zu der Stelle an der sie vor einigen Tagen bei dem Gespräch mit dem Ritter Tallistor Barnabas und der Schwester Secora Scidae zugegen war. Sie blickt sich an der selben Stelle um an der sie bei dem Gespräch auch stand. Mit ihren leeren, kalten Augen blickt sie die Gasse vor der Burg entlang. Nach einiger Zeit stillen Wartens führt sie ihr Pferd weiter, Richtung dem Ausgang beim Handelshaus des Handelsbundes. Ruhig liegt die Stadt schlafend im Nebel nur das klacken der Hufe auf dem Pflaster ist leise zu hören. Dann das leise knarren und quietschen des Tores der schweren Eisentüre. Gemächlich führt sie ihr Pferd hinaus und schliesst die Türe wieder bis ein leises klacken die Türe einhacken lässt. Geht dann langsam den schmalen, über Nacht eingeschneiten Weg lang in dem an diesem Morgen noch keine Abdrücke zu sehn sind. Kein Huf klackt mehr auf dem toten Stein nur leises Knarren im Schnee unter den Stiefeln und Hufen. An den Hütten vorbei auf denen wie über der Stadt eine heimliche Stille liegt geht sie in den Wald. Der Nebel scheint sich noch mehr zu verdichten je näher sie dem Wasser kommt. Trotz des Dichten Nebels bleibt sie nicht einmal stehen um sich zu orientieren. Sie scheint den Weg und das Ziel zu kennen, gut zu kennen. Auf der kleinen Lichtung hört man vereinzelt das traurige Zwitschern der ersten Vögeln. Je näher sie dem Wasser kommt desto langsamer wird ihr Schritt bis sie ganz still da steht. Mehrere Minuten lang steht sie da und hält die Zügel ihres Pferdes fest in der hand, Ahnend was sich ihrem Blick lichten wird ist ihr Blickt gerade aus gerichtet. Es sind im Nebel kleine formen zu erkennen die sich durch die fahle Morsanssonne wenden. Zittrig holt sie tief Luft und geht dann wieder genauso langsam weiter wie vorher. Immer noch orientierungslos aber zielstrebig auf das Ziel zu bis es dann Durch den dichten Nebel in seiner vollen Grösse zum Vorschein kommt. Der Alte Yewbaum mit seinem gewaltigen Stamm wird immer deutlicher zwischen den Nebelformen zu Erkennen. Mehr und mehr Häufen sich die Nebelformen zu menschenähnlicher Form die wobelnd um den riesigen Yewbaum tanzen. Wieder verharrt ihr leerer, trauriger Blick auf dem riesigen Baum. Die zügel legt sie dann auf den Sattelknauf und streicht noch einmal dem Pferd an der Flanke entlang als sie dann langsam auf den mächtigen Stamm zuschreitet. Ahnend was kommt hält sie schon nach ein paar Schritten wieder inne. Ein Reh ist an dem Stamm zu sehn. Wie es mit seiner feuchten Nasenspitze jemand sanft antippt. Als wolle es jemand aufwecken. Aufwecken aus einem tiefen Schlafes. Langsam und leise kommt die Reingeweihte näher heran. Ihr Blick scheint abgelenkt umher zu sehn, die Umgebung beobachten. Als wolle sie nicht hinsehen. Auf einem umgestürzten Stamm sitzt ein kleiner Hase der ebenfals zu dem Stamm des Baumes zu sehn scheint. Sie kann nicht länger weg sehn. Als ihr leerer und trauriger Blick zu dem mächtigen Yewbaum schweift ist das Reh schon zwischen den Nebelfirugen verschwunden. Da liegt sie nun. Am Stamm liegend, eingehüllt in anscheinend Warme Kleidung mit ihrem Begleiter zu den Füssen. Bleich doch mit einem Lächeln auf den Lippen ruht sie da am Baum gelehnt. Ihre dunklen Haare sind vom eisigen Wind umhergeweht. Auf den Haaren, Wimpern, Lippen sind Eiskristalle die im fahlen Licht der Morsanssonne funkeln wie kleine Diamanten. Ihre Hände liegen gefaltet auf ihrem Körper. Als die Reingeweihte sich langsam zu ihr runterkniet und ihre Hände berührt zuckt sie kurz zurück. Eisig sind sie, wie der Windhauch der um den Baum weht. Sie betrachtet mit traurigen und leeren Augen ihren blassen Körper und streicht ihr dann die kalten Haare aus dem Gesicht. Einige Zeit bleibt sie vor ihr Knien und spricht leise ein paar Worte vor sich hin.

„Rien, oh erhabene Mutter, Schöpferin der Erde, Herrin der Wälder und Bewahrerin der Natur. Wächter deiner Schöpfung des Lebens. Dir zu ehren haben deine Kinder sich hier eingefunden, deinen Schutz und deinen Segen erbitten wir für deine Tochter Secora Scidae. Deine treue Untergebene , einer Wächterin der Tiere und der Pflanzen. Einer Bewahrerin deiner Schöpfung. Rien, oh erhabene Mutter nehme dich ihr an, Deiner Tochter.“

Nach diesen Worten erhebt sie sich und geht leise zu ihrem Pferd und schnallt die Beutel, Stoffe und Schaufel los. Neben sie legt sie einige Bahnen an gutem Stoff auf und Streut aus dem Beutel fruchtbare Erde auf die Stoffe. Daneben liegt ein einzelne Bahn die sie auch mit der fruchtbaren Erde bestreut. Nun nimmt sie ihre Hände und Legt sie über ihre Brust gefaltet hin, dreht ihren Körper von dem Stamm auf die Stofftücher. Sorgfältig legt sie ihren Körper auf die fruchtbare Erde. Ihren Umhang knüpft sie los und streicht ihre Kleidung sorgfältig glatt. Auch ihre Haare streicht sie nochmals glatt und legt sie zu einem Zopf gelegt auf ihre Schulter. Ihren Begleiter legt sie in das kleine Tuch und wickelt ihn darin ein. Und legt ihn zu ihrer Seite. Einen Arm legt sie ihr um das alte Tier. Die andere Hand kreuzt sie über ihrer Brust. Noch einige Zeit streicht sie sorgsam falten aus ihrer Kleidung. Dann nahm sie die Schaufel zur Hand und begann zwischen zwei grossen Wurzeln den Schnee zur Seite zu scharren. Stach dann in die gefrorene Erde hinein und grub zwischen den zwei grossen Wurzeln ins Erdreich. Nach einiger Zeit bot sich zwischen den Wurzeln ein Erdenbett dar. Die Geweihte blieb lange gefasst doch mit der Zeit bekam sie nebst ihren roten Bäckchen von der Kälte glasige Augen. Vereinzelt rinnen Tränen über die Wangen. Immer wieder blickt sie seufzend zu dem mächtigen Yewbaum hoch. Nach einiger Zeit des Schaffen begann sich der dichte Nebel mehr und mehr zu lichten. Immer mehr Tiere scheinen zu dem Baum zu kommen, immer mehr Tiere scheinen in einem Kreis sich zu sammeln und zuzusehen. Mehr und mehr erwachen die Tiere des Waldes. Die Geweihte nahm aus einem ledernen Etuit einen geschwungenen Dolch hervor, mit eingravierten Runen der Rien. Die Blanke klinge blitzt durch den seichten Nebel. In ein Stück Leder ritzt sie dann Symbole, die Schutzrune der Rien neben der Rune der Schöpfung und des Lebens. Und band es Secora Scidae um die Stirn. Eine Strähne ihrer dunklen Haare Schnitt sie mit dem Dolch ab und verpackte diese sorgsam in ein feines Seidentuch. Immer wieder umherblickend fuhr sie sorgsam fort und begann ihren Körper mit dem Tuch zu bedecken. Als sie dann zuletzt den Kopf mit dem Tuch bedeckt tropften ein Paar Tränen auf den vermummten Körper. Lange kniete sie vor dem eingehüllten kalten Körper. Nach einiger Zeit stillem Andenken zieht sie den Körper behutsam in das Erdenbett Zwischen den beiden mächtigen Wurzeln des Yewbaumes. Sie bettete sie in das Bettchen wie ein Kleines Kind, den Kopf gestützt, ihren Begleiter zu ihrer Seite. Lange noch starrte sie auf ihren eingewickelten Körper der nun wie schlafend in dem Erdenbett lag. Nur langsam und gemächlich streute sie die fruchtbare Erde über ihren Körper bis sich eine Decke über sie bildete die sie warm halten wird. Sie zog die Decke bis über ihren Kopf, bis sie ganz in Erde gehüllt ist.

„Rien, oh du erhabene!
Schöpferin der Erde und der Natur. Gebieterin und Erhalterin allen Lebens in ihr.
Du bedenkst uns mit allem was wir brauchen in reichem Maß und einer Vielfalt,
aus welcher Deine Kinder sich mit Dankbarkeit in maßvoller Demut versorgen.
Wir preisen Dich dafür, und richten unser Leben dahingehend,
stets Deinen Geboten zu folgen, zu achten alles Leben in Deiner Schöpfung
auf das uns Deine Gnade zuteil werde, immerdar.“

Während sie diese gebetszeilen vor sich hinspricht ritzt sie mit dem Dolch in die grosse Wurzel an welcher Ihr Kopf liegt das Zeichen der Rien. Sie nimmt aus einem Kleinen Beutelchen kleine Quarzkiesel heraus und streut die Quarzkiesel in die geritzte Form auf in der Wurzel. Drückt die Quarzkiesel mit ihren Fingern in die Form und greift nach einem zweiten Beutelchen. Und streut ihre letzte Schwefelasche über die Quarzkiesel bis diese vollkommen bedeckt sind von der Schwefelasche.


„Wir preisen Dich dafür, und richten unser Leben dahingehend,
stets Deinen Geboten zu folgen, zu achten alles Leben in Deiner Schöpfung
auf das uns Deine Gnade zuteil werde, immerdar.“

Mit den letzten Worten schlägt sie zwei Feuerkiesel aneinander dass funken entspringen, Funken welche sofort die Schwefelasche entzünden. Die Asche verbrennt zischend und funkensprühend in dichtem Qualm. Wenige Sekunden nur dauert das Funkensprühen und als sich der beissende schwefelige Qualm in dem seichten Nebel auflöst erkennt man, dass die Quarzkiesel in der geritzten Rienrune zu Glas geschmolzen sind.

„Auf der Wurzel deines mächtigen Baumes ist nun eine gläserne Rune deiner, welche immer an deine Tochter erinnert die hier unter den Wurzel ihre Ruhe fand.“


Als der Nebel sich fast schon verzogen hat und das Leben des Waldes voll erwacht ist, als eine Leicht Briese warme Frühlingsluft vom Meer her herantrug konnte man in dem Wind eine Stimme hören. Eine helle jedoch leise Stimme welche ein Melodie singt. Eine Melodie welche ein jedem gläubigen der Herrin bekannt ist. Die Melodie des alten Baum des Lebens. Immer mehr leise Stimmen stimmten mit der Frühlingsbriese in die Melodie mit ein. Die geweihte stand nur eine lange Zeit da und lauschte der Melodie. Noch immer wirken ihre Augen leer und glasig doch mehr und mehr fängt sie an zu lächeln. Sie weiss Secora Scidae wir zu ihrer rechten sitzen an vollen Tafeln an denen es an nichts fehlt. Sie wischt ihre letzten Tränen aus den Augen. Holt noch ein paar mal tief Luft und lauscht dann weiter der Frühlingsbriese und ihrer Melodie. Dann nahm sie wieder den Dolch und begann in den mächtigen Yewbaum über der gläsernen Rienrune Buchstaben zu ritzen.

„Umschlungen von deiner lebenden, mächtigen Wurzeln deiner Schöpfung liegt hier deine Tochter Secora Scidae“

Stundenlang sass die Geweihte auf einem umgestürzten Baumstumpf und blickte in die Ferne. In ihrer Hand hielt sie das Tuch mit den Haarsträhnen von Secora Scidae.

„Wohin dein Weg dich auch führen mag er bleibt dir lang unsichtbar doch du hast den Traum vom geweihten Land den du in dir trägst und irgendwann wird er wahr. und muss du auch hin dein Herz bleibt da wir vergessen dich nicht, bleib uns nah.“

Immer wieder streiften Tiere des Waldes an dem Baum vorbei, kam nahe, blieb einige Zeit stehen als lauschen sie der Melodie und zogen weiter, wieder fort in den Wald aus dem sie kamen.

So kehrte die Geweihte auch zurück in die tote Stadt aus der sie kam. Sie band die Bündel und Stoffe wieder zusammen und knotete es an den Sattel des Tieres das die ganze zeit über in der nähe das mächtigen Yewbaumes umherstreifte. Der Nebel war verzogen, die Morsansonne stand hoch am Himmel als sie wieder durch den Schnee zur Stadt ging. Ihre Augen waren immer noch traurig leer jedoch schien sie zu lächelnd. Sie weiss dass es ihr nun besser geht. Besser als zwischen den toten Steinmauern der Stadt, als die zugepflasterte Steinstadt. Es geht ihr besser.


Als die Morsanssonne sich langsam hinter unheilvollen schwarzen Wolken verdunkelt steht die grüngekleidete Geweihte wieder an der Stelle an der sie zu frühster Stunde schon einmal Stand und wartet. Viele Leute streifen an ihr vorüber. In sich gekehrt, kaum einer grüssend und alle eingemummt in warme Kleidung. Sie stand wartend da hebt kaum ihren Blick. Noch immer trug sie ihre Robe mit den Rienrunen bestickt, noch immer trug sie ihren bronzenen Tempelschmuck und noch immer hielt sie das Tuch in ihrer Hand. Als sich die dunklen Wolken blutrot färbten als die Morsanssonne sich dem Horizont neigt tritt ein schwer gerüsteter Ritter um die Ecke zur Burg. Seine Goldene Prunkrüstung schimmerte prachtvoll in dem rötlichen Schein des Horizontes. Bevor er noch das Tor erreicht stand die Geweihte vor ihm und blickt wortlos vor ihn auf den Boden. Lange hielt sich das schweigen. Bis die Geweihte das edel gebundene Tüchlein ihm hinhält.

„Es geht ihr gut ... ihr müsst Euch nicht Sorgen.
Sie trat ein in die Ewigkeit ... in den ewigen Kreis des Lebens unter dem Gesetz der Natur. Sie ist Teil des Mulitversums in dem wir leben. Sie ist ein Teil von allem was wir sehn. Sie weilt an ihrer Herrins Seite ...
... sieben Tage bis am siebenten Tag die Morgenröte aufgeht sollen wir Trauern und ihr Gedenken. Doch dann ist es an der Zeit uns um das zu sorgen was unser aller Leben droht.

Unheilvolle Verheissungen ziehen wie dunkle Wolken über das Land. Des Propheten Weissagung legt sich wie ein Schatten seiner rechten Hand bedrohlich über uns. Über das Leben. Über die Natur. Über alles was wir kennen.

Sie werden kommen die Zeichen der Natur um uns zu Verkünden ihren prophetischen Schwur. Wenn sich am Tage der Himmel verdunkelt, die letzten Vögel zum Horizont fliegen wenn Stürme und Flutkatastrophen wütend über das land hinwegziehen, dann naht der Erden Rache. Zu spät wird es sein denn mit Feuer und Glut wird Luft zu Asche und Wasser zu Blut.“

Als sie ihm das Tuchbündel gibt in dem nur eine Haarsträhne von Secora Scidae liegt, knickst sie nochmals höfisch un wedet sich wieder der Gasse zu

„Gehabt euch wohl Herr Ritter, möge Rien ihre rechte Hand über uns legen um uns zu schützen vor den Verheissungen.“

Langsam und mit einer eitler Würde schreitet die Geweihte fort bis sie hinter einer Ecke der toten Stadt für seine Augen verschwunden ist.







Wenn in dunkler Nacht ein Verirrter Schutz unter dem mächtigen Baum sucht so wird dieser das gläserne Rienzeichen sehn wie es fahl leuchtet und er wird die Nebelformen sehn wie sie um den Baum tanzen um Riens Schöpfung zu preisen.
Wenn am heligten Tage an dem mächtigen Yewbaum ein Wanderer oder ein Jägersmann eine Pause auf einem der umgestürzten Baumstümpfe macht so wird er sie spüren, die Macht der Herrin an diesem Heiligen Ort. Er wird die flüsternde Melodie hören aus den Stimmen des Waldes die den Frühling ankündigen. Die Zeit an der Rien ihre Macht an jeden Ort auf Tare entfaltet.






*ups schitt. wiso muss man auch immer so lange dinger schreiben die dann mehrere tage dauern arrr*


Zuletzt geändert von keyerleberj: 20.02.03, 22:34, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Tod eines Freundes
BeitragVerfasst: 3.03.03, 15:58 
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Es mag etwa einen halben Zyklus vor der Dämmerung gewesen sein, als ein junger Wachmann des Lehnsbanners die Flügeltüren zur "Roten Seeschlange" aufriss und sich nach kurzem Umsehen zielstrebig dem Tisch näherte, an dem Athos eben sein Abendmahl einnahm. "Sire, ich... entschuldigt die Störung... aber.. aber ich befürchte Schreckliches ist... geschehen!" , stammelte der Junge keuchend und sichtlich aufgeregt vor sich hin, woraufhin der Ritter wiedereinmal nicht zum Essen kam und sich kurzerhand zum Tor der Palisade führen ließ. "Nun mal langsam und ruhig Blut, junger Freund. Lasst hören was geschah und es wird sich schon eine Lösung finden." , redete der ungerüstete Ritter beruhigend auf den noch immer verstört wirkenden, jungen Mann ein. "Es... es geht um Sir Curio.. er... er begab sich hinaus, undzwar voll gerüstet und ganz allein!" "Ihr sagt Curio ist da draußen, ohne Unterstützung?!" "Ich... ja, Herr." , gab die Wache mit bleicher Miene zurück. "Wie lange ist das jetzt her?" "Vielleicht einen sechstel Zyklus, Sire." Der Ritter straffte einmal mehr kurz die Weste und wandte sich eilig um. "Ich rüste mich, wartet hier!" .

Nach kurzer Zeit, die dem eigentlich viel zu jungen Milizionär wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen war, wurde er von einem leisen Scheppern aus seinen gedanklichen Betrachtungen gerissen. "Worauf wartet ihr, öffnet das Tor... Wir sehen mal ob der werte Sir Curio ein wenig Hilfe gebrauchen kann!" , donnerte der mittlerweile bis auf den fehlenden Helm gerüstete Ritter, das gesattelte Roß hinter sich herführend, Richtung Tor.

Athos ließ sein Pferd leicht versetzt zum Wachmann traben, wobei beide sich aufmerksam nach brauchbaren Spuren umsahen. "Sire, hier drüben, das sind eindeutig Pferdehufabdrücke!" , rief der Junge aufgeregt und sie folgten der Spur in den Wald hinein, bis zu einer kleinen Lichtung, wo sie den vermissten Ritter letztendlich finden sollten. Mit weit geöffnetem Mund und ebensolchen Augen ließ der inzwischen noch bleichere Milizionär den Blick über den vormaligen Kampfplatz schweifen. Überall lagen gesplitterte, gebrochene und gespaltene Knochen herum, sowie deren schartige Waffen und Schilde. Allerdings lag da auch ein Mensch. Sir Curio, Ritter der Siebenwinde, lehnte mit dem Rücken am Stamm einer uralten, knorrigen Eiche als würde er schlafen, wenn da nicht ein Pfeil in der Schulter und ein abgebrochener Speerschaft in der Brust des leblosen Ritters gesteckt hätten.
"Bei Bellum, wir sind zu spät..." , mit diesen leise gemurmelten Worten stieg Athos vom Pferd und eilte rasch zum Gefallenen hin, streifte einen der gepanzerten Handschuhe ab und ging neben seinem Freund in die Knie. Auch der eigentlich viel zu junge Wachmann, der dem Ritter noch das Tor geöffnet hatte und es bis jetzt noch nicht wieder geschafft hatte seinen Mund wieder zur schließen, trat allmählich heran. "Oh Curio, was hat dich nur hier raus getrieben...?" , murmelte Athos mutlos vor sich hin. Dabei viel sein Blick auf das grüne Tuch, auf welchem noch immer die Hand des Toten ruhte. Er nahm Curio vorsichtig das Tuch aus der Hand, betrachtete es einige Momente lang, steckte es ein und verstand.

Als sie Athos ehemaligen Knappen mit vereinten Kräften auf's Pferd geschafft hatten und Athos Curios Schwert und Schild an sich genommen hatte, machten sie sich ohne ein Wort zu sprechen auf den Heimweg. Der verstörte Milizionär traute sich nicht etwas zu sagen, während der Ritter mit steinerner, grüblerischer Miene das Roß führte. Am Tor angekommen gab Athos dem Wachmann für den Rest des Abends frei und teilte den nächstbesten Soldaten für den Posten am Tor ein. Nachdem er einen kurzen Blick zum nun rasch dunkler werdenen Himmel geworfen hatte, entzündete er eine Fackel, nahm einen Spaten und führte das Roß samt Leichnam um die Stadt herum zum großen Yewbaum im Westen unter dem Secora zur Ruhe gebettet war. Dort angekommen nahm er den Spaten zur Hand um seinem Freund einen letzten Dienst zu erweisen und ihn mitsamt des grünen Tuches, sowie seiner treuen Klinge neben seiner frischangetrauten, geliebten Frau zu begraben. Athos wusste nicht wieviel Zeit vergangen war, er hatte wie in Trance im Schein der Fackel geschuftet, als der die letzte Spatenladung Erde auf das frische Grab warf und sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wischte. "So soll es nun also enden, alter Freund..." , bei diesen tonlos gesprochenen Worten, schoßen ihm unzählige Bilder durch den Kopf. Bilder aus vergangenen, glücklicheren Tagen. Bilder welche den Pagen Curio zeigten, der sich ziemlich ungeschickt anstellte beim ersten Pferdestriegeln, der zusammen mit Tyralion und Augustin beim Rüstkundeunterricht aufmerksam lauschte. Bilder des Knappen Curio, der da mit verlegenem Blick erklärte, dass die geholte Milch inzwischen sauer geworden sei, des Knappen Curio der endlich das Reiten und Kämpfen lernte und der allmählich verstand, was einen Edelmann ausmacht. Bilder seines Ritterschlages und Sir Jonathan von Sonnenhaars Hochzeit in Westhever, als Curio den erhofften Wildschweinbraten so schmerzlich vermisst hatte. Noch lange Zeit stand Athos so auf den Spaten gestützt da und schwelgte in Erinnerungen, bis er sich letztlich mit hängenden Schultern wieder in Richtung Brandenstein umwandte.

"Mögen wir uns dereinst alle in Morsans stillen Hallen am festlichen Tische Bellums wiedersehen und all dies hinter uns lassen."


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BeitragVerfasst: 4.03.03, 16:24 
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In der Burg zu Brandenstein liegt ein von friedlichem Kerzenschein kaum erleuchteter Raum hinter dicken Steinmauern verborgen. Bett folgt Bett, Nachtkasten folgt Nachkasten in geordneten Reihen. Vollkommen unruhig wälzt sich ein Mann in einem der Betten, sich von der Linken zur Rechten wendend, als würde er sich in einem erbitterten Kampf mit seiner selbst befinden.

Der rasche Atem des schweißgebadeten Schwarzhaarigen stockte als jener sich mit starrem Blick aus dem Liegen aufrichtete. Ehe der letzte Ton seines Atems verklungen harrt der Blick seiner mit Melancholie behafteten, blauen Augen auf der kalten Wand. Der Mann hatte Trost im Schlaf gesucht, doch der Schmerz vermochte ihn einzuholen. Er sah die Zahl seiner Ritter und Gefährten schwinden. Vor wenigen Zyklen erreichte ihn die Nachricht über den Tod eines weiteren Ritters. Ein Gefreiter des Banners brachte im Auftrag Sir Athos' Kunde über Curio's dahinscheiden, woraufhin er ihm merkbar unfreundlich deutete wegzutreten. Lediglich ein Gedanke an die Gefallenen stimmte ihn traurig und wütend zugleich. Viele Opfer hat der Krieg bereits gefordert, Jonathan, Aspin, Curio - wer würde den Krieg lebend überstehen ? Des Mannes Sorgen galten vorallem den verbliebenen Rittern, dessen Leid er teilte.

Seufzend erhob er sich auf die Beine um leichte Kleidung überzuziehen. In den Betten ringsum lag niemand, sie waren leer, gleich seines Blickes. Dann bückte er sich nach seinem Schwert, welches in einer edel verzierten Scheide gleich neben seinem Bett zur Ruhe gekommen war. Mit gesenktem Blick zurrte er den Waffengurt fest um danach langsamen Schrittes zum Fenster zu treten. Er wollte sehen was sich verändert hatte, auf der Insel, auf welcher auch nach dem Krieg nichts mehr so sein würde wie an den sonnigen Tagen, an welchen er noch zusammen mit Aspin, Jonathan und Curio an der Tafelrunde Platz genommen hatte.

Doch gibt es bestimmt ein Morgen. Denn wer vermag einem Ritter schon die Hoffnung und den Mut zu nehmen ? Edel ist sein Wort, nie sprach er Lüge. Edel ist seine Tat, nicht bezweckte sie Böses. Edel ist sein Gemüt, nie war es dunkel.


Zuletzt geändert von Kev: 4.03.03, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Mit aufeinandergepressten Lippen und einem traurigen Gesichtsausdruck wendet er sich wieder vom Grab ab und verschwindet dann in der Dunkelheit.

Auf dem Grab Secoras ist am nächsten Morgen eine farbenprächtige Blume zu sehen, welche nun das Grab ziert.

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Wer des öfteren an den Gräbern vorbeikommt und diese näher betrachtet, kann erkennen, dass täglich andere Blumen und Früchte auf den Gräbern liegen, als würde jemand diese jedesmal durch andere ersetzen.

Und manchesmal kann man gar eine Gestalt vor den Gräbern erkennen, welche davor hockt und scheinbar einige Worte zu ihnen spricht.

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Einige Spuren sind in der Nähe der Gräber zu erkennen ...


Zuletzt geändert von DoubleG: 21.05.03, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.

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Unter dem leisen knarren seiner Stiefel näherte sich die Gestalt dem Grab. In Händen hielt er eine Blume, eine Lilie, welche er dann auf dem Grabstein Secoras ablegte. Vor der Brust schlug er noch ein Zeichen Morsans, dann wandt er sich wieder ab und schritt davon.


Zuletzt geändert von Liish: 22.05.03, 12:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Und wieder führt es den in eine grüne Robe gehüllten Elben, auf der das Zeichen der Mutter Rien prangt, zu den beiden Gräbern.
Mit aufeinandergepressten Lippen legt er eine der wenigen überlebenden Feuernelken vom Galgen auf Secoras Grab nieder, bevor er das Zeichen der Göttin der Erde vor seiner Brust schlägt und wieder in der Dunkelheit verschwindet...

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Zuletzt geändert von Lorien Arden: 5.07.03, 21:42, insgesamt 1-mal geändert.

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*an einem lange vergessenen ort, einem kleinen tal, weit ab von Brandenstein, dem Krieg, den Unruhen und all dem Kummer, in einem Raum, in welchem die stickige, staubige Luft unverdrängbar ihren Platz beansprucht.
In einem Raum, in dessen Regalen sich Bücher stapeln, über und über, teils sauber sortiert, teils ohne ordnung übereinandergestapelt
Ein altes Buch mag man dort finden, es ist mit Güldenen Bändern gebunden, das Pergament auf den ersten Seiten mag mehr als ein Jahrhundert bereits gesehen haben.
Schlägt man es auf, und blättert ein wenig darin herrum, wird sich einem vielleicht ein Pergament offenbaren:*

28. Trier 13 H.
Seltsam sei das Volk der Menschen, ein Spiel von allen Gefühlen, durchdrungen von Unruhe und Eile.
Und doch birgt dieses Volk so viele Eigenheiten, so viele kleine Funken von Liebevollem Werk, dass man sie immer wieder neu entdeckt, so man meint, sie nun vollends verstanden zu haben.
Vielleicht fand ich heute einen dieser Funken, ich mag nicht behaupten viel zu erkennen, denn mein Weg mag noch am anbeginn stehen.
Heute fand ich eine Frau, ganz in der Nähe des Ortes, da ich diese Zeilen schreibe.
Sie war seltsam, doch scheint sie voll der Liebe an unsere Herrin Tevra zu sein.
Mir schien sie wie ein kleines Reh auf der Wiese, welches sich versteckt und angstvoll um die Ecke spickt, so ein fremder erscheint.
Ich wusste dass sie da saß, hinter dem Busch, mit ihrem treuen Gefähren Askan.
Es ist seltsam, wenn man so darüber schreibt, war es doch keinen ganzen Zyklus her sein, dass sie das Tal verließ. Es war wohl ein Moment der unendlichen Ruhe im Schoß der Herren, der dort offenbart wurde.
Wer weiß, was aus diesem kleinen Rehkitz werden mag, eines Tages...

Ich mag nur beten, dass sie kein weißes Reh wird, welches sein Ende im Pfeil findet.


*das pergament trägt keine unterschrift*


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