Die Mortai bei den Elfen
Ein kalter Wind kam auf. Die schwarze Gestalt am Zelt der Elfen stand noch immer dort. Das kunstvoll bestickte Tuch des Zeltes blähte auf durch den Windhauch. Ebenso wehte die schwarze Robe der sonst so reglosen Gestalt einen Moment lang im kalten Hauch. Die Gestalt regte sich schon seit Stunden nicht, sie verharrte sogar schon Tage an diesem Zelt. Wartend, schweigend, träumend. Gelehnt auf einen alten Hirtenstab, gewandet in eine uralte schwarze Robe, das Gesicht von einem vom Regen verformten Hut bedeckt.
Eine weile noch beachteten die Elfen, die dort am Fluss im Tal lagerten, die dunkle Gestalt noch, doch nach einigen Tagen war die Gestalt vergessen, kaum noch jemand nahm sie wahr.
Es war gerade Dunkel geworden als der kalte Wind aufkam, die meisten Elfen waren verschwunden. Nur einige wenige schliefen im Zelt. Doch die Gestalt war noch da. Der Wind kam nicht wie sonst vom Meer sondern von der Feuerstelle, an welcher sich die Elfen aufhielten, aßen, tranken und feierten.
Ungewöhnlich war der Hauch der vom Feuer kam, nicht warm und trocken wie man es vermuten würde, sonder kalt und klamm.
Doch die Gestalt rührte sich nicht.
Erst als die Stimmen kamen bewegte sie sich. Langsam hob die Gestalt den Kopf.. Die Konturen des Gesichtes waren auszumachen. Das Gesicht eines Elfen war zu erkennen. Doch war es nicht von Emotionen und Gefühlen gekennzeichnet, wie die Gesichter der Elfen die sonst hier lebten. Sondern starr war das Gesicht, ruhig und von fahl weißer Färbung. Der Mund eine dünne Linie.
So sah die Gestalt auf in Richtung Feuer, doch sehen wollte sie gar nicht, denn die Augen waren leer, starrten ins Nichts. Lauschen den Stimmen die vom Feuer herdrangen wollte der Elf. Er hatte diese Stimmen schon gehört, es waren die verzweifelten Rufe der verlorenen Seele, doch nur wegen einer der vielen Stimmen war er hergekommen.
Er war gerufen worden von den Brüdern der Auen. Er würde die eine Stimme hören und er hörte sie. Sie weinte unter den vielen Stimmen, wütete voll Zorn zugleich, wurde immer Lauter im Reigen der Verlorenen Stimmen welcher vom Feuer kam und, überdeckte schließlich alle anderen. Der Elf war inzwischen näher gekommen, stand zwischen den Stämmen, welche als Bänke um das Feuer standen. Hinkend und langsam war sein Gang, wie gebrochen von chronischer Krankheit wirkte sein Körper.
Es donnerte. Die drückende Hitze der heißen Jahreszeit hatte schon das ganze Hell über die Wolken zusammengetrieben und nun entlud es sich. Regen prasselte über den Elf, floss den Hut hinab über die alte Robe, doch er schien es nicht einmal zu bemerken.
Die Stimme war noch immer da, redete und erzürnte sich, doch die Worte waren dem Elfen gleich so schien es. Vielleicht hörte er sie nicht einmal.
Er erhob die Stimme. Es war nur ein Wispern, das fast ganz im Regen unterging. Die Stimme war gekennzeichnet von einer Heiserkeit wie von langer Erkältung.
"Erscheine denn Er ist mein Herr.", forderte er schlicht und tatsächlich zeigten sich Konturen eines Wesens vor ihm. Es mag vielleicht auch nur der Regen gewesen sein, aber eine Gestalt, eine Frau, halbdurchsichtig, bildete sich unter den Regentropfen vor dem Elfen ab. Es war ihre Stimme gewesen auf die er gelauscht hatte, und ihre Worte waren es gewesen welche er nicht wahrnahm. Sie wurde immer wütender, sprach von Tod und Blut. Doch er wusste das es nur eine Wahrheit für ihn gab. Seinen Herrn.
"Ich bin gekommen um dich zu Ihm zu geleiten. Er wartet in Seiner Gnade auf dich.", sprach der Elf mit monotoner Stimme weiter. Kaum jemand wird ihn verstanden haben, und die Elfen die vielleicht aus der Entfernung zusahen, hörten wohl nur das Rauschen des Regens und das Donnern der Blitze.
Seine Gebrechlichkeit vergessend lies er den Stab, auf den er sich stütze, fallen. Stattdessen nahm er etwas hervor unter der Robe. An einer schlichten Kordel um die Robe war es befestigt. Ein schweres Buch, gebunden in schwarzem Leder. Eine schlichte Raute war darauf zu erkennen. Er hob es hoch über sich mit beiden Händen. Wieder donnerte es und das Wesen, die geisterhafte Frau, vor sich wurde immer zorniger. Doch ihre Worte, voll Hohn und Spott, voll Hass und Wut, drangen nicht zu dem Elfen in Schwarz durch. Denn er wusste warum sie so sprach und er würde ihr helfen ihren Weg zum Herrn zu Ende zu gehen.
"Dein Name wird in Seinem Buch stehen. Du wirst in Seiner Ewigkeit ruhen.", sprach er in monotonem heiseren Wispern. Sie wich zurück. Weg vom Feuer, weg von der Gestalt in Schwarz, vielleicht hatte sie gemerkt das er etwas Anderes war als die Elfen die sonst hier sind. Denn ihre lockenden, verführenden Worte waren nutzlos, erreichten den Elf nicht einmal. Darum schrie sie. Ein Schrei markerschütternd, lauter noch als der Donner und greller als der Blitz. Der Elf wankte, doch er wich nicht zurück, vielmehr ging er auf die Knie und senkte den Kopf. Das Buch weiter hoch gestreckt sprach er.
"Nun wirst du den dunklen Pfad betreten und Er wird dich Willkommen heißen.", sprach er mit monotoner Sicherheit in der wispernden Stimme. Vielleicht hatte das Wesen in diesem Moment verstanden das es nichts erreichen konnte und floh. Denn sie verzerrte sich in wenigen Wimpernschlägen, ging in kaltem Feuer auf bis nur noch eine Leere vor dem Elfen in Schwarz war.
Zu Spät hatte er gesprochen, denn die Seite, die der Elf aufschlug, im schwarzen Buch war leer. Sie war entkommen, doch würde sie lange brauchen um wieder Kraft zu finden.
Wankend stand der Elf auf, verstaute das Buch, hob seinen Stab auf. Der Regen hatte aufgehört und die Sonne war wieder zu sehen. Die Elfen die dort am Fluss lagerten tauchten wieder auf. Sie waren beschäftigt mit weltlichen Dingen, die nicht mehr auf dem Weg des Elfen in Schwarz lagen, so sagte er ihnen einige Worte und lies sich dann von seinem Pferd zurück in die Stadt tragen.
Er würde sie wieder treffen, und dann würde er ihr den Weg zum Herrn weisen können. Denn das ist sein Weg.
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