Warum sie dieser Ort so anzog, wusste sie nicht genau -es war nur der Hafen, in dem es immer leicht nach Fisch roch und es kühl vom Meer herwehte. Vielleicht war es wohl die Option, die sie hier hatte - wieder fortgehen, alles wieder einmal hinter sich zu lassen, wieder einmal an einen Ort zurückzukehren, zu dem sie nicht wollte und nur ihr dämliches Gewissen sie hingeführt hatte.

Sie lag ausgestreckt und mit dem Kopf auf der Bank, die Haare flossen wie ein blutroter Wasserfall von der Bank hinab, einen wärmenden Umhang aus Rothirsch hatte sie um sich gezogen und schaute mit müden Augen hinauf zu den Sternen. Zum Schlafen würde sie hier nicht bleiben - das war ihr zu gefährlich und sie wusste mittlerweile, in welche Abgründe ein Mensch geraten kann, seit sie überstürzt von zu Hause abgereist war.
Stark wollte sie sein, hatte sie sich auf dem Schiff gen Siebenwind geschworen, damit so etwas nie wieder passieren mag. Warum noch die Zeit mit Liebe vergeuden, wenn sie dem Gegenüber eh nicht von Wichtigkeit ist... und ja, vor kurzem durfte sie erfahren, dass sie sich wieder in jemanden geirrt hatte.

Und doch... sie schloss die Augen, so als wenn sie das, woran sie dachte, an das Gefühl, was sie noch wenigen Augenblicken genossen, hatte, ausschliessen wollte.
Sie hatte seine Nähe genossen, auch wenn er kühl und beherrscht blieb - ganz anders, als all die anderen Männer, die sie am Ende doch nur belogen, betrogen und ausgenutzt hatten. Kein Lächeln lag auf seinen Lippen und doch schien er ehrlicher als alle anderen. Kein falsches Wort, kein geheucheltes Gefühl und das Versprechen sie nie zu verletzen.
Und doch blieb die Unsicherheit...

Tief zog sie die kalte Luft ein - so tief, dass sie das Gefühl hatte, sie würde ihr Herz erreichen und erkalten lassen...