Zur später Stunde eilt ein Kind auf einem Stab gestüzt Richtung Brandensteiner Hafen. Sieht man genauer hin, so wird man sich vielleicht wundern, dass das Kind keine Schuhe trägt, auch scheinen die Füße merkwürdig stark behaart. Nähert man sich ihm noch ein wenig, dann erkennt man schließlich, dass es gar kein Kind ist, sondern ein Erwachsener! Vielleicht mag der ein oder andere über diesen Kleinwüchsigen lächeln oder sogar seine Späße machen. Doch die schlaueren werden sofort bemerken, dass es sich dabei nicht um einen Menschen handelt... Nein! Vielmehr scheint es ein Halbling zu sein. Einer von jenem Volke, dass sich nur selten abseits von Hügelau blicken lässt. Würde man diesen Halbling nun weiter verfolgen, so könnte man ihn dabei beobachten, wie er zielstrebig auf ein Schiff zuhält. 'Ein Halbling auf einem Schiff?' mag man sich fragen. Doch nein, er will es nicht besteigen. Vielmehr scheint er dem Kapitän einen Brief zu übergeben, der diesen für ein wenig Pfeifenkraut in Verwahrung nimmt. Dann wendet sich der Halbling wieder ab. Doch der Kapitän trägt den Brief hinab in seine Kajüte, wo dieser liegen bleibt. Auf dem Brief steht in einer feinen Handschrift eine einzelne Adresse:
Für Sandora Scharfblick,
Wohnhaft in Farnhügel
Dunau (Hügelau), Galadon.
Nun aber schnell weg hier, bevor der Kapitän euch noch bemerkt! Den Inhalt des Briefes wird wohl blos die Empfängerin selbst zu lesen bekommen...
Bradenstein, der 5. Laubmath 1808
Liebe Sandora,
es hat beinahe eine Ewigkeit gedauert, bis ich dir endlich diesen Brief schreiben konnte. Bitte entschuldige das, ich schätze du hast dir schon furchtbare Sorgen gemacht. Aber keine Angst, mir geht es gut.
Seitdem Toby, du und Alec von Siebenwind verschwunden seid hat sich so viel geändert. Trotzdem bin ich natürlich froh euch in Sicherheit auf dem fernen Dunau zu wissen. Aber nun will ich erzählen.
Fridoline und Malia geht es gut. Die Kleine fängt nun mit ihren eineinhalb Jahren langsam das Reden an. Neulich als ich sie besucht habe sagte sie sogar etwas ähnliches wie "Traut" und zerrupfte dabei eines der Krautblätter in ihren Händen. Du kannst dir ja sicher vorstellen, wie ich gelacht habe. Scheinbar kommt sie ganz nach mir.
Sicher wirst du dich wundern, warum ich von "besuchen" geredet habe. Nun, nach all den Jahren hat mich wohl doch wieder meine Abenteuerlust gepackt. Bitte tu mir einen gefallen und erzähl ja nicht meinen Eltern davon. Mein Ohm würde sich blos wieder furchtbar aufregen.
Doch schließlich habe ich mich wieder entschlossen nach dem Harnisch zu suchen. Dem geheimnissvollen Gegenstand, der mich einst nach Siebenwind brachte und der so mein Leben veränderte. Natürlich gab das einen ziemlich lautstarken Streit mit Fridoline, aber letztendlich habe ich mich wohl doch durchgesetzt. Sie wollte jedoch lieber bei den anderen Hobbits in diesem Zelt bleiben.
Ich muss dir ehrlich sagen: Ich verstehe diese Hobbits nicht mehr. Bin ich wirklich schon so alt? Es gibt Hobbits die heiraten erst mit 52! Und dennoch... es ist einfach nicht mehr das Alte. Und alle die ich kannte sind inzwischen tot oder abgereist. Wie ich hörte hat es vor ein paar Monaten sogar den guten Tudor schließlich erwischt.
Eigentlich weiß ich nicht, warum ich noch hier bin und meine Familie dieser gefährlichen Insel aussetze, wo ich doch auch nach Hügelau zurückkehren könnte um dort ein geruhsames Leben zu führen. Doch ich befürchte, dass man mich dort blos wieder ausgrenzen würde... und als Taugenichts und abenteuerlustig beschimpfen würde.
Ich bin alt, Sandora. Ja, ich sehe schon dein Schmunzeln. Vielleicht nicht an Jahren, doch an Erfahrung. Was ich schon erleben durfte und musste... nun ja, du weißt ja. Vielleicht ist es besser, wenn ich die jungen Hüpfer in Ruhe lasse. Nur leider sind sie so schrecklich naiv. Und viele kehren sich von den alten Traditionen ab. Die meisten handeln sogar mit Glentins!
Aber ich gleite ab. Meine Suche hat mich nun jedenfalls nach Brandenstein getragen. Hier lebte ich bis vor kurzem im Hospiz bei Samira. Sie ist immernoch so gutherzig und lieb wie früher. Nur will sie, wie ich hörte, jetzt bald so einen komischen Enting heiraten. Hat irgendwas mit diesen Götterdingsbumsen zu tun. Ich glaube ich habe ihn mal aus der Ferne gesehen... grüne Robe und knallorangene Haare. Komischer Kauz, wenn du mich fragst. Aber na ja, sie wird schon wissen, was sie tut.
Ich für meinen Teil habe nun erst einmal Unterschlupf in einer Schreinerei gefunden. Dort lässt man mich schlafen und Essen bekomme ich auch. Außerdem darf ich etwas von dem Holz behalten, falls ich in den Wald gehe um etwas zu schlagen. Dafür helfe ich beim Schreinern und Schnitzen aus, das einzige was ich jemals in meinem Leben gelernt habe, neben dem Schreiben und Lesen. Vielleicht bin ich ja doch ein Tunichtgut?
Ich vermisse schrecklich deine Krapfen. Alles was man hier bekommt ist so... na ja... es ist eben Essen für Entings.
Ich hoffe es geht euch dreien Gut. Ich hätte gern noch mehr geschrieben, aber die Tinte neigt sich zum Ende.
Webo,
dein Tim.
_________________ Benion - vita et amor - Pater Brown Verschnitt, Häretiker und Lord der Vitamith - Geburtshelfer: 8 mal - Ehejahre-Rekordhalter Querdenker aus Leidenschaft.
|