|
Irgendwann war er plötzlich stehen geblieben. Und irgendwo. Er hatte nicht darauf geachtet. Auch nicht auf die Feuchtigkeit, die seinen Körper durchzog und den stürmischen Regen. Das alles erschien ihm derart unbedeutend, vor der Frage, die in seinem Schädel herumhämmerte: „Warum?“, donnerte es dort wieder und wieder, „warum hast du das zugelassen, bist nicht aufgestanden, sondern einfach nur weggelaufen?“ Er hatte seinen Schritt beschleunigt, in der Hoffnung, dass diese Qual irgendwann die Verfolgung einstellen würde. Aber sie tat es nicht, ganz im Gegenteil: je weiter er davonlief, desto intensiver fühlte er den Vorwurf, die Anklage vor dem Richterstuhl, vor dem es kein Entrinnen mehr gibt – nämlich dem eigenen.
Er, vor allen anderen, hätte das nicht zulassen dürfen; ganz gleich, ob die Sache am Ende noch glimpflich ausgegangen war – das war absolut nebensächlich, geradezu ein lächerlicher Trost! Einige Leute hatten seinen Weg gekreuzt, doch hatte er von ihnen kaum Notiz genommen. Er war vollends mit sich allein, er war sein ärgster Feind und Widersacher. Er spürte, wie langsam alles wieder nach oben kroch, ausnahmslos. Als sei es gestern erst passiert und die Wunden noch frisch und nicht vernarbt. Spätestens als das Mädchen den Raum betreten hatte hätte er handeln müssen – ganz gleich was man diesem vorlauten Burschen auch anlastete. Sie hatten ihm Angst gemacht, und zwar gehörig. Er wusste nur zu gut, welche Wirkung derlei haben kann. Trotzdem war er feige gewesen und hat nicht den Kindern geholfen, sondern nur sich selbst. Er hatte sich blamiert vor den anderen, hatte sich verleugnet und geschwiegen, bis seine Kraft irgendwann verbraucht war. Er bleib kurz stehen – und lief dann weiter, bis ihm irgendwann Dunkelheit und Meeresküste Einhalt geboten. Spätestens dann war ihm klar: eine Flucht vor seiner Vergangenheit unmöglich.
Zuletzt geändert von Nebulon: 29.03.06, 00:45, insgesamt 1-mal geändert.
|