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Nachdem der Anwärter des Ordo Astraeli Raphael Mirell gegangen war, zog sich Salanus in ein kleines Arbeitszimmer des Tempels zurück, um den Brief, welchen ihn der Anwärter nebst einem kleinen, Lederbeutelchen übegeben hatte, zu lesen. Bevor er das Pergament entrollte, entfernte er sorgsam die Siegel, welche den Brief und das Lederbeutelchen zierten, und legte sie in ein kleines hölzernes Kästchen.
Bruder Calmexistus, Bruder Sanduros,
viel Zeit ist vergangen seit jenem Tage, als Ihr geleitetet Bruder Arondar Mallorn auf seinem Wege zu dem Eiland Siebenwind, welcher geschickt wart auf Geheiß des Abtes Zoran Gosh, welcher wiederum so tat im Namen der Bruderschaft, der Brüder des Ringes des Argionemes.
Viel Zeit ist vergangen seit jenem Tage und die Seelen vieler unserer Brüder sind gegangen in das Reich Morsans. Bruder Zoran ist nicht mehr und ebenso Bruder Arondar. Und so war es an Euch, auf jenem Eiland zu dienen dem Allwissenden.
Geliebte Brüder, weit reicht noch immer der Arm des Namenlosen und lässt erbeben das Eiland Siebenwind und ganz Falandrien. Seine Klauen greifen nach den Seelen. Wohl ist die Zahl der Anhänger des Namenlosen, verglichen mit der Schar der Gläubigen, die dem wahren Glauben an die Heilgen Viere folgen, wie ein Kelch fauligen Wassers, den man in den reinen Weltenozean ergießt.
Doch ist an uns, den Brüdern des Ringes des Wissens, die Macht des Namenlosen nicht zu unterschätzen. Und so erkennen wir, dass sich tummeln unter den Dienern des Namenlosen solche von außergewöhnlicher Machtfülle und Einfluss. Denn - mannigfach sind die Verkleidungen der Diener des Namenlosen. Es gibt nicht eine Larve, mit Ausnahme der geweihten Diener der Heilgen Viere, die sie nicht anlegen und trefflich vorzugaukeln vermögen. Es ist der Namenlose Gott, der sie in ihrer Maskerade behütet, seine Präsenz vernebelt die Sinne der Scharfsinnigen und täuscht die Instinkte des einfachen Volkes, die doch oftmals das Böse intuitiv zu erkennen vermögen.
Und solche Larven sind es wohl, die als Fürsten und Vasallen seiner Majestät im Palast zu Draconis zur Seite stehen. In fürstlichem Gewande und mit wohlfeilen Worten huldigen sie seiner Majestät und geben Rat, doch die Seele derer ist verdorben. Und schlimmer noch ist es, dass die Eminenzen des Erzkonziliums gar selbst sich blenden lassen von dem Glanz und der Herschaftlichkeit und der Wohlfeilheit dieser Fürsten und Vasallen und sich verbeugen vor diesen falschen Herrschern und ihnen dienlich sind.
Dieses mag erklären, was geschehen ist und was ich Euch, Bruder Calmexistus, Bruder Sanduros, mitzuteilen habe. Ein Adeliger wurde berufen, als Großinquisitor sich auf das Eiland Siebenwind zu begeben. Es ist dieser Adelige der Prinz Serass von Vandrien, in dessen Adern das Blut fließt jenes unseligen Fürsten Raziell, der einst über Vandrien herrschte und sich abwendete von den Heilgen Vieren und verriet seine Majestät.
Ihr werdet erkennen, Bruder Calmexistus, Bruder Sanduros, welch Gefahren heraufbeschworen werden und dass die Zeit gekommen, dafür Sorge zu tragen, dass beide Schwerter wieder der Heilgen Kirche der Viere dienen müssen im Galadonischen Reiche.
An uns ist es, den unheilvollen Einfluss am Hofe seiner Majestät zu Draconis einzudämmen. Hierfür wird uns dienlich sein, dass der Sekretarius seiner Eminenz Adrianus Herwart von Yngelsburg ein Bruder des Ringes des Argionemes.
Doch unsere Blicke richten sich sorgenvoll zu dem Eiland Siebenwind. Vieles ist es, was auf Euren Schultern lastet. Aus diesem Grunde wurden die zwei Anwärter aus dem Kloster Lyhn Euch geschickt, die Euch diesen Brief übergeben haben. Auch zwei Brüder, Bruder Jeremias und Bruder Valentinus, die schon weilten auf dem Eiland, sind nach Siebenwind entsendet worden, Euch beizustehen. Und die Bruderschaft des Ringes des Argionemes wird auswählen tapfere Templer und alsbald – im Namen Astraels - entsenden zu dem Eiland Siebenwind, auf dass diese tapferen Recken Euch zur Seite stehen.
In jenem kleinen Lederbeutelchen findet Ihr, geliebte Brüder, einen Siegelring, welcher dem Siegelring des Erzprätors des Ordo Astraeli gleicht. Hütet diesen Siegelring gut und bewahrt ihn auf an einem sicheren Ort. Die Zeit mag kommen, wo dieser Siegelring uns von Nutzen sein muss. Ich muss und will Euch dieses nicht weiter in diesem Brief erklären.
Möge Astrael uns schützen und unsere Schritte weise lenken.
Bruder Telophas, Klosterfestung Lyhn
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Furchtbar ist es, zu töten. Aber nicht andere nur, auch uns töten wir, wenn es nottut. Da doch nur mit Gewalt diese tötende Welt zu ändern ist, wie Jeder Lebende weiß.
Zuletzt geändert von Calmexistus: 13.05.06, 21:47, insgesamt 1-mal geändert.
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