Hrasmiren
"Liebe kennst du nicht, nur den Hass der du bist.
Und Leidenschaft verspürst du nur nicht, nur der Schmerz, der dir Lust bereitet.
Du bist nicht, was ich bin."
Nicht unweit von Falkensee in einem lichten Waldstück…
„Dein ganzes Dasein ist dir eine Qual! Dir und deiner erbärmlichen Hure der du dienst!“, das helle lachen der Dämonin durchdrang die eigentliche Stille des Waldes. Friedliche Vögel flohen raschelnd durch das Geäst in die Luft.
Das Wesen machte einen Schritt vor, sein Blick lag spottend auf der Geweihten die in stillen Stoßgebeten vor ihm zurück wich.
„Stehe nicht in meinem Weg!“ Wieder erhob die Dämonin drohend ihre Stimme. Etwas genießendes lag in ihr, es schien ihr zu gefallen die Geweihte zu betrachten.
Amelia starrte das Wesen an. Es hatte die schlanke Figur einer schönen Frau, doch seine Haut war schwarz, dunkel wie die Nacht und trug Federn. Sie sah die Brust des Wesens herab und ein erschrockener Laut entwich ihr, als sie das blutige, helle Gewand erblickte das um seine Hüfte gewickelt war. Menschenhaut.
Ein Schrecken durchfuhr sie und sie wand ihren Blick zurück in das Gesicht der Dämonin welches für einen Moment von den sich hebenden, verkohlten Schwingen verdeckt wurde.
Gütige Herrin, steh uns bei.
Ein Moment der unheilvollen Stille brach herein als Beide schwiegen.
Die Priesterin sammelte sich, sie versuchte Ruhe zu bewahren. Es war nicht zu spät, die Dämonin würde sich nicht hinreißen lassen, sie würde nicht wollen, dass ihre Worte in Vergessenheit gerieten.
„Hrasmiren – wir werden stets zwischen dir und denen stehen die wir beschützen. Du kannst nicht unserer Liebe entgegen wirken.“
Wieder durchfuhr ein helles, unheilvolles Lachen der Dämonin die Stille des Waldes und sie sprach mit genießend verkündender Stimme.
„
Das war die falsche Antwort.“
Krähen stoben kreischend durch die Baumkronen in den Himmel empor und verdunkelten ihn.
Und auch die Sicht der Geweihten verdunkelte sich, als die Krähen über ihr und um sie flatterten. Sie in Dunkelheit hüllten.
Herrin ich bin dein, schließe mich in deine Arme.
Sie spürte das warme Blut in ihrem Mund. Dann war es Dunkel…
*...*
Langsam kam die Geweihte wieder zu Sinnen. Sie spürte feuchten Sand zwischen ihren Fingern und jedes Geräusch, das leise Krächzen von Krähen und säuselnde Worte waren wie aus weiter ferne zu hören. Ein Echo das nach und nach an ihre Ohren hall.
Ihre Augen ließen sich nicht öffnen. Es schmerzte, die Lider zu bewegen, es schmerzte, als sie sich auch nur einen Finger weit regen wollte.
Und sie rang nach Luft.
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Die Luft die sie bekam war unerträglich. Sie stank. Schmeckte bitter.
Ihr ganzer Leib war wie Feuer, es schmerzte jede einzelne Regung. Sie konnte ihre Hände bewegen und strich über ihre Arme und ihren Oberkörper, während sie die leisen Worte nur nebenher vernahm.
„Du erwachst meine Liebe.“
Amelia öffnete erschrocken ihre Augen einen Spalt, zwang sich in diesen Schmerz, als sie die Stimme deutlich nun vernahm. Es war dunkel. Nur das wenige Tageslicht erhellte diesen Ort und seine Bewohner und gab seinen grausamen Anblick frei.
Die Geweihte lag vor der Dämonin, die mit begierlichem, genießenden Blick zu ihr herab sah. Inmitten von entstellten, blutigen Leichen und deren Überresten. Amelia spürte wie Knochen in ihre nackte Haut stießen als sie mühsam vor dem Wesen zurück wich.
Sie fühlte sich so schwach, es schien kaum möglich, auch nur einen Laut von sich zu geben. Und sie gab keinen von sich.
Ihr Blick wanderte suchend umher, sie bemerkte für einen Moment eine Bewegung in den gestapelten Überresten, ein kurzer Moment, in der die Hoffnung durchbrach. Doch es war nur eine der unzähligen Krähen die sich an dem toten Fleisch labten und es durch ihr zupfen in zuckende Bewegung brachte.
„Ich genieße es. Und ich habe den letzten Zyklus mit dir sehr genossen. Wir werden uns bald wieder sehen.“
Amelia sah wieder zu der Dämonin herauf, unfähig zu fliehen sackte sie wieder auf den Boden. Ihr ganzer Körper schrie nach Erlösung. Und erst jetzt bemerkte sie voller Entsetzen, dass sie nackt und über und über mit Blut besudelt war. Die einstmals helle Haut rot an jeder möglichen Stelle. Und eine schreckliche, quälende Ahnung machte sich in ihr breit, als sie ihre Arme um sich schlang. Es brannte auf ihrer Haut, in ihrer Haut, jeder Muskel zerrte vor Schmerz und Tränen rinnen durch das Blutdurchtränkte Gesicht.
Gütige Herrin, was hat sie mit mir getan. Errette mich, meine Göttin.
Die Dämonin lachte. Ein grausames, höhnisches und zufriedenes Lachen. Voller Selbstüberschätzung.
„Ich fürchte fast, du WIRST mir im Weg stehen. Verschwinde nun zu deiner Hure! Lauf!“
Amelia sah ihrer ausgestreckten Klaue nach, dem Tageslicht entgegen das durch eine ferne Öffnung in die Höhle fiel.
Mühsam, gequält kroch sie durch den Blutdurchtränkten, warmen Sand der Höhle. Sie bahnte sich ihren Weg verzweifelt durch die Leichenteile bis sie schließlich in die brennende Sonne trat und die Höhle hinter sich ließ.
Doch hier war es nicht anders.
Es lagen Knochen, vermoderte Leichen überall um sie. Alle möglichen toten Lebewesen, und viele, viele Schwarmspinnen.
Und wieder erklang die Stimme der Dämonin aus der Höhle, als sich kreischend ein dichter Schwarm aus Krähen aus ihr erhob und in den Himmel flog.
„Wir werden uns wieder sehen, und es wird mir wieder eine Freude sein! Los meine Kinder, lasst uns den Schwarm jagen!“
Dann wurde es ruhig … bis auf das unheilvolle Zirpen und Stöhnen und Kreischen aus weiter Ferner, wie auch direkt in ihrer Nähe.
Vitama ich bin dein,
bewahre mich vor dem Bösen.
Errette mich von meinem Leid.
Führe mich zurück in deine Arme.