Zitat:
~ Der goldene Käfig ~
Ihre von Sehnsucht erfüllten Augen blickten durch das Äußerste der großen Bogenfenster im Flur.
Der traurige Blick verfolgte das Treiben auf dem Burghof – es war Markttag.
Immer stärker drückten ihre Finger gegen die Scheibe. Wie gern wäre sie doch dort draußen und würde mit den anderen Mädchen spielen, doch sie wusste, das dies nie möglich sein würde. “Ihr wisst doch, dass Er nicht möchte, dass ihr mit dem einfachen Volke verkehrt“. hörte sie die Ihr nur zu gut vertraute Stimme in ihrem Hinterkopf sagen – aber war sie wirklich etwas besseres? “Armes Kind“ flüsterte eine der Frauen vor dem Kleidungsstand zu der Anderen, ihr Blick schweifte kurz hoch zu dem Mädchen, welches an der Scheibe eines der Burgfenster regelrecht klebte “eingesperrt und wohl behütet wie eine Puppe im Puppenhaus.“ “Ach was, der geht es doch gut.“ krächzte die Andere daraufhin zurück “immerhin überhäuft sie ihr Vater gerade zu mit Geschenken... doch dieses undankbare Kind starrt immer nur aus den Fenstern im Flur der Burg, als würde es der Mensch sein, dem es am Schlechtesten auf der Welt geht“. “Du hast wohl Recht.“ erwiderte die andere nun und richtete den Blick wieder auf die Waren, die vor ihr ausgebreitet auf dem Tresen lagen “Welche Weste nehme ich denn nun?“
“Mädchen, was machst du da?“ erklang plötzlich eine Stimme hinter ihr. Sie zuckte zusammen und wandte sich dann zögerlich um, den Blick vor Scham gesenkt. “Ich habe dir schon tausend Mal gesagt, das du dich nicht nach diesem Lumpenpack sehnen sollst – allein all die Krankheiten die ihre Bälger mit sich herum schleppen. Du hättest dich damals anstecken können....“. Er sprach weiter – doch sie wusste nicht was, denn ihre Gedanken hafteten an diesem einen Wort. “Damals.“
Ja, wie konnte sie diesen Tag jemals vergessen. Es war wohl das schönste Ereignis in ihrem Leben gewesen. Sie hatte sich an diesem Tag im Ignis in einem Berg dreckiger Wäsche versteckt und sich so hinaus fahren lassen. Nachdem sie wartete bis nichts mehr zu hören war, kroch sie aus dem Haufen und begab sich auf den Hof. Oft hatte sie ihn schon betreten, doch nie allein – immer war jemand dabei der sie an der Schulter packte und zurückhielt, wenn sie versuchte sich dem “niederen Volk“, wie es ihr Vater zu nennen pflegte, zu nähern. Doch nun dieses eine Mal war keiner da, der sie hätte zurück halten können. Nach kurzer Suche stieß sie auf ein paar gleichaltrige Mädchen. “Du hast aber ein hübsches Kleid an – willst du mit uns spielen?“ Schnell hatte sie Anschluss gefunden und einen Moment später spielte sie mit den anderen Mädchen Fange.
Die lauter werdende Stimme des Mannes riss sie in die Wirklichkeit zurück.
“Hörst du mir eigentlich zu?“ Sie nickte reflexartig und fügte ebenso instinktiv ein “Ja, Vater“ hinzu. “Gut ... hätte dich damals nicht Sir Kenon gefunden, hättest du dir wahrscheinlich Läuse - oder was dieses Pack sonst noch mit sich herumschleppt – eingefangen und ich hätte dir dein schönes schwarzes Haar abschneiden lassen müssen. Ich habe dir übrigens ein Geschenk von meinem Ausflug nach Khalandra mitgebracht – es liegt oben auf deinem Bett!“ “Hab ... Danke Vater.“ antwortete sie ihm nun unter größter Anstrengung, dann wandte sie sich um und schritt mit hängendem Kopfe in Richtung ihres Zimmers". “Und vergiss nicht – morgen kommt seine Magnifizienz Tarun um das Ausmaß deiner Fähigkeiten festzustellen“. rief er ihr nach, doch ihre einzige Reaktion war ein schwaches Nicken. Würde er großes arkanes Potential feststellen, würde man sie auf die Akademie bringen – weg von hier. “Das ist meine einzige Chance“ schoss es ihr durch den Kopf. Sie schlug das Zeichen Xans vor der Brust und betrat ihr Zimmer, dass reich verzierte, weite Kleid welches sauber zusammengelegt auf ihrer Bettedecke lag, beachtete sie nicht.