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BeitragVerfasst: 4.05.07, 03:17 
Einsiedler
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Ich brauche einen Bären. Oder einen Wolf – ein Wolf wäre mir lieber. Dem kann ich ausweichen, und dennoch einen schmerzhaften Stich in die Leistengegend verpassen. Gut, ich werde wohl hier und da gebissen. Aber was machen schon Zähne? Ein bisschen Blut, vielleicht entzündet, wie war das mit der tollenden Wut?
Ich kann mir die Fratze des Atori gut auf dem Wolfsgesicht vor mir vorstellen. Ich wage es kaum es einzugestehen, doch ich genieße es meine Faust in seinen Bauch zu rammen und das schmerzverzerrte Jaulen zu hören. Eine kleine Stimme in mir flüstert: Achte die ehr’nen Gesetze. Er sollte nicht für das Blut eines anderen sterben. Doch ich brauche sein Fell, genau. Das ist mein Grund. Das ist mein Recht. Mit einem wütenden Ruck breche ich ihm das Genick. Moment. Hab ich das wirklich getan? Ich schaue auf meine Arme – nicht besonders mächtig. Vielleicht macht Wut mich stärker?

Ich sehe auf den Leichnam und trete dagegen: Das hast du davon, Atori, du Mistkerl. Misch dich nicht in mein Leben ein, verdammt! Mir entgleiten einige Flüche, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie kannte. Ich fühle mich, als stände ich neben mir, sähe mir kopfschüttelnd dabei zu und ermahnte mich, endlich zur Besinnung zu kommen. Gleichzeitig bewundere ich meine Wut, fühlt sich gut an, so wild und unberechenbar. Ich will noch mal. Nein, will ich nicht. Eigentlich will ich was anderes.

Ich will es abschalten und weit wegschieben. Ich brauche es nicht, mir geht es schließlich bestens. Ich verdiene meine Dukaten, Schwester Minna könnte so stolz sein. Ich bin gesund, alle Gliedmaßen sind an Ort und Stelle, die Prellungen längst verheilt. Es ist nur das, was es schwierig macht. Und ich hab es gewusst. Hörst du? Ich hab es vorhergesagt (Bin ich eine Hexe?). Ich habe es sogar gepredigt (oder ein Priester?). Aber irgendwie halte ich mich nicht daran. Doch ich halte mich daran. Ich lass es ja nicht zu. Ich versuche es. Ich würde gern. Wirklich. Der Himmel ist noch schwarz, im Wald ist es still. Es ist schön hier, so vertraut. Und ich wünschte mir … nein tue ich nicht. Ich bin zufrieden und äußerst glücklich. Alles andere bringt nur Ärger, denk dran Lani. Schau dich nur an: Wenn es nicht wäre, wärest du nicht angreifbar! Es wäre dir gleich, was ein Atori (Oh die Wolfsfratze grinst immer noch!) daher schwafelt. Es wäre kaum ein Schmunzeln, was Alavia unterstellte. Aber nein, es macht daraus einen kleinen Weltuntergang, schwitzige Hände und nervöse Blicke. Ja, es ist definitiv nicht gut für mich. Und es ist peinlich.

Ich gehe langsam weiter in den dunklen Wald. Hier und da knistert es. In mir brodelt es. Ich bin zerrissen von Wünschen und Ängsten. Ich überlege ernsthaft, ob ich mich hier eingraben kann. Bis zum Kopf in kühle Erde gegraben. Blätter darüber, fertig. Ich bräuchte mir keine Gedanken machen und würde einfach irgendwann aus dem Boden wachsen, Blumen an meinen Armen sprießen lassen und eines Tages von einem Wanderer zertreten werden. Ich teilte das Schicksal vieler – und doch. Ich stehe auf einer Wiese inmitten des Waldes, sehe fast (Warum eigentlich immer nur fast?) sehnsüchtig gen Falkensee und verfluche gleichzeitig an anderer Stelle diesen Wolf für seine ekelhafte Menschenkenntnis. Kann ich es nicht einfach ändern? Es ging doch auch ohne ganz gut.

Langsam erreichen die ersten Sonnenstrahlen den Horizont. Ich sollte zurück nach Falkensee, mahnt mein zweites Ich – es läuft mir seit dem Wolf hinterher, wie penetrant! Im Südwesten sehe ich ein Stück der Mauer. Da ist es wieder, es hüpft kurz bei einem gewissen Gedanken. Ich murre und schaue zu meinem zweiten Ich, dass nur gelassen die Schulter zuckt. Vielleicht kann ich es durch Wut ersetzen? Wäre das eine Möglichkeit? Ich weiß es nicht, aber mit einem kurzen Hüpfer zwingt es mich zurück zur Stadt.

Werd ich es wohl je wieder los, frage ich mein zweites Ich.
Ich glaube nicht, antwortet es, man kann das Herz nicht einfach abstellen.


Zuletzt geändert von Ilana Mondah: 4.05.07, 03:19, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 11.05.07, 02:58 
Einsiedler
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Ich sehe ein letztes Mal zurück zu der charaktervollen Hütte. Wieso bei all den Göttern taucht in solchen Momenten immer dieser Mistkerl Atori auf? Ist es ein Fluch? Als hätte ich nicht genug mit mir zu tun, nein, da muss er auch noch halb sterbend aus dem Grab klettern und mir vor die Füße fallen. Was hätte ich anderes machen sollen? Ihn einfach liegen lassen, das hätte Vitama mir übel genommen. Also tue ich meine Pflicht. Nun liegt er auf seiner Pritsche und schläft – hoffentlich träumt er schlecht.

Meine müden Füße tragen mich durch Falkensee, sie steuern den Markt an, wie immer. Ich verfluche sie für diesen Weg. Ich weiß, warum sie mich unbewusst immer wieder dort hin schleifen. Aber sie werden es dort nicht finden. Nicht in dieser Nacht. Ich zwinge sie den Weg zu ändern und laufe auf das Westtor zu. Ich atme tief durch, es funktioniert.

Es wird nicht helfen, flüstert eine gelassene, fast sarkastische Stimme in mir. Ich murre und beschleunige meinen Schritt. Es muss funktionieren. Hier geht es nicht darum, wer von uns Recht hat. Hier geht es ums Überleben, um das Überleben von diesem verfluchten Es. Denn es rennt offensichtlich in höchste Gefahr. Es liegt an uns, es aufzuhalten.

Ich lasse Falkensee hinter mir und wieder einmal erstreckt sich ein schwarzer Himmel über den Wäldern. Wo gehe ich hin? Ich weiß es nicht, ich lasse mich tragen. Ich wünsche mir eine Pause. Möchte frei atmen. Möchte nicht mehr dran denken, wie dumm es war. Es lag sicher am Tag, überall Rosen, überall diese schwere leichte Luft, überall Romantik und dieser ganze vermaledeite Mist. Genau, das war’s. Das erklärt auch das Gefühl im Bauch. Diese Wärme, im Nachhinein war sie wirklich unangenehm. Die Hände werden schwitzig, als leide man an einer seltsamen Krankheit. Ja, so ist es, es ist eine Krankheit und sie muss dringend kuriert werden.

Deshalb tragen die Füße mich fort. Ich weiß, was du vorhast, sagt die Stimme. Mittlerweile spüre ich, dass ich neben mir laufe. Ich wusste nicht, dass mein zweites Ich so zynisch ist. Ich überhöre es und gehe weiter. Glaubst du ernsthaft, du schaffst es auch nur wenige Stunden? Es schmunzelt doch tatsächlich. Unverschämt!

Äste knacken unter den Füßen und kälterer Wind kommt auf. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich es überlisten kann. Denn es bringt nur Ärger. Ich habe einen Freu.. Bekann… unwichtigen Menschen verloren – niemand weint der Freundschaft mit einem solchen Idioten nach! Und ich bin einem Anderen zu nahe gekommen, viel zu nahe – Das war dämlich, bemerkt mein zweites Ich. Notgedrungen muss ich nicken. Ja, es war verdammt dämlich.

Seltsam, ich stocke. Warum führen mich meine Füße ausgerechnet hier hin. Die alte Höhle ist noch immer unverlassen, doch die Erinnerung hallen stumm von einer Wand zur anderen. Es wird reichen für diese Nacht. Ich schlafe die Gedanken einfach weg – dann ist es nur noch eine einfache Höhle, es hört auf den Ton anzugeben, er bleibt einfach, wer er ist und sogar Atori könnte man die Hand reichen. Schließlich hätte er sich dann geirrt und ich, wir - zweites Ich schmunzelt - hätten Recht gehabt. Du kannst gar nicht sagen, dass es nichts wird – entgegne ich ihm – denn wir haben es bisher gar nicht ausprobiert. Wir haben einen ganzen Tag, bevor wir wieder in die Stadt müssen. Das dürfte nicht so schwer werden.

Im Hintergrund erhebt sich die Sonne, während ich in der Höhle Schutz suche. Es versuche ich draußen zu lassen. Es hat nun zu schweigen, hier geht es um mich allein. Und ich kann mich nicht einfach verlieren und solche… Peinlichkeiten verkraften. Ich will nicht wie alle anderen daran zergehen und leiden. Nicht ich, nein. Ich sperre es aus, setze mich mir gegenüber, schaue mich an und bereite mich auf eine lange Diskussion vor. Ich weiß genau, niemand ist so streng mit mir, wie ich…


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BeitragVerfasst: 11.05.07, 03:24 
Einsiedler
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Lani, setz dich hin, nimm dir’n Keks.

Ich strafe mein zweites Ich mit einem vorwurfsvollen Blick – doch es grinst nur hämisch zurück. Ich beschließe in Zukunft keine Kekse mehr zu essen. Vor allem nicht in diesem Haus - und nicht mit ihm. Kekse sind meine Feinde. So. Das wäre beschlossen.

Was haben wir vor? Wie soll es weiter gehen?

Wie schon? Ich lasse es einfach sein. Du hast doch gesehen, die schwitzigen Hände waren fehl am Platz.

Gut, da wäre nur ein Problem.

Welches denn, hrm?

Lass das „hrm“ sein! Gewöhn es dir lieber schnell ab.

Hrm.

Jetzt straft es mich mit mahnendem Blick – Ich murre.

Welches Problem gibt es?

Es funktioniert nicht. Selbst jetzt denkst du an ihn.

Das stimmt doch gar nicht!

Lani, ich bin du. Versuch es erst gar nicht.

Hrm. Nein nicht hrm, schon gut.

Mein zweites Ich nickt und sieht mich skeptisch an.

Ich gebe dir eine Wahl, Lani.

Hrm?

Autsch. Es kann mich gar nicht schlagen. Und doch spüre ich einen
Imaginären Tritt in den Allerwertesten.

Entweder stehst du zu deinen Gefühlen, stellst dich vor ihn und
Sprichst es aus, oder…


Das geht nicht!

Warum nicht?

Weil ich dann mit gebrochenem Herzen wie ein durchnässter Trottel am Markt sitze und in Selbstmitleid zerfliesse. Das mache ich nicht!

Oder du meidest Falkensee. Sag ihm ab. Dieser Ball ist sowieso nichts für dich. Mal im Ernst – kannst du dir wirklich vorstellen, dort im Kleid herum zu tänzeln? Das ist doch lächerlich…

Ich soll die ganze Stadt meiden?

Warum nicht? Es ist nur Stein mit vielen Menschen drin. Kaum mehr wert als ein Sandkorn am Strand. Du brauchst die Stadt doch gar nicht.

Aber dann…

Ja genau, Lani, das ist der Sinn der Sache. Du siehst ihn einfach nicht mehr. Oder glaubst du, du kannst einfach wieder umschalten?

Vielleicht?

Vielleicht geht morgen die Welt unter. Vielleicht ist ein dummes Wort.

Ich weiß…

Also wie entscheidest du dich?

Gar nicht. Ich sehe gar nicht ein, wieso ich mich vor dir rechtfertigen muss! Außerdem gibt es noch eine Möglichkeit.

Ach?

Mein zweites Ich schaut äußerst skeptisch, zieht die Braue bis zum Anschlag hoch und bohrt seinen Blick durch mich.

Schau mich nicht so an, denn ja, natürlich gibt es die. Wir gehen zurück, wir gehen auf diesen Ball, wir kämpfen – obwohl wir innerlich vielleicht zerreißen. Wir lassen uns davon nicht unterkriegen, sondern ertragen das dumme Gefühl einfach.

Gleich entfährt ihm ein Hrm. Ich grinse. Aber es kann sich grade noch beherrschen.

Ich bin unschlüssig…

Du sagst doch, ich soll mich nicht von Gefühlen umher stoßen lassen. Bitte, dann stehen wir eben aufrecht und ertragen es. Vielleicht – ja, ich weiß, dummes Wort, aber vielleicht hört es dann irgendwann auf. Oder er sieht, wie dumm er ist, wenn er es nicht annimmt.

Ich weiß nicht. Ich tendiere dennoch zur Enthaltsamkeit…

Die Sonne geht irgendwo wieder unter. Wir beschließen zu schlafen. Ich glaube, es hat heimlich mitgehört. Aber das soll mich nicht kümmern. Wenn wir zusammenhalten, werden wir es schon bändigen…


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BeitragVerfasst: 21.05.07, 02:15 
Einsiedler
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Wir haben einen Pakt geschlossen – mein zweites Ich und, genau, Ich. Während ich im Schlafsaal auf einem der vielen Betten liege und dem Schnarchen verschiedenster Kreaturen lausche, ziehe ich mein Resümee. Mein Blick wandert über die Zimmerdecke, auf der sich Bilder der jüngsten Vergangenheit zeigen: Wunderschöne Orte, unschuldige Momente, ein lachendes Gesicht und ein Funken Unsicherheit in seinem Blick.
Mein zweites Ich – ich fürchte es ist mein Verstand – schweigt, obwohl die Bilder genug Anlass zum Zynismus geben. Ich schätze, wir nehmen unseren Pakt ernst. Wir schlossen ihn nach dem Abend im Badehaus. Es war einer jener unschuldigen Momente, die auf der Zimmerdecke abgespielt werden.

Zwei Menschen sitzen im Wasser, sie wäscht ihm das Haar, fährt mit den Fingerspitzen massierend über die Kopfhaut und entfernt den groben Schmutz, der seit einigen Wochen darauf liegt. Es ist nichts Besonderes – und doch ist es vertraut und herzlich. Es ist völlig gleich, ob die Haut dreckverkrustet ist, ob Badeöl eine nie erahnte Neuheit zu sein scheint. Der nackte, von Narben übersäte Oberkörper stellt keine Gefahr dar – nein, er ist schön, so wie er ist. Es fühlt sich wohl und das zweite Ich schaut nachdenklich zu.

Danach wird ein Pakt geschlossen, ohne den es nicht weiter gehen würde. Es wird einen Tag geben, der alles entscheidet. Einen schönen Tag, einen Tag der Freude, der zum Tag des Mutes wird. Dann oder nie. So lautet der Pakt. Es wirkt zufrieden, das zweite Ich nickt zustimmend und verstummt dann.
Wir drei wissen nicht, was passiert, wenn uns die Entscheidung nicht gefällt. Wir kennen den Schmerz nicht, der uns erwartet – wir können ihn nur erahnen. Doch fast schlimmer ist, dass wir auch die andere Seite nicht kennen. Es bleibt völlig ungewiss und doch wird die Entscheidung unaufschiebbar. Sie wird Klarheit bringen. Sie wird Freundschaften retten. Sie wird Wunden zufügen und andere heilen. Sie wird verändern.

Wir drei sind uns einig, dass sie der einzig wahre Weg ist.


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BeitragVerfasst: 31.05.07, 01:55 
Einsiedler
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Regen fällt, als habe sich das Meer erhoben um die Welt erneut zu umspülen. Die Füße stapfen unentschlossen schnell und langsam, forschend und zögernd, weich und hart über den matschigen Boden. Langsam erheben sich die Burgtürme Brandensteins am Horizont, ein wässriger Nebelschleier umlagert sie verheißungsvoll. Einen Moment lang verharre ich, taste nach dem viel zu schönen Kleid in meiner Tasche. Ich habe es oft anprobiert, mich oft darin betrachtet und doch nur diesen Abend darin gesehen. Nun steht er bevor und ich teile mich erneut in drei. Mein zweites Ich sieht ebenso angespannt zu den hohen Türmen, mein Herz scheint stillzustehen. Wir drei sind uns völlig einig: Wir haben Angst. Gut, mein zynisches Ich verbirgt es hinter diversen „Ich hab’s dir doch gesagt“ – Sprüchen. Doch auch dieser Teil in mir fürchtet sich bis ins Mark. Die Furcht vereint uns wieder und ich gehe langsamen Schrittes durch den ersten Torbogen. Nach wenigen Schritten erreiche ich die Tür, zögere, werde vom zweiten Ich gestoßen und trete dann ein. Niemand ist da. Ich atme erleichtert aus und lege Pfeil und Bogen nieder. Bier. Ich brauche Bier, zapfe mir einen Krug voll und leere ihn erstmal in einem Zug. Und ich warte.

Mit jeder Minute wird es schlimmer.

Er versetzt dich…

Ich hole tief Luft. Der Regen prasselt noch immer unaufhörlich an die Fenster. Meine Finger wandern nervös auf der Tischplatte hin und her. Ich merke das Bier in meinen Adern und schaue abschätzig zum Fass. Mit Glück könnte ich mich betrinken – ich wäre unfähig überhaupt zu irgendwelchen Bällen zu gehen, vermutlich würde ich sogar alles vergessen.

Ich fürchte, du machst dich zum Deppen.

Ich nicke und lasse den Krug stehen. Langsam wandert mein Blick durch den Raum. Er birgt so viele kleinere Erinnerungen, so unbedeutend, und doch so tiefsitzend. Ich müsste mich von allen verabschieden. Es würde sich viel zu viel ändern. Ich kann nicht zum Ball.

Hab ein bisschen Vertrauen!

Hrm, entfährt es mir (der obligatorische mahnende Blick folgt sofort, wenn auch abgeschwächt). Vielleicht brauche ich frische Luft. Ich erhebe mich von den Kissen und gehe hinaus in den Vorgarten, setze mich hin und stehe wieder auf, eile zurück, zapfe ein frisches Bier und stürme wieder heraus. Ich kann nicht sitzen, nicht stehen, nicht fliehen, nicht bleiben. Wo bei allen Göttern bleibt er?

Er versetzt…

Ich höre Hufschläge, sehe das Pferd, sehe ihn. Es hüpft kurz auf, mein Verstand murrt. Er hat mich nicht versetzt! Und verdammt… nun wird es unausweichlich…


Zuletzt geändert von Ilana Mondah: 31.05.07, 02:30, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: 31.05.07, 01:56 
Einsiedler
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Die Sonne geht auf. Ihre ersten Strahlen kitzeln das Haus und ich stehe wie gebannt davor. Mein Herz schlägt noch immer heftig, mein Blick haftet an der Tür. Die Erinnerungen kleben wie süßer Honig auf meinem Herzen, umschlingen es verspielt und erheben es bis zum Himmel.

Ein Schauer fährt über meinen Rücken, als ich an seinen Arm denke, der liebevoll auf meiner Schulter lag, an seine Hand, die ich vorsichtig berühre, als könnten mich tausend Blitze dabei treffen. Doch sie verfehlten. Stattdessen fühlte es sich vertraut an. Es springt kurz auf. Ich könnte sterben, allein bei der Erinnerung.

Ich glaube es gar nicht, ich habe ihn geküsst – und lebe noch. Mein zweites Ich schmunzelt dezent. Es verabschiedet sich für diese Nacht. Hier ist kein Platz mehr für den Verstand. Hier ist nur Platz für es, welches sich endlich wieder im Reinen mit mir befindet.

Ich lebe – ich strahle. Ich sitze nicht heulend in Falkensee – der Weg wäre zudem viel zu weit. Stattdessen starre ich verträumt auf diese Tür und bade in der Erinnerung an meinen ersten Kuss. An raue und doch sanfte Lippen, an den leichten Druck, mit dem er mich an sich drückt, an die Augen, die mich mit solcher Erleichterung anblicken.

Ich kann nicht gehen. Beim besten Willen, ich will nicht fort. Ich möchte nur zu ihm. Also atme ich tief durch und gehe langsam auf die Tür zu. Meine Schritte wirken leichter als ich es erwartet hätte. Ich öffne die Tür, und auch die zweite.

Als ich ihn mit seligem Blick schlafen sehe, hüpft es wieder auf. Ich mustere ihn verträumt – und doch träume ich nicht. Ich sehe ihn wahrlich vor mir und ich höre seine Worte, höre wie wichtig ich für ihn bin. Vorsichtig nähere ich mich dem Bett, beuge mich zu ihm und streiche eine Strähne aus seinem Gesicht. Ich trage noch immer mein Kleid, bin gehüllt in meinen feinen Umhang. Das Bett knartzt kurz, als ich mich auf die Bettkante lege. Und als ich liege, mustere ich ihn. Mein Blick ruht auf ihm und nur ihm und verharrt dort, bis das Angesicht, dass ich voller Liebe betrachte zum Traumbild meiner schwindenden Sinne wird – und Schlaf mich umfängt.


Zuletzt geändert von Ilana Mondah: 31.05.07, 02:32, insgesamt 1-mal geändert.

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