Viele Tage sind sie durch die unwirtlichen Weiten Endophals geritten. Isaah hatte nun langsam eine Ahnung davon, was sie mit ihm vorhatten. Es war Nacht und die Sterne funkelten klar am Himmel. Nicht eine einzige Wolke schien sich an ihm zu verirren. Lange schaute er zu den Sternen auf, mal zählte er sie oder versuchte es zumindest und ein andermal verfluchte er sie, weil sie alles so unerträglich hell machten, wenn er versuchte zu schlafen. Sowieso kam er die vergangenen Tage selten dazu, sich dem Schlaf hinzugeben. Zu früh weckten sie ihn oder ritten die Nächte durch. Sicher, es war angenehm, schließlich war es nachts über nicht so unerträglich heiß. Als sie am Abend des elften Querlar über eine weitere hohe Sanddüne ritten konnte er in der Ferne Lichter ausmachen. Man sprach nicht mit ihm, es sei denn, man drohte ihm Prügel an oder befahl im das Pferd zu satteln. Zudem hatte er Probleme, seine Bewacher zu verstehen, da sie alle aus Endophal zu kommen schienen. Doch je länger er mit ihnen durch die Wüste zog, umso mehr Wörter verstand er. Eben meinte er zu hören, wie einer von ihnen "Stadt" und "Raddaburra" erwähnte. Nun ging es ihm wieder durch den Kopf, wie sie weiter mit ihm verfahren würden. Verkaufen wollten sie ihn. Töten durften sie ihn nicht, das wusste er. Er stand unter ihrem Schutz, doch wenn sie ihn auf dem Sklavenmarkt verkaufen würden und er in den Händen eines anderen sterben würde. Er vermochte diesen Gedanken nicht zu Ende zu denken. Noch immer kamen ihm Gedanken der Flucht, doch als sich ihm mal eine wenn auch geringe Möglichkeit bot, ließ er sie verstreichen. Jeden Abend, bei Sonnenuntergang, suchte er den Horizont im Norden,auf der Suche nach dem weißen Wolfswelpen, den er vor einigen Tagen erblickte. Doch Filias, wie er ihn einst nannte, tauchte nicht wieder auf. Er war zugleich glücklich, dass der Welpe zurückkehrte wo er hingehörte aber auch traurig, dass ihm der letzte gebliebene Freund den Rücken kehrte. Wieder einmal breitete er das inzwischen stark abgenutzte Fell unter den scharfen Blicken seiner Bewacher auf. Er legte sich dann nieder und schloss die Augen. Doch der Schlaf wollte ihn für heute nicht erlösen. Quälend waren die in die Zukunft gerichteten Gedanken und Vorahnungen. Und so schlief er auch diese Nacht nicht ein. Nachdem er nun seit einigen Tagen nicht geschlafen hatte, konnte man ihm seine Erschöpfung leicht ansehen. Immer wieder neigte er sich zur Seite, während sie ritten. Am nächsten Tag würden sie die Stadt erreichten. Sie machten eine letzte Rast und der Medicus, der einst seine Wunden behandelte, die erstaunlich gut verheilten wobei eine Narbe an der Schulter zurückblieb, kam zu ihm. Er fragte ihn in gebrochener Gemeinsprache, wie Isaah sich fühle. Isaah war zu dem Zeitpunkt so gut wie alles egal, er wollte sich nur ausruhen und eine Nacht schlafen. Der Medicus gab ihm darufhin einen Tee, aus Nachtschatten gebraut, woraufhin Isaah seit langem wieder in einen langen, tiefen und erholsamen Schlaf fiel.
Als Isaah am nächsten Morgen die Augen öffnete war sein Mund trocken. Er spürte einen unangenehmen Druck um seine Handgelenke und die Sonne brannte auf sein Haupt. Überall war Lärm, Menschen, in sonderbare Gewänder gekleidet und mit Tüchern um den Kopf gingen auf dem großen Markt umher. Die einen geschäftig ruhig, die anderen rastlos und hektisch. Sie hatten ihn während er schlief in die Stadt gebracht und in einen Holzkäfig gesperrt. Neben ihm saßen noch andere, darunter ein Mann mit einem dicken Bauch und einem Schnauzer. So wie dieser ständig schmatzte war er wohl Koch, bevor man ihn zum Sklaven machte. In einer der Ecken saß auch ein junges Mädchen, vielleicht siebzehn Jahre jung. Ihre Haare waren staubig und total zerzaust, welche Farbe sie hatten, war nicht mehr zu erkennen. Ihr Gesicht war dreckig und ihre Kleidung, so wie die vieler anderer zerrissen und von Blutflecken übersäht. Isaah wandte den Blick von ihr ab. So klein schien sein eigenes Schicksal jetzt, wo er andere Menschen sieht, die das gleiche Schicksal teilen wie er. Er schaute durch die Holzstäbe nach draußen und sein Blick untersuchte die Umgebung. Entweder wussten die Männer ihre Waffen zu verbergen oder sie waren wirklich alle unbewaffnet. Das würde seine Fluchtmöglichkeiten erhöhen. Dann untersuchte er die Häuser. Viele waren aus Lehm oder einfachen Steinen mit Holzstreben auf dem Dach über die dann Stroh oder Palmenblätter gelegt wurden. Sein Blick fiel dann auf die Stadtmauer, die in einiger Entfernung zu erkennen war. Auf ihr gingen mehrere, schwer bewaffnete Wachen umher, mit Bögen die unnatürlich schwarz aussahen und komischen, gekrümmten Schwertern. Er überlegte lange, wie er es anstellen könnte zu fliehen. Doch je länger er darüber nachdachte, umso unsinniger erschien es ihm. Die Dächer der Häuser waren wohl zu schwach um ihn zu tragen, die Stadtmauer unbezwingbar und wo die Stadttore waren wusste er auch nicht. Ganz zu schweigen von den Bewaffneten und den vermeintlich Unbewaffneten. Das alles waren unbekannte Faktoren, die jeglich Rechnung zunichte machen würden. Und so setzte er sich wieder hin, den Blick gen Boden gerichtet und wartete darauf endlich fortgebracht zu werden.
In der Mittagshitze begann die Auktion. Zu viert staden sie jeweils da oben und wurden mit Schlägen und Stockhieben malträtiert. "Belastungstest", meinte ein junger, kräftiger Mann, der in Isaahs Gruppe war. "Die Hitze, die SChläge. Alles nur um zu sehen wieviel sie wert sind." Auch der dicke Koch und das Mädchen waren dabei. Sie waren die nächsten. Isaah ging als erster in der Gruppe nach oben, gefolgt von dem Koch, dem Mädchen und schließlich dem Jüngling. Mehrere Male musste Isaah die Stock und Peitschenhiebe über sich ergehen lassen. Das trieb den Preis nach oben. Und je länger es dauerte, umso mehr Hiebe bekam er. Nach quälenden zwei Stunden war es dann vorüber. Alle Vier wurden an einen Mann verkauft, der aus allen anderen herausstach. Er lief gebückt, mit einem Stock in der Hand. Er hatte lange, graue Haare und sein Gesicht war faltig vom Alter. Isaah hasste sich innerlich dafür, dass er denen, die ihn gefangen nahmen noch eine Menge Gold einbrachte. Doch so konnte er sich sicher sein, dass er länger überleben würde. Niemand verheizt einen Sklaven, für den er einen Haufen Geld abgedrückt hat. Und so ging Isaah mit erhobenem Haupt von der Bühne, auf der sie angepriesen wurden. Der alte Kauz kam zu ihnen und begutachtete sie aus der Nähe. Isaah war überrascht, dass dieser Mann solides und akzentfreies Galadonisch sprach.
"Gute Sklaven. Kräftig. Und die Frau. Hübsch. Wird meinem Herren gefallen. Ich hoffe ihr seid das ganze Geld wert. Sonst blüht euch schlimmes Übel." Obgleich seines hässlichen Aussehens war der Mann doch freundlich zu ihnen. Er gab ihnen Wasser und Obst, dazu Brot und auch Fleisch und Käse. Isaah konnte fast nichts essen, so sehr war er von der Freundlichkeit des Mannes angetan. Eine Stunde später dann brachen sie auf. Sie waren wieder in dem Holzkäfig, doch dieser befand sich jetzt auf einem Wagen, der von zwei Pferden gezogen wurde. Das Mädchen, das während der gesamten Auktion nicht angerührt wurde, kroch zu Isaah und dem Jüngling rüber um deren Wunden zu versorgen. Ihre Körper waren mit etlichen blutigen Striemen und blauen Flecken übersäht. Sie stellte sich als Erya Rotsilber vor und besaß geschickte Hände. Isaah und der Junge, der sich als Gerand vorstellte, schienen kaum Schmerzen zu verspüren, als sie ihre Wunden auswusch. Der nette Kauz saß vorn und hielt die Zügel der beiden Pferde. Vor und hinter ihnen ritten jeweils zwei Mann mit langen, schwarzen Haaren, die zu komplizierten Zöpfen geflochten waren. Während sie durch die Steppe fuhren erzählte er ihnen etwas über ihr Ziel. Sie waren auf dem Weg zu einer Reiterstadt. Es waren Halbnomaden, die Männer waren die meiste Zeit jagen, während die Frauen daheim blieben und die spärrlichen Felder bestellten. Nach dem Winter zogen sie dann weiter, wobei sie alles mitnahmen. Nur selten wurde jemand ausgeschickt, um Sklaven in den Städten zu erstehen.
"Euch wird es an nichts fehlen, solange ihr keine Dummheiten macht. Hart arbeiten müsst ihr, führwahr. Doch mein Herr ist so gütig, wie er streng sein kann."
erklärte er ihnen. Isaah hörte nicht hin. Er konzentrierte sich auf seine Schmerzen und schaute nur teilnamslos auf den Fluss der immer kleiner wurde, je weiter sie fuhren.
Nach acht Tagen hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Reiterstadt war ein Meer aus Zelten. Kreisrund bauten sie sich um ein einziges, riesiges Zelt auf, welches dem Herrscher dieser Stadt gehörte. Die Zeltplanen trugen alle möglichen Farben, doch immer fand man noch einen gewissen Braunton dabei. Sie hielten vor dem großen Zelt in der Mitte und man öffnete die Tür des Holzkäfigs. Man sprach nicht zu ihnen sondern zerrte sie nur aus dem Wagen und stellte sie auf. Man drückte ihnen die Köpfe nach unten, sodass sie den Herren, sollte er heraustreten, nicht ins Gesicht sehen konnten. Dieser trat kurz darauf vor das
Zelt und wechselte mit dem alten Mann ein paar Worte, ehe er wieder in das Zelt ging. Der Alte kam dann zu ihnen und führte sie zu ihrer Unterkunft. Es war ein relativ großes Zelt neben dem des Anführers. Ihre Betten bestanden aus einem Fell unter dem etwas Stroh lag. Es gab keine Trennung zwischen Männern und Frauen, insgesamt waren sie wohl an die fünfzig. Der alte Mann kam dann noch zu jeden von ihnen und teilte ihnen ihre Tätigkeiten zu. Der Dicke mit dem Schnauzer sollte der neue Koch werden und das Mädchen sollte den Anführer bedienen. Was das genau zu bedeuten hatte, wollte Isaah nicht ausmalen. Zu Isaah und Gerand sagte er, dass sie überall eingesetzt würden, wo man sie brauchen würde. Ohne ein weiteres Wort verschwand der Alte dann und auch die anderen legten sich wortlos auf ihre Schlafstätten, wo sie nach kurzer Zeit dann einschliefen.
_________________ Mit Fährtensuche aufgedeckte E-Team-Schergen: IV
Zuletzt geändert von Isaah Ewyngard: 15.08.07, 19:34, insgesamt 1-mal geändert.
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