"Was bist du für ein Wesen, das solch strahlende Schönheit ihr eigen nennt, das solch Herrlichkeit und Wunder ausstrahlt?" sprach der Wanderer, als er das Wesen über dem Wege fliegen sah.
"Eine Fee bin ich!" antwortete das Wesen, und der Wanderer war verzückt von ihrer lieblichen Stimme.
"Warum, Fee, bist du mit all deiner Schönheit und Herrlichkeit allein hier auf finsterem Weg?" fragte der Wanderer.
"Die Menschen schlafen", sagte die Fee, "und mir ist nicht danach, es ihnen gleich zu tun."
"Welch eine Ehre es für mich ist, eine Gemeinsamkeit mit einem Wesen zu haben, das so wundervoll ist, wie du bist" erwiderte der Wanderer.
"Gehen wir gemeinsam ein Stück des Weges!" schlug die Fee vor, und der Wanderer konnte sein Glück kaum begreifen.
Und so begab es sich, das sie gemeinsam auf Wanderschaft gingen, Nacht für Nacht, wenn alle Menschen schliefen umher zogen, und gemeinsam die Schönheit der Welt betrachteten.
Doch eines Nachts sagte die Fee zum Wanderer: "Wanderer, es zieht mein Herz zurück in die Heimat, doch ich will dich nicht missen. Begleite mich doch!"
Der Wanderer überlegte einen Moment und sprach: "Ich will dich begleiten, Fee, nicht, weil mein Herz sich nach einer Heimat sehnt, sondern weil es zerbrechen würde, wenn es dich nicht mehr in seine Nähe wüsste."
Gemeinsam gingen sie all den weiten Weg in die Heimat der Fee. Dem Wanderers jedoch wurde mit jedem Schritt den sie in diese Richtung taten klarer, das diese Heimat die ist, die einst seine eigene war. Er schwieg darüber, sagte nichts zu der Fee.
Eines Tages, als die Sonne sich gerade über den Horizont erhob, als die beiden gerade ihr Schlaflager errichten wollten, da konnten sie auch ein prachtvolles Schloss am Horizont erkennen, und die Fee sagte aufgeregt: "Sieh, Wanderer, sieh dieses Schloss, es das Schloss des Mannes, der mit Lohn und Brot gibt."
Der Wanderer aber wurde still, denn er erkannte, auf welchem Boden dieses Schloss gebaut wurde, er erkannte, wer es erbaut hatte.
Es war erbaut auf den Schlachtfeldern seiner Vergangenheit, den Schlachtfeldern, die er hinter sich ließ, als er seine Wanderschaft antrat, die er glaubte niemals wieder zu sehen. Es wurde von dem Mann erbaut, gegen den er einst die Schlachten auf diesen Feldern geschlagen hatte, von seinem größten Feind, dem einzigen, in dem er einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte, mit dem er immer wieder seine Kräfte gemessen hatte, und mit dem es doch niemals zu einer Entscheidung gekommen war.
Vieles war damals zusammen gekommen, das ihn bewegt hatte die Waffen nieder zu legen, diesen Ort zu verlassen, und er dachte einst, das er niemals zurückkehren würde, doch nun stand er wieder dort.
"Ist das Schloss nicht wundervoll?" riss die Fee ihn aus seinen Gedanken.
"Ja, das ist es." antwortete der Wanderer leise, er brachte es nicht über sein Herz, die Freude der Fee zu verdunkeln, indem er seine Gedanken zu Worten formt.
"Wir sollten den Fürsten fragen, ob an seinem Hofe noch Arbeit für dich ist!" rief die Fee aufgeregt.
"Ja, das sollten wir tun" sagte der Wanderer, noch immer unfähig, dem wundervollen Geschöpf bei ihm die Freude zu trüben.
Und schon bald standen sie in dem Schloss und dem prächtigem Fürsten gegenüber, und nur der Wanderer wusste, was sich unter seiner schillernden Fasse wirklich verbarg. Auch der Fürst erkannte seinen alten Feind und beide wurden erfüllt von den Erinnerungen an alte Tage, von den Erinnerungen daran, wie sie in sich würdige Gegner gefunden hatten, wie sie einst kämpften, und einander trotz des Zwistes zwischen ihnen nicht missen mochten, weil es sonst niemanden gab, der in der Lage war, sich einem der beiden gegenüber zu stellen - von den Erinnerungen an alte Tage, als der Wanderer selbst noch ein Fürst in diesem Land war.
Und wie es bei alten Feinden sooft so ist, so wussten sie, was der andere denkt, und beide sahen zur Fee und ließen sich nichts von dem, was einst war, anmerken.
Der Fürst nahm seinen Feind in seinen Dienst, niemand wusste warum er es tat. Vielleicht, weil er hoffte, die Macht des Wanderers auf seiner Seite zu haben, vielleicht, weil ihm die Herausforderung fehlte, die es ohne einen würdigen Gegner nicht gab.
Und doch war er sich der Gefahr, die vom Wanderer für ihn ausging, bewusst. Eines Tages, als der Wanderer nicht zugegen war, da rief er die Fee zu sich und sprach zu ihr: "Sei dir vor dem Wanderer gewahr, er spielt falsche Spiele, spricht mit falscher Zunge. Viele sind vor ihm schon gefallen, und du, mein Kind, wirst die nächste sein, wenn du nicht Aufmerksam bist, du bist es, die er als nächstes Opfer auserkoren hat", und die Fee schenkte seinen Worten glauben.
Der Wanderer aber wusste nichts davon, und auch wenn er in den Tagen, die längst vergangen waren, tatsächlich unzählige nieder streckte, zu Waffen gegriffen hatte, die viele fürchteten, so hatte er doch Schwert und Schild nieder gelegt. Die Fee selbst war es, die das letzte Band zwischen ihm und seinem alten Weg des Krieges zerschnitten hatte hatte, die ihm neue Wege aufgezeigt hatte, und er wünschte sich nichts mehr, als ewigen Frieden mit ihr zu genießen.
Doch die Worte des Fürsten säten Misstrauen im Herzen der Fee. Der Wanderer verstand nicht, wieso die Fee sich, geblendet vom prachtvollen Schein des Fürsten, ihm gegenüber änderte, und so sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht das Vertrauen der Fee wieder zu gewinnen.
In tiefer Furcht davor, die Fee zu verlieren, in Verzweiflung über den nahenden Verlust, erstarkte die vergessene Kriegerseele in ihm wieder, bis ein kurzer Augenblick der Schwäche reichte, das er die Robe des Wanderers ablegte und wieder zu den Waffen griff, die er auf immer abgelegt haben wollte.
Eine grausame, blutige Schlacht folgte in der der Wanderer die Insignien des Fürsten an sich riss.
Doch es war zu spät: Obwohl er sich selbst zum neuen Fürsten ernennen lies, so nutzte der alte Fürst die Stunde um den Thron des verschiedenen Königs zu besteigen.
Der alte Krieg war wieder in alter Härte und noch größerer Grausamkeit entflammt.
Viel Zeit verging seit diesen Tagen, unzählige neue Schlachten wurden geschlagen, und alles war wie in den Zeiten des ersten Krieges. Fast alles, denn statt sich an den Schlachten zu erfreuen, wie der Wanderer es einst tat, so war es nun das Verlangen nach der Fee, das ihn trieb, und noch immer ist es ihm nicht gelungen ihr Vertrauen zurück zu gewinnen, zu tief hatte der Fürst seine dunkle Saat in sie gepflanzt.
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