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 Betreff des Beitrags: Wanderer und Fee
BeitragVerfasst: 1.10.07, 18:50 
Altratler
Altratler

Registriert: 12.09.02, 14:09
Beiträge: 3882
"Was bist du für ein Wesen, das solch strahlende Schönheit ihr eigen nennt, das solch Herrlichkeit und Wunder ausstrahlt?" sprach der Wanderer, als er das Wesen über dem Wege fliegen sah.
"Eine Fee bin ich!" antwortete das Wesen, und der Wanderer war verzückt von ihrer lieblichen Stimme.
"Warum, Fee, bist du mit all deiner Schönheit und Herrlichkeit allein hier auf finsterem Weg?" fragte der Wanderer.
"Die Menschen schlafen", sagte die Fee, "und mir ist nicht danach, es ihnen gleich zu tun."
"Welch eine Ehre es für mich ist, eine Gemeinsamkeit mit einem Wesen zu haben, das so wundervoll ist, wie du bist" erwiderte der Wanderer.
"Gehen wir gemeinsam ein Stück des Weges!" schlug die Fee vor, und der Wanderer konnte sein Glück kaum begreifen.
Und so begab es sich, das sie gemeinsam auf Wanderschaft gingen, Nacht für Nacht, wenn alle Menschen schliefen umher zogen, und gemeinsam die Schönheit der Welt betrachteten.

Doch eines Nachts sagte die Fee zum Wanderer: "Wanderer, es zieht mein Herz zurück in die Heimat, doch ich will dich nicht missen. Begleite mich doch!"
Der Wanderer überlegte einen Moment und sprach: "Ich will dich begleiten, Fee, nicht, weil mein Herz sich nach einer Heimat sehnt, sondern weil es zerbrechen würde, wenn es dich nicht mehr in seine Nähe wüsste."

Gemeinsam gingen sie all den weiten Weg in die Heimat der Fee. Dem Wanderers jedoch wurde mit jedem Schritt den sie in diese Richtung taten klarer, das diese Heimat die ist, die einst seine eigene war. Er schwieg darüber, sagte nichts zu der Fee.
Eines Tages, als die Sonne sich gerade über den Horizont erhob, als die beiden gerade ihr Schlaflager errichten wollten, da konnten sie auch ein prachtvolles Schloss am Horizont erkennen, und die Fee sagte aufgeregt: "Sieh, Wanderer, sieh dieses Schloss, es das Schloss des Mannes, der mit Lohn und Brot gibt."
Der Wanderer aber wurde still, denn er erkannte, auf welchem Boden dieses Schloss gebaut wurde, er erkannte, wer es erbaut hatte.

Es war erbaut auf den Schlachtfeldern seiner Vergangenheit, den Schlachtfeldern, die er hinter sich ließ, als er seine Wanderschaft antrat, die er glaubte niemals wieder zu sehen. Es wurde von dem Mann erbaut, gegen den er einst die Schlachten auf diesen Feldern geschlagen hatte, von seinem größten Feind, dem einzigen, in dem er einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte, mit dem er immer wieder seine Kräfte gemessen hatte, und mit dem es doch niemals zu einer Entscheidung gekommen war.
Vieles war damals zusammen gekommen, das ihn bewegt hatte die Waffen nieder zu legen, diesen Ort zu verlassen, und er dachte einst, das er niemals zurückkehren würde, doch nun stand er wieder dort.
"Ist das Schloss nicht wundervoll?" riss die Fee ihn aus seinen Gedanken.
"Ja, das ist es." antwortete der Wanderer leise, er brachte es nicht über sein Herz, die Freude der Fee zu verdunkeln, indem er seine Gedanken zu Worten formt.
"Wir sollten den Fürsten fragen, ob an seinem Hofe noch Arbeit für dich ist!" rief die Fee aufgeregt.
"Ja, das sollten wir tun" sagte der Wanderer, noch immer unfähig, dem wundervollen Geschöpf bei ihm die Freude zu trüben.

Und schon bald standen sie in dem Schloss und dem prächtigem Fürsten gegenüber, und nur der Wanderer wusste, was sich unter seiner schillernden Fasse wirklich verbarg. Auch der Fürst erkannte seinen alten Feind und beide wurden erfüllt von den Erinnerungen an alte Tage, von den Erinnerungen daran, wie sie in sich würdige Gegner gefunden hatten, wie sie einst kämpften, und einander trotz des Zwistes zwischen ihnen nicht missen mochten, weil es sonst niemanden gab, der in der Lage war, sich einem der beiden gegenüber zu stellen - von den Erinnerungen an alte Tage, als der Wanderer selbst noch ein Fürst in diesem Land war.
Und wie es bei alten Feinden sooft so ist, so wussten sie, was der andere denkt, und beide sahen zur Fee und ließen sich nichts von dem, was einst war, anmerken.
Der Fürst nahm seinen Feind in seinen Dienst, niemand wusste warum er es tat. Vielleicht, weil er hoffte, die Macht des Wanderers auf seiner Seite zu haben, vielleicht, weil ihm die Herausforderung fehlte, die es ohne einen würdigen Gegner nicht gab.
Und doch war er sich der Gefahr, die vom Wanderer für ihn ausging, bewusst. Eines Tages, als der Wanderer nicht zugegen war, da rief er die Fee zu sich und sprach zu ihr: "Sei dir vor dem Wanderer gewahr, er spielt falsche Spiele, spricht mit falscher Zunge. Viele sind vor ihm schon gefallen, und du, mein Kind, wirst die nächste sein, wenn du nicht Aufmerksam bist, du bist es, die er als nächstes Opfer auserkoren hat", und die Fee schenkte seinen Worten glauben.

Der Wanderer aber wusste nichts davon, und auch wenn er in den Tagen, die längst vergangen waren, tatsächlich unzählige nieder streckte, zu Waffen gegriffen hatte, die viele fürchteten, so hatte er doch Schwert und Schild nieder gelegt. Die Fee selbst war es, die das letzte Band zwischen ihm und seinem alten Weg des Krieges zerschnitten hatte hatte, die ihm neue Wege aufgezeigt hatte, und er wünschte sich nichts mehr, als ewigen Frieden mit ihr zu genießen.

Doch die Worte des Fürsten säten Misstrauen im Herzen der Fee. Der Wanderer verstand nicht, wieso die Fee sich, geblendet vom prachtvollen Schein des Fürsten, ihm gegenüber änderte, und so sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm nicht das Vertrauen der Fee wieder zu gewinnen.
In tiefer Furcht davor, die Fee zu verlieren, in Verzweiflung über den nahenden Verlust, erstarkte die vergessene Kriegerseele in ihm wieder, bis ein kurzer Augenblick der Schwäche reichte, das er die Robe des Wanderers ablegte und wieder zu den Waffen griff, die er auf immer abgelegt haben wollte.

Eine grausame, blutige Schlacht folgte in der der Wanderer die Insignien des Fürsten an sich riss.
Doch es war zu spät: Obwohl er sich selbst zum neuen Fürsten ernennen lies, so nutzte der alte Fürst die Stunde um den Thron des verschiedenen Königs zu besteigen.
Der alte Krieg war wieder in alter Härte und noch größerer Grausamkeit entflammt.

Viel Zeit verging seit diesen Tagen, unzählige neue Schlachten wurden geschlagen, und alles war wie in den Zeiten des ersten Krieges. Fast alles, denn statt sich an den Schlachten zu erfreuen, wie der Wanderer es einst tat, so war es nun das Verlangen nach der Fee, das ihn trieb, und noch immer ist es ihm nicht gelungen ihr Vertrauen zurück zu gewinnen, zu tief hatte der Fürst seine dunkle Saat in sie gepflanzt.


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BeitragVerfasst: 16.10.07, 00:52 
Altratler
Altratler

Registriert: 12.09.02, 14:09
Beiträge: 3882
"Hinfort mit dir, Wanderer, geh von mir!" rief die Fee, in einer Zeit, wo die Waffen ruhten, wo der König, der einst Fürst war, in ferne Länder aufgebrochen war um politische Geschäfte zu erledigen und der Wanderer die Zeit der Ruhe genoss.
Viel war geschehen seit der Krieg das zweite Mal begonnen hatte, und obwohl er es noch immer nicht geschafft hatte, das Vertrauen der Fee zurück zu gewinnen, und obwohl er es vielleicht nie wieder gänzlich vollbringen würde, so hatte er zumindest zum Teil geschafft.
Sie sprach mit ihm, über Gott und die Welt, über sich und die Fremde, und manchmal schien es dem Wanderer gar, das alles wie in alten Zeiten war, als sie noch gemeinsam umher zogen. Doch nie hielt dieses Gefühl lange an.

Und doch sollten Dinge geschehen, die nie hätten passieren sollen:

Eines Nachts, als Wanderer und Fee beisammen saßen und zueinander sprachen, da sagte die Fee auch zum Wanderer, das ein Gefühl sie plagen würde, ein Gefühl der Gefahr, beobachtet zu werden, das jemand ein Unrecht gegen sie im Schilde führte.
Der Wanderer sprach: "Bleibe bei mir Fee, und ich will dich beschützen, auf das dir niemand ein Unrecht zu tun vermag, auf das ich den Unholt erschlagen werde, der es wagt, dich zu bedrohen."
Doch die Fee wollte nicht hören, und als die Nacht zuende ging, da ging sie von ihm.

Es geschah, wie es geschehen musste:
Der Unhold kam als der Wanderer sie nicht beschützen konnte, und stahl die Fee, nahm sie mit sich, und sperrte sie einen finsteren Kerker.
Der Fee aber gelang es sich dem Unhold zu entreissen, dem finsteren Verließ zu entkommen, doch der Preis, den sie dafür zahlen musste, hätte höher nicht sein können. Ein Flügel, einer ihrer wundervollen, schimmernden Flügel, zerriss, und auch wenn sie dem Verließ entkommen konnte, so blieb ein Stück ihres herrlichen Flügels dort.

Als die Fee wieder zum Wanderer ging, da zierte sie sich aus Scham dem Wanderer zu berichten, was geschehen war, und der Unhold nutzte die Zeit, die sie ihm so verschaffte zu fliehen, auf das er nie wieder gesehen ward.
Und obwohl die Fee für ihn immer das schönste Wesen auf Erden bleiben würde, was immer ihr auch geschehen würde, so war der Wanderer doch ausser sich vor Wut darüber, wie jemand in Kauf nehmen könnte, solch makellose Schönheit zu mindern, als er erfuhr, was ihr widerfahren war.
Doch in seiner Wut und in seinem Zorn fielen auch Worte, die der Wanderer nicht sagen wollte, und er sagte der Fee, das er sie gewarnt hatte.
Die Fee aber, die verängstigt von seinem Zorn war, vergaß über die Furcht die Nachsicht mit ihm.
So begab es sich, das ein erneuter Streit zwischen ihnen entbrach, und obwohl der Wanderer sie nichts mehr wünschte, als wieder Frieden, so hatte seine Unbedachtheit die Saat den Königs, der einst ein Fürst war, genährt, und sein größter Wunsch war weiter in die Ferne gerückt.


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BeitragVerfasst: 3.02.08, 23:40 
Altratler
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Beiträge: 3882
Still saß der Wanderer an einer Klippe, den Blick auf das Meer gerichtet. Er war zuhause, in jenem Land, das ihn hervor gebracht hatte, in seiner alten Heimat.
Die Sonne war bereits untergegangen, der Wind der ihn umwehte war eisig kalt, aber er nahm ihn nicht war.
Wenige Sterne waren am Himmel zu sehen, nur einer stach besonders hervor, strahlend, golden.

Seine Hand war zur Faust geballt, hielt etwas fest umschlossen, das er nie wieder hergeben wollte, das er mit seinem Leben verteidigen würde, wenn er es musste - etwas, das die Fee ihm geschenkt hatte: Ein kleines Stück ihrer Flügel.

Sie war fern von ihm, doch jeder seiner Gedanken war bei ihr.

Sie hatten Zeit miteinander verbracht, eine wundervolle Zeit, wie damals, als sie auf dem Wege trafen, schöner als damals, denn diese Zeit war ohne die ruhelose Kraft der Reise, die sie rastlos voran getrieben hatte. Ein Zeit in der sie tranken und lachten und voll Freude waren. Eine Zeit, in der kein Leid der Welt zu ihnen vor dringen konnte.

Eine Zeit, die so schön war, das die Fee dem Wanderer einen Blick in die Feenwelt gestattete.

Während er da saß dachte er daran zurück, an die Schönheit und den Glanz dieser Welt. Und daran, wie er betört von der Herrlichkeit der Fee und ihrer Gnade ihm diesen Ausblick zu gestatten übersehen hatte, das es auch dort finstere, dunkle Orte gab.

Und er dachte an seine eigene Torheit, daran, das er die finsteren Momente, die es trotz aller Schönheit dieser Zeit gab, nicht bemerkt hatte, das sein Blick von der Herrlichkeit getrübt war.
Er dachte daran, wie die Fee mit sich selbst gerungen hatte, das es zwischen den Momenten, die sie wie er selbst aus vollen Zügen genossen hatte auch welche gab in denen sie Zweifel erfüllten, in denen sie in der verzeifelten Hoffnung der Wanderer würde sie von sich stoßen versuchte ihre eigene Herrlichkeit zu verbergen, in der sie mit Fragen, die nur sie selbst quälten, versuchte auch im Wanderer Zweifel zu wecken und ihn dazu zu bringen sie ab zu weisen.

Und nun wusste der Wanderer, warum sie es getan hatte, warum sie zwischen der Schönheit des Augenblicks und der Angst vor ihr umhergerissen wurde, warum sie schon auf ihren früheren Reisen nie zu weit mit ihm fortgehen wollte und warum sie sich nicht gegen den König, der einst Fürst war, gewehrt hatte - weil sie ahnte, was bald geschehen würde.

Die Tage vergingen und trotz jener Zweifel wünschten sich beide, das es niemals anders werden sollte.
Doch es wurde anders - denn die dunkle Saat, die die Fee in ihrem Herzen trug, erwachte unbemerkt in der Furcht vor der Kraft und der Nähe zum Wanderer.

Doch die Sinne des Wanderers waren weiter von der Schönheit getrübt, und so übersah er die drohende Gefahr.
So geschah es, das sie selbst und ohne Hilfe gegen die Saat zu kämpfen hatte, wie sie es schon so oft getan hatte, wobei sie so oft unterlegen war.

Und auch dieses Mal sollte sie wieder unterliegen.

Ein Augenblick ihrer Schwäche hatte gereicht, das die Frucht jener Saat hervor brach, das sie sich wie schwarze Gallertmasse aus ihrem Leib drängte, das sie den Wanderer angriff.

Jener hielt sein Schwert in der Hand, doch er war unfähig sich zu wehren - niemals könnte er der Fee ein Leid tun, und das würde er, wenn er gegen die Frucht der Saat in den Kampf ziehen würde.
Die Frucht der Saat aber verletzte den Wanderer, das dieser das Bewusstsein verlor.

Als er sich wieder fand war die Fee fort. Doch in seiner Hand war ein Stück ihres Flügels, das sie ihm, wie auch einen weiteren Blick in die Feenwelt, in einem Moment ihres eigenen Kampfes hinterlassen hatte, ehe die Saat wieder die oberhand gewonn und sie von ihm fort trieb.

Und bei diesem Blick sah der Wanderer die finsteren Orte der Feenwelt, sah wie sie von einer Pflanze aus Schlingen aus Dunkelheit und Schrecken, aus Ängsten und Zweifeln umschlungen waren und genährt wurden.
Doch er sah auch, das sich hinter diesen die wahre, verborgene Schönheit der Feenwelt verborg, die in ihrer versteckten Herrlichkeit gar die übertraf, die er zuvor gesehen hatte.

Die Pflanze aber glich in Farbe und Art der Frucht der Saat, wie sie hervor gebrochen war, und so war es offentlichtlich, das die Saat auch diese Schrecken hervor gebracht haben musste, und das bei ihrer Größe und Kraft schon vor langer Zeit.
Vor zu langer Zeit, als der König, der einst Fürst war, sie gepflanzt haben konnte.

Seine Hand schloss sich fester um das Stück des Flügels und er hob den Blick vom Meer zu dem Stern auf - dem Stern, den sie gemeinsam entdeckt hatten.

Er würde gehen. Er würde gehen, nach der Fee suchen, und mit ihr einen Weg finden die Saat zu bannen. Nichts würde ihn dabei aufhalten.


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