*Wie den kostbarsten Schatz Tares presste sie das Pergamentblatt, welches sie versiegelt und mit ihrem Namen versehen auf der Theke des Kontors gefunden hatte, fest an ihre Brust.* Endlich ein paar Zeilen von ihm, endlich wusste sie das er lebte und soweit sie das seinem Brief entnommen hatte ging es ihm auch einigermaßen gut. *Langsam lässt sie sich auf einem der Stühle nieder, ehe ihr Blick erneut über die Zeilen wandert, immer wieder stockt sie dabei kurz, ein leises Seufzen entweicht ihr, einige Tränen kullern ihre Wangen hinab.*
Bellums ewige Licht und meine liebsten Grüße und Wünsche seien mit dir, meine liebe Schwester.
Zu lange schon habe ich meine Schreibfeder ruhen lassen und zu lange habe ich mich noch nicht bei dir gemeldet, seit meiner vielleicht überstürzten Abreise. Doch trotz alle dem habe ich keine meiner Entscheidungen bereut. Ich habe mir von meinen wenigen Dukaten einen altes, aber dennoch starkes Pferd gekaut und bin just in diesem Augenblicke auf dem Weg von Rothenbucht nach Ersonsts Tal, daher verzeih mir die teilweise krakelige Schreibweise des Briefes.
Viel haben meine Augen bereits auf dieser Reise zu sehen bekommen, ich konnte endlich die Ruhestatt meiner Eltern aufsuchen, ... möge Morsan sie segnen und ihnen weiterhin Ruhe schenken. Es tat gut die Gassen der alten Heimatstadt wiederzusehn, auch wenn sie mich hauptsächlich an schlimme Zeiten der Armut erinnern, so birgt der Anblick der heimatlichen Gassen doch auch viel Trost. Immer wieder ströhmen alte Erinnerungen auf mich ein.. wie ich mit meinem Vater immer allmorgentlich zum Markt ging.. oder wenn ich meiner Mutter bei der Arbeit in der Schneiderei half. Doch auch die unvergesslichen Zeiten mit Yaris, Viidjoeld und Dir spenden mir Trost und Kraft auf meiner schier unendlich währenden Pilgerreise. Auf dieser Reise durfte mein Herr schon viel durch meine Augen sehen.. Ungerechtigkeit und vor allem Armut, aber auch Unglaube! Unzählige Schreine und Tempel gilt es noch auf meiner Reise zu besuchen und viele Gespräche und Predigten gibt es noch zu verlautbaren. Mein Glaube brennt immernoch unverändert stark in meinem Herzen und läst meinen Schritt nicht erlahmen.
In der Ferne sehe ich einen dichten Wald und Rauch aufsteigen.. ich habe das Dorf bald erreicht und ein warmes Mahl wird mir gut tun, genauso wie mein guter, alter Freund, der mich so weit bereits getragen hat, braucht nun etwas Ruhe.
Die Menschen hier und das Land scheint so komplett anders, als auf Siebenwind, auf meiner Reise und den damit verbundenden Predigten konnte ich bereits viele in ihrem Glauben stärken und unterstützen, mein Herz sagt mir das ich das Richtige tu' und den Leuten im Sinne Bellums Gerechtigkeit und Schutz bringe, aber stimmt das auch wirklich? Handle ich Bellum zum Wohlgefallen? Oder muss ich meine Anstrengungen verdoppeln? Verzeih'mir, Du siehst viel schwirrt mir im Kopf umher, viel Ungeklärtes und unzählige Fragen die mein Hirn zermartern. Wo ist mein Platz Becky? Wo braucht mich Bellum am meisten? Wo brauchen die Menschen am meisten Bellums Gerechtigkeit? Plötzlich komme ich mir verlassen und ratlos vor, wird Bellum mir den Weg weisen? Und wenn ja? Wo soll er mich hinführen? Wo braucht man mich mehr als auf der schicksalumwobenen Insel von der ich so schagartig verschwand? Nunja.. ich schreibe wirres Zeug. Ich muss meine Gedanken ordnen, wer weiss, ab und an träume ich von einer kleinen Kapelle am Nordrand der Grenze zum endophalischen Gebiet, die Sklaverei und der Handel mit selbigen will mir einfach nicht aus dem Kopf.
Aber ich bin es leid ständig nur diesen ernsten Gedanken nachzuhängen, ich wünschte ich könnte bei Euch sein und ich wünschte ich wüsste was ihr grade so treibt? Wie geht es Euch allen? Wie läuft es mit dem Kontor? Hat Yaris immernoch diesen furchtbaren Rauschebart? *An dieser Stelle wurde ein, durch den dicht-dunklen Bart gut identifizierbare, Strichmännchen gezeichnet, welches sich grade augenscheinlich im Bart krault.* Entrichte meinem "Brodir" bitte meine herzlichsten Grüße. ...und Viidjoeld bitte ebenfalls, hab'dank Becky.
Das Liebste was ich im Moment mein Eigen nennen kann ist ausser dem Pferd.. mein Schild. Mit ihm schütze ich mich im kampfe und er symbolisiert die schützende Hand meines Herren, unsres Allvater Bellum! Und zugleich ist er mein Talisman, eine heilige Reliquie auf meiner Reise, denn er flößt mir Kraft und Hoffnung ein in den scheinbar dunkelsten einsamen Nächten.. Egal wann es so schien als würde mein Wille dahinsiechen und mich die Karft für diese Reise verlassen, so stärkte mich der Gedanke an diesen einen wundervollen Moment.. leicht nördlich von dem lauschigen Südfall gelegen, wo Wir uns in der Rinde eines Baumes mit unsren Buchstaben verewigten.. Und um wenigstens diesen friedvollen Gedanken mit mir tragen zu können, als geistliche Verbindung zu Euch auf Siebenwind, ließ ich mir unsre Insignien "WYOR" auf die Innenseite des Schildes in einem prachtvollen Rotgold einarbeiten.
Aber wo ich schon von alten Zeiten schreibe.. so sag'mir, wie läuft es mit dem Bund der Vitama, wurdet Ihr Beiden endlich getraut? ... Ich werde mir nie verzeihen können, dass ich diesem freudigen Ereignis -so es denn eingetroffen ist- nicht beiwohnen konnte.
Nun, ich werde in einem Monat auf halbem Wege gen der Stadt Torfeld sein und wenn meine Reise plangemäß verläuft, dann werde ich in zweieinhalb Monden dort sein und mich im dortigen Tempel melden. Dort werde ich eine Zeit lang Land und Leute versuchen besser kennenzulernen, wozu ich dem dortigen Ordo Belli befristet anschließen werde. Ich würde mich über einen Brief von dir sehr freuen, bitte schreib mir und erzähl mir ALLES was so bei euch los ist.. wie es den andren geht, was ihr zur Zeit macht und welche Gerüchte durch die Gassen Siebenwinds streifen.. Wie gesagt, schreib mir bitte, ich muss endlich mal wieder etwas von euch hören.
So, ich sehe nun bereits die Tore des Dorfes, ich muss nun schluss machen und meine Augenlider sagen mir, dass ich eine gute Mütze voll Schlaf benötige.
Mögen die hochheiligen Sahor über Euch segnen und möge der Schild des Allvaters Euch schützen.
~Euer Bruder Oranor
*Als sie den Brief einige male gelesen hat, nimmt sie ein frisches Pergamentblatt hervor und legt diese vor sich auf den Tisch. Fast wie von allein füllt sich dieses nach und nach mit Lettern.*
Mein geliebter Bruder, endlich halte ich den Beweis dafür in den Händen das du noch lebst, du ahnst nicht was ich mir seit deiner Abreise für Sorgen gemacht habe. Es tröstet mich zu hören das du deine Entscheidung von hier wegzugehen nicht bereut hast, allerdings vermisse ich dich dadurch nicht weniger. Aber ich will dir nun lieber deine Fragen beantworten und dir dein Herz nicht noch schwerer machen indem ich nur berichte wie sehr du mir fehlst.
Hier auf Siebenwind ist eigentlich soweit alles beim Alten, Yaris und Witt geht es gut, ebenso dem Kontor. Die einzige Neuerung ist das neue Zunftgesetz, allerdings macht sich davon derzeit noch nicht wirklich viel zu bemerken und so kann ich nicht wirklich was darüber berichten. Seit kurzem befindet sich auch wieder eine Schneiderin in unseren Reihen, Yaris hat sie irgendwie kennen gelernt und war der Meinung sie würde gut zu uns passen. Ich hab ihm gesagt „Deine Freunde sind auch meine Freunde und hier jederzeit herzlich willkommen“, aber ich glaube er denkt ich mag sie nicht, dabei kenn ich sie gar nicht wirklich, es ist einfach nur das du der Schneider des Kontors warst und jetzt nachdem dein Platz hier neu besetz wurde es allgegenwärtig ist das du nicht mehr hier bist. Du warst ja auch nicht nur der Schneider, du warst viel mehr, mein Bruder, mein Vertrauter, meine Schulter zum Ausweinen, ich hoffe ich kann ihm das irgendwann erklären so das er es versteht.
Seinen Rauschebart trägt er immer noch, der wird immer dichter. Morsan ist ja nun nichtmehr weit, ich denke er wird ihn vorher auch nicht mehr abnehmen, sondern weiter wachsen lassen. Übrigens eine sehr gelungene „Zeichnung“. Deine Grüße werde ich ihm und auch Witt sehr gern ausrichten, sie werden so erfreut sein wie ich endlich von dir zu hören.
Der Vitamabund, nun das ist so eine Sache, leider scheint es derzeit leichter zu sein einen freundlichen Orken zu treffen als einen Diener Vitamas, sprich wir haben den Bund leider immer noch nicht geschlossen. Wenn wir eines mit der Zeit gelernt haben ist es das „Warten“, aber die Götter werden schon wissen warum sie gerade diese Eigenschaft bei uns beiden so auf die Prüfung stellen. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, irgendwann mit Yaris den Bund zu schließen und dabei das von dir genähte Kleid in Witts Aett zu tragen und vielleicht, so es die Götter wollen bist du dann wieder bei uns und kannst diesen wichtigsten Tag mit uns erleben. Vielleicht ist auch einzig allein das der Grund dafür warum wir noch warten müssen.
Deine Fragen zu dem wo und wie dich dein Herr am Meisten braucht kann ich dir nicht beantworten, da ich leider zu eigennützig wäre und sagen würde „Dein Platz ist hier auf Siebenwind bei deiner Familie“, aber das wäre nicht richtig, drum schicke ich dir diese Worte „Folge deinem Herzen, so wie du es immer getan hast, dann wird alles was du anpackst gut und dein Tun richtig sein.“ Wir sind in deinem Herzen und deinen Gedanken immer bei dir (das du unsere Initialen auf der Innenseite deines Schildes trägst erfüllt mich mit Freude und Stolz) so wie auch du immer einen Platz hier bei uns und in unseren Herzen hast. Denk an die schönen Zeiten hier zurück und lass uns durch diese Gedanken bei dir sein und dir Kraft und Trost spenden wann immer du dies nötig hast.
Ich hoffe wir sitzen irgendwann wieder hier vereint und du kannst uns alles von deiner Reise berichten, bis dahin freue ich mich über jede Zeile die mich hier von dir erreicht und werde mich immer dran machen dir umgehend zu antworten.
Mögen die Götter allezeit ihre Hände schützend über dich und deine Wege halten,
Deine dich liebende Schwester Rebecca
*Leise seufzend lehnt sie sich auf dem Stuhl zurück, legt den Kohlestift neben sich ab und blickt nochmals prüfend über die Zeilen, ehe sie das Pergament mit einem leichten Nicken zusammen rollt und in ihrem Beutelchen verschwinden lässt*
„Jetzt muss ich nur noch die anderen finden, vielleicht wollen die ihm ja auch ein paar Zeilen zukommen lassen und dann den Brief abschicken“ *zu sich selbst gesprochen drückt sie sich mit diesen Worten vom Stuhl auf und verlässt suchend das Kontor*
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~Ich bin nicht verrückt...nur anders!~
~Bella Buchenhain ~ Hobytlan im Backrausch~
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