Endtag, 15. Seker 18 nach Hilgorad
Ausgabe 2 BARONSEMPFANG ENDET IN FIASKO
Schwarzmagische Entführung oder Strafe der Viere für Anmaßung? Groß waren die Erwartung an diesem Wandeltag, dem 12. Seker, auf dem Tunierplatz vor Falkensee. Viel Volk war zusammengelaufen, um der Ansprache seiner Gnaden des auf die Insel zurückgekehrten Barons von und zu Gerdenwald zu lauschen. Und so erschien denn auch der Baron in Begleitung seiner Leibgarde auf dem Platz, um seinen Willen dem Volk zu verkünden.
Von Unruhen und Verzweiflung auf dem Festland wurde gesprochen, wüsten Umtrieben und all den erschreckenden Auswirkungen, die das Fernbleiben unseres Königs dort wohl verursacht hat. So scheint es tatsächlich, so die Worte des Barons der Wahrheit entsprechen, als ob Volk und Herrschende auf dem Festland gleichermaßen ob dieser Lage ihren Kopf verloren hätten. Der Baron verkündete seine Erkenntnis, dass in dieser Lage alleine eine starke, führende Hand das Reich vor der endgültigen Selbstzerfleischung retten könne, und erklärte zugleich, dass er entschlossen habe, sich als diese Hand zur Verfügung zu stellen.
Spätestens an dieser Stelle durchlief heftige Unruhe Volk, Ritterschaft und Klerus zugleich, wurde es doch von vielen als Verrat betrachtet, den König so voreilig für verloren zu geben, und zugleich als heillose Anmaßung des Barons, sich gar für dessen Amt berufen zu fühlen. Doch geschah, noch bevor es zu Protesten kommen konnte, Erschreckendes auf dem Festplatz. Innerhalb kürzester Zeit und wider jeder Natur zogen dunkle Wolken über den Ort und ließen Blitz und Verderben auf den Platz herabregnen. Alleine den Vieren mag es geschuldet sein, dass dabei niemand der Anwesenden zu Tode kam. Um den Baron allerdings schlossen sich aus dem Nichts zwei Arme und rissen ihn unter den entsetzten Augen seiner Leibgarde in eben jenes Nichts und hinterließen nur gähnende Leere. Kaum war dies geschehen, ließ auch das unnatürliche Gewitter nach und verschwand ebenso schnell, wie es gekommen war.
Dies alles geschah mit einer Geschwindigkeit, die keinem der Anwesenden erlaubte, wirksam zu reagieren, so dass die geballte Macht der anwesenden Magier die Ereignisse nicht verhindern konnten. Empfang endete in heillosem Durcheinander und mit einer Unzahl ungeklärter Fragen, deren Beantwortung womöglich auf die Spur von König und Baron führen und das Reich dem Frieden etwas näher zu bringen vermögen könnte.
Die erste dieser Fragen betrifft die Kandidatur des Barons für den Königstitel, die von manchem alleine bereits als Hochverrat bezeichnet wurde. Der Reichskorrespondent allerdings kann sich dieser Einschätzung nicht anschließen. Keine Frage, es zeugt von einer erschreckend hohen Bereitschaft, den Glauben an die Rettung des Königs aufzugeben, was gerade von Seiten eines seiner engsten Vertrauten zumindest moralisch durchaus als Verrat gesehen werden kann, ja sogar muss. Selbst wenn die Lage im Reich so kritisch ist, wäre die Suche nach einem Reichsregenten, der die Regierungsgeschäfte übernimmt bis entweder der König gefunden oder ein neuer König bestimmt ist, die moralisch richtige Entscheidung, schon alleine um den scheinbar allen Ortens auftretenden Streit um die Krone einzudämmen und geregelt ablaufen zu lassen und nicht noch weiter zu verschärfen.
Doch ungeachtet dieses groben Fehlverhaltens muss festgehalten werden, dass sich der Baron nicht zum König ausgerufen hat, was tatsächlich ein Akt des größten Hochverrats gewesen wäre. Er hat sich einzig als möglichen Nachfolger angeboten, ohne dabei in Frage zu stellen, dass es letztlich an den Vieren ist, den wahren König zu berufen, so denn wirklich ein Nachfolger von Nöten sein sollte. Ein Zeichen größter Selbstüberschätzung und ein fataler politischer Missgriff, ist doch abzusehen, dass ein einfacher Baron, und sei er Vertrauter des Königs, keinerlei Chance auf den Thron haben kann, solange noch direkte Verwandte des Königs existieren, die weit stärkere Ansprüche geltend machen könnten. Von daher sollte offensichtlich sein, dass die Kandidatur des Barons keinesfalls dazu geeignet sein konnte, die Lage des Reiches zu stabilisieren, sondern nur weiteres Öl ins Feuer des Thronfolgestreites gegossen hätte. Hier muss natürlich die Frage gestellt werden, ob der Baron in bester Absicht aber unter völliger Fehldeutung seiner eigenen Position und der Folgen seiner Entscheidung gehandelt hat, was ihn nur als armen, von den Umständen verwirrten Adeligen stehen lassen würde - oder aber ob er sich der Lage durchaus bewusst war und sich in der Hoffnung trug, durch das Chaos im Reiche und dem Ruf nach einer starken, rettenden Hand begünstigt, seine unsinnige und illegitime Kandidatur zum Erfolg zu bringen, in welchem Fall er sich tatsächlich des Hochverrats schuldig gemacht hätte.
Doch sind dies nicht die einzigen Punkte, die im Trüben bleiben. Eine weitere Frage ist die nach dem Grund für seine Reise nach Siebenwind. Eine Kandidatur ausgerechnet auf dieser weit abgelegenen, provinziellen Insel ist schlicht unsinnig, alleine schon aufgrund des groben Zeitverlustes, der gegenüber anderen Kandidaten uneinholbare Nachteile verursacht. So geht alleine für die Fahrt nach Siebenwind mindestens ein Mond verloren, und ein weiterer, bis die Kandidatur auf dem Festland überhaupt erst bekannt wird. Dies ist in doppelter Hinsicht unsinnig, ist dies doch Zeit, in der das Reich weiter ins Unglück stürzt, was der Baron mit seiner Kandidatur ja verhindern zu wollen vorgab. Doch auch wenn es seiner Gnaden denn nun tatsächlich nicht um das Reich sondern alleine um den Thron ging, bedeutet dies einen Nachteil gegenüber anderen Kandidaten, der kaum aufzuwiegen sein mag. Bis zum Bekannt werden seiner Kandidatur auf dem Festland mag die Entscheidung lange zu Gunsten Anderer gefallen sein. Natürlich kann es sein, dass er bereits vor seiner Abreise seine Kandidatur auf dem Festland verkündete, aber dies würde entweder bedeuten, das Reich in seiner Not für eine völlig überflüssige Reise nach Siebenwind im Stich zu lassen, oder jede Chance zu verspielen, seine Kandidatur auf dem Festland voranzutreiben.
Auch die Unterstützung durch die Ritterschaft und das Volk Siebenwinds kann nicht der Grund für die Reise gewesen sein. Selbst wenn der Baron sich dieser hätte sicher sein können ist Siebenwind ein winziges Lehen ohne übermäßige politische Macht, so dass eine solche Unterstützung wenig Bedeutung haben dürfte. Verstärkt wird diese Einschätzung durch die Tatsache, dass seine Gnaden mit der Baronie Gerdenwald über eine deutlich größere und sicherlich loyalere Hausmacht verfügt.
Wie immer man diese Angelegenheit dreht und wendet, sie bleibt absurd. Die einzige sinnvolle, wenn auch erschreckende Erklärung für diese Reise mag eine Verbindung mit der Entführung des Königs sein. Welche Reaktion, wenn der Baron aus seiner Entführung befreit würde, um vom tragischen Tod des Königs unter der Folter von Verrätern zu berichten, und dessen letztem Wunsch, der Baron, sein langjähriger Freund und Vertrauter, möge das Reich an seiner statt weiter führen. Dies wäre tatsächlich ein gewaltiger Vorteil im Ringen um den Thron und mehr als Grund genug, die Reise nach Siebenwind anzutreten. Doch wer kann und will seinen Gnaden eine so schwarze Seele zutrauen, das Reich, die Viere und nicht zuletzt seinen Freund und Vertrauten den König auf so unsägliche Art zu verraten? Ein Gedanke, der jedem treuen Untertan einen eiskalten Schauer über den Rücken jagen mag, der aber doch gedacht werden muss, um im Falle seiner Bewahrheitung vorbereitet zu sein. Auch wenn jeder aufs Innigste zu den Vieren beten mag, dass dies nie geschehen möge. So mag es durchaus sein, dass der Baron selbst Opfer der Intrige ist und von Seiten der Hintermänner dieses Dramas auf die Insel gelotst wurde, um in genau diese Lage gebracht zu werden und das Reich damit weiter zu destabilisieren.
So bleibt zuletzt noch die Frage nach dem Grund des Verschwindens seiner Gnaden. Göttliches Eingreifen aufgrund seiner Anmaßung kann wohl ausgeschlossen werden, ein solches wäre den anwesenden Dienern der Viere gewiss nicht entgangen. Denkbar ist, dass der Baron seine Entführung selbst inszeniert hat um eine triumphale Rückkehr zu ermöglichen, doch erscheint dies im Anbetracht des Entsetzens auf dem Gesicht des Barons und der heillosen Verwirrung seiner Garde eher unwahrscheinlich, solange dieser nicht über herausragendes schauspielerisches Talent verfügt. So bleibt als nächstliegende Vermutung eine Entführung von Seiten der Kräfte, die auch für die Entführung des Königs verantwortlich sind, entweder um einen möglicherweise gefährlichen Thronkandidaten zu neutralisieren oder den Baron als Werkzeug zu benutzen. Und zuletzt besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass die Entführung von völlig unabhängiger Seite ausging und ganz eigenen Motiven dient.
So oder so soll und muss es für jeden aufrechten Bewohner der Insel nach der Suche nach dem König selbst höchstes Ziel sein, den Baron zu finden. Nicht nur um des Barons selber Willen, sondern für das ganze Reich, besteht doch Hoffnung, dass sich damit auch Hinweise auf das Schicksal seiner allerheiligsten Majestät selbst finden.
So sei hiermit jeder Bewohner der Insel ein weiteres Mal aufgerufen, im festen Glauben an die Viere und die Beständigkeit des Reiches, die nötige Ruhe zu bewahren und ihre Kräfte nach bestem Wissen und Gewissen für die Suche nach König und Baron einzusetzen und jede Erkenntnis, und möge sie auf den ersten Blick noch so unbedeutend erscheinen, der Ritterschaft zur Verfügung zu stellen.
Folgend eine Mitschrift der Baronsrede bis zu ihrem abrupten Ende:
"Bewohner der Insel Siebenwind, treue Untertanen der Krone,
ich kam hierher um auf der Insel, die mir solange eine Heimat war, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Ihr alle wisst um das Verschwinden unsere geliebten Königs, Hilgorad dem Ersten aus der Linie der Mer. Und mit unserem geliebten Regenten sind Ordnung und Frieden aus unserem Reich verschwunden. Unruhen breiten sich im gesammten Reich aus, Wirtschaft und Handel sind zusammen gebrochen, überall im Lande spürt man die Unruhe die die Herzen und das Handeln der Menschen erfasst, sieht man die Ungewissheit die auf ihnen Lastet. Unser geliebter König, einfach verschwunden, wie sollte jenes möglich sein, was sollen wir tun, ist er gar für immer fort, wird er vielleicht niemals mehr zurück kehren?
Von den Bergen des Nordlandes, bis hinab in die weiten Wüsten Endohpals, überall stellen sich die Leute diese und ähnliche Fragen, sie sehnen sich nach Ordnung, nach einer starken Hand die sie führt, die sie vor den Gefahren beschützt die unser Reich bedrohen.
Auch ich stellte mir diese Frage und ich kam zu dem Schluss, dass es falsch wäre einfach darauf zu warten bis sich die Lage beruhigt, zu verharren und zu sehen was denn passieren wird. Die Herrschaft durch die Krone ist eine durch die Vier gewollte Ordnung, doch so diese Ordnung aus den Fugen gerät, so ist es unsere Aufgabe sie wieder herzustellen. Doch nicht jeder vermag fähig zu sein einen solchen Schritt zu machen, umso größer lastet daher die Verantwortung auf jenen denen die Möglichkeit gegeben ist die Unruhe welche dieses Land in ihren Pranken hält zu beenden.
Als einer der Wenigen welche in der Lage sind die göttergebene Ordnung wieder herzustellen werde ich nicht zögern dieser Aufgabe nachzukommen, und so verkünde ich es hiermit, vor euch, Bewohnern dieses bedeutsamen Eilands, das ich Baron Friedward von Gerdenwald als neuer König kandidieren werde, dass ich bereit bin die Last, die uns allem mit dem Verschwinden unseres Königs aufgebürdet wurde, zu tragen. Auf dass Recht und Ordnung wieder einkehren mögen ... "***
MASSAKER IN RESIDENZ VON DELIO VON UND ZU LEDMARK
Lynchmob ermordet Familie des BaronsErschreckende Nachrichten ereilen uns aus Venturia, der Heimat des Barons von und zu Ledmark, welcher erst vor kurzem als der Erste einer inzwischen großen Zahl von selbsterklärten Thronanwärtern von sich reden machte.
War Baron Delio bereits vorher bei seinen Untertanen aufgrund seiner Willkür und übertriebenen Härte ebenso gefürchtet wie verhasst, verhinderte die Reichstreue und der Glaube an die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft das Volk von ernsthaftem Widerstand ab. Die verfrühte und unangemessene Kandidatur für den Königsthron aber war in Augen Vieler der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte, stellt sich doch der Baron mit diesem Verrat am König außerhalb des Schutzes des legitimen Adels durch Reich und Kirche, da davon ausgegangen werden kann, daß die Kandidatur lediglich zum eigenen Nutzen und Vorteil geschah. So kam es überall im Lehen zu teilweise gewalttätigen Protesten und Ausschreitungen gegen die Herrschaft des Barons.
Auch wenn solcherart Gewalt natürlich zu verurteilen ist, mag sie doch verständlich sein, litt das Volk doch lange genug unter seinem sich nun als Verräter offenbarenden Herrscher, kann bei ihm doch mit einiger Gewissheit davon ausgegangen werden, dass es ihm keineswegs um Sicherheit und Stabilität des Reiches sondern allein um seine Macht geht. Keineswegs verständlich und aufs tiefste verachtenswert ist allerdings das Verbrechen, dass der wütende Mob in Venturia beging. Während Delio selbst mit seiner Garde das Land bereiste, um für seine Kandidatur zu werben, stürmten Blut dürstende Aufrührer die weitgehend schutzlos zurückgelassene Residenz und metzelten dort die wehrlose Gemahlin des Barons und deren kleine Tochter nieder.
Bei allem verständlichen Zorn auf Baron Delio ist es ein unverzeihliches vergehen, sich an den unschuldigen und wehrlosen Angehörigen des Barons zu vergreifen, besonders da dessen Gemahlin allgemein als zwar blasse und zurückgezogene, aber bei weitem nicht so hartherzige Person wie ihr Gatte bekannt war und das Kind gewiss noch keine todeswürdigen Verbrechen begangen hat. Mögen die Viere sich derer erbarmen, denen die unsichere Lage auf dem Festland solcherart ihre Seele verdunkelt, dass sie zu derart gnadenlosen Frevel in der Lage waren. Baron Delio hingegen möge der Geist der Viere überkommen, auf dass er als Büßer vor den Vieren um Vergebung suchen mag, statt wie angekündigt seine Kampagne trotz des Verlustes unbeirrt weiter zu führen.
Volk von Siebenwind, nehmt euch dieses Ereignis zu Herzen, auf dass solcherlei Undinge auf unserer Insel verhindert werden mögen.
Lasst euch nicht von Angst und Zorn beherrschen, denn wenn erst einmal diese Gefühle euch beherrschen, dann werden es die Unschuldigen und Schutzlosen sein, die darunter zu leiden haben. Viel Untreue und Dunkles wird sich in diesen schicksalhaften Tagen offenbaren, genau wie die wahrhaft Getreuen und Aufrechten sich zu erkennen geben werden. Aber wo es Pflicht eines jeden Untertanen ist, den Untreuen ihre Gefolgschaft zu versagen, so ist es doch nicht rechtens, selbst die Lage zu nutzen um mit Willkür und Gewalt die eigenen Ziele zu verfolgen oder die eigene Wut und Angst an Unschuldigen auszulassen.
Beobachtet. Seid wachsam. Prüft eure Herzen und die eurer Nachbarn. Aber fallt nicht ein in den Kreis der Gewalt, der unsere Heimat auseinander zu reißen droht. Egal ob Galadonier, Nortrave oder Endophali, ob Mensch, Zwerg, Halbling oder Elf, für uns alle ist dies eine Zeit der Prüfung, in der es wichtiger ist denn je, zusammen zu stehen. Denn seid euch gewiss, einer wird profitieren, wenn ihr euch erhebt um altes, wahres oder vermeintliches Unrecht zu rächen. Doch das werdet weder ihr sein, noch die, für die ihr zu kämpfen glaubt, sondern alleine die, die diese Lage herbeigeführt haben. Die Entführer des Königs, die nur darauf warten, dass ihr euch gegenseitig zerfleischt, um dann ihren eigenen Zug zu machen. Behaltet dieses Wissen im Herzen, wenn ihr eure Entscheidungen fällt.