Siebenwindhomepage   Siebenwindforen  
Aktuelle Zeit: 14.07.25, 22:17

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Dieses Thema ist gesperrt. Sie können keine Beiträge editieren oder weitere Antworten erstellen.  [ 59 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2  Nächste
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: So vergeht der Ruhm der Welt
BeitragVerfasst: 19.10.07, 22:29 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
Dies ist die Geschichte vom Ende.
Die Erzählung wie alles in sich zusammenfiel.
Nicht leise.
Nicht mit einem jämmerlichen Wimmern.

Mit einem Knall.





121 Tagesläufe, 13 Stunden, 4 Zyklen und 34 Herzschläge

Sie hatte ihre Haarpracht zu einem beinahe vier Handbreiten hohen Turm zusammengesteckt. Mit genau sechsundzwanzig Haarspangen. Die Siebenundzwanzigste behielt sie immer als Reserve in einer der beiden aufgenähten Schürzentaschen. Man weiss ja nie. Das silberne Tablett mit den zwei Tassen, einer Kanne brühend heissem Kaffee aus den Bohnen der steil abfallenden Hänge in der Nähe von Luth-Mahid und einer kleinen Schale mit luftgetrockneten Rosinen, hält sie gekonnt mit einer Hand, wobei das ganze Gewicht einzig auf ihren Fingerkuppen ruht. Den langen, mit einem tiefroten Teppich ausgelegten Flur nimmt sie in einem grazilen Sauseschritt. Vorbei an den vielen Portraits seiner Vorgänger. Zu seinen Gemächern hin.

Erathor I. Ap Morn in prunkvoller Rüstung vor einem brennenden Nortravendorf. Mit feinen öligen Pinselstrichen für die Nachwelt erhalten.

Seit mittlerweile achtzehn Jahresläufen geht sie eben diesen Weg mit dem immergleichen Morgentablett, welches, soweit sie sich entsinnen kann nur zwei Mal aufgrund von Rostflecken ausgetauscht wurde. Doch noch immer brodelte in ihr eine Nervosität, welche höchstens ein junges Mädchen, kurz vor dem ersten Kusse einer heimlichen Liebschaft, nachzuvollziehen im Stande gewesen wäre.

Vaness III. Ahm Morn mit seiner Angetrauten Cecilla und etwa einem Dutzend hechelnder, herausgeputzter Hunde vor einer mit Rosen überwachsenen Gartenlaube. Ein vergilbtes Kreidebild.

Wie sie diese Bilder verabscheute. Die leblosen Blicke aus regungslosen Augen vermochten ihr schon immer einen Schauer über den schmalen Rücken zu jagen. Es half immer sich auf die Türe am Ende des Ganges zu konzentrieren, deren zwei, aus feinstem Holz und mit Goldnieten beschlagene Flügel einladend warteten. Seine Türe. Ihre Türe. Nicht aus den Augen lassen.

Hilamos III. Ap Arbam, dessen schiefes Grinsen, welches er auf dem mit einem Goldrahmen eingefassten Gemälde zur Schau stellt, jenem der unzähligen Orken gleicht, welche im zweiten Krieg gegen deren Volk ein jähes Ende nahmen.

Vor dem Eingang zu seinen Gemächern stellt sie das Tablett auf den steinernen Fussboden, richtet ihr sauberes, gepflegtes Kleid, zählt mit einigen flinken Handgriffen die Klammern in ihrer Turmfrisur und steckt eine Locke zurück in deren haarigen Leib. Dreimal klopfen, langsam, dann eintreten, den Kopf gesenkt halten, einen guten Morgen wünschen, in angemessener Wortwahl natürlich, das Tablett auf das kleine Tischchen unter dem Marmorspiegel stellen, auf dem Absatz umdrehen und den Raum wieder verlassen. So hatte sie es von ihrer Vorgängerin, welche vor ungefähr fünf Jahresläufen verstorben ist, gelernt und so würde sie es auch zu seiner Zufriedenheit durchführen. Das ist schliesslich alles was zählt.

Patrick VI. Ap Arbam. Der Friedensbringer. Ein einfaches Ölportrait, welches ihn auf dem Thron sitzend mit gnädigem Lächeln zeigt.

Die Tassen klirren leis’ als sie die silberne Bedientafel wieder aufhebt und drei tiefe Atemzüge von der kalten Palastluft in ihre Lungen presst. Mit der freien Hand klopft sie gegen die schwere, edle Holztür und tritt mit der Gekonntheit und der Grazie einer Katze, die durch einen schmalen Spalt schlüpft, in seine Gemächer. Wohlbekannter Duft von getrocknetem Lavendel, welchen seine Angetraute mitgebracht hatte, umfasst sie und beruhigt ihr nervöses Herz zumindest für kurze Zeit. Mit gesenktem Kopf durchquert sie den weitläufigen Raum und spricht mit einer Stimme, welche selbst sie ob ihres freundliche und vorallem gefassten Klanges überrascht: „Den Göttern zum Grusse, meine Königin, mein König.“ Und als sie ihren Blick nur kurz, für den Bruchteil der Länge eines Herzschlages zur Seite in Richtung des prunkvollen Bettes anhebt, treibt ihr der Schrecken Stromschläge durch den Körper. Das silberne Tablett schimmert im Lichte des einfallenden Felascheines als es von ihren Fingerkuppen gleitet und zusammen mit den auf dem Steinboden zerschellenden Porzellantassen ein brachiales Fortissimo durch die offene Tür und den dahinter liegenden Gang jagt. Rosinen rollen und hüpfen in alle Richtungen und die gemalten Köpfe der vergangenen Herrscher Falandriens hätten sich wohl nach vorne aus ihren Bildern geneigt um zu sehen was passiert ist, hätten sie es denn nur gekonnt.


Zuletzt geändert von Illis: 20.10.07, 11:33, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 22.10.07, 00:46 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
119 Tagesläufe, 23 Stunden, 2 Zyklen und 15 Herzschläge

„Was haben sie gesehen, Linda?“
„Ich… Ich kann nicht darüber sprechen. Ich darf nicht.“
Die rothaarige Frau greift augenscheinlich ins Leere neben sich, zieht jedoch einen prall gefüllten Beutel aus einer Tasche, die an ihrem Stuhlbein lehnt. Ein plumpes, verlockendes Geräusch, welches das alte Jutesäckchen von sich gibt, als die Schreiberin es vor die aufgelöste Frau, deren einst wohl hübsch anzusehende Turmfrisur in Strähnen und losen Spangen vom Kopf hängt, auf den Tisch stellt. Das Geräusch von Münzen. Das Geräusch von Geld. Das Geräusch von neuen Kleidern und den roten Hirschstiefeln, die sich die Kammernzofe schon so lange wünscht.
„Der Draconer Spatz ist eine ehrliche Zeitschrift, Linda und ich bin mir sicher, dass sie eine ehrlich, hart arbeitende Frau sind. Des Königs Wünsche zu befriedigen ist bestimmt eine Aufgabe, bei welcher die eigenen Bedürfnisse oftmals auf der Strecke bleiben. Ich frage sie nochmals: Was haben sie gesehen?“ Ziska Himmelmann ist eine der Chefredakteurinnen des „Draconer Spatzes“, ein Schundblatt mit so manchem Feind und Spotthals, welcher dann doch im Verborgenen die meist anrüchigen, halbwahren Geschichten zu lesen pflegt. Und der rote Drache, wie Himmelmann von ihren meist männlichen und von Neid zerfressenen Mitarbeitern genannt wird, weiss, dass jedes Freudenmädchen, ja jedes Freudenmärchen seinen Preis hat.
„Es… Also ich verrichtete meine Arbeit“, beginnt die augenscheinlich deutlich mitgenommene Linda und friemelt dabei an einer Haarspange herum, welche ihr direkt ins Gesicht hängt, „wie an jedem Morgen. Machte Kaffee, richtete die getrockneten Rosinen für die Frau Brynn und ging den Gang entlang. Vorbei an den gruseligen Bildern mit den bösen Augen. Ich öffnete die Tür zu den Gemächern seiner Majestät. Ich habe nicht hoch geschaut, wie ich es gelernt hatte“, die eingeschüchterte Stimme zittert kurz und mit einer blitzschnellen Bewegung krallt sich Linda den Beutel vom Tisch. Hält ihn mit beiden Händen in ihrem Schosse.
„Und weiter?“ Ziskas Schreibfeder gleitet mit beinahe maschineller Perfektion über das saubere Stück Pergament. Sie sieht nicht hoch ob des Erzählunterbruches.
„Naja, ich habe doch hoch geschaut, aber nur kurz!“ mault die Kammernzofe als müsse sie sich gegen unausgesprochene Vorwürfe verteidigen.
„Was haben sie gesehen?“
„Das Bett es war leer, niemand war da. Aber sie hätten da sein müssen! Die Kleider für die Nacht, sowie jene für den Tag lagen beieinander, nichts fehlte. Sie waren einfach weg. Der König und Brynn..“, ein leises Schluchzen, welches sogleich mit dem Abtasten des Geldsäckchens in ihrem Schoss wieder verstummt.
„Weitere Beobachtungen?“ Das schabende Geräusch der Feder auf dem Papier hätte wohl so manchem die kleinen Härchen im Nacken zu Berge steigen lassen.
„Rote Zahlen an der Wand“, flüstert Linda vor sich hin. „Wie bitte? Ich konnte sie eben nicht verstehen.“ „Ach, ach nichts, ich muss jetzt los!“ Die Frau, welche durch ihre Frisur das doppelte an Körpergrösse zu erreichen scheint, steht hastig auf, verstaut das Dukatensäcklein und dreht sich, bevor sie das Botenhaus am Augustinerplatz verlässt noch einmal zur Rothaarigen um. „Das bleibt aber unter uns, nicht wahr?“
„Aber natürlich, Gnädigste! Und wenn ihnen noch etwas...“, Ziska blickt hinab auf das Pergamentblatt an dessen Ende die Wörter „rote Zahlen“ notiert wurden, „einfällt, dann melden sie sich, Linda. Sie wissen ja: Auf den Draconer Spatz kann man jederzeit, ob zur späten oder zur frühen Stund’, zählen!“ Sie lächelt. Breit, aufgesetzt und falsch.

***
„Was ist denn mit dir los, Ziska? In deinem Gesicht kann man ja so etwas wie Genugtuung oder Zufriedenheit erkennen.“ „Ach, sei still, Tribald!“ Mit Schwung und einer gar allzu theatralischen Geste schmettert die Schreiberin ihre Notizen vor den glatzköpfigen, dicken Mann hinter dem langen, mit unzähligen gestapelten Papiertürmen und losen Zettelchen übersäten Schreibtisch. „Herr Redaktionsleiter, ich habe hier wahrscheinlich die aufregendste Geschichte der letzten einhundert Jahre. Ich bin mir sicher, dass der Königshof die Tatsachen bewusst zurückhält und ich schlage vor, dass wir unser Veröffentlichungsgebiet ein klitzekleinwenig erweitern.“
„Wie weit?“
„Sehr weit“, Ziska setzt sich auf den Rand des Tisches, an die Stelle an der noch ein kleines Fleckchen des abgenutzten Holzes zu sehen ist und schlägt verführerisch die langen Beine übereinander. „Und bevor ich es vergesse: Teile der Wache des Palastes, ohne die Nennung deines Namens und am besten in einem Brief mit, dass eine gewisse Linda, Kammernzofe unseres geliebten Königs, Informationen von ausserordentlicher Vertraulichkeit verbreitet.“

Edit: In wachem Zustand nochmals durchgelesen und Rechtschreibfehler ausgemerzt.


Zuletzt geändert von Illis: 22.10.07, 17:39, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 22.10.07, 21:00 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
118 Tagesläufe, 7 Stunden, 2 Zyklen und 56 Herzschläge

„Seht ihr es denn nicht?? Macht eure Augen auf, ihr Mannen und Frauen! Seht ihr es nicht kommen?! Das ist das Ende! Das Ende allen Seins!"
Der bärtige, gebückt gehende alte Mann reckt beide Hände beschwörend in die Höhe. Der Stock in seiner von Gicht zerfressenen rechten Hand zittert, die Sonderausgabe des „Draconer Spatzes“ in seiner anderen flattert im kühlen Wind, welcher am Morgen nach dem Druck der neusten Ausgabe des Schundblattes über einen der kleineren Marktplätze der Stadt ohne Grenzen, Draconis, bläst.

„Extrablatt, Extrablatt!“ Der gelangweilte Blick des sommersprossigen Jungen schweift auf dem ungewohnt ruhigen Markt umher. Nicht, dass an diesem frischen Bellumsmorgen niemand unterwegs gewesen wäre, nein, doch jene, welche ihre warmen Stuben schon zu früher Stund’ verlassen hatten stehen in Menschentrauben, kleinen Grüppchen und Paaren regungslos auf dem säuberlich gepflasterten Steinboden. Es wird diskutiert, wild gestikuliert, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und geweint. Die Titelgeschichte des Spatzen hatte eingeschlagen wie einhundert Feuertränke, zur selben Zeit am gleichen Ort gezündet.

„Wir werden untergehen wie wurmstichige Schiffe auf hoher See, glaubt’s mir!“
Und auch wenn dem alten Zausel mit dem wirren, lichten Haarkranz auf dem Kopf augenscheinlich niemand Interesse zu schenken scheint, wandert so manch unsicherer Blick aus den Augenwinkeln zum selbsternannten Propheten. „Das ist der Anfang, erst der Anfang sage ich euch!“

„Extrablatt, Extrablatt! König Hilograd verschwunden!“ Das Bündel Zeitschriften sicher unter dem Arm schreitet der Junge mit glockenheller Stimme, deren Klang zum einen zum Kauf der Gazette animiert und zum anderen über die Unwissenheit des Kindes über die Tragweite der verkauften Schlagzeile, Auskunft gibt. „Verbrenne sie, min’ Jung’! Verbrenne diese grausamen Nachrichten!“ Nur eines Stockschlages des Alten bedarf es, um den Jungen seines festen Standes zu berauben. Plump fällt dieser auf seine Knie und verteilt die billigen Pergamentblätter in einem ansehnlichen Reigen um sich herum auf den Boden. „Sind sie noch ganz bei Trost, alter Mann?“ mault der stupsnäsige Bengel zur nervösen Erscheinung hoch, „lassen sie mich meine Arbeit machen. Gibt immerhin eine halbe Dukate pro Stunde!“ Mit dem abwesenden Blick eines Träumers auf einem vom Schlafe geebneten Weg vergreift sich der Alte im Haar des jungen Burschen, zieht mit der verbleibenden Kraft und schreit beinahe schon schrill in alle Richtungen über den Platz: „Verbrenn’ sie, min’ Jung’! Sie künden vom Untergang!“ Der Zeitungbote winselt unter den kräftigen Zügen, welche die junge Kopfhaut beinahe bersten lassen. Tränen schiessen in seine Augen. Gleichsam lösen sich einige stark wirkende Mannen aus einer der nahen Gesprächsgruppen und zwei Gardisten, welche den Eingang einer Filiale der Draconischen Bank bewachen. Im Bemühen den Alten vom Buben abzubringen gesellen sich mehr und mehr Helfer hinzu. Angestachelt von den Worten des unheiligen Propheten, welche sie nur zu gerne ignoriert hätten.
Die grellen Schreie des Knaben lassen einen der nahenden Gardisten auf sein rechtes Knie sinken. Mit einer Geschwindigkeit, derer man mit blossem Auge nur schwer zu folgen im Stande ist, greift er nach der Armbrust auf seinem Rücken und legt einen mit roten und goldenen Federn verzierten Pfeil ein. „Auf den Alten, Jakob!“ hallt es von seinem Kameraden her, als der Pfeil bereits durch die kühle Morgenluft gleitet, deren frische Unberührtheit durchschneidet und im Getümmel der Rangelnden verschwindet.

Die darauf folgende Stille lässt einige nach Körnern pickende Tauben auffliegen, mit kräftigen Flügelschlägen in die Höhe steigen, weit über die Giebel der Dächer hinweg.

„Dies ist unser aller Untergang, ihr Narren! Öffnet eure Augen!“ Die Menschenmenge driftet auseinander und bildet einen Kreis. Der voreilige Soldat, der am selben Morgen, einige Stunden zuvor in der Kaserne mit vielen weiteren Kameraden den Befehl erhalten hatte allfällige Tumulte ob des Artikels im Spatzen unter Kontrolle zu bringen, lässt seine Armbrust fallen als er den Stock des Alten, aus dem Kreise empor gestreckt, erblickt. „Er ist nur der erste! Viele werden ihm folgen!“ Beinahe schon triumphierend steigt der Alte über den leblosen Körper des Zeitungsjungen, in dessen Brust sich der abgeschossene Pfeil gebohrt hat, hinweg und rempelt sich zwischen den fassungslosen Männern und Frauen hindurch. Eine ältere Dame vergräbt ihr Gesicht an der Schulter eines gutbetuchten Herrs um ihr Weinen zu verbergen.

Während die helfenden Bürger noch lange um den Körper des Kleinen stehen bleiben, verhallen die kläffenden und beschwörenden Worte des Alten zusammen mit seiner geknickten Gestalt in einer Seitengasse.

„Viele werden ihm folgen, glaubt’s mir nur, min’ Jungen und min’ Mädels! Dies ist unser Untergang! Dies ist das Ende der Welt!“


Zuletzt geändert von Illis: 22.10.07, 21:00, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 24.10.07, 20:38 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
117 Tagesläufe, 17 Stunden, 4 Zyklen und 43 Herzschläge

Begleitet von einem entnervten Brummen in seinen langen, mit einzelnen silbergrauen Haarbüscheln durchsetzten Bart, schmettert der hoch gewachsene, hagere Mann einen Ball aus reinstem, züngelndem und nach allen Richtungen lechzendem Feuer gegen die drei Schritt entfernte Backsteinmauer. Welch’ Funkenregen, der hernieder prasselt als das unstete Gebilde am nasskalten Mauerwerk des maroden Kellers zerschellt.
„Es kann doch nicht sein, dass euch der König einfach mal so abhanden kommt, als ob jemand sein Monokel verlegt oder die Hausschuhe an einer anderen Stelle abgestellt hat, als er sie später wieder anzuziehen gedenkt. Bei Ignis! Was sind deine Mannen für ignorante Bauerntölpel, Winjiel!“ Mit brachialer Wucht schmettert der Flammenweber, ein persönlicher Berater von Winjiel Rennou, einem älteren, von Weisheit durchtränkten Hochelfen und gleichsam der Obmann der königlichen Palastwache, seine immer noch rauchende Hand auf den hölzernen Tisch.

Der „Raum der letzten Zuflucht“ war nichts weiter denn eine kleine Kellerkammer im steinernen Herzen der Burg zu Bernstein. Der schwarzen Schönheit. Ebenso passend wäre wohl gewesen, wenn man in dieser schimmligen Katakombe Erdäpfel eingelagert hätte, doch Vaness III. hatte ihn seinerzeit als den Treffpunkt auserkoren, an dem sich das Gremium (eine in Zeiten des Notstandes zusammen berufene Gruppe um den amtierenden König) zu Krisensitzungen und schwerwiegenden Entscheidungsfindungen zusammenfand. Aus den merkwürdigen Vorlieben eines einstigen Kronträgers wurde Tradition. Und aus dem Gremium um des Königs Weisheit entstand in den heutigen Tagen ein zusammengewürfelter Haufen aus einem Vertreter der Kirche, der Streitmächte, dem ersten Berater und einigen weiteren Wissensträgern, ohne König, ohne Führung.
„Es hat sich deinem Wissen mit Sicherheit nicht entzogen, dass der König aus seinen Gemächern entschwunden ist, niah’ma und auch der Umstand, dass keiner meiner Soldaten seine Majestät ins Bett begleite sei dir bestimmt auch nicht entgangen“, entgegnet der Hochelf mit näselnder, herablassender Stimme.
„Und wie erklärst du dir die Blutschmierereien an seiner Wand? Hat er sich den Finger abgebissen und die Zahlen selbst hingekritzelt? 121 Tagesläufe, 14 Stunden, 3 Zyklen und 25 Herzschläge. Was für ein Quatsch. Wenn du mich fragst, steht die Lücke im Sicherheitsnetz, das unseren geliebten König stetig umgeben sollte genau vor mir. Eine Lücke mit zwei spitzen Ohren!“
„Schuldzuweisungen“, Ignatius von Mendel, der erste Berater Hilgorads pustet eine Schwade aus süsslichen Pfeifenrauch zur niedrigen Zimmerdecke, „Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter, Winjiel und Federic. Die Umstände verlangen von uns ein kalkuliertes, nüchternes Vorgehen. Ich habe erst gestern von einem Jungen, keine zehn Jahresläufe alt, erfahren, der in einem Tumult, ob des uns allen bekannten Berichtes im Draconer Spatz ,von einem Pfeil durchbohrt wurde. Die genannte Zeitschrift scheint weitläufig verteilt worden zu sein. In Lafay’s Stab habe eine aufgescheuchte Masse an besorgten Bürgern in ihrem Wahn vom Zusammenbruch des Systems und dem Niedergang der Obrigkeit zwei junge Frauen zertrampelt. Diese und wohl noch schwerwiegendere Vorfälle werden sich häufen. Was ist der logische nächste Schritt?“
„Der Ausnahmezustand der untersten Stufe, Ignatius.“
„Richtig. Winjiel, veranlasse einen weiteren Rundbrief in dem meinigen Namen und gebe dies bekannt. Die nötigen Anweisungen für eine weitläufige Kontrolle anhand der in der Stadt erprobten Verhörzentralen sollen ebenfalls im gesamten Reiche installiert werden. Es folgen Taten. Leeres Geschwätz bleibt den Weibern vorbehalten, welche sich schon jetzt über eine potenzielle Nachfolge unseres Herrschers die Münder zerreissen.“ Ignatius legt seine Pfeife in die Mitte des kleinen Tischchens, um welches mittlerweile betretenes Schweigen herrscht. „Und bringt mir die Verräterin. Sie soll zur Belustigung und Aufhellung der Stimmung des Volkes dienen. Die Kammerzofe soll brennen, lichterloh.“


Zuletzt geändert von Illis: 24.10.07, 20:39, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 25.10.07, 21:23 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
117 Tagesläufe, 3 Stunden, 1 Zyklus und 39 Herzschläge

Sie atmet tief ein, lässt die heisse Luft in ihre Lungen strömen und die letzten Winkel ihrer kreuz und quer durch den Körper verlaufenden Blutwege mit glühendem Safte füllen. Welch’ Sinn hatte es noch sich dagegen zu wehren, kein Nutzen liegt in ihren Schreien, welche die gaffenden Zuschauer noch zu lauterem Jubel verlockten. Ihr Kopf kippt müde zur Seite als sie das Schauspiel der Fratzen durch die flimmernde, unwirkliche Luft hindurch beobachtet.

Er war weg, ihr König hatte sie verlassen. Sie, deren Treue kein Ende kannte und deren Gefühle auf ewiglich verkannt sein würden. Einzeln hatte sie ihm die schlechten getrockneten Weintrauben, ja selbst jene, welche eine geringe Abweichung der normalen Färbung aufwiesen, aus dem Schälchen gepickt. Einjeden Morgen war sie bemüht darum, dass die Wärme des Kaffees nicht seine Lippen versengte und die Kanne wohltemperiert auf dem Tischchen unter dem imposanten Marmortischchen stand. Der Gedanke daran, dass er denselben Tassengriff wie sie anfassen würde hatte ihr vom ersten Arbeitstage an ein warmes, gar ekstatisches Gefühl geschenkt. Sie berührte zur Sicherheit immer beide Kaffeetässchen. Die Gefahr, dass die eine nur von Brynn in die Hand genommen würde, war ihr zu gross. Linda, die Kammernzofe, blickt an sich hinab zu einem Punkte etwas nach links versetzt von ihrem, unter ihrem Arbeitsgewand verborgenen Bauchnabel. ‚Eine Haarspange in Reserve kann nie schaden und hilft einer Dame von Welt auch in stürmischem Wetter zu einer wunderbar sitzenden Frisur.’ Das kleine metallene Spangenstück in ihrer Schürzentasche glüht und brennt sich in ihren Unterbauch.

Als sich die Flammen mit Tücke von den dürren Ästen lösen und sich mit Wonne an ihren mit feinen schwarzen Härchen übersäten Beinen empor fressen, legt sie ihren Kopf in den Nacken und röchelt. Dort oben, an der Stelle an der das um sich schlagende Feuer einen feine Aussparung ausgelassen hatte, erblickt die Zofe das kühle Blau des Himmels und als der stinkende Geruch ihres brennenden Haares die Zuschauer dazu bewegt die Hemdkragen über ihre Nase zu rollen und durch die Stoffbarriere unbekümmert weiter zu johlen und ihrem Amüsement in erniedrigenden Beschimpfungen Ausdruck zu verleihen, schwinden Lindas Sinne in den letzten ihrer Tagträume.

Mit einem geübten Handgriff öffnet sie die schwere, edle Tür und tritt mit der Gekonntheit und der Grazie einer Katze, die durch einen schmalen Spalt schlüpft, in seine Gemächer. Wohlbekannter Duft von getrocknetem Lavendel umfasst sie. Mit gesenktem Kopf durchquert sie den weitläufigen Raum und nimmt das kleine Stoffbeutelchen, welches ihr die Redakteurin im Botengebäude des Draconer Spatzes übergeben hatte vom silbernen, eben noch auf den Fingerkuppen balancierten Tablett. Den nervösen Blick auf die marmornen Bodenplatten geheftet, schreitet sie ohne weiteren Umweg auf das grosse, mit einem tiefblauen Baldachin ausgeschmückte Bett zu und klettert auf allen Vieren auf die seidenen, geschmeidigen Laken.

Mit einer inbrünstigen Wollust gieren die Flammen nach ihrem Kleide, lassen es in der Kraft der Hitze wie eine Fahne im Wind nach allen Richtungen ausschlagen. Schwarzes, verkohltes Fleisch.

Freudlos wirft die Kammernzofe ihr Säckelein in die Mitte der Bettstatt und lässt so die sich darin befindenden Münzen hell erklingen. „Hier, eine Menge Geld. Bitte, lasst mich euch nur einmal in die Augen schauen, mein König, bitte.“

Ihr Atem stockt und setzt für einen kurzen Moment aus, während sich ihre Füsse langsam in eine gleichsam tote wie lebendige Glut verwandeln und das letzte Haar ihrer einst so üppigen Turmfrisur von ihrem Kopfe gebrannt ist. Die Schreie der begeisterten Schaulustigen schwillt zu einem monotonen Dröhnen an.

Mit der zögernden Zurückhaltung eines scheuen Mädchens hebt Linda ihren Blick zu dem seinen an. Tränen füllen ihre Augen als sie das gnädige Lächeln auf seinen Lippen wahrnimmt und sie mit Überraschung die Berührung seiner Hand auf der ihren Wange verspürt. Tief und von einer erschütternden Endgültikeit ist seine Stimme beseelt: „Vielen Dank für die Rosinen, Linda. Keine einzige Verfaulte war jemals unter den Süssen.“

Der Körper der „verräterischen Zofe“, wie sie der Draconer Spatz nur wenige Stunden später in einer weiteren Sonderausgabe betiteln würde, sackt in sich zusammen.

Sie legt die ihre Hand auf die seine an ihrer Wange und entgegnet piepsig, mit einem Lächeln und feuerroten Wangen: „Gern geschehen.“


Zuletzt geändert von Illis: 25.10.07, 21:28, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 27.10.07, 22:41 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
108 Tagesläufe, 13 Stunden, 2 Zyklen und 7 Herzschläge

In Venturia.
Mit der Fürsorge, welche sie nur eine Mutter für ihr Kinde entwickeln kann, deckt die blonde, leicht untersetzte Frau, deren einstige Schönheit noch heute wie eine Blume in einem Wald aus Unkraut durch die einsetzenden Falten und die wenigen Pfund zuviel auf den Rippen hindurchscheint, ihr Töchterchen zu. Zieht die mit Gänsefedern gefütterte Decke bis unter ihr Kinn.
„Mami, ist Papa ein böser Mensch?“
„Nein, Prinzessin, nein, wer sagt denn so etwas?“
„Die anderen Kinder in der Schule sagen, dass das ihre Mamis und Papis immerzu sagen“, das kleine Mädchen, deren Haar noch heller ist als das strohblonde der sichtlich besorgten Frau, kämpft ihre Beiden Ärmchen unter der straff gezogenen Bettdecke hervor und reibt sich mit dem Handrücken über die stupsige Nase. „Hör nicht darauf was die anderen sagen, Liebes. Und jetzt putzt du dir zuerst nochmals das Näschen.“ Während Lydia von Ledmarks Gedanken kreisen und es ihre Hand in der Schublade des purpurnen Nachtschränkchens eben jenen Gedanken gleich tut, auf der Suche nach dem mit einem Pferdekopf bestickten Taschentuch, versucht sie weiterhin mit stoischer Ignoranz die Klopfgeräusche im Untergeschoss ihres Hauses zu ignorieren.

In Draconis.
„…und sie sagen, dass die Kandidatur des Baronen von und zu Ledmark für die noch nicht einmal als zu besetzen geltende Krone offiziell ist?“ Ziska Himmelmann steckt sich das aus feinem Draht gebogene Zweiauge mit einer ungläubigen Geste in ihr feurigrotes Haar.
„Das können sie mir glauben, ich komme gerade aus dem weitläufigen Taras und habe es mit meinen eigenen Ohren vernommen, Gnädigste! Als ehrlicher Schreiberling erachte ich es als meine Pflicht, die hiesige Redaktion mit dem besten Rufe davon in Kenntnis zu setzen.“ Der Fremde, welcher sich in seiner Kleidung kaum von einem gewöhnlichen Wandersmann abhebt, kippt einen Spazierstock zwischen beiden Händen hin und her. Hin und her. Links, rechts.
„Da sind sie beim Draconer Spatz genau an der richtigen Adresse, mein lieber Freund“, Ziska setzt ihr süssestes aller Lächeln auf und öffnet mit einem eleganten Fingerschnipp den obersten Knopf ihrer Bluse.


In Venturia.
Das laute Klirren der Zersplitternden Vase, wahrscheinlich das teure Erbstück ihrer Frau Mutter mit den endophalischen Ornamenten, dringt bis zu ihnen ins Kinderzimmer hoch und lässt das kleine Mädchen, vor nicht allzu vielen Jahren auf den Namen Sina getauft, zusammenzucken. „W-wo ist Papa?“ „Noch auf der Arbeit, Prinzessin“, Lydia quält sich ein erzwungenes, wenn auch bebendes Lächeln auf ihre Lippen. „Dann.. Dann musst du mir heute Abend etwas vorlesen, Mami.“ Beinahe schon erleichtert über diesen Auftragt steht die Baronengattin auf und schwebt in kleinen, vornehmen Schritten zum niedrigen Regal hinüber, welches sich passend unter das grosse Fenster bettet. Zielsicher greift sie sich den grünen aus all den farbigen Bücherrücken. „Das Buch über die Anatomie der Bärte, Sina?“ „Au ja, etwas erzählt bekommen und lernen.“ Lydia richtet sich wieder auf. Beiläufig nur fällt ihr Blick aus dem Fenster auf die Menschenmassen, welche sich vor dem ihren Haus, einst gebaut von den Händen ihrer Eltern, sammeln. Von hier aus dem zweiten Stock betrachtet nichts denn ein Teppich aus Köpfen, welche sich weit in die sich verzweigenden Gassen weiter hinten ergiessen. Vereinzelte Heugabeln und Fackeln überragen das Köpfemeer, siegesgewiss und wuterfüllt in die Höhe gereckt. Lautes Fusstrampeln auf der Treppe vor der Zimmertüre, unzählige Füsse in zielgerichteten, schweren Schritten. Lydia atmet tief ein und wieder aus. Lächelt. Und setzt sich zu ihrer verängstigten Tochter auf die Bettstatt.

In Draconis.
„Delio von und zu Ledmark ist unbeliebt im Volke und auch wenn ich das im Moment nur erahnen kann, so bin ich mir sicher, dass seine Bereitschaft das Amt von Hilgorad, unserem geliebten König zu übernehmen, Wut und eine nicht einzuschätzende Gewaltbereitschaft im Volke auslösen wird. Selbe Wut und Gewalt mit welcher er über Jahre hinweg Taras seinen Willen aufgedrängt hat. Gleiches wird mit gleichem vergolten.“
„Wenn sie schätzen müssten, wie viele Todesopfer dürften zu beklagen sein? Ich brauche hier einfach eine Zahl, am besten im drei-, vierstelligen Bereich“, Ziska tippt mit der Spitze ihres Kohlestiftes, welche jeder Schneidersnadel Konkurrenz machen könnte, auf das Pergament vor sich auf dem Tisch.
„Ach wissen sie, Frau Himmelmann, ich habe bislang nur Gutes über den Draconer Spatz und über sie gehört“, der schludrige Wanderer steht auf, geht um den mit Pergamentstücken tapezierten Botentisch herum und setzt sich auf dessen Kante. Mit seiner prankenartigen Hand streichelt er der immer noch lächelnden Redakteurin über die Wange. „…und ich weiss, dass man sich hier ein paar Dukaten zusätzlich verdienen kann. Darauf könnte ich aber verzichten, wenn mir ein solches Rasseweib wie sie es zweifelsohne eines sind, anderweitige… Dienste anbieten würde.“


In Venturia.
„…zwingend erforderlich, schliesslich muss der Manne für das Weib mitdenken, da sie ewig dumm bleiben muss. Umso länger der Barte wird, umso wichtigere Aufgaben…“ Sina kreischt als sich der Kopf einer Axt durch die Zimmertür bohrt, wie ein Messer, das durch weiche Butter gleitet. „Schschscht. Uns wird nichts passieren, Prinzessin“, Lydia von Ledmark schenkt ihren eigenen Worten keinen Glauben und trotzdem sieht sie es als ihre Pflicht an, diese Lüge zumindest für ihre Tochter in glaubhafte Worte zu fassen. Von ihrer eigenen Angst und der Wut auf ihren Mann, welcher in dieser Stunde nicht bei seiner Familie weilte, sondern wohl von irgendwelchen Wachen in Sicherheit gebracht wurde um einen allfälligen Wahlkampf heil zu überstehen, liess sie sich nichts anmerken. Unverrichteter Dinge klappt sie das Buch zu. „Lass uns ein Spiel spielen“, meint die blonde Frau nach einer kurzen Bedenkzeit, greift nach dem leichten Bettüberwurf, schwingt ihn in die Luft und begräbt sich und ihr Töchterchen unter ihm. Leises Kichern. Im Sitzen nimmt Lydia darauf eine Position ein, welche das weitere Geschehen an der Kinderzimmertür von Sina abschirmt. „Wir verstecken uns!“

In Draconis.
Tränen schiessen dem Wanderer in die Augen als die Schreiberin ihren spitzen Kohlestift noch etwas tiefer gegen seinen Oberschenkel drückt. Mit gedämpfter und nachdrücklicher Stimme spricht sie: „Glauben sie mir, mein lieber Freund, ich erfahre immer das, was ich erfahren will und einen so kleinen, bemitleidenswerten Fisch wie sie es einer sind, fress ich zum Frühstück, ohne auch nur einmal zu kauen.“ Sie löst den Druck der Stiftspitze, lächelt wiederum zuckersüss und lehnt sich zurück. „Also bis an die dreihundert Tote. Wie grausam! Vielen Dank für ihren Besuch und denken sie daran: Der Draconer Spatz steht für die Wahrheit! Empfehlen sie uns weiter!“


In Venturia.
Das Gepolter der aus den Angeln gehobenen Tür bleibt für die kleine Sina gedämpft und kaum vernehmbar. Liebevoll hält ihr ihre Mutter die beiden Ohren zu. Lichter tanzen auf der halbdurchsichtigen Bettdecke über ihren Köpfen. Umrisse von hastig bewegten Fackeln. Lydia neigt sich nach vorne und küsst ihre Tochter auf die Stirn. Dann wird es dunkel.


Zuletzt geändert von Illis: 27.10.07, 22:44, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 31.10.07, 01:40 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
103 Tagesläufe, 22 Stunden, 3 Zyklen und 59 Herzschläge

Das Herz des ew'gen Wassers ist unendlich. Sein Leib erreicht das äusserste Ende der Welt und berührt den Himmel. Und in seinem Innern, den düsteren Tiefen, liegt so mancher Schatz, der sich nur selten einem Glücklichen am begrenzten, einschränkenden Lande offenbart.

Siebenwind.
In ihre regelmässigen und stupiden Kreischgesänge vertieft, fliegen die Möwen über die Weiten der verfluchten Insel. Ein Festmahl lockt. Schatten, schwarze Abbilder der weissen Federtiere, schleichen leise über die Dächer von Falkensee. Die Unebenheiten der Ziegel lassen die klar abgegrenzten, dunklen Umrisse erzittern. Der schneeweisse Trauerzug wandert gen’ Strand und gesellt sich zu einer Traube der ihren, welche sich bereits neugierig um den leblosen Frauenkörper gebildet hat. Angeschwemmt von der Wellen Gnade. Liegengelassen von ihrer Gleichgültigkeit. Als ob sie das Objekt ihrer Begierde nach ihrem allgemeinen Wohlbefinden fragen wollten, eine reine Anstandsgeste, picken die Möwen unnachlässig in den regungslosen, von blauen Flecken und einer unbändigen Gewalt gezeichneten Körper.

Das Leben zieht vorüber, so wie Fela über das hellblaue Himmelszelt wandert und Stück für Stück der einbrechenden Nacht Platz macht. Erst als die Fackeln der, durch den Krach der Möwen aufgeschreckten Einwohner sich nähern, erheben sich die Vögel schimpfend in die Schwärze der Dunkelheit und erweisen ihr so, in einem taumelnden Sturm aus fallenden Federn, die letzte Aufwartung.

Ihr, der Königin Falandriens, angeschwemmt an die Ufer Siebenwinds. Ringend mit dem Tode.

(oG. Möchte hiermit jeden, der Lust hat einen Beitrag zur Geschichte zu leisten, einladen mitzuschreiben. :))


Zuletzt geändert von Illis: 31.10.07, 16:55, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 31.10.07, 04:01 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 22.01.06, 04:25
Beiträge: 77
Noch immer pochte sein Herz wie wild. Es war eine Sache, mit Sire Laske zu reden...auch wenn er ihn mindestens genauso achtete, wie jeden anderen Ritter, vielleicht sogar einen Deut mehr, so fühlte sich der Rotschopf in seiner Gegenwart doch nie so...nervös. Beim Gespräch mit Sire Steiner jedenfalls hatte er irgendwie unbändige Angst, etwas falsches zu sagen, oder sich nur falsch zu bewegen.

Dennoch, er hatte das Gefühl, das es gut gelaufen war, er dem Orden keine Schande gemacht hatte durch Fehlverhalten oder ähnliches.

So befand er sich gerade auf dem Rückweg...die trüben Gedanken an den Tod seines Mitschülers, den er kaum kannte, wie weggeblassen von Nervosität und dann dem Gefühl der Erleichterung und sogar Befriedigung. Aber dann hörte er es...das kreischen der Möwen, ungewöhnlich laut. Schnell begab er sich zum Pier, das ja gerade in der Nähe der Burg war. Er spähte umher, aber ob der Dunkelheit konnte er nur die Möwen sehen.

Seine Neugier allerdings verlangte, befriedigt zu werden. So begab er sich durch die Stadt und aus dieser heraus...seine Schritte führten ihn durch das Armenviertel und schliesslich auch aus diesem heraus, an der Stadtmauer entlang. Die Möwen waren schnell gefunden.

Was er erst bemerkte, als er näher herantrat, war die Frau. Schnell eilte er zum Strand, zog sie erstmal vom Wasser weg, doch was dann? Er breitete erstmal seinen Umhang über ihr aus, aber sie schien nicht zu atmen...was sollte er tun? So etwas hatten sie im Erstversorgungsunterricht noch nicht gehabt...

Zu seinem Glück kam diese Graumagierin vorbei, sie und ein Halbling...er wusste nicht, ob sie helfen konnten, aber sie konnten zumindest aufpassen. Also rannte er wie vom Einen gejagt zurück in die Stadt, schickte jeden den er traf zum Strand, und schliesslich fand er auch einen Heiler. Er hatte schon dem Tod ins Auge gesehen, aber noch nie hatte sein Herz so wild gepocht, als wo er den Mann zurück zum Strand führte.

Dort angekommen ging er erstmal halb auf die Knie...zu außer Atem, zu zittrig...schnell beruhigte er sich als der Frau geholfen wurde...dann stand er auch schon wieder auf, und ging näher heran...betrachtete sie noch einmal. Dann fiel ihm auch der Ring auf...sehr edel, das konnte er selbst aus der Entfernung sehen. Als Rias dann schliesslich las, was darauf stand...wusste er, wer da lag. Er brauchte Korena's Aufforderung, alle Ritter zu rufen, die er finden konnte, kaum noch. Also rannte er erneut...diesmal zur Burg.

Allerdings schien niemand anzutreffen...erst einmal. Bald schon kamen Rias, und der Heiler...mit der Frau, von der er nun wusste, das es höchstwahrscheinlich die Königin war. Und endlich kam auch Sire Steiner...mehr gekeucht hatte er, wer dort lag, während der Heiler darauf bestand, sie hinein zu bringen...Recht hatte er, natürlich, aber irgendwie wollte es nicht mehr aus dem Kopf des Rotschopfs, wenn er da vom Wasser weggezogen hatte.

Drinnen wurde die Königin dann versorgt...er bekam davon wenig mit, brach erstmal halb auf dem Stuhl zusammen...schon wurde er wieder losgeschickt, zum Hospiz, da dort wohl noch ein Verletzter war...vielleicht der König? Wie sich herausstellte, nur ein Schneider...der auch schon wieder gegangen war. Mit Eliana ging er zurück zur Burg...

Erneut hatte er nicht lang Ruhe. Er sollte Lucius den Strand zeigen...also ging er zum Nordtor, sein Pferd holen, erneut mit Eliana...natürlich fanden sie dann auch noch Hadrian. Cedric wusste nicht, was er tun sollte...schlussendlich sagte er Eliana, sich um ihn zu kümmern. Er musste seine Pflicht erfüllen...

Selbst Sire Steiner war am Südtor, um sich den Strand anzusehen...so führte er sie, doch Trümmer waren dort keine. Es wurde der Befehl gegeben, die Küsten abzureiten...vor allem im Ödland. Wenn der König dort war...natürlich meldete er sich freiwillig, mitzukommen.

Doch sie fanden nichts...selbst nachdem sie zurückkehrten, und dort ein Dwarschim sagte, er habe brennende Trümmer gefunden, und sie daraufhin noch einmal ausritten...nichts.

Nun, viele Zyklen nachdem er sie zuerst dort am Strand fand, wankte er mehr wie er ging durch die Straßen...zum öffentlichen Schlafsaal. Weder den Wall noch Brandenstein würde er heute erreichen...ohne sich der Rüstung zu entledigen sank er auf eines der Betten, etwas, das er am Morgen sicher bereuen würde...doch als er wegdämmerte, konnte er nur an eines denken...

Wo war der König?

(oG. Meine Seite der Geschichte...wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten...'s is drei Uhr morgens...)


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 31.10.07, 04:30 
Ehrenbürger
Ehrenbürger
Benutzeravatar

Registriert: 29.03.05, 14:13
Beiträge: 647
Ich hab die Nase der Königin im Mund ge ....!
Allzuviel mehr als das schwirrte nicht durch seinen fast völlig leergefegten Schädel.
Sicher, es war nötig gewesen, aber ob ihre Majestät, wenn sie denn einmal gefunden würde, das genauso sah?
Sein Magen brannte vor Scham, hätte er nur gewusst, wer das war, ehe er ihr in die Nase gepustet hatte!
Aber dann wäre sie tot. Auch nichts, was der Welt weiter half, oder nicht?
Ein Held, hatten sie gesagt, hah, ein schöner Held, mit Erbrochenem auf den Stiefeln, dem Herz in der Hose und der Angst, bald den Kopf zu verlieren, weil er die Königin im Arm gehabt hatte.
So leicht war sie gewesen... so fürchterlich zerschlagen... wer hatte diesem armen Geschöpf das angetan?
Einen Augenblick flackerte das bleiche Gesicht eines anderen bedauernswerten Geschöpfes vor seinem Blick auf: Benjamin, frisch gewaschen und tot in der Krypta des Tempels...
Nein, heute war kein guter Tag für zarte, unschuldige Geschöpfe!

_________________
Inaktiv. Grund: die Nettigkeit des Rates, der wie üblich keine Ahnung hat, wie man mit Spielern umgeht, noch dazu welchen, die sich für Siebenwind einsetzen.
Eventgeilheit ftw!


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 31.10.07, 16:14 
Edelbürger
Edelbürger
Benutzeravatar

Registriert: 6.04.04, 14:32
Beiträge: 6702
Wohnort: Hamburg
Wind schlug ihm entgegen, wie ein Kutscher der seine Pferde mit der Peitsche antrieb.
Hoch droben stand er auf dem höchsten Gipfel dieser Insel.
Die arme nach hinten hin ausgebreitet, den Kopf im Nacken liegend.
Wieder schlug der Wind auf ihn ein, erbarmungslos.
Er hörte die Möwen kreischen.
Gierige Bestien und nichts als Seemannsgarn hatten sie zu erzählen.
Die brachiale Gewalt des tobenden Herren schliff den Felsen auf dem er stand.
Beobachtete das geschehen und hörte den Möwen zu, bis Fela am Horizont verschwand.

Er öffnete die Augen, sah es, sah es kommen.
Es würde eine schwere Zeit werden.
Denn er, der Sklave des Schattens, würde sein Kinn recken.

Ein leises Wispern.

Die neun Sterne der Könige wandern auseinander.

Und er sprang in die Tiefe, die Klippe hinab.

Dann war alles vorbei.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Der Reichskorrespondent: Ausgabe 1
BeitragVerfasst: 31.10.07, 21:42 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 31.10.07, 18:26
Beiträge: 10
*Im Laufe der folgenden Zyklen tauchen auf der ganzen Insel handschriftliche Kopien des folgenden Inhalts auf, die, mal ganz offen, mal eher versteckt, hier und da abgelegt wurden. Urteilt man nach den unterschiedlichen Handschriften, müssen mehrere unterschiedliche Schreiber am Werk gewesen sein, die genaue Anzahl liesse sich aber nur ermitteln, wäre man im Besitz jeder einzelnen Kopie des Reichskorrespondenten - eine unmöglich anmutendes Unterfangen, da unklar ist, wie viele der Ausgaben bereits in den Händen des Volkes befindlich sind.*
Zitat:
Bild
Wandeltag, 2. Seker 18 nach Hilgorad
Ausgabe 1


KÖNIGIN BRYNN AUF SIEBENWIND
Dramatische Ereignisse nahe Falkensee

Im ersten Zyklus des 2. Seker 18 nach Hilgorad klangen Rufe nach einem Heiler durch die Straßen der Hauptstadt Siebenwinds, und läuteten dramatische Begebenheiten ein:
Dem jungen Cedric Rotfuchs, Mitglied des Orden des wachenden Löwen, war es gelungen eine vorerst unbekannte Frau zu bergen, die unweit Falkensees leblos an den Strand gespült worden war.
Mit Hilfe der Hinzugeeilten, allen voran Herrn Zacharias Gropp, bekannt durch das Gropp'sche Gestüt zu Brandenstein, konnte die Verunglückte wieder zum atmen gebracht werden.
Groß waren Erstaunen und Erschrecken, als ein Ring am Finger der Unbekannten sie als niemanden anderes als ihre Majestät, Königin Brynn identifizierte.
Geleitet von dem inzwischen deutlich angewachsenen Zug freiwilliger Helfer wurde die Königin in die Burg Finianswacht gebracht, wo sie magisch tatkräftig erstversorgt wurde, bis im Lazarett der Burg unter strenger Bewachung gründlichere Behandlung möglich war.
 
Noch während die Königin in den Mauern Finianswachts versorgt wurde, begann eine fieberhafte Suche nach seiner Majestät, König Hilgorad. Die Küste wurde abgeritten und sämtliche Hinweise auf den Verbleib des Königs untersucht, doch fanden sich nicht mehr als einige brennende Trümmer eines Schiffes vor der Küstenlinie des Eilandes. Einige vermummte und scheinbar viel zu gut informierte Personen derer man am Wall ansichtig wurde, tragen ihr Übriges zur Angespannten Stimmung auf der Insel bei. Das Volk wird aufgerufen sämtliche Hinweise über den Verbleib seiner Majestät zu melden, und um das Wohlergehen des königlichen Paares zu beten.


***

FORTGANG DER SUCHE NACH DEM KÖNIG
Auswertung der Informationen und Gerüchte vom Festland

Fragen über ungeklärte Fragen ranken sich um das Verschwinden des königlichen Paares, und nicht minder viele Gerüchte und unklare Zeugenaussagen kursieren nunmehr durch das gesamte Großreich.
Fakten und bewiesene Begebenheiten aber sind es, denen als einzige verlässliche Informationen Glauben geschenkt werden darf. So zum Beispiel berichteten die königlichen Gesandten aus Draconis, daß zwar, wie nicht anders zu erwarten war, die Reichsshauptstadt und ihr Regentenviertel in heller Aufregung sind, der 'drohenden Zusammenbruch des Reiches', wie Gerüchte und fragwürdige Klatschblätter im ganzen Land aber künden sei aber keineswegs zu befürchten, die vorrübergehende Regentschaft bis zur Rückkehr des Königs - an der nicht gezweifelt wird - sei aber gesichert.
So scheint auch der durch die Baronsfamilie zu Ledmark angekündige Wunsch des Barons, das königliche Amt zu übernehmen - da unser geliebter König bislang bedauerlicherweise keine direkten Nachkommen hat, würde es im Falle eines Falles auf einen Herrscher aus indirekter Blutlinie herauslaufen - bislang utopisch, wenn sie auch wenig verwunderlich ist, ist doch Baron Delio von und zu Ledmark landesweit als herrschsüchtig und machtgierig verschrien. Die vollkommen verfrühte und taktlose Ankündigung passt somit ins Bild, und ist es wohl bislang noch nicht wert, ernsthaft diskutiert zu werden.

Während landesweit die Suche nach Spuren oder Hinweisen fieberhaft vorrangeht, bleibt auch unser Eiland nicht unbetroffen von den Begebenheiten, mag es auch abseits liegen. So werden Gerüchte laut, Baron Friedwart von und zu Gerdenwald, königlicher Beauftragter zu Siebenwind, habe seine Rückkehr angekündigt, um in dunkler Zeit bei seinem Volk zu sein.
War es auch bis Redaktionsschluss nicht möglich, aus seriöser Quelle Bestätigung zu diesen Informationen einzuholen, so scheint es zumindest nicht abwegig, und es wird sich erweisen müssen, ob im Hafen zu Brandenstein in Bälde ein fürstliches Schiff ankert. Wie eine Rückkehr des Barons aussehen würde, darüber lässt sich bislang lediglich spekulieren.
Festzuhalten in diesen Tagen bleibt jedoch, daß keinerlei Grund besteht, den Untergang des Reichs zu prophezeihen, vielmehr sollten wir in dunkler Zeit, ganz im Gegensatz zum Baron von Ledmark, unsere Treue seiner Majestät Hilgorad ap Mer und seiner Gattin gegenüber beweisen.
Unsere Gedanken und Gebete gelten dem königlichen Paar, unsere Unterstützung unserem Lehnsherren, Graf Hagen Robaar von Saalhorn zu Siebenwind, der Siebenwind bereits durch so manchen Sturm gebracht hat, denn unseren Beitrag leisten zur Suche nach dem verschollenen König können wir nur, wenn wir seinen Weisungen und Anordnungen folgen, die koordiniert und abgestimmt sind mit dem Handeln aller anderen Lehensführungen, und so die Viere gnädig sind zum Ziel führen werden.


[Reichskorrespondent als IG Item erhältlich]


Zuletzt geändert von Reichskorrespondent: 31.10.07, 21:44, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 1.11.07, 01:01 
Edelbürger
Edelbürger
Benutzeravatar

Registriert: 29.09.05, 14:56
Beiträge: 1619
"Verdammt, atme, Mädchen, atme!" Wild hämmerten die Gedanken durch den Kopf des Grauhaarigen, wärend er mit aller Kunst, die er sich über die Jahre angeeignet hatte versuchte, das Leben zurück in den Körper der so zerbrechlich wirkenden jungen Frau zu locken.

Zuerst war da Ehrfurcht gewesen. Die Königin, die bedeutenste Frau ganz Falandriens, Gemahlin des Königs, von den Göttern auserwählt. Doch Jahre im Feld hatten ihre Spuren hinterlassen, hatten gelehrt, dass Krankheit, Schmerz und Tod keinen Unterschied zwischen Adel und Freien machten. Und so hatte er die Scheu rasch überwunden, um sich ganz seiner Aufgabe zu widmen. Und je länger er sich um ihr Leben sorgte, desto mehr trat die Königin in den Hintergrund und machte dem armen, geschundenen Mädchen platz, als das sie hier ohne Titel und Hofstaat erschien.

"Betet darum, dass das funktioniert!" Die Aufforderung an die Umstehenden schien überflüssig. Sie alle hatten ihr möglichstes versucht. Der Hochelf mit seiner noch eher ungeübten Magie, Solos Nhergas mit all ihrer Macht und Erfahrung, Luther Dueff mit seiner besorgten Hilfsbereitschaft. Und doch lag sie im Sterben.

Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht die Königin, nachdem sie gerade erst dem Meer entkommen war. Nicht das misshandelte, unschuldige Mädchen, das hier lag. Ein Mädchen, das seine Tochter sein könnte, die inzwischen wohl genauso alt wäre. Kurz verblasste der Raum und wich dem Bild eines niedergebrannten Dorfes unter grauem Himmel. Nicht daran denken. Hier ist deine Aufgabe, hier wirst du gebraucht. Herrin Vitama hilf! Plötzlich das befreiende Husten, ein Würgen, und ein weiterer dicker Klumpen Schleim wurde herausgeschleudert, röchelnd setzte die Atmung wieder ein. Es war geschafft. Sie würde leben. Vorerst.

Vorsichtig wurde sie zurück gebettet, wieder in dicke Decken eingewickelt. Verängstigt wirkte sie so, klein und verloren. Eingekauert und zusammengerollt unter der Decke, alleine die Geste schien schon ein leises Wimmern auszudrücken. Unwillkürlich, ohne darüber nachzudenken, trat er an das Bett und strich der Frau beruhigend über die Stirn, über die Haare. Nicht der Königin, sondern dem verängstigten Mädchen.

Hochwürden Benion kam, benachrichtigt wohl durch eine Flugschrift, in der das Auffinden der Königin verkündet wurde. Mit seiner Erfahrung und der Gnade Vitamas gelang es zuletzt, den Zustand der Kranken zu stabilisieren. Und so lag sie dann im Bett, klein, eingeschüchtert, geschwächt. Und dann, irgendwann in der Nacht, als sie wieder Alpträume zu schütteln schienen, setzte er sich auf die Bettkante und nahm sie in den Arm, sang ihr leise Lieder aus früheren, glücklicheren Tagen. Wie einer Tochter, die sie hätte sein können.

_________________
Rowin Rodeberg


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 1.11.07, 02:47 
Edelbürger
Edelbürger
Benutzeravatar

Registriert: 26.05.03, 18:02
Beiträge: 1310
Zitat:
Das Leben der Brynn




Geboren 5 Jahre vor der Thronbesteigung des Königs Hilgorad ap Mer wurde das Mädchen Brynn in Falkenstein, dem Dreh und Angelpunkt des Handels zwischen Endophal und Galadon.
Mit zwei Kulturen aufgewachsen, lernte Brynn schon ziemlich früh, diplomatisch zu sein: des einen Leid war des anderen Freud und umgekehrt, und so war es fast schon gute Sitte, selbst als Knirps höchst diplomatisch vorzugehen.
Brynns Eltern waren beide Händler: Miajana und Karlon Listpfad kümmerten sich darum, das die örtlichen Hospize und Heiler mit allem nötigen an Heilkräutern, Tinkturen, Verbänden und so weiter versorgt wurden.
Davon ließ sich recht gut leben, auch wenn der Familie natürlich große Sprünge nicht möglich waren.
Brynn besuchte die Schule ‚Astraels Segenswort‘ und lernte dort Lesen, Schreiben, Geographie und einiges an Geschichte.
Schließlich gelang ihrer Mutter der große Durchbruch im Handel: sie versorgten nun auch die adligen Häuser vor Ort und die Orte in der Umgebung mit allem nötigen, ebenso wie mit edlen Gebräuen wie Massageölen und Parfümen.
Brynn wurde von der Schule genommen und privat unterrichtet, wodurch ihr eine vielfältige und reiche Bildung zuteil wurde.
Das Mädchen sollte natürlich das wachsende Handelshaus übernehmen, aber das lag der zurückhaltenden, klugen Brynn überhaupt nicht. Sie sah sich lieber als Erzieherin junger Menschen, als Lehrerin: ihre eigene Lehrerin, die mittlerweile verstorbene Dienerin Astraels Ariala Weißhand hatte sie schwer beeindruckt und diesen Wunsch in ihr geweckt.
Die Eltern waren darüber wenig begeistert, schließlich aber hatten sie ja noch einen Sohn, Dirin, der von nun an als Erbe gehandelt wurde.
Brynn jedoch trat in den Dienst eines Adelshauses endophalischen Blutes und arbeitete sich mit ihrer fleissigen, ruhigen, ehrlichen und herzensguten Art rasch hinauf: sie beabsichtigte, bei der Erziehung der Kinder ihrer Herren bei zu helfen und somit Erfahrung zu sammeln, um später an einer Schule unterrichten zu können.
Sie gewann – vermeintlich - das Vertrauen ihrer Herrin Sah Tuarem u Mahasu und begleitete sie fort an; das war zwar nicht in ihrem Sinne, denn die jüngere Schwester der Herrin hatte Kinder und dort wäre sie lieber gewesen, aber ihr Pflichtgefühl verbot es ihr, wirklich zu protestieren und so fügte sie sich, nichts ahnend, das dies den Lauf ihrer Geschichte ändern würde.
Die Jahre gingen ins Land und Brynn hatte zahlreiche Verehrer: sie war auf schlichte Weise hübsch, gebildet, klug, nicht ganz arm und zu jedem freundlich.
Als jedoch die ersten der Verehrer aufdringlich wurden, erlernte sie rasch, sich zu erwehren und führte fortan zu ihrer eigenen Sicherheit einen Dolch mit sich, den sie alsbald beinahe meisterlich zu führen wusste.
Eines Tages kam die Einladung zum großen Ball am Hofe von Draconis.
Brynn diente ihrer Herrin nun schon 5 Götterläufe und arbeitete, wenn diese sie nicht brauchte, so oft es ging bei den Kindern im Haushalt mit, und so war sie gar nicht begeistert, mit nach Draconis genommen zu werden.
Natürlich fügte sie sich – allein schon aus Sorge, unterwegs könnte ihrer Herrin etwas zustoßen, und reiste mit dieser an den Hof der Bernsteinburg.
Tatsächlich fiel ihre Herrin, während sich Brynn auch den ein oder anderen Verehrer anlächelte, in die nähere Auswahl und so durfte Brynn sogar den König sehen, als sie ihrer Herrin und ihrem hohen Gast Tee servieren durfte.
Sie sah den Dolch zuerst, den ihre Herrin aus dem eleganten Gewand zog: er war schwarz überzogen mit einer widerlichen Masse und schien alles Licht aufzusaugen.
Mit einem grässlichen Schrei sprang die Attentäterin vor und stürzte sich auf den König, der gerade arglos sich nieder gelassen hatte.
Brynn zögerte nicht: sie warf sich nach vorne, die volle Teekanne nach ihrer Herrin werfend, und fühlte nur noch, wie der Dolch ihre Flanke durchstieß.
Die Teekanne hatte den Stoß vom Herzen abgelenkt und ihr damit das Leben gerettet.
Der König rief die Wachen und wurde dann selbst niedergestochen; allerdings hatte der brühend heiße Tee aus der zerschellten Kanne die Attentäterin recht effektiv abgelenkt und so verfehlte sie auch beim zweiten Versuch ihr Opfer…
Monde später erwachte Brynn aus einem todesähnlichen Schlaf und wurde sogleich auf die höchste Weise geehrt für die Rettung des Königs.
Als dieser schließlich erwachte, wollte er seine Retterin sofort sehen und von da an war es um sie beide geschehen: die Göttin Vitama ließ keine Gnade walten und wand ein Band der Liebe, dicker als ein Tau um sie.
Wenige Wochen später hielt ihre Majestät um die Hand der mittlerweile in den Adelsstand erhobenen Dame Brynn an und ehelichte sie schließlich trotz aller Empörungen seiner (zu diesem Zeitpunkt bereits entlassenen) Berater am 2. Tag des Lichthoches im Jahre 18 nach Hilgorad.




Im Auftrag Illis getippt und gepostet

_________________
Inaktiv.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 1.11.07, 10:33 
Edelbürger
Edelbürger
Benutzeravatar

Registriert: 21.02.07, 13:48
Beiträge: 2488
Wohnort: vandrischen Tiefen
Müde ruhte Proveus an einer Klippe. Allgegenwärtig war ihm die Lage. Er hatte es nicht befürchtet, er hatte es gewusst. Schon lange wußte er, was kommen wird, schon lange hat er sich darauf vorbereitet. Als seine erste Reise nach Siebenwind ihn ereilte, war ihm schon bewusst, dass dieser Tag kommen wird. Das Land war noch rau und im Aufbau. Aber es war noch friedlich.

Diese Zeiten sind vorbei. Dieses Zeitalter auch in Kürze. Ein neues wird anbrechen. Die letzte Schlacht wird kommen. An jenem Tag wird er das Banner als Arin'ril führen.

Ilari vara trak ! Ilari vill end ! Dukai vara ilar tek i grat. Lerar sig khet !

_________________
Suum cuique


"Dio perdona... Io no!"


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 1.11.07, 15:40 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 1.11.07, 15:24
Beiträge: 2
Vor wenigen Tagen erst, noch bevor die Königin an den Ufern der Insel gefunden wurde, tauchten hier und da wenige Exemplare der zweiten Tavernenpostille auf. Vornehmlich in Tavernen lag sie aus, doch fand auch eine Ausgabe ihren Weg in den Briefkasten des Siebenwindboten in Falkensee.
Wer sich diese Blätter genauer ansieht, wird erkennen, daß sich das Schriftbild des handgeschriebenen Blattes stets ähnelt. Ebenso wird auffallen, daß das Pergament eher rauh und von einfacher, rascher Machart zu sein scheint - billig in jeglicher Hinsicht wird wohl dieses Blatt auf manch' halbwegs intelligente Person der Insel wirken.

Bild


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 2.11.07, 03:47 
Ehrenbürger
Ehrenbürger
Benutzeravatar

Registriert: 15.11.06, 19:44
Beiträge: 836
Wohnort: NRW
Das flackernde Kerzenlicht der Wandhalter entlang der stillen Korridore warf seine Schatten auf die Tür.
Gardist Owinry, dessen Miene sich seit dem Vorfall früher am Tag nicht aufgehellt hatte, stand reglos auf der anderen Seite, die Hellebarde in der Rechten, die linke Hand kaum merklich zur Faust geballt. Ungewohnt angestrengt wirkte seine Miene, beschäftigt und verschlossen.
Pharalis presste die Lippen zusammen und warf einen aufmerksamen Blick den Gang hinunter, in Richtung der Treppen, ehe ihr Blick wie magisch angezogen wieder auf die Türe zwischen ihr und Owinry fiel.
Eine Holztür, eine ganz normale Holztür mit eisernen Beschlägen in denen das Kerzenlicht schwach reflektiert wurde, eine Holztür wie so viele...
Die Königin. Ihre Majestät, Königin Brynn.
Es erschien Pharalis so ungemein unrealistisch, daß sie für einen Moment vermeinte, lediglich zu träumen. Vor einem Jahr, als sie das kleine Dorf inmitten der Gipfel der Lichtenfelder Klauenberge verlassen hatte, war sie losgezogen mit allerlei Träumen und Vorstellungen, aber nie wäre sie auf den Gedanken kommen, daß sie jemals...! So fern lag Draconis von Heimat und Siebenwind, so fern wirkte der königliche Palast und der Herrscher Galadons, wie die höchsten Gipfel der Klauenberge, weitab aller Gebirspässe, von denen auch an den heißesten Tage des Jahres der Schnee nicht wich und die man versonnen beobachtete, wenn die letzten Felastrahlen eines Zyklusses sie in goldenen Schein tauchten.
Und doch... nur eine einfache Holztür war es, hinter der die Königin, Ihre Majestät Königin Brynn selbst, ruhte, bewacht von Ritter Laske und Rowin, dem Feldscher der Garde.
Mühevoll verbannte Pharalis die tiefe Ehrfurcht aus ihrer Miene, die Edelfrau Nhergas zum Anlass genommen hatte, sie anzufahren wie eine Anwärterin einer hinterwäldlerischen Bürgermiliz, doch nicht ganz gelang ihr die stoische Miene.
Vielleicht war es für Solos Nhergas nichts besonderes, nur durch eine Holztür von der Königin getrennt zu sein, wer wusste schon, vielleicht erschien es ihr normal und selbstverständlich, aber Pharalis verließ die Mischung aus Ungläubigkeit über die Situation und tiefer Ehrfurcht nicht.
Hier auf dem Korridor vor jener einfachen Holztür wurde klarer erkennbar als je zuvor, wie klein und unbedeutend eine einfache Gardistin war. Doch egal wie unwichtig und ersetzbar Pharalis sein mochte, so konnte sie doch einen kleinen Beitrag leisten, für die Königin, für das Königspaar, für das Reich. War sich die Königin auch nicht einmal ihrer Existenz bewusst, diesen Zyklus war es an Pharalis, die Tür zu bewachen und für die Sicherheit ihrer Majestät zu sorgen, und während dieser Stunden würde es zu keinem weiteren Vorfall kommen.

_________________
Bild
"Meine Mittelmäßigkeit erkennen. Nicht in geißelnder Selbstverachtung, nicht in Bekennerhochmut, aber als eine Gefahr für die Integrität des Handelns, wenn ich sie aus den Augen lasse."
- Hammarskjöld


Zuletzt geändert von i.like.toads: 2.11.07, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 2.11.07, 18:37 
Altratler
Altratler
Benutzeravatar

Registriert: 31.03.04, 11:39
Beiträge: 6451
Was für Tage.. still saß sie im selben Zimmer wie das Bett ihrer Königin stand. Vor ihr auf dem Tisch einige Akten, verschnürt mit Kordeln um sie geschlossen zu halten. Einige davon offen vor ihr liegend, daneben ein kleines Tintenfass mit einer sehr einfachen Schreibfeder welche schon etwas abgegriffen aussieht. Nach einigen Momenten hält sie inne und fährt sich über das Gesicht. Auch wenn sie nicht im Zimmer der Königin wache gehalten hat, hat sie die Nachtzyklen zuvor im Bett im Zimmer daneben verbracht.. hunderte Gedanken schoßen ihr durch den Kopf und sie verbrachte selten mehr als einen viertel Dunkelzyklus mit Schlaf.

Ständig musste sie daran denken das neben an die Königin liegt. Wie sie in großer Gefahr schwebt. Die Burg bietet kaum Schutz für sie und überhaupt... Dieses Attentat... das hätte nicht passieren dürfen. Wäre sie doch bloß nicht in die Kämpferschule gegangen. Das wird nicht noch einmal passieren.

Dann noch diese Gardistin. So recht weiß sie nicht was sie von ihr halten soll. Natürlich versteht sie es wenn eine Soldaten ihren Dienst damit verbringen will die Königin zu beschützen, aber es wirkt doch recht anmutig. Als sich im Volk herumsprach das die Königin gefunden wurde und verletzt war, tauchten eine ganze Menge Quacksalber auf. Wer weiß was sie mit ihr gemacht hätten. Astrael sei dank stand ihr Hochwürden Benion zur Seite und auch der Prätor kam regelmäßig zu Besuch. Kleine Lichter im momentanen großen Dunkel. Jetzt steht die Gardistin doch vor der Tür und statt den Gang zu beobachten sieht lieber auf die Tür. Wahrscheinlich hätte ein Pfeil durch an ihr vorbei schießen können und sie hätte auf die Tür gesehen in freudiger Erwartung vielleicht einen kurzen Blick auf die Königin werfen zu können. Sie hatte sie ermahnt in der Hoffnung das sie ihrer immens wichtigen Aufgabe gewahr wird. Es ist ja schließlich nicht irgendeine Person, keine Baronin und keine Gräfin. Nein die Königin persönlich liegt dort im Zimmer in einem Bett. Und als Wache starrt sie die Tür an. Hoffentlich hat sie die Wichtigkeit ihrer Aufgabe besser verstanden.

100 Tagesläufe, 22 Stunden, 1 Zyklus, 48 Herzschläge

_________________
Es gibt 2 Sorten von Kindern: Die Lieben und DIE ZERSTÖRER!

(@Laylira) oder du wirst zu diese art von IMBA mage die im Forum immer diskutiert wirst. (@Laylira) Und führst 50x Meteorstrike in nem Packpferd mit dir spazieren.
(Solos kommt ins Teamspeak summt die Indiana Jones Melodie) - GreenLantern: Hallo Indiana Solos - Solos: Nene Indiana Djolos, das D ist stumm.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Fünf Minuten Ruhm
BeitragVerfasst: 2.11.07, 20:37 
Bürger
Bürger
Benutzeravatar

Registriert: 7.10.07, 11:45
Beiträge: 308
Er lehnte sich für einen Moment an die Wand hinter sich an und schloss die Augen während er sein trockenes Brot zerkaute.

Nur eine kurze Pause, danach musst du wieder aufpassen, nur eine kleine Pause ....


Ehe auch schon die Erlebnisse des vortags an ihm vorüberzogen. Er kam in den Burghof, als es auch schon hieß, die Pferde sollen gesattelt werden, es wird erneut die Küsten abgeritten auf der Suche nach unserem geliebten Hilgorad dem I. Unserem König. Es war eine erfolglose und ereignislose suche. Sieben Gardisten und ein Ritter suchten die Küste von Falkensee bis Greifenklipp ab und fanden nichts, bis auf einen Bären der meinte er könnte es mit der geballten ritterlichen Garde aufnehmen. Armer Bär.

Als sie wiederkamen wurden sie entlassen und einige verschwanden sofort um sich abzurüsten, andere blieben auf dem Burghof. Eliana stand ihm gegenüber und winkte ihm grinsend. Er grinste zurück als der Ritter gerade nicht hersah und als er ihnen den Rücken zugedreht hat, schlich sich Eliana hinter ihn und berichtete ihm freudig, dass sie Sire Steiner Tapfer genannt hat, weil sie keine Auskunft an einige Dunkle Diener gab. Sie war wirklich tapfer und er war wirklich Stolz auf sie, zum glück reichte die Zeit gerade noch um es ihr auch zu sagen, ehe er schon von Sire Steiner in den Gardeturm gerufen wurde. Das Gespräch welches nun folgen sollte, war äußerst unerfreulich und er ahnte schon, dass er für sehr lange Zeit nicht mehr nach Brandenstein zurückkehren konnte zu ihr. Schweren Herzens trat er aber seinen Dienst vor der Türe an, die Pflicht geht immer noch über alles. Nun stand er da. Vor den Gemächern der Königin. Er sah einen Moment zu Owinry und stellte fest, wie schrecklich er aussah.

Er versuchte ihn davon zu überzeugen, dass die Garde eine Einheit war und eine Gemeinschaft, die es nicht zulassen würde, dass jemand im Stich gelassen wird und er soll sich ablösen lassen. Und obwohl Auron ihn verstand, konnte er doch nicht mitansehen wie er sich quälte, wo es doch genug Gardisten in der Burg gab, die ihn für eine kurze Ruhepause ablösen konnten. Und so bat er Ritter Dueff darum, ihn abzulösen und schon nach kurzer Zeit kam er mit Gardistin Avistur zurück, die seinen Platz für einen Zyklus einnahm, um ihm die nötige Ruhe zu gönnen. Jeder der Gardisten ließ besondere aufmerksamkeit walten, und jeder von ihnen warf dann und wann einen Blick auf die Tür, hinter der die Königin lag. Wer konnte es ihnen verdenken, die Königin selbst bewachten sie nicht alle Tage. Warum es ausgerechnet Pharalis traf, die eine Rüge bekam, ließ sich wohl nur durch ihre Nähe zur Treppe erklären, die Edeldame Nhergas erklomm - Pharalis stand ihr als nächstes. Vollkommen ungerechtfertigt und unsinnig hatte sie die Gardistin, der sie nichteinmal weisungsbefugt gegenüber war, angefahren, sie würde ihre Aufgabe nicht erfüllen, ihre Pflicht vernachlässigen. Irgendwann hielt es Auron nicht mehr aus. Diese Vorwürfe hatten keinen Grund und Boden und genau das sagte er ihr auch, so respektvoll wie es ihm nur möglich war. Er sagte ihr, dass die Gardistin sehr wohl wisse, was sie tut, während die Gardistin, ob zu erschrocken über die Edelfrau oder schlicht zu anständig, sich gegen die unfaire Behandlung zu wehren, schwieg


Und nun war es morgen. Er war mittlerweile fast einen ganzen Tag wach und 4 Zyklen stand er nun schon hier vor ihrer Kammer und bewachte die Türe. Als ihn Armand erneut ansprach, wusste er, dass seine Pause vorbei war, unda lles was er getan hatte, war nachzudenken ... seine kompletten fünf Minuten.

_________________
Ein Dutzend verlogener Komplimente ist leichter zu ertragen als ein einziger aufrichtiger Tadel.
Mark Twain, Bekannt aus Star Trek - The Next Generation Staffel 5, Folge 26.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 3.11.07, 00:46 
Bürger
Bürger
Benutzeravatar

Registriert: 1.02.06, 12:36
Beiträge: 457
Wohnort: Baronie Morthum
Als Anissa Althea den Brief reichte, huschte der jungen Maga ein Lächeln beim Anblick der Schrift darauf über die Züge. Es mochte nicht viele Lichtblicke auf der Insel geben, aber zumindest einen gab es für sie, bei dem sie die Hoffnung hegte, er vermochte die Finsternis, die sich über Tare mehr und mehr zu legen drohte, durchbrechen.
Sie brach das Siegel, während sie die Stufen hinauf in Richtung des Audienzsaales nahm und überflog die Zeilen, derweil jedoch verfinsterte sich ihre Miene.
Helena Bundtner hatte die Königin angegriffen.
Die sonst so pflichtbewusste Gardistin, die tagein, tagaus ihren Dienst verrichtet hatte, ohne grossartig Aufsehen zu erwecken. Der Grund dafür sorgte für ein flaues Gefühl in Altheas Magen. Mehr denn je hing nun einiges vom Handeln ihrerseits und demjenigen, dem sie seit kurzem zur Seite stand, ab.
Sie durchmaß den Saal mit weiten Schritten, während ihr Blick noch auf den niedergeschriebenen Zeilen hing, trat sodann ins Labor des Hofmagus ein und zückte einen kleinen Kohlestift, um rasch einige Notizen an den Rand des Briefes zu schreiben.

- Wie werden sie ihrem Wirt übertragen? Dringend, da sicher nichts unversucht gelassen wird, um die Königin zu töten.
- Zahlen?
- Toran Illusion
- EE


Nochmals glitt ihr Blick über die Zeilen des Briefes
Er glaubt an mich und verlässt sich auf mich.
Ein wenig unsicher kaute sie auf ihrer Unterlippe, während sie ihren Blick zu einem der schmalen Fensterschlitze in der rohen, steinernen Wand des Labors schweifen liess, durch den ein fahler, hellgrauer Lichtschein drang.
Ich darf ihn nicht enttäuschen.
Knapp über zwei Monde war es nun her, dass sie sich entschloss, sich zurück zu ziehen. Sie war es satt gewesen. Machtspielchen mit praktisch unsterblichen Elfen, der ewig gleiche Trott an der Akademie. Zwei Monde der Ruhe und zwei Monde, in denen sie sich besinnen konnte. Nun fand sie zurück zu dem, was sie eigentlich angestrebt hatte, damals, als sie noch nicht lange auf der Insel weilte, die Unterweisungen ihres einstigen Lehrmeisters noch frisch im Sinn. Sie hatte wieder zurückgefunden zu ihren Wurzeln.
Sie wand sich ab vom Fenster, griff sich etwas Pergament und eine Feder, ehe sie sich vor dem schmalen Tisch niederliess und begann, einen Brief zu schreiben.

Astrael mit dir, Vater...


Zuletzt geändert von Althea: 3.11.07, 00:46, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 4.11.07, 10:51 
Edelbürger
Edelbürger
Benutzeravatar

Registriert: 6.04.04, 14:32
Beiträge: 6702
Wohnort: Hamburg
Es war dunkel und doch wieder nicht.

Er saß da droben auf dem höchsten Gebäude der Insel und blickte immer wieder hinauf in die weiten des Himmels.

Immer wieder kippte sein Kopf hinab und er sah seine eigene Feder welche er über einem großen Pergament entlang zog.

Der Sternenhimmel.

Was erwarteten Sie was geschehen würde?

Und warum ausgerechnet diese Datierung?

Er war sich sicher, dass er es herausfinden würde.

Der Wind nahm zu und er runzelte die Stirn als ihm zum erstenmal etwas am Firmament auffiel.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 4.11.07, 11:37 
Altratler
Altratler
Benutzeravatar

Registriert: 9.12.01, 13:21
Beiträge: 5829
Wohnort: Thüringen - und stolz drauf!
Wer die Burg genauer beobachtet stellt fest, dass seit einiger Zeit auf den Mauern schwerbewaffnete Doppelposten patrolieren. Die Türme sind jeweils mit 2 oder 3 Armbrustschützen besetzt, die aufmerksam auf die Stadt und das Umland sehen. Finianswachts Tore sind geschlossen, zum Kampf gerüstete Gardisten wachen dort und lassen nur ein, wer ihnen bekannt oder unbewaffnet ist. Wohl gedeckt von einigen Schützen.

Ab und an öffnet sich das schwere Burgtorgitter und ein kleiner Tross Ritter und Gardisten bricht auf. Zu einem der vielen Suchritte über die Insel.

_________________
>Das ständige Nachgeben der Klugen begründet die Diktatur der Dummen.<


Graf Hagen Robaar von Saalhorn zu Siebenwind. - <<Charprofil>>
Abschied und Verrat. - Der Abschied Graf Hagen Robaars von Siebenwind ............ Ein (ehemaliger) Lehnsherr auf Sinnsuche ............. Hagens Rückkehr - Finsternis' Weg


Zuletzt geändert von Harold Valorum: 4.11.07, 11:38, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 4.11.07, 17:19 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
95 Tagesläufe, 17 Stunden, 2 Zyklen, 28 Sekunden

„Brynn, öffne deine Augen“, säuselt eine gar liebliche Stimme in einem Tonfall, welcher jedes Kind in das fremde, furchteinflössende Haus eines Fremden mit niederen Absichten gelockt hätte. „Öffne deine Augen, Brynn.“ Als hingen zentnerschwere Lasten daran, hebt die Königin ihre Augenlider an. Felas Schein dringt matt durch die grob gewobenen Vorhänge des hallenartigen Zimmers, Staub tanzt in den einzelnen Strahlen und schimmert mit den dutzenden Kristallkerzenständern auf dem Fensterbrett um die Wette.

Auf hoher See.
Baron Friedwart von und zu Gerdenwald war kein Mann der grossen Worte, doch wenn es um die seinen Belange ging, wusste er stets um den richtigen Tonfall und das Gefäss in dem er sein Anliegen zu platzieren hatte. Also, weshalb viel es ihm hier, an Bord des baron’schen Schiffes, an seinem Schreibtisch, welchen er von kräftigen Matrosenarmen an Deck hatte tragen lassen um das Tageslicht in seiner Fülle auszukosten, so schwer die richtige Formulierung für die Rede an sein Volke auf Siebenwind zu verfassen?


Der Duft von südländischem Bohnengebräu, welches Kaffee genannt wurde, dringt durch die schwere zweiflügelige Tür hindurch zu ihr und begleitet sie auf ihren tapsigen Schritten zum Fenster hin. Linda bereitet ihr tägliches gemeinsames Frühstück vor. Schlaftrunken und kaum bei Sinnen zieht sie den Vorhang ein Stück beiseite und wirft einen Blick hinab auf den Burghof in welchem das Leben bereits zur frühen Morgenstund’ Einzug gehalten hat. Bäcker, Bauern, die pummelige Metzgersfrau. Die Organisation floriert und läuft vor sich hin, Tag für Tag. Erst spät bemerkt sie die rotgetränkten Flecken auf dem hellen Vorhangstoff. Das schmerzhafte Pochen folgt.

Auf hoher See.
Schweiss perlt auf der Stirn der muskelbepackten Mannen und ihre Lungen entladen die, ob der Anstrengung angestaute Luft stossartig und erleichtert. Fünf Mal mussten sie den schweren Eichenschreibtisch samt Inhalt der dutzend Schubladen auf und unter dem Deck versetzen. Angetrieben von der steten Hoffnung des Barons an einem neuen Standort auf dem Schiff, welches vor vielen Tagesläufen seine Segel in Richtung Siebenwind gesetzt hat, die Erleuchtung für die Ausarbeitung seiner Ansprache zu finden. Wie teile man solch eine einschneidende Tatsache mit?


Taumelnd, in einem Rausch aus Farben und Formen, stolpert Brynn zu ihrer breiten Bettstatt zurück, in welcher Hilgorad aufgerichtet, wortlos und steif hockt. Ihr Zeigefinger war weg, einfach weg. Rote Zahlen und Wörter an der Wand, ein süsslicher Geruch in der Luft, nicht jener würzige von Lindas Bohnenaufguss. Ein Dröhnen, lauter als das Nachschallen der geläuteten Glocken von der „Kirche zur Rose“, breitet sich in ihrem Kopf aus, lässt ihre Knochen erzittern und das Mark beben. Blitze zucken vor ihren Augen und draussen scheint jemand das Licht Felas zu klauen und es sich in die eigene Jackentasche zu stecken. Die Laken des Bettes preschen empor in einem wilden Tanz und lassen ihren Gatten, ihren Geliebten Ehemanne hinter einer weissen Wand aus Stoff verschwinden. Das dröhnende Geräusch pulsiert in ihren Adern, dann ist es vorbei.

Auf hoher See. „Wurde meine Ankunft auf der Insel angekündigt, Sekretär?“
„Aber gewiss doch, Baron. Die Kunde sollte euer Volk in diesen Tagen erreichen.“
Von und zu Gerdenwald nickt und wendet sich wiederum, mit einem inständigen Tippen der Federspitze auf das trockene Pergament, seinen Notizen zu. Unsicher doch entschlossen setzt er die ersten Worte auf das Stück Papier, welches im Stande sein würde sein würde, das Leben vieler zu verändern. Die Insel kommt unaufhörlich näher.


Leise klirren die Tassen hinter der schweren, edlen Holztür, abgelöst von einem bestimmten Klopfen. Linda tritt ein, den Blick gesenkt, erwidert sie in gewohnter Höflichkeit die tagtägliche Begrüssungsfloskel.

„Den Göttern zum Grusse, meine Königin, mein König…“


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 6.11.07, 14:03 
Festlandbewohner
Festlandbewohner
Benutzeravatar

Registriert: 7.11.02, 19:42
Beiträge: 926
Wohnort: Irgendwo im Hunsrück
Wie lange saß er nun schon hier? Er wusste es nicht mehr. Er hatte sich so in sein Spiel vertieft, dass er nicht gemerkt hatte wie die Zyklen vergingen. Seine Finger waren verkrampft von dem dauerhaften Spiel auf der Laute und seine Muskeln beschwerten sich über die unnatürliche Sitzhaltung. Ungelenk drückte er sich hoch und lehnte die Laute leise an die Kommode neben sich. Er streckte die verkrampften Glieder und richtete den Blick zögernd auf die Frau in dem Bett. Sie wirkte so zerbrechlich und allein. Noch immer sah man die Spuren ihres Leidens. Er fühlte wie sich ein Ring um seine Brust legte und ihm das Atmen schwer machte. Er wusste nun wie sie sich fühlte. Er hatte es gesehen. Sie gesehen.
Reglos verharrte er neben ihrem Bett und sah sie einfach nur an. Sie sah aus wie immer in den letzten Tagen. Ihr Fieber war gesunken und das Husten hatte auch deutlich nachgelassen – aber zu sich gefunden hatte sie nicht. Er erinnerte sich wie er seine Hand auf ihre Stirn gelegt hatte und wie auf einmal der Raum um ihn herum verblasst war. Die beinahe erdrückende Dunkelheit die ihn umfangen hatte und diese Überwältigenden Gefühle von Angst und Verzweiflung. Sein Herz schlug schneller wenn er daran dachte und der Ring um seine Brust schien noch etwas enger zu werden. Es waren seine Gefühle in dem Augenblick, oder er war sie gewesen. Er wusste es nicht, aber er hatte es gespürt als wäre es seine Angst, seine Verzweiflung. Das Licht in der Dunkelheit war ihm zuerst wie ein reiner Hoffnungsschimmer vorgekommen, wie es langsam näher kam und kaum eine Armlänge vor ihm verharrte. Ein Fenster durch welches das warme Licht Felas auf seine Haut fiel. Von draußen war Kinderlachen zu hören, das Gefeilsche der Händler und die Geräusche von regem Markttreiben. Er war kein Teil dieses Lebens gewesen, aber es hatte ihn getröstet.
Hier hatte es geendet. Das erste Mal. Er schauderte als er an den Schwindel dachte, der ihn erfasst hatte als der Gardist seine Hand von der Stirn der Königin genommen hatte. Es war als wäre er gegen seinen und ihren Willen wieder zurückgekehrt. Er war verwirrt gewesen und auch erschrocken. Er hatte einen Moment gebraucht um wieder klare Gedanken fassen zu können. Er dachte an Magie und er schickte den Gardisten nach der Dame Nhergas. Vielleicht wusste sie Rat. Und als sie kam sprachen sie leise miteinander. Beide glaubten sie an eine Nachricht, welche die Königin mitteilen wollte und so legte er abermals seine Hand auf die Stirn ihrer Majestät. Die Dame Nhergas nah bei ihm, um ihm beizustehen und um im Notfall einzugreifen.
Wieder löste sich das Zimmer um ihn herum auf, die Dunkelheit umfing ihn, die Gefühle, das Fenster das auf ihn zu kam, die Geräusche des Lebens von der anderen Seite und dann auf einmal richtete sich sein Blick auf die Vorhänge, die das Fenster einrahmten. Der feine Stoff begann sich mit Blut zu tränken und verwandelte sich in hässliche Fetzen. Schnell richtete er seinen Blick wieder aus dem Fenster. Er sah etwas auf ihn zukommen, zuerst noch weit fort. Es kam immer näher. Es waren Zahlen, rote Zahlen. Tagesläufe, Zyklen, Augenblicke, und sie veränderten sich von Moment zu Moment. Rasten immer mehr dem Jetzt entgegen. Sie kamen durch das Fenster auf ihn zu, legten sich zu seinen Füßen auf den Boden und krochen an ihm hoch. Er konnte sich nicht mehr regen und er fühlte sich wie gefesselt bis...
... die Dame Nhergas seine Hand von der Stirn der Königin nahm. Wieder erfasste ihn der Schwindel und er taumelte einen Moment verwirrt. Er war regelrecht froh wieder zurück zu sein. Er hatte Angst gespürt, seine eigene. Er berichtete was er gesehen hatte und kurz darauf verließ er den Raum. Der Tag war verwirrend gewesen und die Bilder hatten ihn nicht losgelassen. Wieso hatte er das gesehen?
Er fand seine Ruhe nicht wieder und er dachte darüber nach was er tun sollte. Er war kein Magier, kein Gelehrter, nicht einmal ein erfahrener Recke. Aber er spürte, dass er es nicht dabei belassen konnte. Die Dame Nhergas hatte ihm abgeraten nochmals seine Hand auf die Stirn der Königin zu legen um die Vision weiter führen zu lassen. Aber wie konnte er Ruhe finden wenn vielleicht darin die Lösung lag die Königin und ihren Gemahl zu retten? Er musste dieses Risiko eingehen.
Zusammen mit Zacharias hatte er sich überlegt wie sie es bewerkstelligen könnten ohne Gefahr für die Königin oder ihn selbst, und sie hatten einen Weg gefunden. Sie warteten bis es ruhig geworden war und die meisten ihre Gemächer aufgesucht hatten, dann gingen sie leise in das Quartier der Königin. Trafen die Vorbereitungen und dann legte er mit einer Mischung auf Furcht und Hoffnung wieder seine Hand auf ihre Stirn.
Beinahe sofort wurde er wieder in die Dunkelheit gezogen, zeigten sich die selben Bilder wie beim letzten Mal, kamen die Zahlen immer näher und krochen an ihm hoch. Verringerten sich immer mehr, je näher sie ihm kamen und je mehr sie ihn einwickelten. Sie nahmen ihm immer mehr die Luft und sein Atem ging schwer und flach. Sie Zahlen wurden kleiner und kleiner, näherten sich beinahe unaufhaltsam der 0 und damit dem Jetzt. Sie legten sich über seine Augen und er konnte nichts mehr sehen... 3... 2... 1... die Luft scheint ihm gänzlich zu stocken... 0... von draußen ist nicht mehr das Markttreiben zu hören, sondern Geschrei alles hat sich verändert. Menschen in Panik die um ihr Leben betteln und nach ihren Lieben rufen, Kinder die weinen. Krieg. Schlachten. Eine unendliche Düsternis die sich über das ganze Land gelegt hat. Er spürt den Schrecken, die Angst und dann auf einmal Lösen sich die Zahlen von ihm und er kann wieder frei atmen. Er stand wieder in der Dunkelheit wie ganz zu Beginn. Noch immer hing ihm der Schrecken nach, als von weit aus der Ferne eine Person auf ihn zu kam. Die Königin in einem weißen Kleid. Sie kam immer näher und sie lächelte. Langsam legte sich der Schrecken und er erwiderte scheu das Lächeln, wollte vor ihr knien und sie standesgemäß begrüßen, aber er konnte sich nicht regen. Sie kam nah zu ihm und sprach leise „Danke... für alles bisher“. Es war kaum mehr als ein Flüstern aber es war ihre Stimme, da war er sich sicher. Dann hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand. Sein Gesicht fing fast augenblicklich an zu brennen und er war sich sicher das seine Wangen rot glühen mussten. Er war verwirrt. Und genauso wie die Königin verschwand, schwand auch die Dunkelheit und er fand sich zurück in den Gemächern mit seiner Hand auf ihrer Stirn. Dieses Mal hatte es keinen Schwindel gegeben, es war wie ein ruhiges Aufwachen. Sein Herz klopfte noch immer wie wild und es fiel ihm schwer den Blick von ihr zu nehmen und Zacharias zu beruhigen. „Ja... ja... ich bin da.“
Er war noch immer verwirrt. Hatte sie ihm wirklich nur danken wollen? Und wofür? Es waren so viele gewesen in den letzten Tagen die all ihre Kraft aufboten um ihr zu helfen. Wieso er? Bei keinem anderen waren diese Bilder erschienen.
Er stand noch immer an ihrem Bett und sah sie einfach nur an, bis er sich langsam umdrehte und den Raum verließ. Die Wachen standen weiter still vor der Tür und bewachten den Schlaf ihrer Majestät.

_________________
Nicht-Aussteiger aus Überzeugung: Weil es immer jemanden geben wird, für den es sich lohnt zu spielen. Was auch immer sonst geschieht.

Spielweltdesign (Referenzen: Avindhrell, Radak, Seeberg, Armenviertel Falkensee, Tempel FS, Ersonter Schloss, Dunquell ect.) - Anfragen per Ticketsystem oder PN

Erreichbar unter "Kya" im IRC (-> /query Kya)

PO von: Ionas, Layna Rabenstein und noch wem anders


Zuletzt geändert von Kya: 6.11.07, 16:02, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 9.11.07, 01:53 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
83 Tagesläufe, 13 Stunden, 3 Zyklen, 9 Sekunden

„Es läuft alles nach Plan, Verbündeter.“
Das Gespräch zwischen ihm und ihr in dieser engen Gasse soll auf ewiglich ungehört bleiben.
„Wunderbar. Ich bin von deinen Diensten, deiner unnachgiebigen Loyalität beeindruckt. Es sei an dir die nächsten Schritte einzuleiten. Informiere die anderen. Es wird Zeit, dass wir uns einen weiteren Schritt unserem Ziel nähern.“
Sie nickt und ihr rotes Haar erstrahlt, einem Strauss aus Feuerblumen gleich, im Zwielicht des verglühenden Tages.

***

Draconis.
Bäckermeister Gernod war für seine Butterkringel, Gersten-Himbeerkonfitüre-Kekse und seinen grossen, runden Bauch, dessen Umfang mit zwei normal gewachsenen Armen kaum zu umfassen war, bekannt. Das Geschäft an der Löwenmaulgasse florierte und lockte Kunden aus der ganzen Stadt ins ansonsten eher triste Aussenviertel. Doch an diesem Tag, dem Tag an dem Herr Gernod einen säuberlich zugeklebten Briefumschlag in der täglichen Mehllieferung findet, brannte keine Flamme im Holzofen und die vielen Kinderchen, welche ihre tagtägliche Ration an überzuckerten Aufputschbrötchen abholten, gingen für einmal leer aus. Es gab wichtigeres zu tun.


Papin-Stadt.
„Hast du ihn ebenfalls erhalten?“
„Mmmh.“ Der ansonsten schweigsame Frid, ein Fischersmann der alten Zunft, greift in die Tasche seiner Schürze und zieht den Umschlag nur ein kleines Stück weit heraus um ihn seinem langjährigen Arbeitskollegen zu zeigen.
„Dann ists soweit, Frid, mein Freund. Wir müssen uns vorbereiten“, sagt dieser beiläufig und wendet sich wieder seinem Hackebeil und dem grossen Haufen abgehackter Fischköpfe zu.


Siebenwind.
Die Tür fällt schwerfällig in ihr Schloss zurück, als der augenscheinlich ungehobelt wirkende Trunkenbold die Bank am Falkenseer’ Marktplatz betritt. „Mein Fach“, bellt er in patzigem Tonfall über die Theke der leicht untersetzen Frau entgegen, welche ob ihres abgebrühten Erfahrungsschatzes noch nicht einmal mehr gewillt ist entnervt die Augen zu verdrehen. Doch als ihr die dreckig-fleckige Hand des Fremden einen Brief entgegen streckt, treffen sich ihre Blicke in wissendem Einklang durch die schützenden Gitterstäbe hindurch.


Luth-Mahid.
In eiligen Schritten durchquert die in feinste Stoffe gehüllte Endophali Erendira die Einkaufsstrasse mit ihren Ständen und ausrufenden Verkäufern. Für einmal hatte sie keinen Blick für die glitzernden Ketten und anmutigen Gewänder. Für einmal würde sie nicht das Geld ihres Mannes aus ihrem undichten Goldbeutel rinnen lassen. Bald würde sie die Gelegenheit haben ein letztes Mal das schönste ihrer Kleider anzuziehen und sich der Blicke aller auf sich zu ziehen. Endlich ist sie gekommen, die Botschaft.


Ignes.
Der Saft des giftiggrünen Apfels quillt aus ihren Mundwinkeln als sie herzhaft hinein beisst und ihre trockenen, staubgrauen Augen das eben erhaltene Pergament mustern. Ein krächzendes Lachen entweicht der alten Frau, welche in Ignes, ob ihrer krummen, einst von einem Wolf halbwegs abgebissenen Nase als missgestaltetes Kräuterweib unliebsamen Ruhm erhalten hatte, aus den in die Jahre gekommenen Lungen. Diese Tunichtgute, die Kinder und deren Eltern, welche sie beschimpften und bespukten. Bald würden sie sich an ihren Namen erinnern. Deidra umkrallt mit ihren Spinnenfingern den geflochtenen Korb und schreitet gebückt voran. Sie wusste was zu tun war.


Sturmbach.
Sein allmorgendliches Ritual, bevor er seinen Kahn bestieg um mit vielen anderen Nordmännern auf die offene See zu fahren und ihr Glück zu versuchen, hatte Ingmar bereits hinter sich gebracht. Der Umtrunk grummelt bereits in seinen, schätzungsweise mindestens drei Mägen. Doch nun steht er da und betrachtet ihn: Den Brief, welcher auf dem kleinen Tischchen an Deck seines Schiffchens liegt. Er hätte auf die Gräber seiner Väter geschworen, dass es nicht so schnell gehen würde, doch die Ankunft des Umschlages belegt das Gegenteil. Weiter steht er da und bewegt sich nicht. Eine grosse menschliche norländische Salzsäule in der langsam doch stetig ein Gefühl der Vorfreude aufkeimt.


Burg Savaro.
‚…einer der sichersten besiedelten Landstriche Galadons.’ Eniel Lombardis Mundwinkel zuckt kaum merklich empor als er den Briefumschlag, direkt neben seinem Pausenapfel abgelegt, betrachtet. Wie oft hatte er diese Phrase, diese Floskel in seinem Unterricht über die Geschichte Savaros eingebaut. Oft genug, wie er zum Schluss kommt. Doch bevor der ergraute Hochelf sich dem Inhalt des Schreibens, welcher seine Vermutung bestätigen würde, zuwendet, bringt er seine Arbeit zu Ende. „So meine Kinder, damit sind wir mit der Lektion durch, gehet nach Hause, trödelt nicht und denkt dran, ehret eure Väter und Mütter. Man weiss nie, wann man einmal nicht mehr die Gelegenheit dazu haben wird.“


Yota.
Der gehorsame Soldat Rombach zuckt zusammen als er sich den Helm auf den Kopf setzt. Mit der Argwohn und dem Misstrauen, welches ihm über die Jahre an der Akademie antrainiert wurde, blickt er ins Innere der eisernen Kappe und lächelt überrascht. Welch’ kreatives Versteck für einen Brief, welchen er schon sehnsüchtig erwartete. Seit dem Tage an dem der König verschwand. Das Schwert klirrt als er es auf den steinernen Kasernenboden fallen lässt und unter den fluchenden Rufen seines Vorgesetzten die Wachstube verlässt.


***

Unzählige Briefe fanden zur just dieser Stund’ den Weg zu ihren angedachten Besitzern. Das gefaltete Pergamentstück im Innern der Umschläge ward unbeschrieben. Kein Wort, noch nicht einmal ein unbedachter Tintenklecks und doch wussten alle Empfänger Bescheid. Irgendwo in einer engen Gasse hatten die beiden ihr Gespräch gehalten und dies war der Aufruf.

Der Befehl die nächsten Schritte einzuleiten.


Zuletzt geändert von Illis: 9.11.07, 18:24, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 10.11.07, 22:28 
Festlandbewohner
Festlandbewohner
Benutzeravatar

Registriert: 15.05.02, 00:39
Beiträge: 3437
Was für ein Anblick?! Stolze Recken in dem typischen Gerdenwaldgrün, auf den dunklen Pferden und in mitten der Soldaten der Baron höchst selbst auf einem Schimmel, so kamen sie am Turnierplatz Nähe Falkensee an. Die Menge wartete bereits auf ihn, so mischten sich dort Freie, Bürger, Garde und Ritterschaft, alle in angespannter Erwartung, harrend der Dinge die da kommen würden. Der Blick auf den Baron ließ an alte Zeiten erinnern, schon immer hatte ihm etwas stolze angehaftet und auch dieses mal, selbst unter diesen Umständen, konnte man ihm diese Würde, diesen Stolz nicht absprechen und so stand er mitten auf dem Tunierplatz und hob seine Stimme an um eine Rede zu halten.

Bewohner der Insel Siebenwind, treue Untertanen der Krone,

ich kam hierher um auf der Insel, die mir solange eine Heimat war, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Ihr alle wisst um das Verschwinden unsere geliebten Königs, Hilgorad dem Ersten aus der Linie der Mer. Und mit unserem geliebten Regenten sind Ordnung und Frieden aus unserem Reich verschwunden. Unruhen breiten sich im gesammten Reich aus, Wirtschaft und Handel sind zusammen gebrochen, überall im Lande spürt man die Unruhe die die Herzen und das Handeln der Menschen erfasst, sieht man die Ungewissheit die auf ihnen Lastet. Unser geliebter König, einfach verschwunden, wie sollte jenes möglich sein, was sollen wir tun, ist er gar für immer fort, wird er vielleicht niemals mehr zurück kehren?

Von den Bergen des Nordlandes, bis hinab in die weiten Wüsten Endohpals, überall stellen sich die Leute diese und ähnliche Fragen, sie sehnen sich nach Ordnung, nach einer starken Hand die sie führt, die sie vor den Gefahren beschützt die unser Reich bedrohen.

Auch ich stellte mir diese Frage und ich kam zu dem Schluss, dass es falsch wäre einfach darauf zu warten bis sich die Lage beruhigt, zu verharren und zu sehen was denn passieren wird. Die Herrschaft durch die Krone ist eine durch die Vier gewollte Ordnung, doch so diese Ordnung aus den Fugen gerät, so ist es unsere Aufgabe sie wieder herzustellen. Doch nicht jeder vermag fähig zu sein einen solchen Schritt zu machen, umso größer lastet daher die Verantwortung auf jenen denen die Möglichkeit gegeben ist die Unruhe welche dieses Land in ihren Pranken hält zu beenden.

Als einer der Wenigen welche in der Lage sind die göttergebene Ordnung wieder herzustellen werde ich nicht zögern dieser Aufgabe nachzukommen, und so verkünde ich es hiermit, vor euch, Bewohnern dieses bedeutsamen Eilands, das ich Baron Friedward von Gerdenwald als neuer König kandidieren werde, dass ich bereit bin die Last, die uns allem mit dem Verschwinden unseres Königs aufgebürdet wurde, zu tragen. Auf dass Recht und Ordnung wieder einkehren mögen ...


Weiter kam er jedoch nicht, gerade als man seine Rede unterbrechen wollte, gerade als sich Unruhe in den Reihen der Ritterschaft breit machte, gerade in jenem Moment geschah es. Düstere, unheilverkündende Wolken zogen sich über dem Turnierplatz zusammen, türmten sich immer weiter auf. Blitzte zuckten vom Himmel hinab, Donner hallte über den Platz und in Mittem all dieses Geschehens konnte man mit schreckgeweiteten Augen sehen, wie zwei Hände aus dem Nichts erschiehen und nach dem Baron griffen. Sie waren einfach da, als würden sie nicht einmal zu einem Körper gehören und sie umschlungen ihn und zogen ihn mit sich. Der Baron verschwandt, nichts was von ihm blieb, bis auf die verwirrten Wachen und als wäre dies nicht genug, zuckten noch immer weitere Blitze hinab auf den Platz, peitschte Sturm darüber hinweg und hinterließen Feuer, Verwüstung und Chaos. Es war fast so, als hätte man die letzte Stunde Tares eingeleutet, doch dann, wie durch Zauberhand, löste sich alles auf. Die Wolken ließen den Blick wieder zu den Sternen zu und der Wind flaute ab. Dass düstere Werk war vollbracht. Erreicht war, was es zu erreichen galt.

Der Baron war verschwunden.

_________________
Bild


Zuletzt geändert von Isodora: 10.11.07, 22:39, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 11.11.07, 19:05 
Edelbürger
Edelbürger

Registriert: 9.12.01, 15:21
Beiträge: 2180
Wohnort: Berlin
Am gleichen Abend:

In einer Taverne in Falkensee sitzt eine kleine, dicke Frau mit Strohhut an einen Tisch. Vor sich eine Glaskugel, dick beschmiert mit Torte, nur ein Guckloch ist frei und gewährt Einblick in die Kugel. Sie starrt die Kugel angestrengt an, wedelt aufgeregt mit Armen und Kopf.

Grosses grosses Kugelglas!
Erinner dich, wo Frau Morgen sass!

Da ist gerade der Baron verschwunden!
Frau Morgen hätte ihn gern gefunden!

Will sie doch den Finderlohn bekommen!
Das sei ihr nicht genommen!

Zeig ihr deshalb, wo der Baron nun ist,
sonst wars die letzte Torte, die du frisst!


Im Inneren der Kugel erscheint ein Bild. Es ist das Bild des Turnierplatzes, bevor der Sturm losbrach. Ein dicker schwarzer Brocken ist in der Mitte des Platzes zu sehen und stellt sich nach einigen Augenblicken als etwas Nebliges, Schwadenhaftes dar. Dieser schwarze Nebel verbreitet sich über dem gesamten Platz, macht sich dort breit.
Als der Nebel den Turnierplatz völlig bedeckt, wird das Bild unklar, fängt an zu flackern und erlischt schließlich völlig.

Die dicke Frau verzieht das Gesicht, offenkundig verärgert darüber, wie wenig Informationen sie der Kugel entlocken konnte. Doch nur kurz hält die Verstimmung an und die griesgrämmige Miene wandet sich wieder in ein breites Grinsen, als sie die Kugel von der Torte säubert, sich die Tortenreste in den Mund stopft und die Kugel ableckt.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Der Reichskorrespondent: Ausgabe 2
BeitragVerfasst: 13.11.07, 18:20 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 31.10.07, 18:26
Beiträge: 10
*Im Laufe der folgenden Zyklen tauchen auf der ganzen Insel handschriftliche Kopien des folgenden Inhalts auf, die, mal ganz offen, mal eher versteckt, hier und da abgelegt wurden. Urteilt man nach den unterschiedlichen Handschriften, müssen diverse Schreiber am Werk gewesen sein, die genaue Anzahl liesse sich aber nur ermitteln, wäre man im Besitz jeder einzelnen Kopie des Reichskorrespondenten - eine unmöglich anmutendes Unterfangen, da unklar ist, wie viele der Ausgaben bereits in den Händen des Volkes befindlich sind.*
Zitat:
Bild
Endtag, 15. Seker 18 nach Hilgorad
Ausgabe 2


BARONSEMPFANG ENDET IN FIASKO
Schwarzmagische Entführung oder Strafe der Viere für Anmaßung?


Groß waren die Erwartung an diesem Wandeltag, dem 12. Seker, auf dem Tunierplatz vor Falkensee. Viel Volk war zusammengelaufen, um der Ansprache seiner Gnaden des auf die Insel zurückgekehrten Barons von und zu Gerdenwald zu lauschen. Und so erschien denn auch der Baron in Begleitung seiner Leibgarde auf dem Platz, um seinen Willen dem Volk zu verkünden.
Von Unruhen und Verzweiflung auf dem Festland wurde gesprochen, wüsten Umtrieben und all den erschreckenden Auswirkungen, die das Fernbleiben unseres Königs dort wohl verursacht hat. So scheint es tatsächlich, so die Worte des Barons der Wahrheit entsprechen, als ob Volk und Herrschende auf dem Festland gleichermaßen ob dieser Lage ihren Kopf verloren hätten. Der Baron verkündete seine Erkenntnis, dass in dieser Lage alleine eine starke, führende Hand das Reich vor der endgültigen Selbstzerfleischung retten könne, und erklärte zugleich, dass er entschlossen habe, sich als diese Hand zur Verfügung zu stellen.
Spätestens an dieser Stelle durchlief heftige Unruhe Volk, Ritterschaft und Klerus zugleich, wurde es doch von vielen als Verrat betrachtet, den König so voreilig für verloren zu geben, und zugleich als heillose Anmaßung des Barons, sich gar für dessen Amt berufen zu fühlen. Doch geschah, noch bevor es zu Protesten kommen konnte, Erschreckendes auf dem Festplatz. Innerhalb kürzester Zeit und wider jeder Natur zogen dunkle Wolken über den Ort und ließen Blitz und Verderben auf den Platz herabregnen. Alleine den Vieren mag es geschuldet sein, dass dabei niemand der Anwesenden zu Tode kam. Um den Baron allerdings schlossen sich aus dem Nichts zwei Arme und rissen ihn unter den entsetzten Augen seiner Leibgarde in eben jenes Nichts und hinterließen nur gähnende Leere. Kaum war dies geschehen, ließ auch das unnatürliche Gewitter nach und verschwand ebenso schnell, wie es gekommen war.
Dies alles geschah mit einer Geschwindigkeit, die keinem der Anwesenden erlaubte, wirksam zu reagieren, so dass die geballte Macht der anwesenden Magier die Ereignisse nicht verhindern konnten. Empfang endete in heillosem Durcheinander und mit einer Unzahl ungeklärter Fragen, deren Beantwortung womöglich auf die Spur von König und Baron führen und das Reich dem Frieden etwas näher zu bringen vermögen könnte.

Die erste dieser Fragen betrifft die Kandidatur des Barons für den Königstitel, die von manchem alleine bereits als Hochverrat bezeichnet wurde. Der Reichskorrespondent allerdings kann sich dieser Einschätzung nicht anschließen. Keine Frage, es zeugt von einer erschreckend hohen Bereitschaft, den Glauben an die Rettung des Königs aufzugeben, was gerade von Seiten eines seiner engsten Vertrauten zumindest moralisch durchaus als Verrat gesehen werden kann, ja sogar muss. Selbst wenn die Lage im Reich so kritisch ist, wäre die Suche nach einem Reichsregenten, der die Regierungsgeschäfte übernimmt bis entweder der König gefunden oder ein neuer König bestimmt ist, die moralisch richtige Entscheidung, schon alleine um den scheinbar allen Ortens auftretenden Streit um die Krone einzudämmen und geregelt ablaufen zu lassen und nicht noch weiter zu verschärfen.

Doch ungeachtet dieses groben Fehlverhaltens muss festgehalten werden, dass sich der Baron nicht zum König ausgerufen hat, was tatsächlich ein Akt des größten Hochverrats gewesen wäre. Er hat sich einzig als möglichen Nachfolger angeboten, ohne dabei in Frage zu stellen, dass es letztlich an den Vieren ist, den wahren König zu berufen, so denn wirklich ein Nachfolger von Nöten sein sollte. Ein Zeichen größter Selbstüberschätzung und ein fataler politischer Missgriff, ist doch abzusehen, dass ein einfacher Baron, und sei er Vertrauter des Königs, keinerlei Chance auf den Thron haben kann, solange noch direkte Verwandte des Königs existieren, die weit stärkere Ansprüche geltend machen könnten. Von daher sollte offensichtlich sein, dass die Kandidatur des Barons keinesfalls dazu geeignet sein konnte, die Lage des Reiches zu stabilisieren, sondern nur weiteres Öl ins Feuer des Thronfolgestreites gegossen hätte. Hier muss natürlich die Frage gestellt werden, ob der Baron in bester Absicht aber unter völliger Fehldeutung seiner eigenen Position und der Folgen seiner Entscheidung gehandelt hat, was ihn nur als armen, von den Umständen verwirrten Adeligen stehen lassen würde - oder aber ob er sich der Lage durchaus bewusst war und sich in der Hoffnung trug, durch das Chaos im Reiche und dem Ruf nach einer starken, rettenden Hand begünstigt, seine unsinnige und illegitime Kandidatur zum Erfolg zu bringen, in welchem Fall er sich tatsächlich des Hochverrats schuldig gemacht hätte.

Doch sind dies nicht die einzigen Punkte, die im Trüben bleiben. Eine weitere Frage ist die nach dem Grund für seine Reise nach Siebenwind. Eine Kandidatur ausgerechnet auf dieser weit abgelegenen, provinziellen Insel ist schlicht unsinnig, alleine schon aufgrund des groben Zeitverlustes, der gegenüber anderen Kandidaten uneinholbare Nachteile verursacht. So geht alleine für die Fahrt nach Siebenwind mindestens ein Mond verloren, und ein weiterer, bis die Kandidatur auf dem Festland überhaupt erst bekannt wird. Dies ist in doppelter Hinsicht unsinnig, ist dies doch Zeit, in der das Reich weiter ins Unglück stürzt, was der Baron mit seiner Kandidatur ja verhindern zu wollen vorgab. Doch auch wenn es seiner Gnaden denn nun tatsächlich nicht um das Reich sondern alleine um den Thron ging, bedeutet dies einen Nachteil gegenüber anderen Kandidaten, der kaum aufzuwiegen sein mag. Bis zum Bekannt werden seiner Kandidatur auf dem Festland mag die Entscheidung lange zu Gunsten Anderer gefallen sein. Natürlich kann es sein, dass er bereits vor seiner Abreise seine Kandidatur auf dem Festland verkündete, aber dies würde entweder bedeuten, das Reich in seiner Not für eine völlig überflüssige Reise nach Siebenwind im Stich zu lassen, oder jede Chance zu verspielen, seine Kandidatur auf dem Festland voranzutreiben.

Auch die Unterstützung durch die Ritterschaft und das Volk Siebenwinds kann nicht der Grund für die Reise gewesen sein. Selbst wenn der Baron sich dieser hätte sicher sein können ist Siebenwind ein winziges Lehen ohne übermäßige politische Macht, so dass eine solche Unterstützung wenig Bedeutung haben dürfte. Verstärkt wird diese Einschätzung durch die Tatsache, dass seine Gnaden mit der Baronie Gerdenwald über eine deutlich größere und sicherlich loyalere Hausmacht verfügt.

Wie immer man diese Angelegenheit dreht und wendet, sie bleibt absurd. Die einzige sinnvolle, wenn auch erschreckende Erklärung für diese Reise mag eine Verbindung mit der Entführung des Königs sein. Welche Reaktion, wenn der Baron aus seiner Entführung befreit würde, um vom tragischen Tod des Königs unter der Folter von Verrätern zu berichten, und dessen letztem Wunsch, der Baron, sein langjähriger Freund und Vertrauter, möge das Reich an seiner statt weiter führen. Dies wäre tatsächlich ein gewaltiger Vorteil im Ringen um den Thron und mehr als Grund genug, die Reise nach Siebenwind anzutreten. Doch wer kann und will seinen Gnaden eine so schwarze Seele zutrauen, das Reich, die Viere und nicht zuletzt seinen Freund und Vertrauten den König auf so unsägliche Art zu verraten? Ein Gedanke, der jedem treuen Untertan einen eiskalten Schauer über den Rücken jagen mag, der aber doch gedacht werden muss, um im Falle seiner Bewahrheitung vorbereitet zu sein. Auch wenn jeder aufs Innigste zu den Vieren beten mag, dass dies nie geschehen möge. So mag es durchaus sein, dass der Baron selbst Opfer der Intrige ist und von Seiten der Hintermänner dieses Dramas auf die Insel gelotst wurde, um in genau diese Lage gebracht zu werden und das Reich damit weiter zu destabilisieren.

So bleibt zuletzt noch die Frage nach dem Grund des Verschwindens seiner Gnaden. Göttliches Eingreifen aufgrund seiner Anmaßung kann wohl ausgeschlossen werden, ein solches wäre den anwesenden Dienern der Viere gewiss nicht entgangen. Denkbar ist, dass der Baron seine Entführung selbst inszeniert hat um eine triumphale Rückkehr zu ermöglichen, doch erscheint dies im Anbetracht des Entsetzens auf dem Gesicht des Barons und der heillosen Verwirrung seiner Garde eher unwahrscheinlich, solange dieser nicht über herausragendes schauspielerisches Talent verfügt. So bleibt als nächstliegende Vermutung eine Entführung von Seiten der Kräfte, die auch für die Entführung des Königs verantwortlich sind, entweder um einen möglicherweise gefährlichen Thronkandidaten zu neutralisieren oder den Baron als Werkzeug zu benutzen. Und zuletzt besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass die Entführung von völlig unabhängiger Seite ausging und ganz eigenen Motiven dient.

So oder so soll und muss es für jeden aufrechten Bewohner der Insel nach der Suche nach dem König selbst höchstes Ziel sein, den Baron zu finden. Nicht nur um des Barons selber Willen, sondern für das ganze Reich, besteht doch Hoffnung, dass sich damit auch Hinweise auf das Schicksal seiner allerheiligsten Majestät selbst finden.
So sei hiermit jeder Bewohner der Insel ein weiteres Mal aufgerufen, im festen Glauben an die Viere und die Beständigkeit des Reiches, die nötige Ruhe zu bewahren und ihre Kräfte nach bestem Wissen und Gewissen für die Suche nach König und Baron einzusetzen und jede Erkenntnis, und möge sie auf den ersten Blick noch so unbedeutend erscheinen, der Ritterschaft zur Verfügung zu stellen.

Folgend eine Mitschrift der Baronsrede bis zu ihrem abrupten Ende:

"Bewohner der Insel Siebenwind, treue Untertanen der Krone,

ich kam hierher um auf der Insel, die mir solange eine Heimat war, ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Ihr alle wisst um das Verschwinden unsere geliebten Königs, Hilgorad dem Ersten aus der Linie der Mer. Und mit unserem geliebten Regenten sind Ordnung und Frieden aus unserem Reich verschwunden. Unruhen breiten sich im gesammten Reich aus, Wirtschaft und Handel sind zusammen gebrochen, überall im Lande spürt man die Unruhe die die Herzen und das Handeln der Menschen erfasst, sieht man die Ungewissheit die auf ihnen Lastet. Unser geliebter König, einfach verschwunden, wie sollte jenes möglich sein, was sollen wir tun, ist er gar für immer fort, wird er vielleicht niemals mehr zurück kehren?

Von den Bergen des Nordlandes, bis hinab in die weiten Wüsten Endohpals, überall stellen sich die Leute diese und ähnliche Fragen, sie sehnen sich nach Ordnung, nach einer starken Hand die sie führt, die sie vor den Gefahren beschützt die unser Reich bedrohen.

Auch ich stellte mir diese Frage und ich kam zu dem Schluss, dass es falsch wäre einfach darauf zu warten bis sich die Lage beruhigt, zu verharren und zu sehen was denn passieren wird. Die Herrschaft durch die Krone ist eine durch die Vier gewollte Ordnung, doch so diese Ordnung aus den Fugen gerät, so ist es unsere Aufgabe sie wieder herzustellen. Doch nicht jeder vermag fähig zu sein einen solchen Schritt zu machen, umso größer lastet daher die Verantwortung auf jenen denen die Möglichkeit gegeben ist die Unruhe welche dieses Land in ihren Pranken hält zu beenden.

Als einer der Wenigen welche in der Lage sind die göttergebene Ordnung wieder herzustellen werde ich nicht zögern dieser Aufgabe nachzukommen, und so verkünde ich es hiermit, vor euch, Bewohnern dieses bedeutsamen Eilands, das ich Baron Friedward von Gerdenwald als neuer König kandidieren werde, dass ich bereit bin die Last, die uns allem mit dem Verschwinden unseres Königs aufgebürdet wurde, zu tragen. Auf dass Recht und Ordnung wieder einkehren mögen ... "


***

MASSAKER IN RESIDENZ VON DELIO VON UND ZU LEDMARK
Lynchmob ermordet Familie des Barons


Erschreckende Nachrichten ereilen uns aus Venturia, der Heimat des Barons von und zu Ledmark, welcher erst vor kurzem als der Erste einer inzwischen großen Zahl von selbsterklärten Thronanwärtern von sich reden machte.
War Baron Delio bereits vorher bei seinen Untertanen aufgrund seiner Willkür und übertriebenen Härte ebenso gefürchtet wie verhasst, verhinderte die Reichstreue und der Glaube an die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft das Volk von ernsthaftem Widerstand ab. Die verfrühte und unangemessene Kandidatur für den Königsthron aber war in Augen Vieler der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte, stellt sich doch der Baron mit diesem Verrat am König außerhalb des Schutzes des legitimen Adels durch Reich und Kirche, da davon ausgegangen werden kann, daß die Kandidatur lediglich zum eigenen Nutzen und Vorteil geschah. So kam es überall im Lehen zu teilweise gewalttätigen Protesten und Ausschreitungen gegen die Herrschaft des Barons.
Auch wenn solcherart Gewalt natürlich zu verurteilen ist, mag sie doch verständlich sein, litt das Volk doch lange genug unter seinem sich nun als Verräter offenbarenden Herrscher, kann bei ihm doch mit einiger Gewissheit davon ausgegangen werden, dass es ihm keineswegs um Sicherheit und Stabilität des Reiches sondern allein um seine Macht geht. Keineswegs verständlich und aufs tiefste verachtenswert ist allerdings das Verbrechen, dass der wütende Mob in Venturia beging. Während Delio selbst mit seiner Garde das Land bereiste, um für seine Kandidatur zu werben, stürmten Blut dürstende Aufrührer die weitgehend schutzlos zurückgelassene Residenz und metzelten dort die wehrlose Gemahlin des Barons und deren kleine Tochter nieder.
Bei allem verständlichen Zorn auf Baron Delio ist es ein unverzeihliches vergehen, sich an den unschuldigen und wehrlosen Angehörigen des Barons zu vergreifen, besonders da dessen Gemahlin allgemein als zwar blasse und zurückgezogene, aber bei weitem nicht so hartherzige Person wie ihr Gatte bekannt war und das Kind gewiss noch keine todeswürdigen Verbrechen begangen hat. Mögen die Viere sich derer erbarmen, denen die unsichere Lage auf dem Festland solcherart ihre Seele verdunkelt, dass sie zu derart gnadenlosen Frevel in der Lage waren. Baron Delio hingegen möge der Geist der Viere überkommen, auf dass er als Büßer vor den Vieren um Vergebung suchen mag, statt wie angekündigt seine Kampagne trotz des Verlustes unbeirrt weiter zu führen.

Volk von Siebenwind, nehmt euch dieses Ereignis zu Herzen, auf dass solcherlei Undinge auf unserer Insel verhindert werden mögen.
Lasst euch nicht von Angst und Zorn beherrschen, denn wenn erst einmal diese Gefühle euch beherrschen, dann werden es die Unschuldigen und Schutzlosen sein, die darunter zu leiden haben. Viel Untreue und Dunkles wird sich in diesen schicksalhaften Tagen offenbaren, genau wie die wahrhaft Getreuen und Aufrechten sich zu erkennen geben werden. Aber wo es Pflicht eines jeden Untertanen ist, den Untreuen ihre Gefolgschaft zu versagen, so ist es doch nicht rechtens, selbst die Lage zu nutzen um mit Willkür und Gewalt die eigenen Ziele zu verfolgen oder die eigene Wut und Angst an Unschuldigen auszulassen.
Beobachtet. Seid wachsam. Prüft eure Herzen und die eurer Nachbarn. Aber fallt nicht ein in den Kreis der Gewalt, der unsere Heimat auseinander zu reißen droht. Egal ob Galadonier, Nortrave oder Endophali, ob Mensch, Zwerg, Halbling oder Elf, für uns alle ist dies eine Zeit der Prüfung, in der es wichtiger ist denn je, zusammen zu stehen. Denn seid euch gewiss, einer wird profitieren, wenn ihr euch erhebt um altes, wahres oder vermeintliches Unrecht zu rächen. Doch das werdet weder ihr sein, noch die, für die ihr zu kämpfen glaubt, sondern alleine die, die diese Lage herbeigeführt haben. Die Entführer des Königs, die nur darauf warten, dass ihr euch gegenseitig zerfleischt, um dann ihren eigenen Zug zu machen. Behaltet dieses Wissen im Herzen, wenn ihr eure Entscheidungen fällt.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 14.11.07, 23:38 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
81 Tagesläufe, 19 Stunden, 3 Zyklen, 52 Sekunden

Librasulus.
Huscht voran. Unter dem Tischchen durch, dessen fester Stand durch ein zu kurzes Bein schon vor Jahren in ein unglückliches Wackeln gewandelt wurde. Vorbei an dem grossen Farbbottich. Giftiger Geruch. Die kleine, mit langen Haaren versetzte Nase in die kühle, feuchte Luft des Kellers gereckt. Das Mäuschen schleicht voran.

Rustica Michealis flucht wie ein alter Seebär als ihr das frisch gewaschene Vermählungskleid, welches am heutigen Abend von der glücklichen Braut abgeholt werden sollte, in eine der zahlreichen, matschigen Pfützen fällt, die der Regen im Nachtlauf zuvor hinterlassen hatte. Doch hätten wohl auch so wutentbrannte Formulierungen ihre Gassengosche verlassen, ohne dass sie eben zuvor den schneeweissen Stoff im Bächlein ausserhalb der Stadtgrenzen gewaschen hätte. Die Anspannung der letzten Tage zehrte an ihren Nerven, wie die Mäuse im Keller ihres Hauses die Frechheit besassen ihre kleinen, dreckigen Zähnchen in Wurst und Käs’ zu bohren. Als einzige tüchtige und begabte Schneiderin im verschlafenen Librasulus war das Gelingen der Hochzeitsfeier vom morgigen Tage von ihr abhängig. Doch dieser Umstand, welcher das mittlerweile triefend braune Gewand zu ihren Füssen lautstark zu belachen schien, war nicht die Ursache für ihre Unruhe.

Mäuschen klein, Mäuslein fein nimmt sich eben einen kräftigen Bissen vom frisch abgehangenen Speck, als sich ihre gesamte Aufmerksamkeit auf löchriges Stück Käse fixiert, welches durch eine wabernde gelbliche Flüssigkeit in einer hohen, runden Flasche durchschimmert. Bemüht unvorsichtig quetscht sich das kleine Grautier an genanntem Gefäss vorbei und stösst es mit dem letzen Hüftschwung des, von all den Köstlichkeiten zu dicken Hinterns, vom Regal. Während die naiven, unwissenden Äuglein den Fall noch aus den Augenwinkeln verfolgen, ahnt die süsse Maus nicht, dass der Anblick eines schimmligen Bauernkäses das letzte sein würde, was sie in ihrem zu kurzen Leben zu sehen bekommen würde.

Just in jenem Moment als Rustica sich mühselig auf die Knie nieder gelassen hat um das verdreckte Gewand aufzuheben, erfasst sie die Druckwelle und schleudert sie einige Schritt den selben Pfad zurück, welchen sie auf dem Weg zu ihrem Haus bereits zurückgelegt hatte. Der grollende Donner und die Wärme folgen unverzüglich. Die Fenster der Nachbarsgebäude klirren in den hellsten Tönen. Eine Symphonie aus fallendem Glas. Das kleine Holzhaus der Schneiderin, Anlaufpunkt für so manchen Mann, die nicht fähig waren einen kleinen Knopf an den Hosenbund anzunähen und so manch’ Weib, welche auf die nicht vorhandenen magische Fähigkeiten der Frau Michealis hofften um mit einem Stück Stoff die überflüssigen Pölsterchen verschwinden zu lassen, geht in einem gleissenden Feuerball unter.

Rusticas Anspannung entlädt sich in einem schallenden Lachen als sie, auf der dreckigen, feuchten Erde sitzend, die Trümmer ihres Heims betrachtet.

An die Fünfzig dieser verdammten Tränke hatte sie gesammelt und im Keller eingelagert. Alles für den morgigen Tag, für die Hochzeit, wie es in dem Brief stand. Blut hatte sie geschwitzt. Man wird Fragen stellen. Fragen über die Motive einer Schneiderin, die fünfzig hochexplosive Gemische aufbewahrt. Doch sie wird keine Antwort geben. Sie wird verschwinden, einfach so verschwinden. Die Gemeinschaft wird sie suchen und eines Tages finden. Doch nicht morgen. Sie wird ihren Brüdern und Schwestern auf ganz Tare Glück wünschen, im Stillen, auf dass diese ihre Aufgabe mit mehr Erfolg erfüllen. Doch nicht jetzt. Jetzt sitzt die einzige Schneiderin, deren wahre Bestimmung niemand in Librasulus kennt, hysterisch lachend im Dreck, beobachtet die schockierten Passanten, das in Flammen stehende Haus und weiss nur eines mit Gewissheit: Das Problem mit den Mäusen in ihrem Keller hat sich eindeutig erledigt.


Zuletzt geändert von Illis: 14.11.07, 23:45, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 15.11.07, 09:30 
Bürger
Bürger

Registriert: 15.05.02, 12:50
Beiträge: 406
Wohnort: Schwabaländle
Eintragung 966 in das geheime Tagebuch des HeinzDieter
Wir schreiben Wandeltag den 16ten Seker 18 n.H.K.



Heuten waren HeinzDieter und ich in der Küche der Burg um einen Tee zu trinken, doch fanden wir dort nicht nur Tee, sondern auch einen Sir, des Sires Knappe und Ihre Majestät die Königin, welche zu unser beider Überraschung mit uns reden wollte.
Ja HeinzDieter und ich waren schon sehr überrascht, wollte solch eine unvergleichliche Persönlichkeit wie Ihre Majestät mit uns sprechen. Sie war nicht so wie wir uns das vorgestellt hatten, nein Sie war sehr nett und warmherzig und Volksnah.
Wir redeten ein wenig über den Großen Rat der Insel, was es mit dem auf sich hatte was Sie darüber hörte. Auron stapfte murmelnd durch die Burgküche, uns gar nicht beachten ehe er wieder hinausging. Nach dieser Unterbrechung setzten wir unser Gespräch fort, Ihre Majestät und wir beide doch auch diese Konversation dauerte nur kurz, ehe die Türe aufsprang und ein völlig aufgelöster Auron hereinstolperte, dem doch siedend heiß eingefallen war, dass er in Gedanken an Ihrer Majestät vorbeigetappt war, ohne Ihr einen würdigen Gruß zukommen zu lassen. Mir wäre es nicht weiter aufgefallen liebes Tagebuch, ehe HeinzDieter etwas zu mir flüsterte, wie er es oft zu tun pflegte. Nach kurzem Sinnieren stimmte ich Ihm zu, Auron war im Grunde wie der kleine Zach, hell im Köpfchen, liebenswert aber dennoch ein Tollpatsch sonders gleichen, welcher einem Amüsement bereitete wenn man ihm so zusah. Nach dem Auron wieder gegangen war, verlegten wir unser Gespräch an einen ruhigeren Ort, wo wir es fortsetzten.
Es war schon komisch, weder HeinzDieter noch ich hatten das Gefühl, geringer zu sein, weniger Wert, wie wir es stets hatten in der Gegenwart der Ritter dieser Burg, des Grafen der eins unser Freund war oder in den Gefilden der heiligen Mutter Kirche, deren Räumlichkeiten meist sehr schlicht, aus nacktem Stein und deshalb für uns sehr kalt gehalten war, nein es war ein gutes Gefühl, dieses warme und freundliche Lächeln das Ihre Majestät einem entgegenbrachte, ein fast ein Gefühl von Geborgenheit.
Doch auch dieses Gespräch endete, und sie schickte mich etwas für sie zu erledigen, was wir jedoch für uns behalten sollten, da Sie davon ausging, es würde den Herren der Ritterschaft der Sieben Winde nicht sonderlich gefallen.
Ein Schwert, ja ganz richtig liebes Tagesbuch ein Schwert war Ihr Begehr.
Nach einer Bitte von Ihr an mich, eine Nachricht an einen der Ritter zu übermitteln, machte ich mich auf den Weg nach Hause. Das Schwert entstand in seiner ganzen Pracht schon unterwegs in meinem Kopf. Ein Schwert galadonischer Machart jedoch mit schlanker Klinge, feinst ausgewogen für eine zierliche weibliche Hand, der Griff mit bestem Silberhirschleder gewickelt in welchem aus weiß geschrupptem Elfenbein das königliche Wappen eingelassen ist. Die Schlange Klinge zwei Hand breit kürzer, einen Finger schmaler und die Hälfte eines Fingers dünner als man es für einen Mann fertigen würde mit güldenen Ornamenten in der Parierstange. Der Knauf am Griff ende wird aussehen wie eine kleine Krone deren 8 Spitzen jeweils mit einem kleinen Diamant so groß wie ein Weizenkorn besetzt sind in dessen Mitte etwas im Verborgenen meine Initialen ihren Platz finden werden. Oh ja HeinzDieter war schon ganz warm ums Herz, als ich ihm sagte wie es auszusehen hatte um einer Königin gerecht zu werden.
Als wir dann zu Hause ankamen, machten wir uns umgehend an die Arbeit, die Metalle herzuschaffen, sie zu schmelzen, zu legieren und die Einschlüsse als auch die verbliebenen Fremdstoffe aus dem Material heraus zu holen. Danach der Guss ehe wir mit unserer eigentlichen Arbeit dem Schmieden des Schwertes begannen, es war ein guter Tag.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 15.11.07, 20:35 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
Beiträge: 663
80 Tagesläufe, 1 Stunde, 1 Zyklus, 37 Sekunden

Ein weiterer Held für die gute Sache.

Draconis.
„Den Göttern zum Grusse, Bäckermeister Gernod!“ Hier eine in einer wohlerzogenen Geste angehobene Mütze, dort ein anständiger Knicks. Er war eine stadtweite Grösse, nicht nur was sein Körperumfang betrifft. „Haben sie abgenommen, Herr Gernod? Sie sehen blendend aus.“ Wie bei Grossmutters Stummelzähnen soll man als Bäcker, umringt von Köstlichkeiten, Zucker, Glasur, Kringeln und Karpfen abnehmen? Verlogenes Pack. Seine Miene verfinstert sich als er sich der goldenen Mitte des Draconer Wochenmarktes nähert. Innerlich jedoch lacht er. Lacht und freut sich wie damals als kleiner Junge vor der Einschuldung. Bevor die Grausamkeiten Gleichaltriger kennengelernt und sich seines Körpergewichtes bewusst geworden war. Sein Gewicht war an diesem späten Nachmittag merklich gestiegen, die Schritte fallen ihm schwer. Er zieht den weiten Braunbärfellmantel sachte ein Stück enger um sich und das darauf folgende leise Klirren von einigen Flaschen wird vom Geräuschpegel, dem Tumult auf dem belebten Platz verschlungen.


Papin-Stadt.
Die sichtbaren Muskeln und Venen seiner starken Oberarme spannen sich an und lösen sich. Spannen sich an und lösen sich. In einem monotonen Rhythmus rudert Frid der Fischersmann das kleine Boot zwischen all die aus den nassen Fluten empor wachsenden Zwei- bis Dreimaster mit dem Emblem der Stadt Papin auf den wehenden Flaggen. Es herrscht eiserne Stille, bis auf den falschen Gesang der Möwen und das leise Murmeln seines Kameraden, dessen starrer Blick auf dem Bündel in der Bootsmitte ruht und welcher sich nervös mit den verdreckten Fingern seiner rechten Hand ein Stückchen Haut von der spröden Lippe puhlt.


Siebenwind.
„Frag nicht, Erich, ich erklär es dir später, ja. Du übernimmst für mich die nachmittägliche Schicht in der Bank und ich werde mich dann ein ander Mal erkenntlich zeigen.“
„Hartwine, ich hinterfrage ja nicht gern deine heimlichen Ausflüge aber sie häufen sich in letzter Zeit doch sehr.“
„Das wird das letzte Mal sein, versprochen.“


Luth-Mahid.
Ihr Blick aus dunklen, kirschgrossen Augen ist von einer verklärten Sehnsucht beseelt, als Erendira den Verlauf der untergehenden flammroten Sonne über die Gärten des Herrenhauses hinaus verfolgt. Mit einer höflichen Geste erhebt sie sich, beinahe schon angetrieben von einer innerlich tickenden Uhr und verlässt den Ballsaal, welcher sich nach und nach mit den bekanntesten Persönlichkeiten der Stadt gefüllt hatte und nun von einer aufspielenden Orchestermusik in festliche Stimmung versetzt wird. Ihr langes, ebenholzfarbenes Kleid liegt eng an ihrer braunen Haut. Der Hingucker des einbrechenden Abends, keine Frage.


Ignes.
Ihren zugedeckten Weidenkorb stellt die alte Deidra mitten auf den Platz der grössten Schule der Stadt und als die Pausenglocke von eifriger Hand geläutet wird, erhebt sich ihre Stimme krächzend über deren Klang: „Meine Kinderchen, kommet, kommet. Frische Äpfel versüssen euch den Tag. Frische Äpfel!“ Und als sich die Türen des pompösen alten Prunkhauses öffnen und die Schüler erst verhalten, dann mit lauten Jubelrufen in ihre Richtung strömen, kichert das alte Kräuterweib und fletscht die gelben Zähne.


Sturmbach.
Getragen von strammen Schritten betritt der stämmige Nortrave das Verwaltungshaus von Sturmbach und folgt zielstrebig dem roten, einladenden Teppich.


Burg Savaro.
„Ich weiss die persönliche Führung durch die Burg wirklich zu schätzen, meine Liebe.“ Eniel Lombardi lächelt der blonden Küchengehilfin süffisant und durchaus charmant entgegen. „Wer weiss, vielleicht erhalte ich ja irgendwann noch die Gelegenheit mit meiner Klasse den selben Rundgang zu machen.“ Wie oft hatte er seinen Schülern die Konsequenzen einer Lüge nahe gebracht. Es gestaltete sich just in diesem Moment aber erstaunlich einfach. Es würde kein nächstes Mal geben, weder für ihn, noch für die naive, auf seine Worte errötende Burgangestellte.


Yota.
„Rombach, wieso haben sie ihren Rucksack dabei?“ Eisernes Schweigen, niemand rührt sich in der langen Reihe der zum Appell angetretenen Soldaten. „Dies stand heute nicht auf der Tagesordnung! Rombach, ich verlange eine Erklärung“, schallt des Leutnants tiefe, schmetternde Stimme über den Platz. Der angesprochene, noch junge Soldat, tritt mit einem Lächeln aus der exakt aufgestellten Linie, bückt sich und schnürt den Sack auf. Aus den Augenwinkeln beobachtet er, wie sein Vorgesetzter in stiller Vorahnung in seine Richtung rennt. Es war egal.


Zuletzt geändert von Illis: 15.11.07, 20:43, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Dieses Thema ist gesperrt. Sie können keine Beiträge editieren oder weitere Antworten erstellen.  [ 59 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2  Nächste

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de