Die hohe Eiche, die vor ihm stand, schien für ihn aus goldenem Lichterglanz. Sie stand fest dort, als würde sie die alten Zeiten überdauert haben und doch wußte er es besser. Jünger war ihr Herz, als man es ihr ansah. Gut einen Bogenschuss war sie hoch und in voller Blüte, die Blätter braun und Eicheln voller warmen Goldes trug er. Es war, als wäre sie Frühling, Sommer, Herbst und Winter zugleich. Wieder rieselte ein braunes Blatt vom Geäst und er musste unweigerlich lächeln.
Ihre Mütter und Väter waren seid Anbeginn der Zeiten auf Tare gewesen, wieder und wieder waren sie eingegangen und doch von neuem auferstanden. Jeder Zirkel wahrte eine dieser Eichen, manche hüteten gar Eiben oder hohe Mammuttannen, welche bei den Schwestern in den eisigen Ländern zu finden sind.
In dem alten Zauber, den er einst weckte, besannen sich beide und der Baum öffnete sich. Damals war er durch die Rinde getreten und verharrte wenige Momente, den Worten des Kreislaufes lauschend. Sie einten ihre Macht und hielten Zwiesprache. Die Kraft der Mutter in ihnen wurde eins.
Es war, als würde er in einen See aus Kraft, Alter und Weisheit eintauchen. Ein Hort des Wissens von ihnen und den Wesen des Reigens. Alt wie die Welt war das Wesen der Eiche und doch so kraftvoll, wie das eines jungen Baumes. Sie bedeutete ihm, dass alles im Wandel ist, Mensch, Baum, die Welt, sogar die alte Muttereiche und die ewigen Wälder.
Die alte Eiche kündete vom Wandel der Zeiten. Wieder mahnte sie daran. Die Welt war stets das Leben, das Werden, das Sein und das Vergehen. Es war ein ewiger Kreislauf. Doch dem stand die Vernichtung entgegen. Und auf dieser Seite fand sich das Streben der Menschen danach. Der Eine, das Rattenkind, war es, der diese alte Ordnung zu zerstören suchte. Er war es, der unheiliges Leben erschuf und er war es, der unheiliges Leben gab. Er war es, der das Seiende mit seiner Zauberei verfluchte und er war es, der Rabans Schwestern angegriffen hatte.
Doch sein Diener würde schnell merken, dass mit Ihnen nicht zu spaßen sei.
Er nickte langsam und neigte sein Haupt gen Himmel. Fela strahlte voller Kraft auf seine nachtglänzerne Robe, doch sie zeigte ihm das Dunkel.
Damals hatte er die Knospen des Baumes gespürt, wie sie aufbrachen, er hatte gespürt wie die Eicheln reiften, er hatte gespürt, wie die Blätter fielen und er hatte gespürt, wie der Frost die Rinde umschlungen hielt, ehe die Kraft der Knospen wieder hervorbrach. Einen Jahreszyklus lang war er der Gast des Muttereiche gewesen, die ihm seinen Weg gedeutet hatte. Und doch wähnte er nur wenige Atemzüge vergangen.
Er verließ damals die Eiche als ein anderer Mensch, der er noch nicht gewesen war. Er hatte sich geändert und war gewachsen.
Dann hob er seine Stimme an, sich der Kraft jenes Mondes zu versichern, der ihm seine Kraft verheissen hatte - der schwarze Mond.
_________________
Yesterday is history, tomorrow is a mystery, but today is a gift.
That is why it is called the present.
|