Nur wenige schwere Kisten hatte er mitgebracht und sie wurden gerade aufgeladen von einigen leise fluchenden Schauerleuten. Kurz hob er eine Augenbraue. So schwer waren sie nun wirklich nicht, dachte er, dann ließ er seinen Blick über den schlanken Rumpf des Schiffes gleiten. Heimkehr, so hieß die Schaluppe, war ein paradoxer Name für diese Gelegenheit. So war ihm doch die Insel zur Heimat geworden, nicht zuletzt wegen ihm. Sein Blick glitt zu dem jungen Mann neben ihm, seine blonden Haare wehten wild im Wind der vom Meer herankam, leicht lehnte er an ihm, wie er es schon oft gemacht hatte, seine Augen aber war in die Ferne an den Horizont gerichtet. „Du gibst auf ihn acht, ja?“, fragte er leise und Guntram sah auf den schlafenden Jungen in seinem Arm, etwas über ein halbes Jahr war er alt und er entwickelte sich prächtig. „Ich hüte ihn wie meinen Augapfel, Rias“, versprach der breitschultrige Mann dem Knappen. „Hast du auch alles? Die Besitzurkunde des Landes? Genügend Windeln für die Überfahrt? Etwas Ge…?“, Rias unterbrach sich, ihre Blicke trafen sich. „Ich habe alles, mein Engel“, antwortete er ruhig. Das junge Gesicht von Rias verzerrte sich kurz, dann vergrub er es an der Brust von Guntram. Dieser legte den Arm um seinen Liebling und drückte ihn leicht an sich. „Wir waren uns doch einig, Rias“, kein Vorwurf war in der Stimme zu hören, es schien eine sachliche Feststellung zu sein. „Dieser Ort ist nichts für ein Kleinkind, schon gar nicht, wenn du Ritter geworden bist. Es ist besser für Tjorven.“ Rias nickte nur etwas, das Gesicht immer noch an der Brust von Guntram verborgen. Dann sah er zu ihm auf, die Tränen standen ihm in den Augen. Leise flüsterte er ein paar Worte, die ihm der Wind vom Meer direkt von den Lippen riss, so dass sie selbst Guntram kaum verstehen konnte. Dieser beugte sich daraufhin vor und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund. Langsam löste er dann die Umarmung. „Ich muss jetzt auf das Schiff, Rias“, sagte Guntram leise aber fest. Rias beugte sich zu dem schlafenden Kind nieder und küsste es noch einmal schnell auf die Stirn, dann sah er Guntram tapfer aber traurig lächelnd an. „Ist gut“, flüsterte er. Langsam lösten sich die beiden voneinander und Guntram schritt die Planken des Brandensteiner Hafens hinunter zum Schiff, aber er nahm den Blick nicht weg von ihm. Bis das Schiff ablegte stand er noch an der Reling und sah zu dem jungen Knappen, hin und wieder winkte er ihm. Dann wurde der Anker gelichtet, das Schiff wurde aus dem Hafenbecken manövriert. Am Hafen blieb der junge Mann in der Knappenuniform noch einen Augenblick stehen, dann wandte er sich um. Es gab wie immer viel Arbeit auf der Insel und genau da wollte er sich jetzt hineinstürzen.
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