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 Betreff des Beitrags: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 28.08.08, 16:30 
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Prolog – Abfahrt von Siebenwind

Der laute Ruf des ersten Maats hallte über das Schiffsdeck, als er den Matrosen Anweisungen zurief. Nun, kurz nach dem Ablegen, wurden alle Segel gehisst um den günstigen Wind zu nutzen und schon zu Beginn der Flut gute Fahrt zu machen. Das Licht wirkte, als wäre schon der neue Dunkelzyklus angebrochen. Dichte, graue Wolken hingen schwer über dem endlos scheinenden Meer und auch die wenigen Möwen, welche die Abfahrt der „Seeschwalbe“ begleitet hatten, saßen nun entweder still auf den Masten, mit aufgeplustertem Gefieder und eingezogenen Köpfen, ganz still als würden sie als steinerne Verzierungen eines prunkvollen Hauses dienen, oder waren schon zurück zur Insel geflogen. Das vorher noch so muntere Treiben der Seevögel, die krächzend um die stolzen Masten geflogen waren, war gänzlich verstummt und bis auf die scharfen Anweisungen des Maats war auch niemand sonst zu Gesprächen aufgelegt. Jeder ging seinen Aufgaben nach und versuchte sich die drückende Stimmung nicht allzu sehr aufs Gemüt schlagen zu lassen.
All das nahm der junge Mann an der Reling des stolzen Dreimasters nicht wahr. Sein Blick war auf den dunklen Streifen am Horizont gerichtet, den letzte sichtbare Beweis dass dort Siebenwind lag. Es war schwer den Übergang von Meer und Himmel zu erkennen, alles war grau in grau und wurde in der Ferne immer dunkler. Er hatte den Umhang um sich geschlungen und hielt ihn fest vor der Brust geschlossen. Seine dunkelbraunen Haare hingen ihm ins Gesicht und verbargen die bewegten Züge. Ja, man sah ihm an dass ihm dieser Abschied schwer gefallen war, auch wenn es nur ein Abschied auf Zeit war.
Es waren nur noch wenige Wochen bis zum Lichthoch und er war froh dass er das Fest weder auf Siebenwind, noch auf dem Festland würde verbringen müssen. Seid den Ereignissen vor zwei Jahren, stand er dem Fest zwiespältig gegenüber und es fiel ihm schwer gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er wollte mit seiner Stimmung niemandem den Spaß verderben und hier auf dem Schiff erwartete niemand etwas von ihm. Er hatte seine Dukaten für die Fahrt, eine kleine Kabine und Verpflegung gezahlt und mehr würde niemand von ihm verlangen. Der Gedanke war beruhigend.
Einmal mehr dachte er über den Lauf seiner Reise nach. Die „Seeschwalbe“ würde in Vandris anlegen bevor sie an der Küste entlang nach Süden fahren würde um schließlich in der Linfahrt Bucht die einträglichen Handelsstädte anzulaufen. Er selbst würde jedoch schon in Vandris von Bord gehen. Er hatte sich in der Bibliothek der Burg schon die Karten angesehen und er wusste welchen Weg er einschlagen würde. Zuerst zu seiner Mutter und seinen Geschwistern, dann vielleicht noch an dem Kloster vorbei in welchem Lilja nun lebte und dann auf die Burg Saalhorn um den Brief des Grafen bei dessen Familie abzugeben. Keine der Stationen würde leicht werden und er wusste nicht vor welcher er am meisten Angst hatte. Er wand langsam den Blick von dem kaum mehr sichtbaren Küstenstreifen der Insel ab und sah in Richtung Osten. Ja es war ein schwerer Aufbruch gewesen, aber wenn alles so lief wie er sich es erhoffte, dann würde er am Ende der Reise mit leichterem Herzen zurückkehren.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 29.08.08, 13:00 
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Kapitel 1 – Von Siebenwind nach Vandris

Die hellen Tage des Lichthochs waren inzwischen verstrichen und die „Seeschwalbe“ machte auch weiterhin gute Fahrt. Der Wind wehte günstig und es schien beinahe so als ob die guten Mächte Tares sich zusammengeschlossen hätten um diese Fahrt schnell und einfach zu halten. Das Wetter war rechtzeitig zum Lichthoch aufgeklart. Am Morgen des 1. Lichthochs war ein breiter Sonnenstrahl zwischen den Wolken hervorgebrochen und hatte eine Stelle auf dem Meer in ein schimmerndes und glitzerndes Stück Traumwelt verwandelt. Wie ein Teppich aus abertausend Diamanten, deren Anblick jedes Herz für einen Moment stocken ließ und dessen Funkeln in den Augen blendete. Ein passender Auftakt zum Lichthoch.
Die drei Tage waren sehr ruhig. Auf dem Schiff gab es keine ausschweifenden Feste und bis auf die kleine Andacht des Kapitäns und das gemütliche Beisammensitzen der Matrosen am Abend, mit der fröhlichen Musik des Schifffahrtklaviers gab es kein Ereignis bei dem er anwesend sein musste. Er verbrachte viel Zeit an Deck und sah über das Meer, auf das Lichtspiel auf den Wellen und er dachte über das nach was geschehen war. Die meisten würden seine Abfahrt wohl für überstürzt halten, doch sie wussten nicht dass er schon seid einigen Monden mit dem Gedanken gespielt hatte. Das Ereignis im Armenviertel war nur der Anlass gewesen. Der letzte ausschlaggebende Punkt. Aber nicht einzig eine Ausrede.
Die Stimme des Matrosen aus dem Mastkorb der „Seeschwalbe“ hallte laut über das Wasser. „Land in Sicht!“ Am östlichen Horizont zeichnete sich die vandrische Küste ab und in kurzer Zeit würden sie mit der ansteigenden Flut in den Hafen von Vandris einfahren. Die Matrosen befiel auf einmal eine betriebsame Eile, als sie das Schiff unter Vollmast setzten um noch rechtzeitig die günstigen Strömungen ausnutzen zu können, welche sie sicher und einfach in das schmale Hafenbecken der Stadt führen würden. Jeder wusste um die Schwierigkeiten Vandris bei kommender Ebbe anzulaufen und die Mannschaft hatte kein großes Interesse daran noch mehrere Zyklen hier auf die nächste Flut zu warten.
Laske blieb in seiner Kabine um die Matrosen nicht bei ihrer Arbeit zu stören. Er packte seine wenigen Sachen zusammen, die sich in den drei Wochen in der kleinen Kabine verteilt hatten. Es war erstaunlich wie sehr ihm dieser kleine Raum vertraut geworden war. Er würde noch mit dem Kapitän reden, vielleicht würde eine Rückfahrt nach Siebenwind ja ebenfalls auf der Seeschwalbe möglich sein. So viele Schiffe gab es nicht, welche die weite Fahrt regelmäßig machten und Kapitän Aro gehörte zu diesen wagemutigen Menschen welche sich immer wieder auf die Pfade der Nordwind trauten. Viele seiner Fahrten waren deutlich problematischer gewesen als diese. In etwas mehr als drei Wochen von Siebenwind aus die Küste zu erreichen war beinahe schon so etwas wie ein Rekord.
Laske war froh darüber, er fühlte sich nicht ganz wohl dabei zuviel Zeit für seine Reise zu brauchen. Er hatte immer noch im Hinterkopf dass er rechtzeitig zum Ritterschlag seines besten Freundes und Knappen zurück sein wollte. Er wusste nicht ob er es würde schaffen können, aber er hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Nach dem Anlegemanöver und dem kurzen Gespräch mit dem Kapitän stieg er über die Planke hinab auf den Pier des Hafens. Der Boden schien unter seine Füßen zu schwanken, so sehr hatte er sich nach den Wochen auf See schon an die Bewegungen des Schiffes gewöhnt. Sein Gang war mindestens genauso schwankend wie der, der Seeleute. Mit dem Seesack über die Schulter geworfen und in einfacher Reisekleidung fiel er unter den anderen Menschen am Hafen gar nicht auf. Sein Schwert hatte er schon zu Beginn der Fahrt in Wachstuch eingeschlagen um es vor der Feuchtigkeit zu schützen und seine Uniform war sicher verstaut ganz unten seinem Seesack. Selbst jetzt nach dem halben Jahr hatte er sich noch nicht daran gewöhnt dem Stand eines Ritters anzugehören. Die Art wie die Leute ihn ansahen wenn er die Uniform und sein Schwert trug, wie sie ihn gleich anders behandelten, wie sie nicht nach ihm urteilten sondern einzig nach seinem Stand. Ohne ihn überhaupt zu kennen. Es war als würde er sich gar nicht mehr anstrengen müssen, als müsste er nichts tun um sich die Achtung der Leute zu verdienen. Sie sahen ihn und die Uniform sagte alles. Daran würde er sich nie gewöhnen. Und die Verwirrung der Menschen wenn er sich nicht so verhielt wie sie es von einem Ritter erwarteten, war ebenfalls etwas woran er sich nicht gewöhnen würde. Wieso nahm jeder an dass er arrogant sein würde, oder herablassend? Wieso sollte er jeden wie einfaches Fußvolk behandeln. Er wusste doch nicht wer sie waren. War der Stand denn wirklich so wichtig? Sah man daran welcher Mensch eine reine Seele hatte und welcher nicht? Nein...
Er betrat das Gasthaus am Gänsemarkt. Die „güldene Feder“ war das beste Gasthaus im Hafenviertel der Stadt, aber nicht so edel wie die „Krone“ oder der „Fürstenbecher“ im Tempelbezirk der Stadt. Es war sauber, gemütlich und mit angemessenen Preisen. Die Schankmaid sah zur Tür und bediente zunächst den fülligen Kaufmann ehe sie sich ihm zuwandte. „Gerade eben erst angekommen?“ Laske nickte darauf und sie lächelte ihn an. „Mit der „Seeschwalbe“? Ich habe gesehen dass sie mit der Flut ins Hafenbecken gefahren ist.“ Wiederrum nickte er. „Du bist nich so gesprächig, oder?“ sie zwinkerte ihm beinahe etwas kokett zu und sofort flutete die Röte die Wangen des jungen Ritters. „Ich... nein, doch... uhm.“ Sie lachte ein perlendes Lachen und hakte sich bei ihm ein um ihn zum Tresen zu führen. „Ein Zimmer und ein Abendessen? Vorher noch ein gutes Bier...?“ Laske nickte und schüttelte dann den Kopf. „Kein Bier, nur eine Milch... danke“ sie sah ihn an und schmunzelte. „Ein Milchbubi, so was hatte ich schon lange nicht mehr hier. Warst du Schiffsjunge auf der „Seeschwalbe?“ er schüttelte den Kopf. „Nein... ich... bin Ritter. Laske... gerade von Siebenwind gekommen.“ Er stotterte leicht und beobachtete mit deutlichem Unbehagen wie ihr zunächst die Kinnlade hinabfiel und sie dann eine ungläubige Miene aufsetzte. „Sicher... und nun komm Junge, ich zeig dir dein Zimmer. Hast du auch genug Dukaten?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 30.08.08, 15:32 
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Kapitel 2 – Von Vandris nach Skapenskyr

Der Gong aus dem Glockenturm am Gänsemarkt schlug fünfmal, um den Bewohnern der Stadt zu verkünden, dass der 5. Zyklus angebrochen sei, die Mitte des Tages, aber in den Straßen herrschte ein so trübes Licht, als ob der nächste Dunkelzyklus schon nahte. Dichte, graue Wolken hingen schwer über den Dächern, Wasser troff daraus wie aus einem nassen Wollgespinst. Es wehte kein Wind, die Wolken zu vertreiben, und so fielen die schweren Tropfen schnurgerade dem Boden entgegen. Sie zeichneten lange wässrige Striche in der Luft, zerplatzten auf den glänzenden Pflastersteinen, liefen zusammen zu stetig wachsenden Pfützen, kleinen Seen, auf denen Wellenringe sich zerschnitten und große Blasen trieben.
Auch der zerzauste Hund am Brunnen hatte die Hoffnung auf ein Ende des Regens aufgegeben. Mit gesenktem Kopf und halb geschlossenen Augen hockte er neben dem steinernen Abbild eines gewaltigen Hirsches der von einer Meute Jagdhunde eingekreist und angekläfft wurde, reglos als wäre er ein Teil dieser Statue. An anderen Tagen jagten ihn die Straßenjungen gerne mit ihren Schleudern und lachten wenn er winselnd das Weite suchte, aber heute war kein Tag für eine Pirsch.
An einem Tag wie diesem blieb jeder, wenn er es nur irgendwie einrichten konnte, daheim und dankte den Vieren, dass sie ihm ein festes Dach über dem Kopf geschenkt hatten. Die Erkenntnis hatte sich voller Bitterkeit auch bei den Markthändlern eingestellt, die auf dem weiten Geviert des Gänsemarktes hinter ihren Ständen ausharrten und wider besseren Wissens auf ein Ende des Regens und die Ankunft der Kundschaft hofften. Ganz ähnlich des Hundes hatten sie die Köpfe zwischen die Schultern gezogen und waren sorgsam darauf bedacht, sich möglichst wenig zu bewegen, um ein Verrutschen der tropfnassen Kleider auf der Haut zu vermeiden. So standen sie stocksteif und mit leicht abgespreizten Armen da und sahen zu, während ihnen das Wasser von Hutkrempen und Hauben tropften, wie ihnen der Regen die zarten Blumen zerschlug und die frischen Backwaren verdarb, wie er durch die Tuchbahnen der Baldachine sickerte, um auf die voller Sorgfalt am Morgen ausgebreiteten Stoffballen und Lederwaren zu tropfen.
Der Regen trommelte auf die Fässer der Fischhändler und füllte spritzend die Teller und Schalen der Töpfer, er tränkte die Felle der Zugtiere, die mit hängenden Köpfen am Rande des Platzes standen und lustlos an nassen Heuballen rupften. Hier und da rann er zu Bächen zusammen, die quer über den Gänsemarkt strömten, dunkle Schwaden von Tierdung, Heuhalme und Blütenblätter mit sich führend, um sich glucksend in der breiten Gasse vor der „güldenen Feder“ an der Stirnseite des Platzes zu vereinen.
„Mach die Tür hinter dir zu, Junge! Es zieht!“ Der junge Ritter zuckte mit den Schultern und trat mit dem Seesack hinaus in den Regen. Seine Kleider waren schon nach wenigen Sekunden vollkommen durchnässt und klebten an seinem Körper während er weiter durch die Wasserlachen auf dem Pflaster stakste wie ein Storch im Salat. Sein Weg führte ihn quer über den Markt bis zum Pier zurück. Kapitän Aro hatte ihm versichert, dass er für eine gute Unterbringung seiner Stute sorgen würde und dass er sie heute zum 5. Zyklus würde abholen können. Er wollte den Matrosen am Tag zuvor nicht weiter im Weg sein und so hatte er sich sofort auf den Weg zum nächsten Gasthaus gemacht.
Er löste die Stute aus und schon wenige Minuten später war er aus dem Stadttor geritten und in Richtung Pas an der Grenze zu Ersont aufgebrochen. Der Regen hatte nicht nachgelassen und er ließ die Stute in ihrem eigenen Tempo laufen. Seine Gedanken trieben dahin und er nahm kaum die verwaschene Landschaft um sich herum wahr. Auf seiner Reise in Richtung Siebenwind vor ziemlich genau zwei Jahren war er auch auf dieser Straße gereist. Er erinnerte sich kaum mehr daran. Damals war er mit den Gedanken noch weiter weg gewesen als nun. Wie würden ihn die Bewohner von Skapenskyr aufnehmen? Damals hatten sie ihn töten wollen.
„He, Kleiner! Runter vom Pferd und Hände hoch oder wir holen dich mit der Armbrust vom Pferd!“ mit dem Ruf wurde der junge Mann aus den Gedanken gerissen und er sah voraus. Ein wuchtiger Mann von fast 2 Schritt Größe stand gute 6 Schritt vor ihm auf dem Weg und hatte die Pranken in die Hüfte gestemmt. Sein linkes Auge war unter einer speckigen Augenklappe aus Leder verborgen und eine tiefrote Narbe zog sich noch bis hinab über seine Wangen bis zu seinem Mundwinkel der grässlich entstellt war, aufklaffte und eine Reihe ungepflegter und teilweise schwarz fauliger Zähne offenbarte.
Langsam stieg er ab und löste dabei das Schwert aus der Scheide an seiner Seite. Zum Glück hatte er den Waffengurt heute früh umgebunden, auch wenn es auf einem langen Ritt unbequem war, so war eine Waffe in der Hand in einer Situation wie dieser ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Er zog die Klinge gänzlich heraus und fasste sie fester um den lederumwickelten Griff. Sein Blick lag weiter aus diesem Ungetüm von einem Mann und mit Verblüffung sah er dessen erschrockene Miene. Der Hüne gab einige hastige Handzeichen zu beiden Seiten und Laske hörte eilige Schritte von mehreren Leuten, welche sich hastig in das Unterholz seitlich des Weges zurückzogen. Der Mann selbst hob die Arme und ging langsam rückwärts während er stammelnd einige Worte über die Lippen brachte „Nichts... für ungut, euer Wohlgeborn... dass iss uns den Ärger nich wert... gute... äh... Weiterreise.“ Bevor er sich dann umdrehte und wie vom Einen gejagt hinter dem nächsten Gebüsch verschwand.
Laske stand da und krauste die Stirn. Er sah auf sein Schwert, dann wieder auf die Stelle an welcher der Räuber verschwunden war und dann wieder auf sein Schwert. Er blinzelte verwirrt und schüttelte den Kopf. Er war eindeutig nicht mehr auf Siebenwind. Eindeutig.
Die weitere Reise verlief beinahe ereignislos. Er ritt jeden Tag so weit er konnte und übernachtete in den kleinen Gasthäusern am Rande des Straße. Die Grenze nach Ersont erreichte er am 5. Tag seines Ritts und nach weiteren 6 Tagen schließlich gelangte er auf den Bergpfad der sich in ewigen Windungen hinauf in die Ausläufer der Skapen zog und welcher ihn in einigen Zyklen nach Skapenskyr führen würde. Nach Hause...

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 24.09.08, 14:02 
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Kapitel 3 – Von Skapenskyr nach Quellhain

Die Vegetation wurde immer karger und die vorher noch lichten Mischwälder des Ersonter Kernlandes wurden abgelöst durch trockene Nadelgehölze und Felsformationen. Die Ausläufer der Skapen waren eine raue, beinahe unwirkliche Gegend. Die Moose und Flechten an den Steinen und Stämmen waren die einzigen Farbflecken mit ihren Tönen von Grün bis Violett. Die Gräser waren braun und hart wie Dünengras, nur wenige Tiere kamen mit diesem Nahrungsangebot klar und eben diese Tiere sicherten das Auskommen der Menschen die hier lebten. Bergbauern die mit der Haltung von Ziegen ihr Brot verdienten. Ziegenfleisch, Ziegenmilch, Ziegenkäse, Felle, alles was man aus dem Tier heraus holen konnte.
Die Fuchsstute trug den jungen Ritter in einer gemütlichen Gangart den schmalen Pfad hinauf durch die zerklüftete Landschaft. Am Weg selbst gab es kaum Höfe, die meisten Bauern hatten sich zu den wenigen kleinen Dörfern zusammengeschlossen. Er wusste insgesamt von dreien, und Skapenskyr, seine Heimat, war eines von ihnen. Er war schon den ganzen Morgen unterwegs und eben brach der 5. Zyklus an, da sah er in einiger Entfernung die Konturen der Häuser. Sein Herz begann schneller zu schlagen und die junge Stute spürte seine Unruhe und schnaubte. Sanft tätschelte er ihr den Hals und atmete tief durch bevor er die letzten Meilen antrat.
Langsam stieg er von dem Pferderücken, ihm taten die Muskeln weh von der ungewohnten Belastung des Aufstiegs. Er hatte gar nicht gewusst dass man auch diese Partien des Körpers beim reiten brauchte. Siebenwind war eher flach und er hatte nie einen mehrere Zyklen dauernden Ritt aufwärts absolvieren müssen. Steifbeinig ging er einige Schritte bevor er den Sattel vom Rücken der Stute nahm und beiseite über den Zaun legte. Sein Blick schweifte umher und es überraschte ihn alles so vorzufinden wie er es noch kannte. Die Hütte, der Stall, das eingezäunte Stück Gemüsegarten, ein paar Schritt entfernt die Scheune. Seine Scheune. Er atmete tief durch. Es war still. Die Mutter war wahrscheinlich im Haus und sein Bruder würde mit den Ziegen auf der Weide sein. Seine Schwestern würden unterwegs sein um Vorräte für den Morsan zu sammeln oder waren inzwischen verheiratet und bei ihren eigenen Familien. Er seufzte und es kam ihm so vor als wären es nicht nur zwei Jahre sondern ein ganzes Leben. Das letzte Mal hatte er den Hof im Dunkeln und in gebückter Haltung verlassen, auf der Flucht vor seinen Verfolgern.
Er stand noch immer so in Gedanken verloren auf dem Hof, als die Tür der Hütte sich öffnete und eine Frau in den Vierzigern heraus trat. Sie trug die schlichte aber robuste Kleidung der Bergbauern, in Grau- und Brauntönen. Eine hagere Gestalt aber mit einem unendlich sanften Gesicht. Er liebte dieses Gesicht wie kein anderes und jedes Mal wenn er eine der gesichtslosen Statuen der Herrin betrachtete, formten sich ihre Züge darauf – seine Mutter.
Sie sah auf und sah zuerst das stolze Pferd, die feste Ledertasche und die bestickte Satteldecke, dann erst den jungen Mann. Sie erkannte ihn zunächst gar nicht. Diesen junge Mann mit den ernsten Zügen, in der feinen – wenn auch straßenstaubbedeckten – Kleidung, mit dem Schwert an seiner Seite und der Haltung eines Mannes der seinen Platz in dieser Welt gefunden hatte. Dann aber sah sie ihm in die Augen und sah die Tränen die darin schimmerten. Sie ließ den Korb mit dem Hühnerfutter fallen und rannte auf ihn zu, schloss ihn fest in die Arme und weinte ebenso still wie er über das unerwartete Wiedersehen.
Es wurden lange Zyklen in der kleinen Hütte, die ihn so vertraut war wie seine Westentasche. Alle hatten sich um den grob gezimmerten Holztisch versammelt und lauschten gebannt den Worten Laskes. Anfangs war sein Bericht stockend gewesen und mehr als einmal hatte die Röte seine Wangen geflutet, doch nun war er sicherer geworden und die Worte reihten sich nahtlos aneinander. Er erzählte von den letzten 2 Jahren und er berichtete von dem Grund seiner Reise. Er sah in die vertrauten Gesichter und die innere Wut die er lange noch in sich getragen hatte, war verflogen. Als wäre mit dem Tod des Vaters auch die Missgunst seiner Geschwister aus dem Haus geweht wie ein schlechter Geruch. Sie alle sahen ihn nun mit anderen Augen und behandelten ihn mit vorsichtigem Respekt. Er war sich nicht sicher ob ihm das gefiel oder nicht, aber er fühlte dass er einen Teil seines Friedens schon gemacht hatte – der erste Schritt nach vorne auf dieser Reise.
Die Geschenke in seiner Tasche wurden mit allgemeiner Begeisterung aufgenommen und der Beutel mit Dukaten trieb der Mutter die Tränen der Erleichterung in die Augen. Er fühlte sich unwohl dabei, entsprach die Summe doch kaum dem was er in einem Mond bekam. Er wusste dass er in den kommenden Jahren immer wieder etwas von seinem Geld hierher schicken würde. Er fühlte aber ebenso dass er nicht mehr hierher gehörte. Seine Mutter hatte noch einmal die Geschichte erzählt von dem Tag an dem sie ihn bekommen hatte. Wie der Vater ins Haus gekommen war zu ihrem Wochenbett und ihr das zweite Kind in den Arm gelegt hatte – ihren Sohn. Doch das war nicht der einzige Grund wieso er sich hier nicht mehr heimisch fühlte. Er war ein anderer geworden. Er war kein Knabe mehr auf dem Hof seines Vaters. Er hatte den Ziegenhirten hinter sich gelassen ... das fühlte er nun. Er war ein Ritter.
Drei Tage verbrachte er auf dem Hof. Er half bei einigen Arbeiten die ein weiteres paar Hände gut gebrauchen konnten, er sprach viel mit seiner Mutter und versuchte die Begeisterung seiner Geschwister zu dämpfen. Sie alle überlegten ihr Glück auf Siebenwind zu suchen, dort wo ein Hirte Ritter werden konnte. Sie sahen sie Gefahren nicht und nicht die Härte dieses Weges. Erst am dritten Tag brachte er die Frage über die Lippen die ihm so auf der Seele brannte. „Wie geht es Lilja?“ seine Mutter lächelte ihn warm an und beschrieb ihm einfach nur den Weg nach Quellhain.
Schon in den frühen Zyklen des nächsten Morgens brach er auf. Er nahm seine Mutter fest in die Arme und versprach ihr zu schreiben und ihr Geld zu schicken. Er nahm ihre Segenswünsche dankbar entgegen und strich ihr noch mal über die Wange bevor er sich auf den Rücken seines ausgeruhten Pferdes schwang. Er sah nicht zurück als er den Hof verlies.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 24.09.08, 14:57 
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Kapitel 4 – Von Quellhain nach Saalhorn

Das Kloster lag in einer Talmulde am südlichsten Ausläufer der Skapen, dort wo die Quelle des Shamet aus dem Berg sprudelte und sich auf seinen langen Weg bis zum Meer machte. In Form eines schmalen Wasserfalles erreichte er das erste Mal das Licht Felas und glitzerte dort wie ein lebendiges Tuch voller Edelsteine. Meist war der feine Sprühnebel des Wasser von einem Regenbogen durchzogen und ließ diesen Ort mehr als nur verzaubert wirken. An dem kleinen See am unteren Ende des Wasserfalles stand der Bau aus hellem Stein, mit dem Kuppeldach und den weichen Formen in der Architektur. Ein lichter Hain aus Buchen und Birken hüllte das Tal ein und ließ das Licht Felas in vielen kleinen Flecken auf den tiefgrünen Boden fallen.
Der Weg führte von Süden her in das Tal und nach den Tagen im Sattel drängte es ihn in diesem Moment dennoch nicht weiter. Das Tal lag ausgebreitet vor ihm und wirkte so friedlich. Er atmete tief durch und er war froh dass Lilja hier einen Ort für sich gefunden hatte. Sie passte hierher. Das Tal war so schön wie sie. Er schüttelte die Gedanken ab und ließ die Stute wieder in einem leichten Trab den Weg entlang laufen. Eine kleine Gruppe von Novizen strich zwischen den Bäumen neben dem Weg entlang und schien auf der Suche nach Kräutern oder den ersten Bellumsfrüchten. Sie sahen den jungen Ritter mit Neugier an und kicherten hinter vorgehaltener Hand als er den Kopf grüßend neigte. Laske sah mit verwirrter Miene wieder nach vorne und strich sich über den Nacken. Was für ein eigenartiges Willkommen.
Er stieg ab und überließ die Stute dem eileifrigen Stallburschen, dem er ein paar Münzen in die Hand drückte. Er ließ sein Schwert am Sattel und auch seinen schweren Reiseumhang. Seine Schritte führten ihn zunächst zum Quellsee um sich zu reinigen. Er wusch sich mit ruhigen Bewegungen Hände, Füße und Gesicht und wechselte die staubigen Kleider mit den neuen aus seiner Satteltasche aus. Er fühlte noch immer das frische, kühle Wasser auf seiner Haut als er den kreisrunden Tempelraum betrat und mit leichten Schritten zu einem der Kissen ging um sich dort auf den Knien nieder zu lassen.
Er wusste nicht wie lange er da schon gekniet hatte, mit seinen Gedanken und Gebeten bei der gütigen Herrin. Er fühlte die unbequeme Haltung schon gar nicht mehr und fühlte sich einfach sicher und geborgen. Der Baum in der Mitte des Raumes trug reiche Frucht und die ersten Äpfel bekamen schon ihren roten Schimmer, das Licht Felas dass durch das gläserne Dach in den Raum fiel, schien so warm und sanft und das leise Plätschern des Wassers in den Becken wirkte beruhigend. Irgendwo spielte jemand auf einer Harfe und aus einem der angrenzenden Räumen drang ein Lachen an sein Ohr. Es waren noch ein paar andere Leute hier. Sie saßen wie er auf den Kissen und ließen sich von der Umgebung gefangen nehmen und dorthin führen wo man der Herrin so nah war. Er schloss die Augen und ließ das alles auf sich wirken.
Eine schmale Hand legte sich auf seine Schulter und er zuckt etwas zusammen. Sein Blick ging über die Schulter und einen Moment schien es als würde sein Herz anhalten. „Lilja.“ Flüsterte er nur und es war keine Frage. Sie lächelte sacht und griff nach seiner Hand um ihn durch einen der Vorhänge zu führen. Sie hatte sie fast nicht verändert. Ihre Gestalt war noch immer so schmal und beinahe zerbrechlich wie damals. Das blonde Haar floss in sachten Wellen über ihren Rücken und schimmerte im Licht. Ihr Gewand wies sie als Novizin des Tempels aus und es stand ihr gut zu Gesicht. Sie wirkte zufrieden und als sie sich in dem kleinen Raum auf den Kissen niederließen sah sie ihn lange einfach an. „Ich habe dich gleich erkannt, auch wenn es lange her ist.“ Sagte sie nach einer geraumen Weile. Die Stille hatte zwischen den beiden gehangen ohne drückend zu wirken. Sie hatten sich in die Augen gesehen und darin gelesen wie in einem Buch. „Ich hätte dich auch erkannt. Ich habe dich so oft gesehen.“ Sie legte ihre Hand auf die seine und blieb wieder still. „Ich habe meinen Platz hier gefunden.“ Er nickte „Ich weis. Ich glaube das habe ich auch.“ Und dann begann er leise zu erzählen. Sie hörte ihm zu und es war wie damals als sie zusammen unter der Weide gesessen hatte und er auf der Laute gespielt hatte. Ihre Miene spiegelte all die Empfindungen wieder, die in seiner Geschichte mitklangen. Sie litt mit ihm und lachte mit ihm. Die Zyklen verstrichen und keiner der beiden merkte es. Es war so einfach ihr das Herz auszuschütten, die Sorgen zu teilen und auch ihr zuzuhören. Sie zu trösten und schützend in den Arm zu nehmen, als sie über die letzten gemeinsamen Ereignisse in Skapenskyr sprachen, fiel ihm nicht mehr schwer. Er fühlte noch immer diese tiefe Verbundenheit zu ihr, welche ihm damals so viel Kraft gegeben hatte, aber das Feuer der ersten Liebe war erloschen und einer warmen Glut gewichen. Sie wussten beide dass sie unterschiedliche Wege gegangen waren und auch weiter gehen würden. Und dieses Wissen war beruhigend. Er wusste endlich dass es ihr wieder gut ging. Dass sie, wie er auch, ihren Platz gefunden hatte. Und wieder fühlte er diesen Frieden in sich. Wieder ein Schritt nach vorne.
Er blieb nur zwei Tage in Quellhain. Lange Spaziergänge durch das Tal füllten diese Tage, Gespräche, Gelächter und stilles beieinander sein. Da war etwas zwischen ihnen, doch es war nicht mehr diese übermütige Jugendliebe. Es war stilles Vertrauen und Freundschaft geworden und so war der Abschied nicht ganz so schwer. Sie gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange und stand noch auf dem hellen Kiesweg, als er schon den Rand des Talkessels erreicht hatte.

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Kapitel 5 – Von Saalhorn nach Vandris

Die große Reichsstraße zwischen Ersonts End und Ersonts Tal war in dieser Zeit reich befahren. Bauern brachten den Zehnt in die nächstgrößeren Orte, Erntehelfer pilgerten von Ort zu Ort und die letzten Spielleute zogen durch die Grafschaft. Am auffälligsten aber waren die Gruppen aus jungen Männern, die nach Ersonts End reisten und aufgeregt über die neusten Vorfälle mit den Orken sprachen. Die Luft war erfüllt von Kriegslust und mit selbstbewusster, patriotischer Haltung. Die Männer hatten sich mit allem bewaffnet, was sie gefunden hatten. Und so waren die Gruppen mehr als nur bunt gemischt. Von dem einfachen Bauernsohn mit der Sense bis hin zum Handwerksgesellen der mit einem alten Schwert an der Hüfte stolz vorausging. Laske musste mehrere Male ein Angebot sich einem der Haufen anzuschließen ausschlagen. Er hatte kein Interesse daran sich an den Scharmützeln zu beteiligen und er wusste auch nicht was an den Gerüchten dran war, dass die Orken ungewöhnlich aggressiv wären. Er kannte es nur zu gut von der Insel und er schauderte als er an die Zeit in der Gefangenschaft dachte.
Kurz vor Ersonts Tal bog er nach Norden ab und folgte einer Händlerstraße, welche hinauf nach Khalandrien führte. Einige Tage leistete er einem Händler Gesellschaft und ließ sich von ihm als Geleitschutz einstellen. Der Mann hatte das Herz am rechten Fleck, aber es gab keinen Moment in diesen Tagen, den er nicht mit Worten gefüllt hätte. Als Laske sich an der Weggabelung nach Saalhorn von ihm verabschiedete ritt er einige Stunden nur still durch das karge Land – froh über die Stille um ihn herum.
Hier und da waren kleine Dörfer zu sehen, weitläufige Felder und die Bauern bei der Arbeit. Als er vorbei ritt, zogen sie ihre Hüte und verneigten sich ehrerbietig. Er grüßte freundlich und versucht sich das unangenehme Gefühl nicht anmerken zu lassen. Hier auf dem Festland hatten der Stand des Adels noch etwas ganz anderes zu bedeuten als auf der Insel. Er ließ den Blick über die Landschaft gleiten und er dachte daran wie seine Mutter einst diesen Weg gegangen sein könnte.
Erst in den späten Zyklen kam er am Hofe Saalhorns an. Ein Stallbursche kümmerte sich umgehend um seine Stute, als er sich als Bote vorstellte. Ein Diener führte ihn in die herrschaftlichen Räumlichkeiten. Alles war deutlich karger als er es sich ausgemalt hatte. Saalhorn war zwar ein eindrucksvoller Sitz, doch man sah dass die Ländereien sicher nicht die wohlhabendsten des Reiches waren. Der Diener öffnete ihm die schwere Holztür zum Kaminzimmer und Laske trat ein. Er war nervös und er war sich sicher dass man ihm das ansehen würde. Am Kamin saß in einem hohen gepolsterten Stuhl ein Mann in den Fünfzigern, neben ihm eine Frau in schlichter aber nichtsdestotrotz edel wirkender Kleidung und zu ihren Füßen einige Kinder. Am Fenster saß eine junge Frau mit einem Buch in ihren Händen und schien ihn gar nicht groß zu beachten. Laske verneigte sich höflich und grüßte im Namen der Viere, bevor er den Brief des Grafen Hagen Robaar aus der Tasche zog und ihn dem Herrn des Hauses überreichte. Dieser musterte einen Moment den jungen Mann, welcher ihm den Brief gebracht hatte und brach dann das Siegel des Briefes um darin zu lesen. Laske blieb ein wenig verloren im Raum stehen und versuchte die neugierigen Blicke der Kinder und Frauen an sich abperlen zu lassen.
Nach einer halben Ewigkeit richtete sich der Blick des Hausherren wieder auf ihn und musterte ihn abermals. „Ihr seid also der ehemalige Knappe meines Bruders?“ fragte er mit einem Tonfall, den er nur zu gut von seinem Lehrherren kannte. Er nickte dazu. „Ich bin Ritter Laske zu Siebenwind.“ Wieder traf ihn einer dieser Blicke und fast wirkte es als würde der Bruder des Grafen etwas in seinem Gesicht suchen. „Ihr seid in meinem Haus willkommen, solange ihr Rast machen wollt bevor ihr eure Reise fortsetzt.“ Die Worte waren schlicht, doch in dem Ton hörte er Wohlwollen. Laske verneigte sich dankend und wurde kurz darauf von einem der Diener in ein Gästequartier gebracht.
Beinahe eine Woche war er auf Saalhorn. Er wusste nicht wieso es ihn so lange dort hielt, doch irgendetwas brachte ihn dazu das Angebot länger zu bleiben anzunehmen. Er saß bei den Mahlzeiten mit der Familie am Tisch und lernte sie alle ein wenig kennen. Den Herren des Hauses und den Bruder des Grafen Robaar, seine Frau, die vier Kinder, die jüngere der Töchter der Grafen und auch deren kleinen Bruder. Diese Zeit war sehr geschäftig, denn der Zehnt der Bauern wurde aufgenommen und der Hof brummte den ganzen Tag vor Leben. Laske legte hier und da mit Hand an, doch die meiste Zeit verbrachte er auf Ausritten. Meist begleitete ihn Hagens Tochter. Sie legte ein recht burschikoses Verhalten an den Tag und fragte ihn über ihren Vater aus. Laske stand ihr so ging wie es eben ging Rede und Antwort, doch er fühlte sich auch ein wenig unwohl dabei. Das Mädchen machte ihm beinahe eindeutig ihr Interesse klar und er wusste nicht wie er damit umgehen sollte. Er wusste inzwischen dass sie sich etwas allein gelassen fühlte von ihrem Vater und nach dem Fortgang ihrer Schwester. Die Mutter war gestorben und die Familie ihres Onkels hatte sie zwar liebevoll aufgenommen aber ihr fehlten die Eltern und die Schwester dennoch sehr. Am Abend des sechsten Tages auf Saalhorn fand sich Laske auf einmal in der Situation wieder, dass das Mädchen ihre Arme um ihn geschlungen hatte und sich an seiner Brust ausweinte. Sie hatte in den ganzen Tagen eher ein rüdes Verhalten an den Tag gelegt, doch nun wirkte sie auf einmal so jung und verletzlich. Sacht legte er seine Arme um sie und sprach sanft und beruhigend auf sie ein.
Am nächsten Tag brach er auf. Er hatte sich von allen verabschiedet und einen Brief an den Grafen in Empfang genommen. Er fühlte die traurigen Blicke des Mädchens auf sich als er sich auf sein Pferd schwang und es fiel ihm schwer seinen Blick nicht zu lange auf ihr liegen zu lassen. Er nahm das großzügige Proviantpaket entgegen und neigte noch einmal den Kopf, ehe er die Stute vom Hof führte. Er hatte sich hier wohl gefühlt, doch nun war er froh zu gehen. Die Unruhe in ihm war noch nicht geschwunden, doch er hatte eine neue Art Mut gefunden und als die Straße wieder vor ihm lag, da wusste er was ihn trieb. Die Sehnsucht bald wieder zuhause zu sein. Auf Siebenwind.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 25.09.08, 09:58 
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Kapitel 6 – Von Vandris nach Siebenwind

Die karge Gegend des nördlichen Ersont wurde abgelöst durch die fruchtbareren Gebiete im Landesinneren, die Bauern waren eifrig mit der Ernte beschäftigt, das Laub der Bäume begann sich zu verfärben und in einigen Orten wurden die ersten Schlachtfeste gefeiert. Das Vieh, welches nicht mit genügend Futter über den Morsan gebracht werden konnte, wurde geschlachtet und das Fleisch auf die verschiedensten Arten haltbar gemacht. Es war eine Zeit des Überflusses und bald würde auch das Erntedankfest gefeiert werden. Dieses Jahr war die Ernte nach zwei mageren Jahren wieder mit guten Ertrag und die Bauern frohlockten auf einen Morsan ohne Not. Die Kinder spielten ausgelassen oder halfen auf den Feldern.
Manches Mal sammelte sich eine Gruppe von Kindern um den jungen Ritter, wenn er sein Pferd tränkte oder sich selbst einen Schluck aus einem Dorfbrunnen genehmigte. Sie balgten sich darum wer das Schwert als erster einmal halten durfte und standen Schlange um auf der prächtigen Stute eine kleine Runde im Kreis zu reiten. Laske fühlte sich dabei etwas Unwohl, so inmitten all der Aufmerksamkeit und die Blicke der Eltern die auf ihm ruhten beunruhigten ihn ebenso. Es schien als würden sie erwarten dass er die Kinder gleich mit wüsten Beschimpfungen fortschicken würde oder gar schlimmeres. Wie anders das Bild in den Köpfen dieser Menschen hier war. Auf Siebenwind war es ihm schon so eigenartig vorgekommen wenn ihn die Leute mit einem „Zum Gruß, euer Wohlgeboren“ grüßten oder sich sogar verneigten. Doch hier fielen manche Menschen sogar vor ihm auf die Knie. Er würde froh sein wieder auf der Insel zu sein.
Sein Weg führte ihn wieder auf die Reichsstraße und diese immer weiter entlang nach Westen. Die Straßen waren voller Karren und Menschen, jedoch nur wenige einzelne Reiter. Nahe der Garnison von Ersonts Tal machte er einige Zyklen rast und hörte die Berichte der dortigen Kommandierenden. Die Lage war angespannt jedoch noch nicht eskaliert. Es schien als würde der Hetmann im Norland wieder Truppen ausheben und entsprechend rüsteten sich die Grenzposten und Garnisonen in Ersont. Es war nicht das erste Mal dass es Unruhen gab und auch dieses Mal würde Ersont das nördliche Schild des Großreiches sein. Er hörte die stolzen Reden über die Ersonter Kämpfer, ihre Strategien und die allgemeine Überlegenheit. Doch er fühlte es nicht auf diese Art. Hier auf dem Festland war es auch nichts anderes als auf der Insel – nur im Großen. Die Orken machten Aufstand im Osten, die Nortraven rüsteten sich um eine eventuelle Schwäche auszunutzen und das Reich stellte sich gegen beide Seiten um die friedlicheren Gebiete im Inneren zu schützen. Er schüttelte langsam den Kopf.
Von Ersonts Tal ging es weiter über die Grenze nach Vandrien und von dort aus in Richtung Pas, der Handelsniederlassung auf dem Bergpfad über den nördlichsten Teil der Klauenberge. Es wurde langsam wirklich kalt, vor allem in den höheren Regionen und er war froh bald den Abstieg wieder vor sich zu haben. Die Reichsstraße führte direkt weiter bis nach Vandris und wenn alles gut lief würde er rechtzeitig wieder am Hafen sein um mit der „Seeschwalbe“ in Richtung Siebenwind aufzubrechen.
Der Ritt durch Vandrien bedrückte ihn. Überall waren verlassene Orte zu sehen, verbrannte Felder auf denen erst langsam wieder etwas gedieh. Die Menschen hier waren ärmlicher gekleidet, magerer und nicht mit dem gleichen Göttervertrauen in den Augen, wie die in Ersont oder wahrscheinlich auch in den anderen Gebieten des Reiches. Zu frisch waren hier noch die Erinnerungen an den Krieg und zu schmerzhaft die Verluste. Die Reise dauerte lange und er versuchte hier und da zu helfen. Mit etwas Essen, einigen Münzen oder guten Worten. Die meisten sahen ihn an als wäre er nicht recht bei Trost, aber die Hoffnung in den Augen dieser Menschen war ihm Zeichen genug.
Nach etlichen Tagen auf dem Pferderücken oder zu Fuß neben seiner Stute, kam er in Vandris an. Die Stadt schien eifrig wie auch schon bei seiner Ankunft. Er hörte allerlei Geschichten über die neusten Vorkommnisse während er noch zwei Tage auf die „Seeschwalbe“ wartete. Er hatte wieder Quartier in der „güldenen Feder“ bezogen und verbrachte viel Zeit damit durch die Stadt zu streifen, mit den Soldaten zu sprechen oder hier und da Besorgungen zu machen. Langsam zog es ihm immer stärker zurück und er fühlte auf eine ganz andere Weise. Am Ende beinahe jedes Zyklus stand er am Hafen und sah zu wie Fela hinter dem Horizont verschwand und am Ende des zweiten Tages sah er dort die Masten der „Seeschwalbe“.

Einen Mond dauerte die Überfahrt und diesmal waren seine Gedanken nicht so unstet und getrieben in zwei Richtungen. Es trieb ihn nur nach Hause. Die langen Tage an Deck des Schiffes schienen ihm wie Ewigkeiten und doch war die Rückfahrt scheinbar schneller als die selbe Fahrt vor beinahe 2 Monden. Als würde ihn etwas dort magisch anziehen.
Er hatte sich in Vandris noch ein Stück dunklen Holzes gekauft und ein scharfes Schnitzmesser. Er wusste noch nicht was er machen wollte, doch Zyklus um Zyklus verbrachte er an Deck sitzend und schnitzte an dem Holz herum. Er war kein Handwerker und bis auf die Laute die er einmal repariert hatte, hatte er noch nie mit etwas aus Holz gearbeitet. Doch langsam aber sicher zeichnete sich eine Form ab. Ein schlichtes Morsanszeichen. Ein Abschluss. Eine Geste? Er wusste nur dass es einen Ort finden würde. Immer länger verbrachte er daran, arbeitete schlichte Verzierungen heraus und verfeinerte die Grundform. Es gab noch eine Sache die er für sich abschließen musste. Und die letzten Handgriffe waren die eingeschnitzten Worte: "Fliegt der Falke doch allein, ein jeder Blick streift mit Bewunderung sein Federkleid."
Er wusste diese Worte würden für wenige ein Sinn ergeben, doch das war ihm gleich. Er sah hinauf in den endlosen Himmel der sich in der Ferne mit dem Meer verband und fühlte wie nach und nach die Schatten schwanden. Er atmete tief durch... nur noch wenige Zyklen...

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine Reise auf zwei Wegen
BeitragVerfasst: 25.09.08, 10:21 
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Epilog – Ankunft auf Siebenwind

Der dunkle Küstenstreifen erschien so langsam am Horizont, wie er vor Monden dort verschwunden war. Laske stand an der Reling und umfasste sie mit festem Griff, den Blick unverwandt auf diesen Streifen Landes gerichtet. Er wusste dass niemand ihn am Hafen erwarten würde. Er war länger fort gewesen als erwartet und bis auf die Hafenarbeiter würde niemand merken dass die „Seeschwalbe“ die Insel wieder einmal erreicht hatte.
Langsam führte er die Stute wenige Stunden später den schmalen Steg herab auf den Pier. Die Arbeiter hatten die Ladung zuerst an Land gebracht und standen und saßen nun in kleinen Gruppen beisammen, tranken und lachten. Einige wenige nickten ihm noch zu als er das Pferd über die hölzernen Planken führte. Vom Kapitän hatte er sich schon verabschiedet und einige Dukaten hatten den Besitzer gewechselt. Er atmete tief ein und lächelte über das vertraute Gefühl dass sich in seinem Inneren ausbreitete. Es war zuhause.
Langsam führte er die Stute durch die stillen Gassen der Stadt und ritt, als er das einsam stehende Tor der alten Stadtmauer passiert hatte, den vertrauten Weg in Richtung Falkensee. Doch sein erster Weg würde ihn nicht zur Burg führen.
Sacht kniete er nieder vor dem einfachen Grabhügel nahe des Walles und zeichnete die Raute vor sich. Eine ganze Weile verharrte er, bevor er mit den bloßen Händen am oberen Ende des Grabes ein kleines Loch grub und das schlichte Morsanszeichen aufstellte. Er strich noch einmal mit den Fingerspitzen über das Holz und stand auf.
Dies war das Ende seiner Reise. Und er war angekommen. Am Ende beider Wege.

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