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 Betreff des Beitrags: Rückkehr eines alten Löwen
BeitragVerfasst: 5.10.08, 11:43 
Bürger
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Die roten Strahlen der untergehenden Sonne zeichneten blutige Pfade zwischen den Häusern, verwandelten Dächer zu Schlachtfeldern und das Meer in flüssige Lava. Langsamen Schrittes stapfte ein kräftiger Mann die Planke vom Schiff herab und betrat, nach fast zwei Götterläufen, wieder die Insel auf welcher er dazumal auf Seiten des Königs gestritten und gesprochen. Kaum zu erkennen sind die langsamen, fast schleppenden Bewegungen unter der abgewetzten Robe. Lediglich ein ausführlicher, geübter Blick kann erkennen dass das linke Bein unmerklich nachgezogen wird. der rechte Ärmel der Robe ist offensichtlich abgerissen worden und ein weißer Verband liegt in festen Windungen bis hoch zum Ellbogen um den Unterarm welchen der, trotz alledem aufrecht gehende, Mann angewinkelt vor seinem Oberleib hält.
Das Gesicht, einsmals eines welches man ohne weiteres, abgesehen von einer einzelnen Narbe, als schön bezeichnet hätte, zeigt Spuren der Gram. Die Augen glitzern in jenem eigenartigen Blick eines Mannes der seinen Tod nicht nur vor sich gesehen sondern ihn schon gespürt hat. Die mit Anstrenung noch als ehemals feingeschnittenen Züge zu erkennenden Linien seines stark gebräunten Gesichtes sind von zahlreichen Narben entstellt. Über das linke Auge zieht sich eine grausame Narbe welche, ganz offensichtlich, beinahe die weitere Existenz des Manns als Einäugiger nach sich gezogen hätte. An den Wangen sind zahllose, feine und kaum sichtbare Narben zu erkennen, beinahe wie Linien auf einer alten Landkarte. Die edel geschwungenen Lippen aufeinander gepresst als leide er unaufhörlich Schmerzen wirft er einen Blick in Richtung Brandenstein. Ein tiefes Seufzen kommt aus seiner Brust, er schirmt die Augen mit der Rechten ab.
Schließlich zeichnet sich der Entschluss auf seinen gezeichneten Gesichtszügen deutlich ab, er kneift die Augen zusammen und betritt endgültig, zum dritten und, so hofft er im Stillen, letzten Mal die Insel seines Schicksals, seiner Schmerzen und ehemaligen Freuden. Jene Insel auf der er damals dem Löwenorden die Treue schwor. Und jene die erlebte wie ein Mann, der niemals seinen Eid gebrochen und nie zuvor seine Gefährten im Stich gelassen, zum ersten Mal solcher Verbrechen vor den Sahor schuldig zu sprechen war.
Festen Schrittes, das linke Bein hinkend nachgezogen, taucht er ein in die Gassen Brandensteins, die letzten Strahlen der sterbenden Sonne im Rücken.


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 Betreff des Beitrags: Re: Rückkehr eines alten Löwen
BeitragVerfasst: 5.10.08, 13:15 
Bürger
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Beiträge: 333
Ein durchdringendes Heulen hallt durch die kalte Nacht. Mit einem Ruck springt der kraftvolle Krieger mit den Zeichen des Ordens des wachenden Löwen auf seine Füße, im selben Augenblick schon die lange, gefährlich glitzernde Klinge in der Rechten. Die eisblauen Augen, in der Finsternis der Nacht kaum in dem von Schatten bedeckten, feingeschnittenen Gesicht zu sehen, durchdringen angespannt die Dunkelheit. Schon lässt er die Klinge wieder sinken und macht Anstalten sich auf sein Felllager zurück zu legen, als plötzlich ein wuchtiger, wirbelnder Schatten aus dem Nichts auf ihn zu springt. Scharfe Krallen schlagen sich in seine Wangen, zerreißen die Haut und zerstören das attraktive Gesicht in einem einzigen Augenblick. Sein Schrei dringt nur erstickt durch die Finsternis, der breitschultrige, kräftige Mann stürzt zurück auf sein Lager, mit einer ersterbenden Bewegung stößt der todbringende Stahl nach vorn und durchbohrt den unförmigen Leib des Monsters.
Ein Aufheulen, zu hören im ganzen Ödland löst sich aus dem mit spitzen Zähnen bewehrten, hässlichen Maul. Die riesenhaften Pranken gleiten, Schnitte auf dem Brustkorb hinterlassend, langsam an dem Mann herab. Mit letzter Kraft und ungelenken, vom Tod gezeichneten Bewegungen verschwindet die Bestie in der Dunkelheit, den blutüberströmten Löwenkämpen zurücklassend.
Mit zitternden Händen, die Sicht von Blut getrübt, versucht jener die aus dem Leib rinnende Lebenskraft aufzuhalten, presst seine Hände auf die Wunden. Endlich, zuckend und sich in Schmerzen windend, sackt er auf dem Felllager zurück.

Vier Tage später, das 18. Jahr n. Hilgorad hat erst vor kurzem begonnen, öffnen sich die Augen in dem völlig entstellten Gesicht. Der Glanz von Mut ist einem düsteren, tief im Innern angstvollen Glitzern gewichen. Die Pupillen irren unstet umher, der geschwächte Körper bebt als wolle er jeden Moment aufspringen, fliehen, kämpfen, sein Leben erhalten! Da entdeckt er den Burschen der neben ihm kniet. Er starrt ihn an, Ewigkeiten verrinnen ehe er die vertrauten Züge des vielleicht sechzehn Götterläufe zählenden Jungen erkennt. Ein Aufleuchten des Erkennens lässt das immernoch blutbeschmierte Gesicht für einen Augenblick schön wirken. Der Bursche wendet sich ihm zu.
"Ihr werdet gebraucht, Christopher." - "Mein Name ist jetzt Wilhelm!" Erwidert der immernoch bebende Mann angestrengt. "Euer Gefährte braucht Euch, Ihr wisst von wem ich spreche ... Wilhelm. Ich bin eigens hergereist und in's Ödland geritten um seine Nachricht zu überbringen: Er braucht Euch!" Wieder und wieder hallen die Worte in seinem Kopf nach ... "Er braucht Euch!" ... "Er braucht Euch!" ... "braucht Euch!" ... "Euch!".


Mit einem Satz springt er auf, das vernarbte Gesicht noch immer von den bösen Gedanken des Traums zu einer stählernen Maske gefroren. Bebend zieht er seinen Umhang fester um den vernarbten Leib, richtet sich auf. Mitten im Wald entzündet er sein kleines Feuer erneut, die todesgewohnten Augen starren in die tanzenden Flammen und leise flüstert er mit bebender Stimme:
"Herr der Ehre, ich flehe Dich demütigst an, gib mir ein Zeichen. Nur ein Zeichen! Wie kann ich meine göttergegebene Seele von meiner unverzeihlichen Sünde reinige! Ein Zeichen Bellum, ich fleh' Dich an, nur ein Zeichen! Ich war Dein treuer Diener, lass mich nicht allein in der Dunkelheit des Sünders!"


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