*Ich vernehme das aufdringliche Wispern des Windes. Er huscht an den Kanten der provisorisch geflickten Häuser vorbei. Man kann bei weitem von keinem Sturm sprechen und doch ist es neben den flackernden Lauten der Fackeln das einzige Geräusch. Da, das dumpfe „Plonk“ von Holz, wenn es auf kiesigen Boden fällt. Eilige Schritte, die etwas tiefer vor mir von rechts nach links wegführen. Ich öffne die Augen und sehe einen jungen Burschen in einer Robe, der nun einen steinernen Burgfried betritt. Während seine Schritte von den Treppenwänden widerhallen, versuche ich mich zu rühren, doch erfolglos. Ich sehe an mir hinab. Ich stehe. Gefesselt mit schweren Eisenschnallen bin ich an einen Pranger gekettet. Doch meine mangelnde Bewegungsfreiheit ist nicht das Einzige, was mich beunruhigt. Ich stehe erhöht, da ich auf einer beachtlichen Menge von gestapeltem Holz positioniert wurde. Den Kopf schüttelnd versuche ich mich wach zu bekommen und zu realisieren, welch Spiel mit mir getrieben wird. Wachen stehen in ihren festlich geputzten Rüstungen, riesigen goldenen Schilden und langen Speeren links und rechts vor und wahrscheinlich auch hinter mir. Sie sind diszipliniert, denn ihre Regungslosigkeit und Stille ist sondergleichen. Nahe einer russigen Steinwand eines halbzerstörten Hauses zu meiner Rechten liegt der Länge nach ein Holzstuhl auf dem Boden. Verwirrt fixiert mein Blick eine nähere Wache und ich rufe, „Was ist hier los? Weshalb bin ich in Ketten?“. Keine Antwort ertönt. Schweigen und betrübende Dunkelheit sind alles, womit ich mich begnügen muss. Das Zerren und Ziehen an dem kalten Metall birgt keinen Erfolg. Ich ächze vor Anstrengung und rufe um Hilfe, bis ich wieder eilige Schritte von Steintreppen höre. Offenbar werden gleich mehrere Personen aus dem Burgfried des kleinen Dorfes gehastet kommen. Meine Überraschung ist gross, als ich eine Frau in mittlerem Alter mit silbriggrauen Haaren und bleicher Haut erblicke, die von dem Jüngling von vorhin und zwei Magierhutträgern begleitet wird, welche lange graue Roben aus Seide tragen. Die schönste Robe trägt allerdings die Frau. Sie ist blendend weiss und mit allerlei Runen und Stickereien versehen.*
Eine zischende Stimme in meinem Kopf: „Sie wissen nicht, was sie erwartet.“
*Ehe ich überhaupt realisiere, wer oder was da gerade gesprochen hat, spricht der Junge mit lauter und aufgeregter Stimme, „Ich sage Euch Eure Magnifizenz, gerade sah er noch normal aus und dann war da dieses helle Licht und nun ist ein ganz anderer Mann auf dem Scheiterhaufen!“. „Scheiterhaufen?!“, bei dem Gedanken wird mir bange und ich werde in höchstem Grade unruhig. Die Herrschaften treten auf mich zu und die Frau beginnt zu sprechen.*
- Althea Daena: Hmm, das ist interessant. Keine Sorge, Junrin. Er ist noch da. Er kann sich nicht entfernen, befreien oder jemanden angreifen. Aber offenbar ist ihm eine Illusion geglückt. Er hofft wohl, dass wir Gnade walten lassen, wenn er uns an sein jüngeres Selbst erinnert, als er noch nicht dem Bösen verfallen ward.
- Solivagus Grauring: Althea, seid Ihr das? Was ist hier los und warum seht Ihr so alt aus?
- Althea Daena: Schweig! Wage es nicht, das Wort an mich zu richten, Du Spross der Verdammnis. Quäle mich mit den Erinnerungen an den, welchen ich einst meinen Gefährten nannte, doch glaube nicht, dass Du damit etwas erreichst.
- Solivagus Grauring: Wovon sprecht Ihr und wieso ist Eure Stimme so voller Hass? Was habe ich denn getan?
- Althea Daena: Du willst wissen, was Du getan hast? Oh, Du wirst es Dir anhören können, denn hier sind einige Deiner Opfer, die Dir noch etwas zu sagen haben, ehe das alles vernichtende Feuer Dich mit sich zerrt.
- Solivagus Grauring: Macht mich hier los! Ich bin unschuldig!
*Verzweifelt rufe ich der kleinen Gruppe hinterher, während diese wieder im Burgfried verschwindet. Ich lasse meinen Kopf hängen und erst jetzt fallen mir die Runen und Kreiszeichnungen unter mir auf. Irgendwie sind sie sehr verschwommen und obwohl ich sie kaum erkennen kann, vermute ich in ihnen mächtige Bannkräfte. Warum nutzen sie Eisen und zusätzlichen Schutz, um mich fest zu ketten und weshalb…*
Eine zischende Stimme in meinem Kopf: „Sie werden alle da sein.“
- Solivagus Grauring: Wer bist Du und was willst Du von mir?!
- Alt Anton Bruchling: Deinen Tod will ich. Endlich haben sie Dich erwischt, Du mieser Bastard!
*Ich sehe verwirrt auf und runzle die Stirn beim Anblick eines älteren Mannes ohne Arme und fürchterlich verbranntem Gesicht. Die weisse Robe seiner Begleiterin und das Stützen des Alten lassen mich vermuten, dass sie eine Heilerin, Pflegerin oder etwas Derartiges ist. Angst liegt in ihren Augen und sie scheint den Blick angestrengt von mir weg zu lenken, als ich sie betrachte.*
- Solivagus Grauring: Kennen wir uns, mein Herr?
- Alt Anton Bruchling: Oha, der „gute“ Unglücksbringer Solivagus hat offenbar schon so viele getötet und verstümmelt, dass er sich nicht mehr an die unzähligen Opfer erinnern kann.
- Solivagus Grauring: Verzeiht, bin ich irgendwie für Euer Aussehen verantwortlich?
- Alt Anton Bruchling: Darauf kannst Du Wetten! Ich bin Anton Bruchling und Du hast mich als eines Deiner ersten Opfer auserwählt. Du hast Martin und Bandor sofort getötet und mich zu dem gemacht, was ich nun bin. Ich kann ihre qualvollen Schreie heute noch hören und mich hast Du mit dieser Erinnerung leben lassen. Als lebender Toter, denn mein Leben hat geendet, als Du mir meine Arme und mein schönes Gesicht genommen hast.
- Solivagus Grauring: Anton! Du musst mir glauben, ich habe das nicht getan. Ich weiss, Ihr haltet mich offenbar alle für jemanden, der viel Leid über alle gebracht hat, doch das bin nicht ich.
- Alt Anton Bruchling: Für diese Lügen würde ich Dir gerne selbst einen Dolch in die Brust jagen, doch ist das dank Dir nicht möglich! Ausserdem werde ich mich auch so prächtig amüsieren, wenn ich „Dich“ brennen sehe und schreien höre.
- Solivagus Grauring: Ich war das nicht!
- Alt Anton Bruchling: Spar Dir Deine Worte für den Nächsten! Alles Gute, Verdammter! Hahaha!
*An die junge Frau gelehnt stapft dieser jämmerliche Rest eines Mannes nach hinten zu einer ganzen Armee hölzerner Stühle, die in mehreren Reihen auf dem wohl ehemaligen Dorfplatz aufgestellt wurden. Wieso habe ich diese zuvor nicht bemerkt? Die beiden lassen sich nieder und schon kommen der Reihe nach die nächsten an die hundert Leute um die ehemalige Wand einer Häuserecke. Die meisten kommen mir bekannt und vertraut vor, doch kann ich mich nicht an ihre Namen erinnern oder wo, dass ich sie je gesehen hätte. Ich höre ihre schrecklichen Geschichten und hasserfüllten Tiraden. Einige weinen bei meinem Anblick auch nur. Ich frage mich, ob so viele Personen sich irren können. Habe ich wirklich all diese Verbrechen begangen? Werde ich sie begehen? Wenn sie mit ihren Ausführungen enden, kommt auch schon der Nächste und dann noch einer und noch einer. Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor und obwohl sicherlich schon mehrere Zyklen vergangen sind, bleibt es dunkel. Das Starren dieser vielen meist wütenden Augenpaare ist mir äusserst unangenehm. Endlich sind alle Stühle besetzt und Erzmagierin Althea Daena wird aus dem Turm gerufen, um mit dem Prozedere fortzufahren.*
- Althea Daena: Auch ich will mich von Dir verabschieden, Sol.
- Solivagus Grauring: Ihr meint, bevor Ihr mich anzündet.
- Althea Daena: Gerade Du müsstest doch einsehen, dass ein jeder einmal sterben muss. Du hast es Dir reichlich verdient.
- Solivagus Grauring: Verzeiht mir, wenn ich auch Euch Unrecht getan habe, Althea.
- Althea Daena: Vergebung ist etwas, was Du nie von mir erlangen wirst. Ich hasse Dich mehr, als die Grünhäute und die Ketzer zusammen. Die Welt wird wieder schöner ohne Dich.
- Solivagus Grauring: Ich verstehe. Wo sind eigentlich die anderen alle?
- Althea Daena: Wen meinst Du? Die Magier vom Turm, die Du alle abgeschlachtet hast? Die Bewohner von Siebenwind, welches Du versenkt hast? Meinst Du Bastean, welcher sein Leben liess, als er Dich verraten hat und in diese Falle lockte? Oder aber meinst Du Shelley Xerxes, die Du auf Deine Seite gezogen und in einer sinnlosen Schlacht hast sterben lassen, damit Du überlebst?
- Solivagus Grauring: Wie konnte es nur soweit kommen?
- Althea Daena: Dein erstes Opfer war Vek, der Schwarzmagier, welchen Du in einem Duell auf übelste Weise zerstümmelt hast. Doch zuvor schon zeichnete sich Dein Werdegang ab. Je mächtiger Du wurdest, desto finsterer wurden Deine Gedanken und Taten. Ich hätte Dich damals töten sollen, doch habe ich Dich geliebt und gab die Hoffnung erst viel später auf.
- Solivagus Grauring: Es tut mir leid, Althea.
- Althea Daena: Nun denn, die Zeit ist gekommen. Sofern Du noch etwas zu sagen hast, dann tu es besser jetzt.
- Solivagus Grauring: Ich hoffe, dass Du wieder glücklich werden kannst.
*Einen Moment zögernd greift Althea nach einer Fackel, welche ihr eine Wache hinhält. Zusammen mit einigen Helfern entzündet sie das trockene Holz und ich spüre die Wärme der Flammen sich schnell nähern. Ich habe Angst. Weniger vor dem Tod, als zu sterben. Ich schliesse meine Augen und nehme mir vor, nicht zu schreien. …. Ein nervöses Raunen geht durch die Menge. Die alles vernichtenden Flammen abwartend öffne ich wieder die Augen. Ich stehe in Flammen, ohne es zu merken! Nein, ich bin eine eigene Flamme in Menschengestalt geworden.*
Eine zischende Stimme aus meinem Mund: „Es ist an der Zeit, Euer Schicksal zu empfangen, hehehehe!“
*In just diesem Moment, als die Stimme sich eigenmächtig meines Mundes bedient, verliere ich die Kontrolle über meinen Körper und meinen flammenden Armen entweicht ein schwarzer Nebel. Blitzschnell teilt er sich in viele kleine Schleier auf, die sich durch die Luft schlängeln und die nun schreiend wegrennende Meute verfolgen. Althea, die sich dem Run bedient scheint irgendwelche Bannzauber wirken zu wollen, doch diese vermögen mir offenbar nichts anzuhaben. Ungebremst schwirren die kleinen Schatten in die Nasenlöcher und Münder der Anwesenden und behindern ihre Atmung. Von überall her erklingt ein um Luft ringendes Röcheln,Würgen und Husten. Auch Althea wird davon betroffen und wie die Fliegen fällt einer nach dem anderen um.*
Solivagus Grauring: Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnnn!
*Es ist ruhig im Schlafgemach der Studiosi. Ich bin alleine….*
_________________ Neun Völker, ein Held ... und das bist Du!
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