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 Betreff des Beitrags: Eine heiße Nacht
BeitragVerfasst: 16.01.09, 02:33 
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Text: Awa

Eine heiße Nacht


Die Angeln der aus Holzbrettern zusammengefügten Tür quietschten leise in der Stille der unterirdische Etage. Die kühle Luft im Keller hinterließ auf Awas Gesicht das unangenehme Gefühl von Feuchtigkeit und Moder, obwohl ein umschweifender Blick nur die Erkenntnis einbrachte, dass es hier leer, düster und sauber war. Vier Kerzen, mit großzügigen Abständen zueinander, zierten die hölzernen und teils steinernen Wände, welche die einzelnen Zimmer vom Zwischenraum trennten. Ihre kleinen Flamme tanzten behäbig umher und warfen unstetige Schatten auf den Boden. Doch lieber etwas Licht als gar keines, dachte Awa bei sich. Sich leise umwendend drückte sie den eisernen Schlüssel in das Schlüsselloch und drehte ihn um, bis sie hörte, dass der Riegel umsprang. Sie arbeitete zwar nicht in der Bernsteinschenke, hatte jedoch die Schlüssel erhalten, um die Eingangstür und die Tür zu den Privaträumen verschließen zu können. Die letzten Gäste hatte sie hinaus gelassen, zwei Damen, die ihr sogar Trinkgeld gaben... wofür auch immer. Sie wäre eh die ganze Nacht in der Schenke geblieben, auch wenn die neu eingestellte Arbeitskraft schon längst nach Hause gegangen war, um die letzten Gäste rauszulassen, sobald sie gehen wollten.
Awa hätte nicht weggehen können. Hätte nicht weggehen wollen. Sie hatte es versprochen.
Ebenso leise wie sie bemüht war die erste Tür zu schließen, öffnete sie nun eine zweite. Die Klinke lag kalt in ihren Fingern und um so intensiver überrollte sie die warme und stickige Luft, die ihr aus dem kleinen Raum entgegenströmte und zu übermannen drohte. So ließ sie die Tür hinter sich so lange offen stehen, bis sie ihren Umhang auf das Bett gelegt und ihre schweren Taschen abgestellt hatte. Frische Luft drängte sich derweilen allmählich in die Kammer, konnte aber ihren eigentümlichen Geruch nicht vertreiben. Nicht nur der in der rechten Ecke stehende Ofen verbreitete den Duft von frisch verbranntem Holz, sondern auch die beiden daneben stehenden Farbbottiche gaben der Luft dieses Schlafraumes ihre besondere Note, die Awa nur allzu vertraut vorkam. Sie erinnerte sich gerne daran, wie es in der Schneiderei ihrer Eltern roch, wenn die Kleidungsstücke gefärbt wurden.
Nun war sie aber weit fort von Rowa und die Bottiche waren weder ihre noch die ihrer Familie. Sie gehörten anscheinend, davon ging sie aus, der Angestellten, die überall auf Siebenwind gesucht wurde. Der Frau, wegen der selbst Awa drei lange Tage unter schwerer Angst litt. Sie konnte diese Angst, die sich in sie geschlichen hatte, vor niemanden äußern und sie würde sie auch keinem erklären können... Es wäre aber falsch „ihr“ die Schuld zu geben, mahnte sich Awa, als sie sich im Halbdunkeln herumdrehte und auf das zweite Bett blickte, welches sich in die einzige Nische des Raumes eingefügt hatte. Schatten huschten im unruhigen Takt der tänzelnden Feuerzungen des Ofens über die ausgebeulte Bettdecke, das Kissen... das Gesicht.
Endlich war er eingeschlafen.
Sie hatte darauf bestanden, dass er hier schlief. Warum? Jemand musste sich doch um ihn kümmern...Selbst jetzt kam sie sich noch hilflos vor. Sie hatte ihn nicht abhalten können, ins Ödland zu gehen... nach der Vermissten zu suchen... sie hatte ihm nur sagen können, dass sie es für eine schlechte Idee hielt, dass es doch so gefährlich sei. Schon zum zweiten Mal in ihrem Leben hatte sie einen Mann nicht davon abhalten können, sich in (sinnlose?) Gefahr zu begeben.
Nur dass Archibald zurückgekommen war, wenn auch verletzt und angeschlagen.
Er fieberte noch immer, dafür musste Awa nicht nahe bei ihm stehen. Sein Atem ging schwer, seine Stirn war mit glitzernden Schweißperlen bedeckt, die bereits seine Schläfen herabliefen und sein blondes Haar tränkten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Eine heiße Nacht
BeitragVerfasst: 16.01.09, 03:08 
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Das Tuch, mit welchem sie seine Stirn gekühlt hatte, war von seinem Kopf gerutscht und lag nun neben diesem auf dem Kissen. Mit vier kleinen Schritten, bat der Raum doch keine großen Distanzen zwischen den drei Betten, war Awa schon bei ihm.
Sanft raschelte ihr Kleid, als sie sich auf den Holzboden kniete und ebenso leise kratzte der Wasserkrug über selbigen. Awa war zu müde, fühlte sich zu schwach um den Krug noch anzuheben. Selbst als sie bloß den Henkel umfasste zitterten ihre Finger bei dem Kraftaufwand so arg, dass das Wasser zu schwappen begann.

Vorsichtig nahm Awa das kleine Tuch von seinem Kissen und tränke es mit frischem, klaren Wasser, während ihre linke Hand sich auf seine Stirn legte. Der Schweiß war kalt, irgendwie klebrig, doch seine Stirn war heiß, glühte regelrecht. Als sie vorsichtig ihre kühle Handfläche von Archies Gesicht nahm, hörte sie, wie ein leises Stöhnen seiner Kehle entfleuchte und seine Augenbrauen sich verengten. Er schlief unruhig.
Sie erinnerte sich noch daran, wie sie die zwei Wochen gefiebert hatte. Manchmal halluzinierte sie sogar. Ob er wohl ähnliches erlitt? Ob er genauso fror, wie sie damals gefroren hatte? Ob er wohl die selben Kopfschmerzen hatte wie sie sie gehabt hatte und ob er nicht wusste ob er wachte oder schlief?
Ging es Fiebernden denn nicht so?
Erst, als es ein Stück Holz im Ofen besonders laut knackte und gegen die Metallwand knallte, erwachte sie aus ihren Gedanken und der ins Nichts gerichtete Blick fixierte wieder, was sich ihm offenbarte. Sie hatte den Lappen ausgedrückt... glaubte sie...auf dem Boden vor ihren Knien bildete sich dunkel auf dem Holz eine kleine Lache Wasser. Sie schüttelte leicht den Kopf... sich selber mahnend, weckend vielleicht.
Langsam erhob sie sich und setzte sich auf die Bettkante, die nur leicht absank. Dennoch knarrte das Bett leicht... vielleicht das Holz unter der Matratze.
Archie schien darauf nicht zu reagieren.
Er murmelte nur undeutlich ein oder zwei Worte...seine Lippen waren blass, leicht aufgeplatzt.
Vorsichtig wischte Awa ihm den Schweiß von der Stirn, den Wangen...Kinn...wagte es auch mit dem kühlen Nass seinem Hals etwas Linderung zu bringen, dort, wo das heiße Blut besonders stark pulsierte.

Awa war keine Heilerin. Sie würde nicht besonders viel für ihn tun können, außer im Notfall ins Hospiz zu rennen. In solchen Momenten fragte sie sich, was sie eigentlich konnte.
Fragen, die sich vielleicht jeder mal stellte.
Archie hatte sich heute wohl die selbe Frage gestellt, als sie ihn in dieses Zimmer gebracht hatte:
was konnte er eigentlich? Was konnte er tun, um Eliath zu helfen? Wofür war er zu gebrauchen?

Und wofür war sie zu gebrauchen? Musste man eigentlich zu gebrauchen sein, um sich selbst für wertvoll zu halten?
Sie war bloß Schneiderin... keine Heilerin, keine Kriegerin, keine Magierin.
Wieder bückte sie sich und tränkte das Tuch von neuem. Leise plätscherten Wassertropfen in den Krug zurück.
Es musste kalt bleiben. Aber Archies Stirn glühte so heiß, dass sie die Hitze baldig auf das Tuch übertrug.
Als sie sich nun wieder halb zu ihm umdrehte, erschrak sie und regte sich für einen Moment nicht mehr. Seine dunklen Augen waren geöffnet.


Zuletzt geändert von Awa: 16.01.09, 04:00, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eine heiße Nacht
BeitragVerfasst: 16.01.09, 03:54 
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Ein dunkles, tiefes Braun... seine Augen standen in einem starken Kontrast zu seinem hellen, struppigen Haar. Das war Awa schon aufgefallen, als Eliath ihn ihr vorgestellt hatte. So wie es jedem sogleich aufgefallen wäre.
Sie atmete aus. Archies Blick war glasig, seine Augäpfel schimmerten feucht im roten Licht des Ofens. Er starrte in ihre Richtung, aber sah sie nicht.
Keuchend drehte er seinen Kopf wieder so, dass sein Gesicht der Decke frontal zugewandt war.
„Schlaf weiter...“, sprach sie ihm leise zu. Seine Augenlider sanken herab.
Aber seine rechte Hand hob sich, streifte dabei kurz seitlich an Awas Bein entlang, welches im Wege lag. Seine Finger tasteten über den eigenen Brustkorb als suchten sie etwas. Aber sie griffen stets ins Leere, bis er die Hand einfach erschöpft über seinem Herzen liegen ließ.
Archie murmelte leise einen Namen, immer wieder, hatte jedoch kaum Atem um diesen laut auszusprechen. Leicht beugte sich Awa zu ihm hinab. Ihr langes, braunes Haar flutete dabei vereinzelnd über seine Schulter...wie Ranken einer Pflanze. Sein Atem kroch warm und schwach über ihre Ohrmuschel.
„Helnar...“, krauchte es matt über seine trockenen Lippen...aus der Vibration seiner Stimme glaube Awa etwas Trauriges oder auch Verzweifeltes entnehmen zu können.
Vielleicht irrte sie sich auch.
War Helnar nicht sein... verstorbener Bruder? Ja, Archie sprach so oft über ihn... dass er sein wolle wie er, dass er niemals so sein würde wie er...
Awa kühlte sein Gesicht.
Archibald hatte wohl nach dem rautenförmigen Amulett gesucht... doch er hatte es vor seiner Abreise einem Schmied gegeben, damit er den Namen seines Bruders eingraviere.
Awa hatte ihm versprechen müssen es entgegen zu nehmen und es aufzubewahren, falls der Schmied und Archie sich nicht mehr treffen würden.
Eine besondere Bitte, oder nicht? Aber warum sollte Archie sie um etwas besonderes bitten, wenn die beiden sich doch erst knapp nach dem Dunkeltief erst begegneten.
Vielleicht hatte er einfach keinen anderen mehr angetroffen, der davon wusste, was ihm das Amulett bedeutete.
Und nun hatte er es nicht bei sich.
Awa blickte sich im Raum um. Sie hatte nichts, was sie ihm in die Hand geben konnte... hätte sie doch bloß etwas mitbenommen, als sie abgereist war! Aber ihre Abreise kam so unerwartet...sie seufzte.
„Ach Archie... hast du das auch nur getan, um zu sein wie dein Bruder?“, flüsterte sie.
„Gehst alleine ins Ödland... und gibst dir die Schuld sie da nicht gefunden zu haben.“
Sie wusste, dass er sie nicht hören konnte, er schlief.
Er atmete schwer...schwitzte...keuchte manchmal leise und verzog seine Mimik.

Leise erhob sie sich und nahm ihre Stoffdecke von ihrem Bett, wickelte diese wie einen Umhang um sich herum und ließ sich nun wieder auf den Holzboden nieder, die Arme auf der Bettkante liegend.
Immer wieder in dieser Nacht holte sie Wasser aus der Küche der Schenke, tränkte Tücher damit, kühlte Archies Stirn und flößte ihm Wasser sein.
Oft hatte er seine Augen noch geöffnet und jedes mal schaute er an ihr vorbei, durch sie hindurch sogar. Es kostete sie viel Kraft, seinen Kopf hochzuhalten, das Glas an seinen Mund zu halten.
Irgendwann aber übermannte sie die Müdigkeit. In Decken gekuschelt schlief sie ein, der Kopf auf den Unterarmen gebettet, diese immer noch auf ihrem Platz auf der Matratzenkante.
Archie schlief ja nun ruhiger, warum nicht die Augen schließen? Nur einen Moment... einen kurzem Moment...


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