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 Betreff des Beitrags: Von Disteln und anderen Widrigkeiten
BeitragVerfasst: 22.11.07, 18:50 
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„Welch wundersame Pflanze die Distel ist. Robust und dornig, doch stolz und versehen mit der ehrlichsten Blüte.“
- Envian Daretun, Philosoph aus dem Fürstentum Herder



Gespenstische Stille lag über dem Schlachtfeld in der kurzen Atempause, die die Opponenten einander gelassen hatten. Dutzende gegnerische Gefallene, Opfer der Schlacht, bildeten die Grenzlinie zwischen den beiden Seiten. Und dort stand er, inmitten der gefallenen Kameraden, ihr erbittertste Gegner, stolz aufgerichtet, den Kopf erhoben, ohne zu zaudern, ohne zu weichen.
Bellum allein mochte wissen wie diese Schlacht enden würde...

Pharalis zog eine Grimasse, tat einen weiten Schritt über den Haufen an ausgerissenem Unkraut und gerupften Grasbüscheln und warf der Distel einen finsteren Blick zu. Fast mannshoch war das dornige Gewächs, der Strunk robust wie es sich ein anderer Vertreter der Gattung Distel nicht anders hätte wünschen können.
Ein vergeblich suchender Blick über den Burghof nach ihren Handschuhen brachte kein Ergebnis. Aber was konnte eine Distel schon ausrichten. Entschlossen umfasste Pharalis die Distel auf halber Höhe, irgendwo zwischen den dornigen Blättern, und zog.
Die Distel hielt stand.
„Drecksdistel..“ grollte Pharalis leise und lehnte sich weiter zurück, mit aller Kraft an der Pflanze ziehen, die sich in ihre Richtung bog, doch keine Anstalten machte, das Erdreich zwischen den Pflastersteinen hinter dem Brunnen der Burg zu verlassen. Nur die Distel trennte Pharalis davon, ihre Aufgaben für heute zu beenden. Sie ruckte gewaltsam an der Distel, rutschte mit den Händen ab und spürte die Dornen in ihren Handflächen nur um ungeachtet dessen neuerlich am Dornengewächs zu zerren.
Plötzlich gab die Distel nach.
Überrascht von dem plötzlichen Fehlen jeglichen Widerstands taumelte Pharalis zurück, die Distel fest umklammert, versuchte vergeblich sich auszubalancieren, und landete schliesslich unsanft auf dem Hinterteil.
Wenigstens, stellte Pharalis mit einem unbegeisterten Blick auf ihre zerkratzten Handflächen fest als sie die Distel sinken lies, war der Burghof nun frei von unerwünschtem Unkraut.
Umständlich rappelte sie sich auf, verzog das Gesicht und warf die Distel zum restlichen gerupften Grünzeug, ehe sie zum Besen griff und sich daran machte, die letzten Spuren der erbitterten Schlacht zu beseitigen.

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"Meine Mittelmäßigkeit erkennen. Nicht in geißelnder Selbstverachtung, nicht in Bekennerhochmut, aber als eine Gefahr für die Integrität des Handelns, wenn ich sie aus den Augen lasse."
- Hammarskjöld


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BeitragVerfasst: 29.11.07, 02:23 
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„Völkerkunde erforscht als Wissenschaft die verschiedenen Völker der Welt sowie ihre Kulturen und Eigenheiten.“
- K. Waldensee, Lehrmeister der Völkerkunde zu Rothenbucht

„Der Knappe hat sich alles Wichtige über die einzelnen Völker Tares anzueignen, damit er befähigt ist, all die Befindlichkeiten und Eigenarten der Völker zu verstehen und mit jenen umzugehen.“
- Galadonischer Knappenleitfaden




„Ghephänz thainäh Hanth.“
Zhairatz saß im Schneidersitz im Gras der Waldlichtung vor Falkensee, und sah auffordernd zu Pharalis.
Nur zögerlich lies sie sich dem Orken gegenüber im Gras nieder, gerade so nah wie es nötig war, und strecke ihm die von Brandnarben geprägte Hand herüber. Die Pranke des Schamanen schloss sich um ihre Finger, während er mit anderen Hand einen schmalen Dolch mit gezackter Klinge zog.
Pharalis zog die Augenbrauen zusammen und sah zu Zhairatz. „Wozu..?“
„Thazz zhehähnz... Halthänz ztillh!“
Nach kurzem Zögern nickte sie, die Lippen zusammenpressend.
Was folgte kam so überraschend, daß sie nichteinmal zurück zuckte. In kurzer, entschlossener Bewegung hob Zhairatz den Dolch an um ihn in ihre Hand zu rammen, geradewegs zwischen die Kochen, Haut und Fleisch durchtrennend, bis die Klinge an der anderen Seite hinaustrat.
Fassungslos sah Pharalis von ihrer Hand zu Zhairatz, der sich mit unbewegter Miene wieder zurücklehne, noch ehe der Schmerz einsetzte und wie eine Druckwelle durch ihre Hand und bis in den Arm hinauf fuhr.
Alle Farbe wich aus dem ihrem Gesicht, und erst jetzt zog sie ihren Arm ruckartig fort, mühsam eine andere Reaktion als ein scharfes Ausatmen vermeidend.
Der aufmerksame Blick des Orken lag auf ihr als sie schliesslich aufsah, fast zufrieden wirkend nickte er. „Bari. Zhiehähnz rhauz. Uoargh makkähnz thih Hanth whitähr khäzhunth.“
„Rausziehen,“ stammelte Pharalis um Fassung bemüht.
„Arokh.“ Zhairatz nickte zustimmend und deutete einladend auf die gezackte Klinge die aus Pharalis' Handrücken ragte.
Das befremdende Gefühl kühlen Metalls in ihrer Hand vereinte sich mit dem Schmerz, während nur einige wenige Tropfen Blut hervorsickerten.
Pharalis schloss die Augen, fasste mit der rechten Hand nach dem Griff des Dolches und atmete tief durch, zweimal, dreimal, einen Moment das aufkommende Gefühl von Schwindel bekämpfend, ehe sie ruckartig zog, und der Schmerz neuerlich in ihrer Hand tobte.

„Ghephänz thih Hanth whithär hehr. Uoargh hailhänz,“ grunze der Ork mit einem Unterton der besagte daß er gewohnt war, daß man ihm Folge leistete, ehe er nach ihrer Hand griff. Abermals umschloss die Pranke des Orken ihre Finger, während nun, da der Dolch entfernt war, das Blut stetig in das Gras zwischen ihnen tropfe um im Erdreich zu versickern.
Diesmal war es ein Knochen den Zhairatz vom Gürtel löste, umwunden von Lederbändern an denen Federn, kleine Holzringe und andere Kleinigkeiten hingen. Dazwischen zogen sich seltsame Schnitzereien entlang.
Sein Griff um ihre Finger schloss sich als er den Knochen über ihre Hand hielt und zunächst leise, dann mit kräftigerer Stimme zu sprechen begann, seltsam abgehackt klingende Laute die Pharalis vollkommen fremd erschienen. Leises Rasseln schien geradewegs aus dem Knochen zu dringen als sich ein schwach bläuliches Leuchten bildete.
Die Lippen zusammengespresst fixierte Pharalis ihren Blick auf den Orken, als das blaue Leuchten sich vom Knochen herabsenkte, und geradewegs in ihre Hand zu sickern schien.
Das gnadenloses Zerren und Rucken an Fleisch und Haut, als wollte jemand ihre Hand Fetzen für Fetzen zerreissen, verschlug ihr den Atem und liess sie wünschen, der Dolch stecke noch in ihrer Hand.
Wieder lies sich das Gefühl des Schwindels nur schwer unterdrücken während sie, die freie Hand zur Faust geballt daß die Knöchel weiß hervortraten, die Zähne zusammenbiss.

Die zahlreichen schmalen, gut verheilten Narben die sich in Zhairatz' Handfläche zeigten als er die Pranke ausstreckte, glichen jener auf Pharalis' Hand, die in den Brandnarben kaum auffiel. Stumm saß sie vor dem Orken im Gras, als jener, den stechenden Blick auf Pharalis gerichtet, mit dem noch blutigen Dolch ausholte und ihn sich ohne zu zögern in die eigene Pranke schlug, und erst als er wie zuvor die Wunde heilen ließ, spannte seine Miene sich an. Dies blieb das einzige Zeichen, daß er den Schmerz tatsächlich spürte.
„Zehähnz thehn Untährzhieht zwikkhähn thihr unth ainähm Olorghi?“ Ein hintergründiges Grinsen lag auf Zhairatz' Miene, den Blick auf Pharalis gerichtet. „Thehn Untährzhieht zwizzhähn thah...“ er deutete auf ihre Stirn, dann auf seine eigene, „...unth thah. Bhai Zmärrzähn untährzhaitäht zhikkh ain zwakkhähr Ghaizth phohn ztarkähn.“
Der Schamane erhob sich, griff ohne Umschweife zu seinem Knochen und hob ihn in die Luft, mit beschwörender Stimme einige Worte der abgehackten Sprache rufend. Ein plötzlicher Wind wogte im kurzen, harten Gras, lies eine Distel schwanken, wirbelte welkes Laub auf, steigerte sich und konzentrierte sich auf Zhairatz ehe eine Windhose vor dem Orken in die Höhe wuchs und ihn schliesslich in sich einschloss.
Als sie sich wieder auflöste war Zhairatz fort.

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BeitragVerfasst: 30.12.07, 04:56 
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„Bringt Eure Toten raus.“
Baron Rha


Der Wall fiel.
Mit einem ohrenbetäubenden Gebrüll ging der Körper des Riesen, einer wahrhaft massigen Gestalt die kaum in das Torhaus des Falkenwalles zu passen schien zu Boden, fast zwei Kämpfende unmittelbar neben ihnen mit sich reißend. Der Löwe der zusammen mit ihr den Riesen zu Fall gebracht hatte wandte sich dem nächsten Gegner im Überfüllten Torhaus zu, während Pharalis nur mühsam den Schlag eines Trolles mit ihrem Schild abwehren konnte.
Der Wall fiel. Einen Tag länger als im Vorjahr hatten sie ihn gehalten, und doch war die Ähnlichkeit des Moments kaum abzustreiten. Als die Zugbrücke endgültig versagte, waren die Fluten der Kreaturen des Ungenannten ihnen entgegen gebrandet, in das Torhaus, und für jeden geschlagenen Gegner schienen zwei neue dazu zukommen.
Gebrüll und Schlachtrufe mischten sich mit Schmerzensschreien und magischen Formeln mit denen einige Magier den Lärm zu übertönen suchten, die Schreie von Orken und Menschen vereinten sich mit jenen von Trollen, Riesen, Harpyien und Gargoyles.
Mit dem Schild stieß Pharalis eine Harpyie zur Seite ohne ihr viel Beachtung zu schenken, holte mit dem Schwert aus und stach es einem der lebenden Skelette zwischen die Rippen um auszuhebeln und sich bereits dem nächsten Gegner zuzuwenden während die Knochen des Skelettes allen Halt verloren und reglos in sich zusammenfielen.
Es wurden immer mehr Gegner. Sie zwängen sich durch die ausgerissene Ausfalltüre oder kamen von vorn, und immer mehr Kämpfer der eigenen Reihen schienen im Kampfgeschehen zu straucheln und in den Massen an Kreaturen zu verschwinden. Irgendwo läutete eine Glocke.

Nimm das Pferd mit, war Pharalis' erster Gedanke als der Ruf zum Rückzug sich über den Lärm erhob. Sie hatte letztes Jahr ihren treuen Fuchs fast verloren, als der Rückzug über den Nordturm des Walles verhinderte, zu den Pferden zu gelangen, dieses Jahr würde das nicht passieren.
Und plötzlich stand diese Gestalt wieder im Torhaus.
„BRINGT EURE TOTEN RAUS!“ Die laute, krächzende Stimme bezwang selbst den Lärm des letzten Kampfes. Fast zeitgleich wiederholte sich der Ruf zum Rückzug. Aus dem im Büro des Walles errichteten Lazarett wurden, gedeckt von einigen Kriegern, die Verwundeten durch den Torraum gelotst, während sich draußen vor dem Wall Mensch wie Ork, Schattenjäger wie Stadtwache, sammelte, um sich zurückzuziehen nach Falkensee.
Unter einem fallenden Riesen in letztem Moment hindurchtauchend sah Pharalis die seltsame Gestalt die, gehüllt in eine finstere Robe mit einem unheilvoll wirkenden Zweizack in der Hand durch das Kampfgetümmel schritt, als bemerke sie es kaum. „BARON RHA HOLT SICH DIE TOTEN!“
Ein ganzer Schwarm Harpyien stürzte sich von der Westseite des Walles herab auf Fliehende und letzte Verteidiger, und plötzlich blieb die unselige Gestalt stehen, geradewegs vor Ritter Fedral Lavid, inmitten des Torhauses, als einer der verbleibenden Trolle sich Pharalis' Unachtsamkeit zu Nutzen machte. Ein harter Schlag gegen die linke Schulter ließ sie zu Boden gehen, und als sie sich mühsam aufrappelte und sich an der Seite eines Schattenjägers – verflucht sollten sie sein, aber Halgars Befürchtung immerhin hatte sich nicht bewahrheitet, und kämpfen konnten sie – des Trolles entledigte, krächzte die Stimme der seltsamen Gestalt wieder über den Kampflärm. „DU!“ geiferte sie, vor Ritter Lavid verharrend, „DU GEHST ZU DEN TOTEN!“
Mehr und mehr Kämpfer verließen das Torhaus, und Pharalis' Blick ging suchend umher. Gardist Telan Pharell erwehrte sich in einer Ecke des Torhauses eines letzten Gargoyles, während mitten im Torhaus Ritter Lavid und jene seltsame, unselige Kreatur, 'Baron Rha', verblieben, Stab gehoben gegen das Schwert des Ritters, Stimme erhoben gegen Stimme.
„BARON RHA HOLT SICH DIE TOTEN! DU BIST DES TODES!“

Mehr Harpyien drangen von der Grünlandseite des Walls in das Tor ein, während immer weniger Kämpfer der eigenen Reihen dem noch entgegen standen. Der Wall war gefallen. Wer nun nicht mehr hinauskam, der war des Todes. ...und wer an Dunkeltief starb...
„Sire!!“ rief Pharalis über den Kampflärm hinweg nach hinten, den Blick nur kurz zu Rha und Lavid wendend, ehe die scharfen Klauen zweier Harpyien ihre Aufmerksamkeit wieder nach vorn lenkten. Dumpfer Schmerz pochte in ihrer Schulter und lies ihren Schildarm lahm werden, während ein letzter anderer Krieger das Torhaus verließ.
Ein weiterer Blick über die Schulter, zu Ritter Lavid, als das Geschehen viel zu plötzlich seinen Lauf nahm und sie erstarren ließ. Der Zweizack der Kreatur traf den Ritter, das Schwert des Ritters trennte dem Baron eine Hand ab, von irgendwo krachte ein Blitz herab, der Ritter wurde durch das Torhaus geschleudert und kam irgendwo auf, und wieder dröhnte der Ruf nach den Toten durch das Torhaus.
Von irgendwoher tauchte Telan auf, eine Harpyie zu Boden reißend, ehe ein lauter Schrei Ritter Lavids Pharalis loslaufen ließ. Wenig elegant knallte sie einem dunklen Skelett ihren Schild vor den Körper, erreichte den Ritter, der in einer zunächst kleinen, doch größer werdenden Lache aus Blut am Boden vor Rha lag.

Pharalis schüttelte ihren Schild vom immer lahmer werdenden Arm irgendwo auf den Boden, scheidete die Klinge und griff kurzentschlossen und nicht sonderlich sanft nach dem ersten Arm Lavids den sie erwischte, zerrte ihn hoch und fasste den leblosen Körper unter die Arme. Ein neuerlicher Vorstoß der Waffe der dämonischen Kreatur traf Lavid, während Pharalis wie gehetzt versuchte, den Ritter ins Freie zu ziehen.
Telan deckte in letzter Anstrengung ihren Fluchtweg, als die Kreaturen des Einen sich über den ganzen Wall zu verteilen schienen.
Der plötzliche Stoß der Pharalis traf ließ sie stolpern. In der Verzweifelten Bemühung, sich zu fangen, ohne den Ritter fallen zu lassen, verdrehte sich ihr rechtes Bein seltsam und sackte für einen Moment mit einem stechenden Schmerz im Knie unter ihr weg. Dieses Jahr kommst du nicht mehr aus dem Wall raus, schoss ihr durch den Kopf als sie taumelte, am Rande ihres Blickfeldes wahrnahm wie Telan eine Harpyie im Sturzflug zurückfocht, und es irgendwie schaffte, Ritter Lavid mit sich die Rampe des Walles herab ins Grünland zu ziehen.
Erst ein ganzes Stück weiter, als Ritter Laske und Gardemeister Gropp ihnen entgegenkamen und sich einige Löwen und andere Krieger gesammelt hatten, ließ sie los. Der Hochmeister des Falken plumpste in den Schnee, umgehend rote Blutspuren hinterlassend. Erschöpft lies Pharalis sich daneben fallen, als ihr Bein neuerlich den Dienst versagte.

Wie konnte ein einzelner Mensch nur so viel Blut verlieren. Stummes Entsetzen lag in Pharalis' Blick während sie beobachtete, wie verschiedene Leute um Ritter Lavid herum standen, ein Magier versuchte ihn zu heilen, und aus Richtung des Walles das Kreischen der Harpyien drang.
Vielleicht hätte sie die Gefahr für Ritter Lavid eher bemerken müssen. Statt einen sinnlosen Kampf mit den stetig nachströmenden Kreaturen zu führen, hätten die zu dem Zeitpunkt verbliebenen Kämpfer Baron Rha vielleicht in die Flucht schlagen können. Aber nun war es zu spät für derartige Überlegungen, und alles was ihr übrig blieb war zu beten, daß Vitama ein Einsehen hatte.
Mein Pferd ist noch am Wall, schoss es ihr durch den Kopf. Zacharias' „Ich hols,“ unmittelbar neben ihr ließ sie erst bemerken, daß sie es laut ausgesprochen hatte, während Rias schon zurück in Richtung Wall verschwunden war.

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 Betreff des Beitrags: Re: Von Disteln und anderen Widrigkeiten
BeitragVerfasst: 19.10.08, 18:03 
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„Auf den Weg kommt es an, Pharalis, auf den Weg, und auf jeden einzelnen Schritt.”
- Thure Avistur


Die letzten Strahlen Felas die noch über den Horizont reichten brachten die harschen Wellen zum glühen, als der Dreimaster eines Rothenbuchter Handelshauses unter vollen Segeln und bei beeindruckender Geschwindigkeit das Meer durchpflügte, eine stattliche, schäumende Bugwelle verursachend und schnurgerade ablaufendes Kielwasser. Händler und Freiwächter standen an der Reling und beobachteten die ersten Sturmmöwen, die auf das nahende Land hinwiesen.
Aber es schwankte. Bei den Vieren, es schwankte. Pharalis saß mit wenig begeisterter Miene auf einer Rolle ordentlich aufgeschossenen Taus, gewickelt in ihren alten Reisemantel, und blinzelte über die Reling hinweg, erfolglos versuchend, das stetige Rollen zu ignorieren, das seit zwei Wochen die Wellen wir ihren Magen aufwühlte. Sie atmete tief durch. Nur noch ein, zwei Tage.

Sie konnte sich nicht mehr an Details der Überfahrt ans Festland vor gut einem halben Götterlauf erinnern. Sie war vollkommen überstürzt abgereist, mit nur wenig Gepäck und ihrem Hund im Schlepptau, und dem Brief ihrer Mutter, daß der Vater schwer krank sei und vielleicht im Sterben läge. Pharalis hatte nur eine kurze Nachricht bei ihrem Lehrritter, Sire Dueff, hinterlassen, und war Hals über Kopf abgereist, die Gedanken im Dorf in den heimatlichen Klauenbergen. Sie war nur wenig später als ihre Brüder eingetroffen die, der eine aus Ersont, wo er bei einem Bogenbaumeister lernte, der andere aus Draconis, wo er als Soldat diente, ebenso eilig wie sie in die Heimat zurück gekehrt waren.
Es waren schwere Tage gewesen, doch Vitama hatte ein Einsehen. Und als Lichthoch vergangen war, nahm der Vater sich seine „Bande”, wie er sie liebevoll nannte, vor und verkündete ihnen, er habe die Familie Avistur nun lange genug in Anspruch genommen. Daß es von den Dreien ausgerechnet Pharalis an der Rückkehr Zweifel hegte, hatte ihn überrascht. Immerhin sei sie bis dahin einen halben Götterlauf fort gewesen, hatte sie ihm widerstrebend erklärt, und wer wüsste schon, ob man dann noch Verwendung für eine Knappin hätte.

Als Fela endgültig versunken war, und nur jenes seltsam kräftige Dunkelblau am Himmel hinterließ, das die ersten Minuten des Dunkelzyklus' prägte, hallte die Stimme Pharalis' Vaters in ihrem Kopf wieder. „Es geht nicht darum, das Ziel schnell zu erreichen, sondern darum, es gut zu erreichen. Und wenn sie sagen, du müsstest deine Ausbildung wiederholen, weil sie fürchten, du könntest alles vergessen haben, so wiederhole sie. Und wenn sie sagen, du müsstest dich erst neuerlich beweisen, so beweise dich aufs Neue. Auf den Weg kommt es an, Pharalis, auf den Weg, und auf jeden einzelnen Schritt.”
Und wenn sie mich nicht mehr wollen, fügte Pharalis seufzend an, als auch das letzte Blau von der Schwärze des Dunkelzyklus ergriffen wurde, dann findet sich hoffentlich eine andere Aufgabe.
Sämtliche pessimistische Gedanken in diese Richtung waren jedoch umgehend vergessen, als der Wind auffrischte und das Handelsschiff mehr und mehr schwanken ließ. Tarnuk, der halbhohe weiße Hund an ihrer Seite, bellte begeistert als Pharalis aufsprang und zur Reling lief. Er hielt das ganze für ein neues Spiel.

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 Betreff des Beitrags: Re: Von Disteln und anderen Widrigkeiten
BeitragVerfasst: 23.01.09, 14:53 
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“Eure Schwerter als Pfandleihe. Dafür werdet ihr in der letzten Schlacht an meiner Seite kämpfen.”
- Der Feldherr


Wenn auch unten auf dem Weg zur Burg der Kampfeslärm langsam verebbte, hier oben tobte er ungebremst, wo Ritterschwert auf Ritterschwert klirrte, Schild gegen Schild donnerte, zornige Rufe und wüste Flüche sich mir dem Wind mischten der durch die Zinnen fegte und das Licht der Fackeln im Dunkeln wild flackern ließ.
Dicht hinter Ritter Proveus Gropp her eilte Pharalis an zwei Streitern des Banner Maynagh und des Heeres vorbei, Yves neben ihr, die Treppe zum Turm herauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Immer wieder krachte Metall auf Metall, blitzte im Licht der Fackeln auf und zuckte für Sekunden auf den hasserfüllten Gesichtern der Ritter, die oben auf dem Turm erbittert kämpften, Greif gegen Greif, Drache gegen Drache, mit Blicken so kalt und finster, daß es Pharalis den Atem verschlug.
“Johannes! Konrad! Hört endlich auf!” rief Ritter Proveus über den tobenden Kampf als er zusammen mit Pharalis links herum eilte, während Yves den anderen Weg einschlug, ungehört von den erbarmungslos aufeinander einschlagenden Rittern.
Und dann fiel Proveus, getroffen von einem kraftvollen Schlag mit einem Schild, als er versuchte, Luther Dueff und Mirian Lasar zu trennen, fast in Zeitlupe, und doch noch ehe Pharalis zugreifen konnte über die inneren Zinnen gezogen.
“ Ritter Dueff! Kommt zu Verstand!” brüllte Pharalis ihrem ehemaligen Lehrritter entgegen als sie mit unendlicher Erleichterung aus den Augenwinkeln wahrnahm, daß Proveus sich im Hof wieder aufrichtete. Entschlossen griff sie nach dem Schwertarm des lang ergrauten Drachenritters, um ihn von Mirian fort zu ziehen. Solch ein Wahnsinn war es, der sich hier abspielte, als hätte der Eine Selbst den Verstand der Ritter geraubt um seine Zwecke durch sie zu erfüllen.
Plötzlich fuhr Luther herum, kalter Zorn in seiner früher so besonnenen, freundlichen Miene. Ungebremst schlug er ihr seinen Schild entgegen, ließ sie zurück taumeln in dem Moment in dem Ritter Proveus' Schreckensschrei zusammenfiel mit Yves', der auf der anderen Seite des Turmes leblos zusammensackte.
“Erkennt Ihr mich denn nicht!” Pharalis' entsetzte Stimme ging unter in einem neuerlichen Schlag Mirians, den Luther knapp parierte ehe er sich wieder Pharalis zuwandte, als gelte es nun zwei Feinde zu bekämpfen. “Ich werde Großmeister!” donnerte er ihr entgegen, ehe er einen Schritt in ihre Richtung stürzte, sie mit unmenschlicher Kraft zurück gegen die Zinnen schlug und ihr den letzten Stoß über die Ballustrade hinweg versetzte, bis Pharalis' Rüstung sie unweigerlich in die Tiefe zog, über die Klippen herab, wo tief unten das Meer toste und sich über scharfen Felsen brach.
Es war vorbei.

Der allgegenwärtige, leichte Wind der um die Ruine des Walles strich, die Kohlebecken des Bellumschreins in unregelmäßigen Abständen aufglühen ließ und die Schneeflocken in Pharalis' Gesicht trieb, drang ihr noch vor der schneidenden Kälte in ihren Gliedern ins Bewusstsein zurück.
Noch immer herrschte der Dunkelzyklus, doch es war still um sie herum, als dämpfe der Schnee jegliches Geräusch das aus dem Grünland oder der Ödnis drang.
Langsam rappelte Pharalis sich auf, klopfte sich unbeholfen den Schnee von Rüstung und Knappenuniform und taumelte unbeholfen und einen Moment orientierungslos zur Stufe des Bellumschreins, auf die Yves sich gerade hatte fallen lassen.
“Sind wir... gescheitert?” fragte Yves tonlos.
Pharalis ließ ihren Kopf auf die Knie sinken und atmete tief durch, ehe sie die Schultern hob. Zeit verstrich, ehe sie flüsterte: “Nie... nie, nie darf so etwas geschehen.”
Yves nickte und starrte in den Schnee.
“Ob sie danach zu kämpfen aufgehört haben..?” Langsam sah Pharalis zur Seite.
“Ich wünsche es mir inständig...”
Schweigend sahen sie sich an, ehe Pharalis ihm entschlossen die rechte Hand entgegen streckte. “Was auch geschieht... Lass uns geloben, es niemals zu einer solchen Lage kommen zu lassen.”
“Angesichts der Lage”, erwiderte er leise und schlug ernsten Blickes ein, “scheint es wie ein Blutschwur... den ich aus tiefstem Herzen eingehe.”
“Im Angesicht Bellums.”
“Im Angesicht Bellums.”

Der Himmel hatte aufgeklart, und Fela ließ den Schnee der unter dem flotten Trab der Pferdehufe aufstob glitzern. Bäume und Gräser waren mit einer gleichmäßigen Schicht von Frost und Schnee überzogen, und selbst das Ödland, das still hinter der Ruine des alten Walls lag, wirkte heute friedlich und gelassen.
Es war das erste mal in den vergangenen Tagen, daß sie ihr Gebet unter klarem Himmel sprachen. Wieder verhallten ihre Worte im Schrein Bellums, und einige Moment verstrichen, ehe sich am Rande ihres Blickfeldes langsam etwas regte, Konturen annahm und an Intensität gewann.
“Dort”, flüsterte Yves als sie sich umwandten.
Die Wärme die vom Feldherren ausging erreichte sie, als sie vorsichtig auf die reglose Gestalt zutraten, deren Umhang um die rotglühende Rüstung alles Licht zu schlucken schien, daß auf ihn fiel. Sein Blick ruhte still auf den beiden Knappen.
“Ihr habt euch als würdig erwiesen”, durchbrach er schließlich das Schweigen. “Eure Schwerter als Pfandleihe. Dafür werdet ihr in der letzten Schlacht an meiner Seite kämpfen.”
Pharalis atmete tief durch als sie zögernd ihr Schwert zog und es wie Yves Griff voran dem Feldherren entgegen streckte. Langsam begannen die Waffen zu verblassen, verloren an Gewicht und verloren sich schließlich ebenso in der Luft wie sich die Gestalt des Feldherren aufzulösen begann.
“Wenn die Schlacht gekommen ist, rufe ich Euch zu mir.”
Der Wind hatte ein neues Wolkenband heran getrieben, und als leichter Schneefall einsetzte, war er verschwunden.

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