Vor ihnen lag der Höhleneingang, wie ein dunkles schwarzes Loch im Felsen. Die Fackeln wurden entzündet und die Höhle betreten. Custodias ging voran, die Elfe Maelve folgte und er selbst bildete den Schließenden. In der einen Hand eine Fackel die andere stätig am Knauf seiner Klinge. Plötzlich blieb der Astrael-Novize stehen und hob die Fackel über zwei steinerne Tafel. Der Weg gabelte sich. Nun galt es den richtigen zu finden, welchen sie unbeschadet passieren konnten. Die steinernen Tafeln trugen eine halbverwitterte Inschrift, die schon vor Ewigkeiten dort angebracht worden zu sein schien. Sie erzählten eine Geschichte und schlossen mit einem Rätsel. Maelve, welche die alten Schriftzeichen deuten konnte, übersetzte sie und schrieb die Geschichte in einem Buch mit. Die Beantwortung des Rätsels erschien Leopold so einfach und naheliegend, dass er sich wunderte warum die beiden anderen so zögerten sich zu entscheiden. Leopolds fast kindlicher Leichtsinn wäre bitter bestraft worden, wie es sich zeigte. Custodias setzte , nach reichlicher Überlegung entgegen seines Bauchgefühls den ersten Fuß auf den Weg, welchen auch Leopold für den richtigen hielt, die Bodenplatte gab nach und aus der Wand schossen einige Bolzen hervor. Glücklicher weise streifte nur ein einzelner den Astraeli. Damit war es wohl klar, die Einwände der Elfe waren nicht Grundlos. Die Tücke des Rätsels lag im Detail. Damit war der richtige Weg nun klar und sie konnten diesen nun gefahrlos passieren und drangen tiefer in die Höhle vor. Immer tiefer ging es hinab und immer wieder trafen sie auf Steintafeln, welche die Geschichte fortführten und ihnen neue Rätsel aufgaben. Die Rätsel wurden zunehmend verwirrender und ein Fehlschluss schien zunehmend gefährlicher. Je tiefer je drangen je größer wurde das Gefühl in Leopolds Bauch, dass dies nicht nur eine Prüfung Astraels sei, welche die Klugheit der drei forderte, sondern eine Frage des Glaubens an sich. Während die drei versuchten sich den Weg durch das Labyrinth zu bahnen, hielt Maelve plötzlich inne. Die beiden anderen hatte es erst gar nicht bemerkt, dass die Elfe einfach stehen geblieben war und sich bemühte jegliches Geräusch zu vermeiden. Dann hielten auch sie inne und lauschten in die Dunkelheit. Angestrengt versuchte Leopold zu ergründen was die Aufmerksamkeit der Elfe wohl erregt hatte, aber beim besten Willen konnte er nichts Sonderbares in der Schwärze der Höhle feststellen. Mit leisen Schritten trat die Elfe an Custodias heran und flüsterte ihm etwas zu. Leopold verstand es nicht aber die Elfe schien besorgt und ernst zugleich. Bei Custodias ließ sich unter der Maske, wie immer keine Emotion ablesen. Sie gingen nun noch vorsichtiger und Aufmerksamer weiter. Leopold sah sich immer wieder um und versuchte in der Dunkelheit hinter ihnen etwas zu sehen oder zu hören. Aber das metallische Scheppern von Custodias Plattenpanzen und seines eigenen Kettenhemdes ließen es nicht zu etwas in der Ferne auszumachen. Rästel um Rätsel lösten sie und drangen immer weiter in die Höhle hervor. Mit fast überschwänglicher Begeisterung schrieb die Elfe die Geschichte und die Rätsel in ihr Buch. Schließlich standen sie in der letzten Kammer. Die Geschichte endete. Auch das letzte Rätsel hatten sie lösen können. Feinsäuberlich dokumentierte die Elfe alles mit. Auch jedes noch so winzige Detail schien sie mitzuschreiben, jeder Hinweis der vielleicht wichtig werden konnte. So auch die Einzelheiten eben jener Grabkammer in der sie nun standen. Es fand sich scheinbar nichts Wertvolles darin, den wahren Schatz jedoch hielt nun Maelve in Händen. Eine vollständige Dokumentation über die Höhle und der Geschichte, die sie verborgen hielt. Mit dieser Erkenntnis machten sich die drei dann auf den Rückweg. Leopold der mittlerweile recht schläfrig geworden war wurde je aus seinem Halbschlaf gerissen, als sie den Korridor zurück in das Rätsellabyrinth passierten. „Angamon vobiscum“ sprach eine düstere Gestalt mit jugendlich, gerade zu eiladendem Tonfall. Neben jener Gestalt eine weitere, beide gehüllt in weite Roben mit Kapuzen welche das Antlitz verbargen. „Ketzer! Sie sind uns den ganzen Weg gefolgt. Das war es also was Maelve so beunruhigt hatte.“ Custodias trat vor und dröhnte mit rauer Stimme: „Was wollt ihr, Ketzer?“. „Das Buch“ engegnete die erste der beiden gestalten nun in drohenden zischenden ton und hob den Arm und deutete auf die Elfe. Diese klammerte sich am Foliaten fest. „Ihr wisst, dass wenn wir euch dieses Buch geben, die Problematik dieser Situation nicht ändern würde?“ sprach Custodias mit emtionslosem, ruhigen und gerade zu beängstigenden Tonfall. „Ihr wisst ebeso gut wie ich, dass keiner von uns den anderen entkommen lassen kann!“ fügte er energisch an. „Dann sei es so, Ketzer!“ tönten die beiden verhüllten Gestalten nahezu gleichzeitig. Sie erhoben die Hände und aus dem Schatten heraus traten knöcherne Gestalten auf Maelve, Custodias und Leopold zu. Der Kampf wurde mit äußerster Verbissenheit geführt. Doch die schiere Masse der knöchrigen Kämpfer und die unheiligen Zauber der vermummten Gestalten sorgten dafür, dass die Diener des Einen schließlich doch die Oberhand gewannen. Ein Knochenkrieger drang an Custodias und Leopold vorbei und streckte die unbewaffnete Elfe mit kraftvollen Schlägen schließlich nieder. Leopold brach schließlich zusammen als eine herbeigezauberte grünliche Wolke im die Atemwege zu schnürte. Es wurde dunkel um ihn herum. Als er wieder zu Bewusstsein kam verspürte er Schmerzen im ganzen Leib, das Blut ran aus seinem Helm über sein Gesicht. Er konnte sich kaum bewegen, seine Gliedmaßen waren gefesselt. Mit viel hin und her winden schaffte er es schließlich einen Dolch an seinem Gürtel etwas und der Scheide zu ziehen und konnte so die Handfesseln nach und nach durchreiben. Mühsam drückte er sich auf alle Viere hoch. Er war noch am Leben, aber das war wohl der einzige Trost. In der Nähe hörte er das schmerzvolle Stöhnen von Custodias. Leopold kroch in die Richtung des Stöhnens und fand Custodias ebenso schwerverletzt und gefesselt vor. Mit letzter Kraft schnitt er Ihn los. „Maelve?“ japste der Novize. Die Elfe lag ein wenig weiter. Sie hatte versucht sich in den Korridor zur Grabkammer zurückzuziehen war den gewaltigen Hieben des Knochenkriegers aber schließlich unterlegen. Die beiden Männer versuchten ein Lebenszeichen am Körper der Elfe zu entdecken. Die Atmung war sehr flach und ihr Körper von ihrem eigenen Blut überströmt. Mit letzen Kräften hoben Leopold und Custodias den Körper der Elfe auf Custodias Schultern. Der Weg hinauf würde lang und beschwerlich werden. Schwerverletzt und einander gestützt die Elfe tragend, kamen sie wieder an die Oberfläche. Den Weg bis Falkensee schafften sie mit großer Mühe und schließlich standen sie im Hospiz der Stadt…
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