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 Betreff des Beitrags: Hinter der Fassade
BeitragVerfasst: 6.05.09, 03:24 
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Anfang Trier


Einsam.
War das ein Begriff, der Awas Gefühl definieren könnte? Dieses taube, schwere Etwas auf ihrer Seele, das sie keine Nacht einschlafen ließ, das sie jeden Morgen wünschen ließ, es hätte keinen Morgen gegeben? War es das Gefühl, das es ihr verweigerte mehr Nahrung zu sich zu nehmen, als es benötigte um wenigsten noch gerade zu stehen wenn die Kunden die Schneiderei betraten? War es Einsamkeit? War es die Einsamkeit, die sie veranlasste, dennoch jene anzulächeln, die vor ihr standen um wenigstens eine Reaktion zurückzubekommen?
Männer reagierten besonders häufig darauf.
Ein Lächeln, eine freundliche, wenn nicht auch manchmal anzügliche Antwort auf den Lippen und man gab ihr ebensolches zurück. Sie fühlte sich dann nicht gesehen, aber zumindest beinahe wahrgenommen.
Alles nichtig.
Nichts und niemand konnte diese Lücke in ihr füllen. Sie wartete.
Sie wartete auf einen Mann, der nicht wiederkommen würde...


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 Betreff des Beitrags: Re: Hinter der Fassade
BeitragVerfasst: 7.05.09, 00:52 
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Anfang Duler
~Nachtschatten~


Awa hatte Archibald mittlerweile eine Woche nicht gesehen. Den ersten Tag hatte sie es wenig beunruhigt, die folgenden Tage hatte sie nachgefragt, ob er vielleicht bei den Zwergen in Kesselklamm war, die Botengänge des Adeptus erledigten.
Nein, dort sei er nicht gewesen. Aber sie solle sich keine Sorgen machen.
Dabei wusste sie, dass er manchmal auf die Jagd ging, um bei einem Trophäenhändler Dukaten zu erlangen. Sie hatte oft genug seine Wunden gesehen, die er zu verstecken versuchte. Vielleicht weil er dachte, dass er für Awa aussorgen müsse. Es war ihr nicht gelungen, ihm diesen Gedanken aus dem Kopf zu treiben. Vielleicht lag es daran, dass das Gerede zwischen Männern einprägender war, als der kluge Spruch einer Frau.

Awa hatte sich Sorgen gemacht. Wenn ihm nun doch was zugestoßen war? Wenn er verletzt war? Aber wenn keiner außer ihr beunruhigt war... sie glaubte auch nicht, dass jemand aus der Gilde nach ihm gesucht hätte.

In der gleichen Woche war in die Bernsteinschenke eingebrochen worden. Sie fand (war es wohl der 5. Duler?) die Küche der Schenke am Nordtor völlig verwüstet vor. Ein unerwarteter Schrecken, der in den folgenden Tagen schlimmere nach sich ziehen sollte. Jemand hatte sich unerlaubten Eintritt verschafft, allein im Sinne, Unordnung und Unheil zu bringen. Denn, wie der Koch Fardo Rosmarin festgestellt hatte, wurde rein gar nichts gestohlen.
Dass Awa, die im Keller der Schenke schlief, sich nicht mehr so sicher fühlen konnte, wie die Wochen zuvor, hätte nicht verwunderlich sein müssen. Da sie nicht wusste, wo sie sonst hingehen sollte, und Archie strickt dagegen war, dass sie im öffentlichen Schlafsaal nächtigte, blieb sie in der Schenke.

Und schon am darauffolgenden Endtag war sie im Keller durch Geräusche aufgescheucht worden.
Sie hatte gerade ihren Umhang über das vordere der drei Einzelbetten gelegt, die neben einem Ofen den Angestelltenraum ausfüllten, da war ihr Blick in die Nische gewandert, in der Archies Bett lag... dieses schmale Gestell, auf das sie sich so manche Nacht zu zweit niedergelegt hatten. Es war diese eine Sekunde der Hoffnung gewesen, dass er vielleicht an diesem Tag zurückgekommen sei und bereits schlief. Dass er vielleicht aufwachen würde und verschlafen die Decke hochschlägt, damit sie zu ihm käme.

Das Bett war leer. Oder... beinahe.

Ein Tuch lag dort, gefaltet, leicht ausgebeult. Zumindest das bedeutete, dass irgendjemand außer ihr hier unten gewesen war. Der Einbrecher? Archie? Eliath? Fardo?
Im matten, flatternden Licht, das durch den Spalt im Ofen in den engen Raum strömte, durchquerte sie die Kammer und schlug zögerlich die Stoffecken fort.
Ein Knistern. Ein Rascheln.
Sie kniff ihre bernsteinfarbenen Augen etwas zusammen. Was... was war das? Getrocknete Pflanzen? Ein intensiver Geruch stieg ihr in die Nase, aber sie konnte ihn nicht einordnen... warum sollten auch...
Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen.
Nachtschatten. Hier lag Nachtschatten in der Schlafkammer! Jenes vermaledeite ...Zeug... Sie hob das Bündel auf.
Die Tür, die Keller und Erdgeschoss voneinander abschottete, wurde geöffnet und auch wieder ins Schloss zurückgedrückt.
Schritte.
Langsam.
Schlendernd.
Schwer.
Die Klinke zur Schlafkammer wurde herabgedrückt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Hinter der Fassade
BeitragVerfasst: 7.05.09, 20:50 
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Sie verlor den Halt.
Es schepperte.
Die Schrauben lösten sich etwas aus der Steinwand heraus, als das Abzugsohr des kleinen Ofens nach hinten gedrückt worden war.

Awas Kehle schnürte sich zu, als ob jemand eine Schlinge darum gezogen hätte.
Sie hätte aufschreien können, wollte schreien, doch nur ein halb ersticktes Keuchen kroch über ihre Lippen und selbst dies war in dem gellenden Lärm untergegangen, der bis ins Obergeschoss zu hören gewesen war.
So schnell sie konnte ließ die junge Frau sich zur Seite fallen, damit ihr Leib vom erhitzen Metalle fortkam, kaum den stechenden, pulsierenden Schmerz in ihrem linken Handgelenk wahrnehmend.
Ihr Entsetzen galt etwas anderem, nicht dem schmerzenden Oberarm, wo er sie gepackt hatte, nicht dem durch den Ofen geschundenen Rücken, nicht dem Schmerz in der Hand, der sie die Finger nicht mehr bewegen ließ.
Sie starrte zum ihm hinauf.
Es galt ihm.
Wie er dort erhoben über ihr stand.
Wie er noch in jener Sekunde der Schwebe steckte, indem ihm vage bewusst wurde, was er gerade getan hatte.
Zugedröhnt.
Seine Finger, die das Tuch mit dem Nachtschatten umfasst hielten, begannen zu zittern.

Sein vernebelter Blick wurde klarer. Klarer und erfüllter von Panik und Schrecken, die über den Rausch des Nachtschatten standen.

„Awa es.... es tut mir leid.. ich wollte das nicht.... ich...“

Wie konnte sie nur. Wie konnte sie in diesem Moment nur Angst vor Archie gehabt haben? Warum musste sich diese Sekunde der Furcht in jenem Augenblicke ihrer Seelenspiegel bemächtig haben, wo er in diese zu schauen versuchte?
Ein Versehen... es musste ein Versehen gewesen sein. Das war nicht Archie. Das war nicht Archie gewesen wie sie ihn kannte. Nicht der Archie, wie sie ihn zu lieben gelernt hatte. Und doch... es war sicherlich keine Absicht gewesen, es...es war ihre Schuld gewesen. Sie hätte ihm die Pflanze gleich geben sollen, nicht nachfragen warum hier... warum so viel. Dann wäre es nicht... ein Versehen. Sie war gestolpert, sie....

Doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte Archibald das Tuch mit dem getrockneten Nachtschatten unter sein Hemd geschoben und war aus dem Keller gerannt.
Und hat Awa dort allein zurückgelassen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Hinter der Fassade
BeitragVerfasst: 8.05.09, 14:23 
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7. Duler
~Hospital~




„Entschuldigt die Störung...“


Die Blicke der Dreiergruppe, die sich neben dem Nachrichtenbrett am Marktplatz in ein Gespräch vertieft hatte, wandten sich der Frau zu. Sie hielt ihren Umhang mit der rechten Hand vor den Körper gehalten. Niemand sollte den behelfsmäßigen Verband an ihrem linken Handgelenk erkennen. Was nutzte dies? Musste aus ihren Gesicht Elend genug sprechen.

„Wo finde ich das Hospital?“
„Einfach die Straße weiter. Gute Besserung.“


Awa saß eine Weile in diesem Vorraum, indem sie sich so fehl am Platze fühlte. Steif wie ein Besen hockte sie auf dem Stuhl, weit nach vorne bis zur Kante gerutscht. Ihr Rücken schmerzte sie wegen des getragenen Kleidungsstückes genug, da musste sie sich nicht auch noch gegen eine Lehne pressen. Sie wartete nicht alleine. Ein Mann unterbrach regelmäßig die Stille mit seinem Husten. Ein richtiges Gespräch kam nicht zu Stande, wahrscheinlich wollten sie beide ihre Ruhe haben... bis endlich die junge Dame in einem Heilergewand die Haustür öffnete und Awa mit in einen Nebenraum nahm.

Was sie sich denn anschauen solle, fragte sie.
Den Rücken und ihr Handgelenk.

Awa brauchte Hilfe, sich das Hemd auszuziehen.

Die junge, rothaarige Heilerin betrachtete kurz das fast handflächengroße Hämatom an Awas Oberarm und die roten Stellen an ihrem Rücken, wo sie gegen den heißen Ofen gekommen war.

„Wie ist das passiert?“


Awa zögerte, senkte nachdenklich den Blick. Man mochte es die Ansätze eines erkämpften Lächelns nennen, als sie ihr Antlitz wieder frei gab.

„Ach, ich bin etwas ungeschickt an den Ofen gekommen.“

„Und das Handgelenk?“


Zuviel der Fragerei. Sie würde Archie nicht verraten.
Aus Liebe. Aus Schuldgefühl. Aus Scham.
Und so kam ihre Antwort in einem Ton, der keine Nachfrage duldete.
Aber beide Frauen wussten, dass es gelogen war.

„Ich bin die Treppe herunter gefallen.“


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