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Von Radak waren sie aufgebrochen, wieder einmal auf dem Weg nach Brandenstein über den beschwerlichen Orkenpass. Doch die Kräfte des Alten hatten nicht mehr gereicht, sie mussten umkehren und waren froh, Schutz in dieser Höhle zu finden, die nahe gelegen den Ruinen eines Klosters, dessen Bau nie vollendet worden war, da die Malthuster Armee der Errichtung dieses Klosters Einhalt geboten hatte.
Während der Alte sofort in einen tiefen Schlaf gefallen war, hatte sich sein Begleiter noch auf nach Falkensee gemacht, hatte sich zu dem Tempel der Viere begeben, dort die am Brett angebrachten Pergamente studiert und sich dann wieder auf den Weg gemacht zurück zu der Höhle.
Wie lange sie geschlafen hatten, vermochten sie nicht zu sagen. Doch müssen es viele Zyklen gewesen sein. Stumm saßen sie nun am Feuer, nahmen ein wenig Speis und Trank zu sich. Die bedrückende Stimmung war zum Greifen.
„Wir müssen heut nach Brandenstein, Bruder! Spätestens morgen müssen wir in Brandenstein sein. Die Schrift müssen wir dort übergeben.“ „Ich weiß Vater, ich weiß. Doch besser ist’s, wir ruhen hier noch einen Tag und machen uns morgen erst auf den Weg. Ihr seid noch zu geschwächt, Vater.“ „Ja, Bruder. Doch müssen wir uns eilen. Gedenkt der Brüder, die in den Kerkern Finianswacht harren müssen zu Unrecht und gar zu Unrecht Qualen und Leid erdulden müssen.“ „Gewiss, Vater, gewiss.“
Eine Weile saßen sie sich stumm am Feuer gegenüber,
„Nichts habt Ihr vorgefunden von Bruder Baldwin am Brett des Tempels in Falkensee, Bruder?“ „Nein, Vater! Keine Schrift von Bruder Baldwin fand ich vor.“ „Ich habe es befürchtet. Er hat Angst und Furcht davor so zu tun, wovon er oft gesprochen, dass die Wahrheit das Licht suche. Nun – noch zwei Tage wollen wir noch Zeit ihm geben. Hat er sich dann noch immer nicht dazu durchgerungen, worum wir ihn gebeten, dann wissen wir, wie es um Bruder Baldwin bestellt ist. Dann ist es Zeit, dass die Gräfin die Schriften erhält. Sind die Abschriften von den Schriften des Bruder Custodias auch gut verwahrt.?“ „Gewiss, Vater. Sie sind es, seid unbesorgt.“
Wieder herrschte in der Höhle eine Weile eine beklemmende Stille, allein das Knistern des Lagefeuers erfüllte die Höhle.
„Wie viele Getreue sind’s noch, die es verstehen, ein stählernes Schwert zu führen oder die Astrael beschenkt, mein Sohn?“ „Vier sind es, höchstens fünf, Vater.“ „Zu wenig wohl, um die Brüder zu befreien aus den Kerkern Finianswacht.“ „Zu wenig sind’s dafür, Vater. Jedoch – so Ihr erlaubt, Euch einen Ratschlag zu geben?“ „Gewiss, sprecht nur mein Sohn.“ „Nun – wir sind geflüchtet aus Radak, weil wir das Gesindel fürchteten. Doch kann es ebenso gut sein, dass wir dort in Radak welche finden, die wir von der unsrigen Sache überzeugen können, Vater.“ „Ihr meint die Schattenjäger, mein Sohn?“ „Auch die, aber auch andere, welche sich in Radak herumtreiben. Gold haben wir genug, um ihnen einen Lohn zu geben, der sie zufrieden stellen wird dafür, dass sie für unsere Sache kämpfen, Vater.“ „Hm , hm. Ihr habet wohl recht, mein Sohn. Ich denke auch zu wissen, wer geeignet, für unsere Sache solch Leute zu gewinnen.“ „So wollen wir diese Person aufsuchen alsbald, Vater?“ „Ja – doch ist's ein heikles Unterfangen. Vorbereiten könne man es wohl und mit dieser Person sprechen. Doch mit Waffengewalt gegen Falkensee, das sollten wir dann erst erwägen, wenn auch die Burggräfin sich in Schweigen hüllt, nachdem ihr der Brief ausgehändigt wurde.“ „Gewiss, Vater, so soll es geschehen.“
Trotz dieser Planungen konnte man in den Gesichtszügen der beiden Männer keine Hoffnung sehen, geschweige denn Zuversicht oder gar Frohgemut.
„Eines ist es, was ich am meisten fürchte, mein Sohn.“ „Was ist dieses, Vater?“ „Es ist, dass dieser wieder auf dem Eiland wohl weilt, dessen Wille ein eiserner ist, dessen Geist ein unermesslicher ist. Mit seinem Willen, mit seinem Geist vermag seine Faust alles und jeden zu zermalmen, zu zerschmettern.“ „Von wem sprecht Ihr, Vater?“
Der Alte zögerte einen Moment, dann mit gespielter ernster Miene, mit gekünstelter Stimme eines Jünglings im Stimmbruch sprechend:„MALTHEOS THORN“. Ein derart grölendes Gelächter erfüllte darauf die Höhle, dass man denken konnte, es selbst noch in Radak zu hören.
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Furchtbar ist es, zu töten. Aber nicht andere nur, auch uns töten wir, wenn es nottut. Da doch nur mit Gewalt diese tötende Welt zu ändern ist, wie Jeder Lebende weiß.
Zuletzt geändert von Calmexistus: 8.12.09, 14:23, insgesamt 1-mal geändert.
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