Siebenwindhomepage   Siebenwindforen  
Aktuelle Zeit: 30.06.25, 01:28

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 12 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 25.07.09, 21:23 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Ich bin nunmehr nach einer wahrlich aufreibenden Reise endlich angekommen. Zur Zeit liege ich auf einem Stockbett in der hiesigen Schlafgelegenheit für Heimatlose. Hast Du mich nicht stets gewarnt, irgendwann so zu enden? Das Schicksal hat doch wirklich einen eigenen Humor.
Verzeih wenn die Schrift verwackelt ist, ich habe nicht viel Licht hier, nur eine Kerze - und der Kerl im unteren Bett hat schon zwei Mal gefordert, diese auszupusten. Wenn er das noch einmal tut, steige ich mal herunter... Doch genug davon.

Die Reise war aufreibend, wie beschrieben. Grausig, wenn ich ehrlich sein soll. Ich bereue es, mit diesem Handelsschiff gereist zu sein. Überall roch es nach alten Fellen, und die Seeleute misstrauten mir recht, weil "sowas" auf einem Schiff gefährlich wäre. Dreitätige Diarrhoe soll sie treffen... Vor mir haben sie Angst, aber vor den Untieren in den Tiefen des Meeres natürlich nicht. Ich verstehe nicht wie sie alle frei über das Deck rennen können, wo doch jeden Moment eine von diesen Riesenkraken sie sich holen kann. Ich jedenfalls blieb fast die ganze Zeit über in meiner Kajüte, wie das heißt, das war sicherer und zudem war mir ohnehin ständig schlecht.

Nun habe ich aber endlich festen Boden unter den Füßen. Ich habe noch nichts von der Stadt hier gesehen, aber ich erfuhr dass es Falkensee ist, wie geplant. Auf der Überfahrt erzählte man mir dass auf der Insel wohl mehrere Hoheitgebiete bestehen seit Neuestem, die sich bereits gleich Spinnen in einer zu kleinen Dose benehmen. Wenn das stimmt, lasse ich mich von Dir nie mehr streitsüchtig schimpfen, Tantchen, da wandle ich auf ganz anderen Pfaden.

Ach übrigens, Du wirst mir verzeihen, dass ich den Großteil der Bagage noch in Venturia zurückgeschickt habe, sie sollte wohl sicherlich schon bei Dir angekommen sein, wenn mein Brief Dich erreicht. Ich wüsste nämlich nicht, wohin hier mit all dem Zeug, und in der Rolle eines Lastesels gebe ich eine denkbar schlechte Figur ab. Sei mir nicht gram deswegen. Du hast doch nicht erwartet, dass man mir auf der Insel ein Häuschen dafür schenkt, nicht?

Doch nun muss ich Schluss machen. Der Kerl unten grollt schon wieder. Ich denke, ich muss es klären.

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Grüße doch den guten Vingorius von mir. Frag ihn bitte auch, ob sich Neues in dieser schrecklichen Sache im Klauengebirge ergeben hat. Und tu mir den Gefallen, bete für die Armen - und wenn auf Deine Art.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Alles gut
BeitragVerfasst: 30.07.09, 18:05 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Bei mir ist alles gut. Ich hoffe, bei Dir auch, wenngleich ich noch keine Antwort auf mein letztes Schreiben von Dir erhielt. Es wird Dich sicherlich freuen zu hören, dass ich bereits Aufnahme in der Ecclesia fand, und sogar drei der ersten Lektionen hinter mir habe. Ich darf mich nun Novizia nennen. Zur Erlangung dieses Status bekam ich allerdings den Auftrag, die Insel nach ignisgefälligen Stätten zu durchsuchen - es endete damit, dass mich ein Bär jagte und eine Kröte biss. Denke Dir nur, die Kröten hier beißen! Diese Insel ist wahrlich ein gefährlicher Ort.

Ansonsten ist alles gut. Ich habe erstmals im Leben einen Wilden gesehen. Er war ganz ungewaschen und nannte mich "seltsamer Mann". Du musst wissen, liebes Tantchen, das traf mich sehr. Ich bin nun sicherlich keine Schönheit, das weiß ich: meine Haare sind zu kurz, meine Glieder von langweiligster Form, und eine Mopsnase habe ich auch. Doch mich deswegen "Mann" zu schimpfen, also das halte ich für gänzlich ungerecht. Ich sehe es dem Kerl jedoch nach, soweit ich kann - er ist schließlich ein Wilder, und die sind, wie jeder weiß, nicht ganz richtig im Kopf.

Ansonsten jedoch ist alles gut. Ich versuche mich nicht mit allen zu streiten, aber bisher erfolglos. Dazu muss man allerdings anmerken, dass die angefangen haben. Meistens... nun ja, manchmal...ein oder zwei Mal...jedenfalls gehören zu einem Streit immer zwei!
Gestern hatte ich dazu einen großen Streit mit zweien meiner Lehrmeister, der Nachgeschmack ist immer noch schal. Ich vermute, überreagiert zu haben, aber man drohte mir mit etwas recht Unerträglichem.

Doch ansonsten...ansonsten ist alles gut.

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Ich warte ungeduldig auf Deine Antwort.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 10.08.09, 13:09 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Ich habe mich sehr über Deine Antwort gefreut, doch muss ich Dich enttäuschen - niemand will mich heiraten. Da ich jedoch auch niemanden heiraten will, ist die Schmach nicht allzu groß. Vielleicht denkst Du in Deiner Sorge auch daran, dass dies nicht die Schlüsselfrage meines Lebens hier ist.

Entschuldige, so meine Zeilen gereizt wirken könnten, doch die Zeiten sind düster hier. Der gute Esbath hat sich geirrt, Tantchen, ganz grässlich geirrt. Es ist hier nicht besser als auf dem Festland, keinen Deut - unsereins wird genauso gegängelt wie drüben. Gestern las ich gar in einem Schriftwerk der hiesigen Bibliothek, wir wären eine Gefahr für die Gesellschaft, denke Dir das nur.
Zwar gibt es wohl einen Brief Seiner Majestät, mögen die Götter stets bei ihm sein, dass wir eine wichtige Vereinigung wären (oder so ähnlich), doch scheint es hier in Ersont überhaupt niemanden zu interessieren, was der König schreibt. Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch, und Bernstein ist weit, weit weg - also tut und lässt jeder, wie es ihm gefällt. Zur Zeit sieht es gar so aus, als würde man uns aus Falkensee treiben wollen, und das trotz dass wir uns sogar wagen, an Leichen der Opfer des Atmenden Todes arbeiten zu wollen, um der Verderbnis ein Ende zu bereiten. Nunja nicht direkt wir...eigentlich Brand. Ich habe nämlich Angst vor Leichen.
Es ist, kurz gesagt, ein unschöner Konflikt hier...und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich zur Zeit richtig verhalte. Doch damit will ich Dich nicht belasten.

Der Atmende Tod ist sicherlich ein wichtigeres Thema dieser Tage. Ich hoffe, er trifft unser Dörfchen noch nicht allzu sehr, ich mache mir doch Sorgen um Dich, Tantchen. Du bist, verzeih mir, nicht mehr die Jüngste. Und ich hänge an Dir, welche Schwierigkeiten wir auch gehabt haben mögen - ich habe niemanden außer Dir, und Du niemanden außer mir. Diese einfache Tatsache ist mir in letzter Zeit nur zu deutlich geworden, und ich weiß nicht, ob ich froh bin mit dieser Erkenntnis. Bist Du es, Tantchen?

Doch zurück, zurück zu dem, worüber ich schreiben wollte. Der Atmende Tod also. Alle hier gehen mit einem Schal um Mund und Nase umher, und das malthuster Städtchen Brandenstein ist gar gänzlich unter Quarantäne gesetzt worden. Demletzt erst sah ich einen verwirrten Mann, der vom Ende der Welt schriee. Ich wollte ihm Schläge androhen für die Verbreitung solch unsinniger Panik, doch da rannte er schon weiter. Vielleicht besser so, es sieht sicherlich nicht gut aus, wenn ich als Novizia jemanden verprügele. Die Lage ist also angespannt und der Erkrankten sind genügend, wenngleich es noch nicht viele Todesopfer gegeben zu haben scheint.
Am kommenden Tage wird Brand ein Experiment durchführen, das vielleicht Linderung der Krankheit bringen könnte. Sogar Magier sollen zugegen sein. Vielleicht fliegt dabei auch einfach alles in die Luft, das weiß man nie so genau. Ich bin jedenfalls recht gespannt und werde Dir alsbald davon berichten.

In Erwartung einer Antwort und mit besten Gesundheitswünschen,

Deine Ancabeth.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 14.08.09, 12:27 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Es ist viel geschehen in den letzten Tagen, so viel, dass ich es in einem eigenen Brief festhalten möchte - bis ich Deine Antwort erhalten habe, habe ich sonst sicherlich die Hälfte vergessen. Du hast mich ja oft genug wegen meines löchrigen Gedächtnisses gerügt. Es mag Dich jedoch vielleicht freuen, dass ich mir zumindest von dem, was mir hier an Lehren nahe gebracht wird, das meiste merken kann. Ich habe es mir nämlich angewöhnt, das Gelernte nach der Lektion flugs aufzunotieren, und später zu wiederholen. Das hilft. Doch darüber wollte ich gar nicht schreiben.

Es gab ein Fest hier. Dem Atmenden Tod wollte man trotzen, und so veranstaltete man buntes Treiben auf dem Marktplatz. Ich war da, und weißt Du, es waren auch welche von den Fahrenden zugegen.
Ach Tantchen...ich weiß nicht wie lange ich da stand und die Lichter und Funken anstarrte, die diese mitgebracht hatten. Ich erinnerte mich in jenen Momenten als wäre es erst gestern gewesen, wie ich als Kind stundenlang solchen Lichterspielen zusehen konnte...es ist sicherlich gut zehn Götterläufe her, seit ich so etwas das letzte Mal erblickt habe. Ein schönes Gefühl war es nun, wenngleich ein wehmütiges, erinnerte mich zu lebhaft an die Sternenhimmelnächte meiner Kindheit. Doch Du hörst nicht gern darüber, ich weiß...

Nun denn. Es war jedenfalls eine große Freude, bis auf einen verrückten Kerl, der da Anschuldigungen quer über den Marktplatz schrie und eine Dienerin Bellums in seinen Hetzreden angriff. Denke Dir das nur! Dass ihn nicht der Blitz traf auf der Stelle... Ich kann jedenfalls in großer Zufriedenheit behaupten, bei dem Verjagen diesen Kerls Mithilfe geleistet zu haben.
Getanzt habe ich übrigens nicht. Ich tat es nicht seit Du es mir verboten hast, und nun hab ich etwas Scheu davor. Warum hast Du es damals getan Tantchen? Du wirst mir nicht antworten darauf, nicht? Wie dem auch sei...beinahe wäre es eigentlich dazu gekommen, doch sollte mein Partner ein Betrunkener sein. Du weißt, ich ertrage die Gegenwart Trunkener nicht...
Kurz darauf wurde das Fest aber ohnehin gesprengt - woher auch immer kamen ganz widerliche Ratten auf den Platz und alles schrie und schlug danach. Der Atmende scheint es nicht gern zu sehen, dass man während seiner Herrschaft feiert. Dennoch - einige Stunden der Freude hat er uns nicht verwehren können.

Zum gestrigen Tage noch. Brand nahm micht und Saphira, eine Novizia im Pfade Xans, auf einen Ausflug mit. Erst suchten wir ein riesiges Feld flüssigen, brennenden Gesteins auf. Ich habe nun wieder vergessen wie Solches bezeichnet wird, aber du weißt doch sicher was ich meine. Ach...ich habe nie so etwas Schönes erblickt. Flammen wohin das Auge auch blickt, die Welt bis zum Horizont in loderndes Feuerrot getaucht, ein wahrhaft majestätischer Einblick. Allein die Hitze war recht stark, und setzte uns etwas zu, doch das war wahrlich ein geringer Preis für dieses Erlebnis.
Leider konnten wir nicht lange bleiben, es galt noch einen Schrein Riens aufzusuchen. Dort sahen wir einen riesigen Baum...so gross, dass nicht einmal zehn Menschen, an den Händen gefasst, drumherum stehen könnten. So glaube ich es zumindest, obgleich mein Augenmaß noch nie sonderlich gut war.

Auf dem Rückweg schließlich, da passierte Schreckliches. Wir wurden angegriffen! Und zwar von allerlei Biestern, von Bären, Wölfen, einem grünen Männchen das sich Goblin nennt und einem glatzköpfigen Riesen, von welchem ich den Namen gar nicht weiß, und sogar von einer riesigen Spinne. So groß wie ich war sie! Diese hat der Namenlose verbrochen, so erklärte mir der Brand später.
Unsere kleine Gruppe wurde von den Scheusalen zersprengt, und das grässliche Spinnenvieh war natürlich hinter mir her. Du weißt, ich habe Angst vor Spinnen, sie haben viel zu viele Beine als dass man ihnen trauen könnte. Als ich vor dem Monstrum floh, passierte jedoch etwas höchst Seltsames...ich weiß so genau selbst nicht was, zumindest weigert sich meine Erinnerung zur Zeit, mehr als verschwommene Fetzen von den atemlosen Minuten meiner Flucht wiederzugeben, und irgendeine Vorsicht hindert mich daran, mich wenigstens dieser Fetzen anzunehmen. So viel sei gesagt: die Spinne fand ihren Tod, und wohl durch meine Hand. Mir war recht fade und übel danach... Vielleicht kann ich Dir in späteren Briefen mehr berichten.
Meine Weggenossen fand ich hernach zum Glück heil wieder - allein Saphira war wohl verletzt worden, wenngleich nicht schwer.

Ich schrieb es bereits, und ich schreibe es nochmal: diese Insel ist gefährlich. Gemeingefährlich, und die Gefahr kommt nicht immer im Gewand bissiger Untiere.

Ich werde von nun an mehr Vorsicht walten lassen.

Herzlichst, deine Ancabeth

P.S.: Dem im letzten Brief angesprochenen Ritual konnte ich nicht beiwohnen - ich habe es schändlichst verpasst. Allerdings brachte es leider ohnehin keine Ergebnisse. Der Atmende Tod wütet also weiter, und auch politisch steht es noch immer schlecht um uns - ich mag darüber gar nicht schreiben zur Zeit. Die nächsten Tage werden Gewissheit bringen.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 5.10.09, 12:24 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Ich bin wieder heil auf der Insel angekommen. Die Überfahrt war fast noch schlimmer als die Erste, und mir sitzt noch immer der Schreck über Deine Krankheit tief in den Knochen. Den Göttern sei gedankt ob des glimpflichen Ausganges... Vielleicht solltest Du Dir überlegen, allmählich den Ruhestand anzutreten. Wer mit Kranken zu tun hat, der wird auch selbst krank, das hast Du mir selbst oft genug vorgebetet. Bitte denke darüber nach. Dein Rücken ist ja auch schlimm gewesen in letzter Zeit.

Doch gut...Du hast all das in den letzten Wochen oft genug von mir gehört. Lass mich die Neuigkeiten aufnotieren. Wir, das heißt die Ecclesia, haben nun tatsächlich einen neuen Sitz in Brandenstein, gehören damit nun also zu Malthust. Die Kapelle in Falkensee ist verwaist, der Schrein entweiht. Die Herren waren natürlich nicht erfreut darüber, und so kamen die schlimmsten Unwetter über die Bewohner Falkensees, die da den Segen der Elemente so leichtfertig verspielten. Natürlich bekamen wir prompt die Schuld dafür zugeschoben. Und natürlich heißt es jetzt, die ganze Stadt hätte für die Fehler Einzelner an der Spitze leiden müssen. Als hätten sich mehr als eine Handvoll auf unsere Seite gestellt, als wir in Falkensee auszuharren versuchten. Als hätte nicht ein jeder geschimpft und gespuckt, wenn er an der Ecclesia vorbeiging. Ich sah es doch Tantchen, als wäre die ganze Stadt verrückt geworden. Nun haben sie also die Folgen eigenen Verhaltens zu spüren bekommen und wundern sich, womit sie es verdient hätten. Welch Heuchelei. Dabei hätte es sie noch viel schlimmer treffen können, ich erzählte Dir ja davon...
Ach, was soll ich noch sagen. Schrecklich, all das. Ich setze keinen Fuß mehr in diese Stadt, wenn ich nicht muss.

Brandenstein hingegen...hier herrscht derweil ein ganz anderes Bild. Man ist freundlich zu uns, demletzt war sogar ein Hochwürden im Dienste Bellums bei uns gewesen. Ich wusste ja zuerst nicht wer das ist, der so ohne zu fragen unser Heim betritt und wollte schon hinterher, auf dass er nichts anstellt, da hat mich Brand glücklicherweise darauf hingewiesen, dass es ein hoher Diener des Herren Bellum sei. Sonst wäre es wohl recht peinlich für mich geworden.
Auch mit der Lehre geht es derweil gut voran, einige Grundlagen darf ich nun sogar den jüngeren Novizen beibringen, und man scheint bisher zufrieden mit mir. Zudem wurde meine Kontrolle über die eigene Wut geprüft... dies war eigenartig. Du weißt, wie ich früher war. Du weißt auch, das ich gelernt habe. So zog sich diese Prüfung, die ich als solche in ihrem Verlauf gar nicht erkannte, doch gehörig in die Länge.
Am Ende siegte mein Gemüt natürlich dennoch, und ich habe etwas getan, worauf ich wirklich nicht stolz bin, Tantchen. Glücklicherweise ist Brand mir deswegen nicht gram...und richtig gehen kann er mittlerweile auch wieder.

Kurz und gut, hier gefällt es mir, und man möchte sorglos sein, würde nicht direkt neuerliche Gefahr heraufziehen, die dieses mal alle treffen könnte. Schatten aus den Zeiten der Amulettkriege, als wäre eine Gruselmär lebendig geworden, denke Dir das nur! Vor einigen Tagen erst soll eine ganze Armee von einigen wenigen dieser Gestalten zersprengt worden sein. Mit Krieg drohen sie uns...und was zu tun ist, weiß keiner. Oder man sagt es mir zumindest nicht. Ich bete viel derzeit, angesichts dieser Gefahr.
Zudem kommen auch andere eigenartige Vorkömmnisse, die ich nicht zu deuten weiß und die beunruhigend scheinen. So soll die hiesige Siedlung des kleinen Volkes von Klippkatzen und Vögeln angegriffen worden sein - gerade diese friedlichen Geschöpfe! Ich war in Begleitung eines Soldaten Malthusts dort, doch ließ sich bisher nichts Klares herausfinden. Mich jedenfalls griff da niemand an. Wahrscheinlich, weil der Herr Schwarz so grimmig dreinschaute.

Bete für uns, Tantchen...die Zeiten scheinen dunkler zu werden. Ich werde Dir alsbald wieder schreiben.

Herzlichst, Deine Ancabeth

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 15.10.09, 16:02 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Nein, ich werde diese Insel nicht verlassen. Du brauchst mir auch nicht mit Enterbung zu drohen, Du hast sowieso nichts außer deinen Töpfen, und die will ich nicht. Doch es ist schön zu wissen, dass Deine Sorge so weit reicht. Indes wird es Dich vielleicht freuen, dass die Lage hier sich erst einmal beruhigt zu haben scheint. Von den garstigen Amulettfiguren sieht man weit und breit nichts, und auch die Hobbits scheinen in Frieden zu leben.

Auch was Falkensee angeht, scheint Ruhe einzukehren. Demletzt waren wir sogar dort um der Erzweihe eines Dieners der Lieblichen beizuwohnen. Eine schöne Zeremenie war das, und einen Moment lang kam so ein helles Licht hinab, dass man um sein Augenlicht hätte fürchten müssen.
Es passierte dort allerdings auch etwas ganz und gar Grauenvolles - ein in graue Kutte gewandeter Mensch unterbracht die Weihe, um von der Erzpriesterin zu erfahren, auf wessen Geheiß dies stattfinden würde. Kannst Du das glauben? Ob er auch wissen möchte, auf wessen Geheiß Vitama selbst handelt? Ich schlug vor, jenen Störenfried niederzupfeiffen, und ein anderer Mann wollte ihn ins Wasser tunken bis er still sei. Das haben wir dann aber gelassen. Schade.

In Brandenstein mehren sich derweil die Verrückten. Vor einigen Tagen erst stand ein feister Mann vor unserem Haus und bewarf es mit Steinen. Brand wies mich an, etwas zu unternehmen, also bewarf ich den Mann mit Steinen. Da floh dieser Bösewicht. Als wir ihm später nachstellten, erwies er sich als betrunken und ganz widerlich, und wollte nicht zugeben, was er getan.

Und Gestern erst bedrohte ein anderer Verrückter Fräulein Dornbrandt mit dem Messer, um sie über mich auszufragen (Ada, also Fräulein Dornbrandt, ist übrigens eine neue Novicia im Zeichen Ventus'...ein recht wehrloses Geschöpf das nah am Wasser gebaut ist). Ich bin so perplex, wie Du wohl beim Lesen dieser Zeilen. Ich kenne diesen Mann nämlich nicht, und würde ich ihn kennen, dann würde ich ihm die Zähne ausschlagen für solcherlei Gebahren. Dennoch behauptet Ada steif und fest, dieser Messerschwinger hegte wohl irgendwelche Gefühle für mich. Wie unangenehm. Ich denke, ich sollte ihn vielleicht wirklich suchen. Brand meint jedoch, ich solle meine Contenance wahren und Manieren zeigen.

Dabei hält er sich selbst nicht an seine Anweisungen und hat vor kurzem erst furchtbarst im Haus gewütet!
Du musst nämlich wissen, Ada hat einen dummen Scherz von Meryla (dies ist eine Novicia Riens) missverstanden, und auf dem Markt herumerzählt, Brand und ich wären ein Paar und würden heiraten. Ich habe ihn nie auch nur angefasst, Tantchen! Naja. Ein Mal. Das war jedoch keine Berührung gewesen, wie sie durch Zuneigung geboren werden könnte. Ich schrieb Dir letztens davon, das war nämlich jene Tat, auf die ich nicht stolz bin. So oder so machte Brand Ada furchtbar Angst als er davon erfuhr und schrie herum und wütete. Und mir sagt er dann, ich solle Contenance wahren. Wo ist da die Gerechtigkeit, Tantchen?

Du siehst also, wir versinken zur Zeit in recht menschlichen Nöten und Querelen. Ich gebe zu, es ist regelrecht erholsam nach den ganzen Schrecknissen der letzten Zeit. Apropos Schrecknisse: Ich lernte jene Dame kennen, die mit Vitamas Hilfe das Mittel gegen den Atmenden Tod fand, Fräulein Hohentann. Eine sehr freundliche junge Frau...wenngleich sie manchmal Seltsames redet. Ich hoffe, sie meint nicht das was ich meine was sie meint. Das würde mich nämlich befremden.

Doch gut...genug des Klatsches für dieses Mal. Ich hoffe, Du bist wohlauf, und mir nicht allzu gram.

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Eines noch. Ich habe wohl einen neuen Lehrer im Pfade Ignis'. Ein Elf ist es, ich sah die spitzen Ohren. Ich hatte noch nie mit diesem Volk zu tun...was weißt Du über Elfen, Tantchen?

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 2.11.09, 12:56 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Entschuldige die Flecken auf diesem Brief, und denke ja nicht, es sei Dreck - Asche ist es. Und die kommt von daher, dass ich diese Zeilen am Lavasee (Lava heißt das brennende Gestein...) verfasse, von dem ich Dir schon einmal erzählte. Hier weile ich schon seit Tagen, mich allein entfernend, um mich den Belangen der Sauberkeit zu widmen. Ich fand nämlich ein kleines Flüsschen hier in der Nähe. Es ist eiskalt, ganz entgegen des von Ignis berührten Wassers welches ich sonst nutze, und so kostet es mich allweil größte Überwindung, das Flüsschen zu betreten, doch was soll ich tun - Du weißt, ich ertrage Schmutz in keinster Weise. Mir schaudert immer noch davor, an die zwei Götterläufe zu denken, die ich damals in diesem grauenvollen Haus fristen musste, an den ständigen Gestank dort, der schlimmer traf als alle Schläge, und im Gegensatz zu diesen stets unverdienerterweise. Doch gut... ich sehe schon, wie sich Deine Augen verdrehen, und so amüsant diese Vorstellung ist, unterlasse ich es, Dich weiter mit diesen Erinnerungen zu ärgern.

Du fragst Dich auch sicher längst, warum ich hier in Einsamkeit die Nähe des Flammenden suche, anstatt in der Priorei zu sitzen. Um dies zu erklären, muss ich etwas weiter ausholen. Es ist nämlich erneut viel, sehr viel passiert seit ich die letzten Zeilen an Dich abgeschickt hatte.

Zunächst muss ich berichten, bei einem großen Rat zugegen gewesen zu sein. Alle waren dort eingeladen, Malthuster, Ersonter, Elfen, Nortraven, und natürlich Zwerge. Ich mag Zwerge. Ich traf noch keinen der bösartig gewesen wäre, und zudem ist ein Erzpriester des Ignis ein Zwerg, nämlich Karag. Ich soll ihn nicht Meister nennen, also tue ich es auch hier nicht, obwohl ich es immer noch seltsam finde. Bis auf diese Forderung ist Karag jedenfalls äußerst nett und ebenso weise. Und er erzählt mir Geschichten, auch welche aus dem Leben der Zwerge. Die gebe ich hier aber nicht wieder, erstens erzählte er es mir und nicht Dir, und zweitens ist das was er erzählte ein recht...heikles Thema. Mir wäre es jedenfalls peinlich, darüber zu schreiben.
Nun habe ich doch fast den Faden verloren...von dem Rat wollte ich Dir berichten!

Alle waren also dort versammelt, und man besprach sich, was man gegen die drohende Gefahr der Untoten aus Zeiten der Amulettkriege tun solle. Allzu viel trug man bis dahin nicht zusammen, aber ich weiß nun, dass man einen Dämon zum verpuffen bringt, wenn man ihm eine Fackel ins Maul stopft. Das weiß ich von Herrn Gropp, der einen hohen Posten in der Malthuster Armee besetzt... ich habe natürlich wieder vergessen, wie der Posten heißt. Kurz gesagt, ein wichtiger Mann.
Doch verzeih, ich schweife schon wieder ab. Zur Entscheidung des Rates also - man beschloss einen kampferfahrenen Zwergen als obersten Befehlshaber im Kampf gegen die Feinde, und dann nannte jede Gruppe einen, der sie führt. Wer uns führt, weiß man noch nicht so genau (wahrscheinlich ist es Brand), aber wir machen mit, das ist das Wichtigste. Ich will auf jeden Fall mitkommen, und Karag schenkte mir zu diesem Behufe seine Kampfkeule, oder wie man das nennt. Sie ist allerdings etwas schwer, und deswegen kann ich sie nur hinter mir herschleppen anstatt sie zu tragen, aber das macht nichts. So ziele ich dem Feind eben auf die Füße.
Ich hoffe nur, man hat noch nicht mit den Kampfhandlungen angefangen, während ich hier so weile.

Im Anschluss an den Rat sah ich übrigens sogar Myten. Denke Dir einmal, die gibt es wirklich! Und sie sind sehr, sehr schaurig und machen einem Stimmen im Kopf. Knochenmasken tragen sie auch, ganz widerliche... Ich glaube, ich möchte nicht noch einmal Myten treffen. Zumindest hätte ich dann gern eine Fackel dabei.

In den Tagen nach der Beratschlagung passierte jedenfalls auch in der Ecclesia recht viel. Es gab einen grauenvollen Streit zwischen Meister Marus und Brand, und Ada weinte wieder, und ich selbst wusste nicht mehr, was ich denken und fühlen soll. Wobei da die letzten Verwicklungen in der Ecclesia gar nicht einmal die einzige Schwierigkeit darstellen, was meine Gemütslage nun wirklich nicht verbessert. Verzeih wenn ich so knapp über all das hinweggehe, doch ich weiß selbst noch immer weder ein noch aus, und so möchte ich auch nicht mehr darüber schreiben.

So oder so - es endete damit, dass mich mein neuer Mentor offiziell im Pfade des Flammenden aufnahm. Es gibt da nämlich ein Ritual, das mir vorher gar nicht offenbahrt wurde. Er zeichnete dazu eine flammende Rune auf dem Boden, und hieß mich darauf zu treten, wenn ich dem Herren Ignis wirklich aus tiefster Überzeugung dienen wolle. Ich tat es natürlich, und dann...

Oh Tantchen, so etwas erlebt man wohl nur einmal im Leben. Die Welt um mich herum war verschwunden, und alles, was noch blieb, war Feuer - um mich, in mir, es gab nichts anderes mehr, keine Regung, kein Geräusch. Es war so grell und so schmerzend heiß, wie ich keine Flamme vorher je erlebt hätte, dazu von einer Allgegenwärtigkeit, vor der die eigene Existenz nicht mehr als eine Ascheflocke scheint, wie derer hier am See zuhauf umherfliegen.
Ich weiß gar nicht, wie ich es weiter in Worte fassen soll, kurz gesagt: es war nicht irgendein Feuer, es war das Feuer. Mich schaudert es immer noch, wenn ich nur daran denke, an jene Momente im Angesicht dieser Flamme, vor der jede andere gleich einem blassen Abbild erscheinen mag. Ich war aufs Tiefste erschüttert und in atemloser Bewunderung gefangen zugleich, und hätte mich der Schmerz schließlich nicht in Bewusstlosigkeit getaucht, hätte ich womöglich noch den Verstand verloren ob dieses Gefühls. Ich weiß nicht ob es auch für einen Priester des Herren Ignis zu groß wäre, doch für mich war es das mit großer Sicherheit - und so bleibt mir zur Zeit nur die atemstockende Erinnerung, und der Abglanz dieser Flammen, der sich hier im Lavasee noch am ehesten wiederzufinden vermag.
Ich denke, ich beginne nun erstmals zu spüren, zu verstehen was es ist, dem ich da folge, wieviel mehr es ist als ein Feuer im Kamin oder ein kleines Flammenspiel auf meinen Fingerspitzen. Sicher, der Verstand verriet mir all das auch lange vorher - doch sich etwas denken und es tatsächlich verstehen sind zwei paar Schuhe, die in diesem Fall auch noch in zwei verschiedenen Räumen stehen. Was soll ich weiter sagen Tantchen...mir gehen wohl die Worte aus.

Mir wurde jedenfalls aufgetragen, über das Erlebte nachzudenken und es auch schriftlich festzuhalten, was mir in all der obig beschriebenen Aufregung völlig unmöglich schien. So kam es dazu, dass ich mir etwas Proviant und Schreibzeug packte, und meine Ruhe hier am feurigen See suchte. Ich habe dennoch, wie Du siehst, Tage gebraucht um allmählich Klarheit in meinen Gedanken zu gewinnen und die ersten Worte zu Papier zu bringen - ausgerechnet in diesem Brief an Dich. Doch Brief oder nicht, es ist erreicht. Ich werde mir die nächsten Zyklen noch zunutze machen, um über gewisse andere Dinge Beschluss zu fassen, und dann den Rückweg antreten. Sonst könntest Du meinen Schrieb ja auch gar nicht erhalten.

Herzlichst, Deine Ancabeth

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 23.11.09, 15:57 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Die traurige Nachricht zuallererst: Ich habe den Angriff auf die untoten Amulettzwerge verpasst, denke Dir das nur! Er fand statt als ich am flammenden See weilte, und ich weiß bis jetzt nichts Genaueres darüber. Ist das nicht eigenartig? Da passiert solch Großes, und doch hört man nichts darüber, obgleich man meinen könnte, die Spatzen zwitschern es von den Dächern...
So etwas kommt hier auf der Insel übrigens öfter vor. Demletzt fanden sich zum Beispiel die Spuren eines Kampfes direkt vor unserer Ecclesia und auch in der Stadt verteilt, doch weiß man bis heute nichts darüber, als hätte es keinen Lärm gegeben der einen aufwecken könnte, als würde niemand etwas erzählen, ja nicht einmal einen Aushang dazu sah ich. Recht mysteriös, so etwas... Nunja. Zurück zu den Amulettunholden.
Es gibt jedenfalls weder Massenbegräbnisse noch wackelt uns die Erde unter den Füßen, was mich vermuten lässt, dass nichts wirklich Ausschlaggebendes geschah. So habe ich noch Hoffnung, die mir von Karag geschenkte Kampfkeule doch noch gebrauchen zu können, zu späterem Zeitpunkt.

Ansonsten scheint alles still, gewissermaßen. Ich fahre fort mit meinem Unterricht (demletzt durfte ich Aufregendes von Karag erfahren...doch ist dies nichts für einen Brief Tantchen, und ich denke, auch nichts für Deine Nerven), und sehe nun zu, recht oft am flammendem See zu sein.
Ärgerlich ist nur der weite Weg, so dass ich beschlossen habe, mir nun ein edles Ross zu kaufen. Ich weiß sogar, wer solcherlei Getier vertreibt, mir fehlt nur noch das Geld um diesen Plan auszuführen. Ein wenig habe ich schon beisammen, und nun überlege ich, zeitweise das Angebot von Feydis anzunehmen und in der Seeschlange an der Schanktheke auszuhelfen (jener Feydis ist dort Wirt...oder Schankbursche...ich weiß auch nicht, aber er ist jedenfalls immer dort). Ich habe nun einerseits Zweifel, ob es sich für eine Novicia des Herren Ignis geziemt, in einer Schänke zu arbeiten, doch andererseits ist es ja kein Etablissement von schlechtem Ruf, und wo sollte ich sonst Geld herbekommen? So denke ich mir, besser, ich verdiene jetzt welches, als mich später, wenn ich Priesterin bin, mit solchen Sorgen beschäftigen zu müssen. Dann darf ich nämlich ganz sicher nicht mehr in Tavernen arbeiten. Ich will mich jedenfalls noch mit meinem Mentor beraten, und das Angebot dann womöglich annehmen.

Auch sonst läuft alles recht gut. Wir planen ein Turnier zu Ehren der Elementarherren auszurichten, und es wurden die interessantesten Wettbewerbe dafür ersonnen! Ada machen einige davon natürlich wieder Angst, aber Ada ist ein Huhn und hat vor allem Angst. Vor kurzem flüchtete sie gar vor einer armen neuen Novicia, welche da der Herrin Xan diente und aus irgendeinem Grund alle Leute anfassen wollte. Ada hätte sie lieber nicht angefasst...die war davon ganz verschreckt, und ich musste sie verteidigen.

Gestern hätte ich mich außerdem beinah geprügelt. Beinahe, weil ich das, wie Du weißt, nicht mehr tun möchte, und weil Brand mich dabei ansah als würde er mir etwaiges antun, sollte ich zustimmen - zu der Prügelei wurde ich nämlich von einem Herrn der Malthuster Wache eingeladen, die Soldaten trainierten gestern auf diese Weise. Ich nahm die Einladung also nicht an, und doch wurde mir etwas angetan. Der Priester veranstaltete sodann Etiketteunterricht für die Soldaten, und unterrichtete Tanzen...und da musste ich mitmachen! Eng an eng mit einem Soldaten, denke Dir das nur! Ich hätte Brand am liebsten dafür getötet Tantchen, nun ja, nicht getötet, aber geschlagen ganz sicher. Dass ausgerechnet er mich zu so etwas zwingt...ich war ganz außer mir. Ich hoffe nur, der Soldat mit welchem ich tanzen musste, denkt nun nicht, ich wäre wegen ihm so aufgebracht gewesen. Der schien mir nämlich recht nett. Apropos nett - hinterher wurde ich dem Oberst der Armee vorgestellt (ich traue mich hier gar nicht zu fragen, also - welcher Rang ist das genau, Tantchen? Weißt Du das?). Das war recht eindrucksvoll, möchte ich sagen. Ich glaube, ich mag die Armee hier.

Doch gut...ich plaudere schon wie ein altes Waschweib, obgleich es doch gar nichts wirklich zu erzählen gibt. Ich sollte mich lieber den Studien zuwenden, solange hier noch solche Ruhe herrscht. Lass alsbald von Dir hören!

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Vor einigen Tagen konnte ich einer verletzten Frau helfen und mit dem Segen des Herren Ignis die Blutung ihrer Wunde stoppen. Die hernach eingetroffene Heilerin lobte mich ob meiner Arbeit, darauf bin ich nun sehr stolz.

P.P.S.: Gestern fiel der erste Schnee hier, und damit auch der erste, den ich seit Jahren sah. Die Begeisterung ist groß, und ich warte darauf, dass genügend liegen bleibt um Schneemänner zu rollen.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 4.12.09, 11:53 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Vielen Dank zunächst für Deine Ausführungen über Armeeränge. Woher weißt Du denn so viel darüber, wenn ich fragen darf? Man entdeckt ja fast neue Seiten an Dir...ich bin erstaunt.
Zu Deiner Frage: nein, mich will nach wie vor niemand heiraten. Ich will auch immer noch niemanden heiraten. Bitte unterlasse dieses Thema, sonst erzähle ich Dir einfach nichts mehr!

Den Herrn Oberst habe ich aber tatsächlich wiedergetroffen, und er hat mir ein Pferd geschenkt, denke Dir das nur! Und er hat mir auch geholfen, mit dem Tier zurechtzukommen. Meine letzten Reiterfahrungen, mit einem Pony noch dazu, liegen bald 10 Götterläufe zurück, und ich war damals, wie der alte Hermbold zu sagen pflegte, so groß wie ein Grashalm mit Grashüpfer drauf. Ich musste es also wieder lernen. Es klappte erstaunlicherweise recht gut. Herr Lewenstein behauptet, ich wäre ein Naturtalent, aber ich glaube, er ist einfach ein guter Lehrer...und sein Pferd sehr geduldig. Trotzdem nett von ihm, so etwas zu sagen. Es war überhaupt alles sehr nett, und auf dem Rückweg vom Reiten konnten wir sogar eine Elfe vor dem Erfrieren retten.
Sie war wohl erst angekommen, und irgendein Bengel hatte ihr das Gepäck gestohlen, sowas passiert hier am Hafen...dass der Kapitän die Arme aber in einem kurzärmligen Kleidchen in die Kälte gehen ließ und ihr nichts, so gar nichts gab, das verstehe ich nun gar nicht. Was für ein kaltherziger Mensch muss das sein... Diese Elfe war jedenfalls schon ganz zittrig und blaulippig, als wir sie fanden und in die Seeschlange verfrachteten. Herr Lewenstein besorgte ihr dann warme Überkleidung, und sie war uns sehr dankbar.

Ansonsten sind wir allmählich mit der Vorbereitung der Wettkämpfe zu Ehren der Elementarherren beschäftigt...wir haben sogar den Marktplatz zugesprochen bekommen um jene durchzuführen, und nun werden von überall her Händler und Gaukler eingeladen, aus dem Wettkampf ein Fest zu machen. Es schneit mittlerweile auch fast ständig (ich hatte bereits eine Schneeballschlacht mit Ada...sie wirft wie ein Mädchen!), so dass das Fest sicherlich sehr hübsch sein wird. Kalt zwar, doch wenigstens sieht man nun keine grauen Dächer und kahlen Bäume - dann lieber glitzernden Schnee, das wirkt auch gleich viel feierlicher.

Es gibt aber auch höchst Beunruhigendes zu vermelden. So wurde vor zwei Tagen der Schrein des Ventus von irgendwelchen Schwarzen geschändet, erzählte Brand, und nun will Vencurius, des Erzgeweihte des Herren Ventus, furchtbare Rache üben. Wir wissen aber alle nicht an wem. Ich hoffe ich darf mitmachen.

Auch bei der hiesigen Kirche der Viere scheint nicht alles im Reinen. Irgendwer versuchte dort vorgestern einen Putsch, der misslang aber, jedenfalls sollen nun alle ersonter Gardisten in Falkensee schwarz angelaufen und die Hälfte der dortigen Priester im Kerker gelandet sein. Hört sich das nicht unglaublich an, Tantchen? Ich wette, dieser Maskenmensch ist an alledem schuld. Frau Erin, das ist der Leutnant der malthuster Armee hier, will sich erst einmal um weiteres Wissen darüber bemühen.

Ich hoffe bloß, all das klärt sich bis zum Dunkeltief auf - es kommt schließlich immer näher und soll wohl die letzten Male recht schlimm ausgefallen sein hier auf der Insel. Da brauchen wir keine Priester im Kerker...nunja.
Gestern waren wir übrigens bei einem Rat zur Vorbereitung auf das Dunkeltief. Eigentlich war da Brand eingeladen und wollte Ada und mich lediglich mitnehmen. Dann war er aber unpässlich (Frau Erin meint, er hat sich einfach gedrückt...ich werde dieser Theorie nachgehen) und plötzlich saßen Ada und ich da und mussten ihn vertreten.
Ich kam mir reichlich blöde vor, Tantchen, ich kenne mich doch mit so etwas nicht aus, und Ada auch nicht. Und dann saß da auch noch so ein unangenehmer Kerl neben mir, der uns Umgang mit Schwarzmagiern vorwarf...sowas Unwahres und Unsachliches! Seine Eminenz Herand hat nämlich längst geprüft, dass die Frau, um die es da wohl geht (ich kenne sie selbst nicht) gar keine Schwarzmagierin war...aber anscheinend weiß man es allenthalben wieder besser als ein Erzgeweihter des Herren Bellum. Man hat ja die Weisheit mit Löffeln gefressen.

Aber gut..zurück zum Geschehen... Man besprach also die Verteidigung der Stadt und mögliche Fluchtwege, und dann habe ich doch noch etwas Kluges sagen können, darauf bin ich sehr stolz - nämlich dass auch vom Wasser her Gefahr drohen könnte. Und tatsächlich, so hieß es, kamen von dort einmal Wasserleichen herausgekrochen an einem der vergangenen Dunkeltiefs. Ist das nicht widerlich? Ich fand es jedenfalls widerlich.
Ada hat bei der Vorstellung gar die Nerven verloren und schrie, das wiederum war peinlich. Ich nehme sie nie wieder mit zu solcherlei Veranstaltungen!
Nun soll das Hafenbecken jedenfalls geweiht werden, dafür werde ich versuchen Meisterin Nithavela zu erreichen, sie dient der Herrin Xan...und Eminenz Herand soll wohl darum gebeten werden, ebenfalls seinen Segen zu erteilen. Das sollte die Untoten dann hoffentlich abschrecken.

Desweiteren habe ich vor, mich als Freiwillige zur Verteidigung der Stadt an Dunkeltief zu melden. Frau Erin sagte, ich darf dann im Kampfe hinter ihr stehen. Das ist sehr beruhigend, sie ist nämlich größer als ich.
Ich weiß aber nicht, ob Meister Lodhrell das erlaubt...ich hoffe, er tut es. Brand jedenfalls meint, es wäre mir wohl sowieso nützlich.

Du siehst, es passiert recht viel zur Zeit...Du brauchst Dir aber keine Sorgen zu machen. Man passt auf mich auf. Sieh Du lieber zu, dass Du endlich die Türen auswechseln lässt bevor das Dunkeltief kommt - die Hintertüre würde ja sogar ich aus den Angeln treten können. Und Du weißt bestimmt noch, was vor zwei Götterläufen aus der Wüste gekommen war...weißt Du was, am besten verbringst Du das Dunkeltief in der Kapelle. Da bist Du wenigstens nicht allein. Bitte tue mir den Gefallen, ich sorge mich sonst sehr um Dich.

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Kennst Du ein gutes Rezept für Apfelkuchen?

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 14.12.09, 14:26 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Ich muss nun doch energisch widersprechen. Du wirst das Dunkeltief auf gar keinen Fall allein in deinem Häuschen verbringen, es ist zudem kein Häuschen sondern vielmehr so eine Art...Hütte. Jedenfalls kommt da sonst was rein, und nach dem, was ich die letzten Tage sah, muss ich sagen - die Wüstenbiester damals waren gar nichts! Kinderspielereien des Dunkeltief im Vergleich zu dem, was bereits jetzt vor dem Dunkeltief hier umgeht. Ich will Dir auch gleich davon erzählen, doch ich hoffe, Du sitzt gerade und es ist nicht dunkel, sonst könnte Dir diese Geschichte Angst einjagen.

Vor einigen Tagen konnte ich ein Gespräch von Frau Erin und anderen Soldaten mithören, über ein Schiff, das angeblich ganz allein im Hafen angelegt hätte, ohne Mannschaft. Ich konnte es mithören, weil sie neben mir in der Seeschlange saßen, ich habe nicht gelauscht! Ich weiß was Du nun denkst, aber ich mache so etwas nicht mehr. Jedenfalls...von Neugier getrieben ging ich später zum Hafen, und sah das rätselhafte Schiff auch - es sah ganz normal aus übrigens - und Frau Erin mit den Soldaten davor. Sie schienen gar nervös, behaupteten aber es wäre nichts, und ich dürfe trotzdem nicht mal auf den Steg vor dem Schiff treten.
Du weißt was ich mache, liebstes Tantchen, wenn mir Dinge verschwiegen werden: ich kann es nicht lassen und versuche es umso eher herauszufinden. So ging ich also in meiner Sturheit zu späterer Stund' noch einmal hin, dieses Mal in Begleitung Adas, ich dachte, ein wenig Herumforschen schadet ihr nicht.
Auf dem Steg allerdings blieb sie stehen und wollte nicht weiter, sie hätte zu große Angst wegen dem Wasser...dieses Huhn. Ich ging also allein auf das Schiff, und rief ihr noch zu, sie solle eben wieder zurückgehen. Tat sie aber nicht, die Garstige! Doch dazu später mehr.

Auf dem Schiff war es ganz menschenleer und dunkel. Überall knarrte und knarzte was, es war recht gruselig, möchte ich meinen. Ich sah mich dennoch um, recht eilig, muss ich zu meiner Schande gestehen, ich begann bereits da zu bereuen, auf das Schiff gestiegen zu sein. Doch der Stolz trieb mich weiter, und als ich die Fenster der Kapitänskabine hell erleuchtet sah, eilte ich dorthin. Es war aber niemand in dem Raum...aufgeräumt war es da, und die Kerzen brannten von selbst. Da wurde es mir umso mulmiger, und dann spürte ich etwas Kaltes...ganz furchtbar Kaltes an meinem Hals. Kaum hatte ich begriffen, was geschieht, sah ich auch einen gar schrecklichen Schatten, ganz dürr und gemein und mit Klauen anstatt von Fingern, und dann berührte mich auch noch irgendetwas Kaltes.

Da war es um mich geschehen, Tantchen. Ich bin keine Kriegerin, ich bin keine Magierin, und ich bin auch nicht Seine Eminenz Herand, um in solcher Situation noch mit stolz erhobenem Kopf irgendetwas Heldenhaftes zu tun. Das muss man sich in manchem Moment des Lebens wirklich so eingestehen. Ich gestand es mir also ein, und floh unter lautem Geschrei, von garstigstem Gelächter dieser furchtbaren Kreatur verfolgt.

Und dann...dann sah ich, als ich mich schon in Sicherheit wähnte und meine Füße den Steg berührten, etwas noch viel Furchtbareres! Da stand Ada, und vor ihr stand nunmehr nicht mehr der Schatten, sondern eben jene Kreatur selbst, in voller Größe! Ihr Anlitz war grässlich (also das Anlitz der Kreatur...), und sie hatte spitze Ohren, und sie würgte Ada! Da war es mit meiner Furcht ganz vorbei, und ich wollte hinrennen und dieses Ding schlagen, auf dass es meine Ordensschwester gefälligst losließe...und da passierte es wieder.

Das, was mir damals mit der Spinne passiert war, Tantchen - aber dieses Mal erlebte ich es mit. Es rauschte mir in den Ohren, und heiß wurde es mir, bis es in den Fingerspitzen zu prickeln und zu jucken begann, als wäre da etwas, was hinaus, hinaus in die Welt wollte... und dann brannte es lichterloh in meinen Händen! Als hätten sich aller Zorn und alle Aufregung in diesem Zeichen des Herren Ignis verbunden, um das Ungetüm zu strafen, das da Unrecht beging! Ich dachte auch gar nicht mehr lange nach: wie ich früher jemanden mit Steinen bewerfen mochte, warf ich nun jene Flammen, stieß sie von mir in Richtung des garstigen Spitzohres.... Ach, mir wird noch immer ganz bang und unruhig wenn ich an jenen Moment denke, als ich da dieses Feuer in mir fühlen durfte...

Ich habe nun etwas pausiert, um zur Ruhe zu kommen, Tantchen. So kann die Erzählung weitergehen. Als die Flammen kamen, passierten zwei ganz unglaubliche Dinge. Erstens, jenes Ding verwandelte sich in einen Wolf, einfach so! Und zweitens - es floh. Stell Dir vor Tantchen, ich habe es verjagt, allein mit dem Segen des Herren Ignis!
Ich wäre der Kreatur ja auch nachgelaufen, so kriegerisch fühlte ich mich, doch Ada war bewusstlos auf den Steg gefallen und ich musste sie aufheben. Sie hat nun eklige Würgemale am Hals, sonst geht es ihr aber gut.

Und weißt Du was? Später erzählte sie mir, sie wäre da so am Steg gestanden, da erschien dieses Biest und würgte sie. Einfach so. Wie kann das denn gehen, Tantchen? Wie kann dieses Weibsbild da stehen und sich angreifen und würgen lassen und nicht einmal einen Pieps von sich geben? Das geht mir überhaupt nicht in den Kopf!
Ich denke ich muss mit ihr ein ernstes Wörtchen darüber reden, was man tut, wenn ein garstig aussehendes Ding mit ausgeprägt feindlichen Absichten auf einen zukommt. Weglaufen wäre eine erste Idee. Schreien ist auch nicht schlecht, und schließlich sind da die Optionen von Treten, Schlagen, Kratzen, Beißen und Spucken, die einer Dame auch ohne Waffe in der Hand zur Verfügung stehen. Vielleicht übe ich so etwas mit ihr. Wir bräuchten nur noch ein...Versuchsobjekt. Ich frage mal Brand.

Nun geht jedenfalls jenes Ding hier um, die tapfere Armee Malthusts kümmert sich allerdings darum und ich halte mich jetzt raus - solange es mir oder jenen, die ich mag, nicht zu nahe kommt. Seltsamerweise will mich soweit niemand strafen dafür, dass ich auf das Schiff ging und Ada in solche Gefahr brachte. Aber Meister Lodhrell weiß auch noch nichts davon, er ist da strenger. Ich sehe also weiteres Unheil auf mich zukommen.

Zudem müssen wir nun die Augen offenhalten. Das Fest zu Ehren der Elmentarherren ist nahe gerückt, und wer weiß, ob das Biest dort nicht auftaucht und irgendetwas Garstiges tut? Ich werde Dir jedenfalls in wenigen Tagen berichten, wie es ausging. Auch von dem Fest und anderen Kleinigkeiten - Du siehst mir sicher nach, dass jene Berichte dieses Mal hinten anstehen müssen. Gib Acht im Dunkeln, Tantchen!

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Ich habe den Herrn Oberst bisher nicht wiedergesehen. Schade. Er hätte das Ungetüm auf dem Schiff sicherlich vertrieben.

P.P.S:: Eines noch, ein Gedanke der mir keine Ruhe lässt. Wenn das garstige Wesen am Steg Ada würgte...wer erschreckte mich dann zur gleichen Zeit in der Kapitänskabine?

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 5.01.10, 16:29 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

So Vieles ist geschehen, wovon ich noch nicht die Zeit hatte zu berichten. Das Turnier der Elemente (das übrigens gut verlaufen ist), Brands seltsame Gebrechen (die allmählich wieder besser scheinen), Adas neuer Kavalier, das Training mit Karag (ich staunte erneut über mein umfangreiches Wenigkönnen und Nichtswissen), unsere Untersuchungen eines Eisphänomens im Wald (die kläglich scheiterten)....es ist Vieles. Und doch ist es nichts, worüber ich nun lange berichten könnte oder möchte, nicht nach dem, was hinter uns liegt - das Dunkeltief.

Ach Tantchen, und ich hatte noch Schrecken vor irgendwelchen Klauenmännern...nun kommt mir jenes Geschöpf fast harmlos vor, ja schrullig gar, im Vergleich zu dem, was wir durchlebten und was nun in meinen Gedanken wühlt und mich kaum schlafen lässt. Ich will Dir davon berichten - nicht um Deinetwillen, denn um Deinetwillen wäre es sicherlich besser, ich würde Dir nichts davon erzählen, doch habe ich das Gefühl einer Notwendigkeit... wie soll ich es beschreiben... Einer Notwendigkeit, zu erzählen, zu schreiben, zu sprechen - sprechen kann ich hier allerdings mit niemandem (ich sitze wieder am Lavasee, Tantchen...wie Du anhand der Ascheflecken sicherlich schon vermutet hast), und wäre ich auch in Brandenstein, würde ich noch immer schweigen.
Mir wird gerade klar Tantchen - und das mit Verwunderung, weniger mit Enttäuschung - dass es hier niemanden gibt, dem ich mich vollends, in meinen tiefsten Ängsten und Sorgen anvertrauen könnte. Ist das nicht erstaunlich? So viele um mich herum, so viele, und doch niemand wenn ich es bräuchte. So lande ich wieder hier, im Angesicht meines Herrn, der wie stets meine Zuflucht, meine Hoffnung ist. Es ist Heilung dieses Mal, auf die ich hoffe...doch nun der Reihe nach. Ich will, nein, ich muss erzählen.

Ich wollte mich zum Dunkeltief ja als Freiwillige bei der tapferen Malthuster Wacht melden. Sicher bin ich keine große Kämpferin (ich bin gar keine Kämpferin, wenn wir ehrlich sind), aber ich wollte gern helfen, und wenn nur dadurch, dass ich dem Feind Steine auf den Kopf geworfen hätte. Steine werfen kann ich. So oder so - daraus wurde überhaupt nichts. Einen Tag vor dem Dunkeltief verkündete mir Brand, ich solle auf Ada aufpassen in der dunklen Zeit. Schon wieder. So landeten wir also im Keller der Ecclesia, Ada und ich, und ich hatte wirklich die mieseste Laune Tantchen, hörte man doch von oben hier und da Schreie und Kampflärm.
Bei uns im Keller passierte gar nichts - nur einmal kam ein gräulich Geistergesicht durch die Wand und erschreckte Ada furchtbar. Ich erschreckte mich auch, ehrlich gesagt... und dann versuchte ich danach zu treten.
Das Gesicht verschwand, ich traf die Wand, nun schmerzt mein Fuß.

So verlief der erste Lauf des Dunkeltiefs, und am Zweiten wurden wir aus dem Keller geholt und mit der Zivilbevölkerung Brandensteins nach Seeberg verbracht. Allenthalben begann man zu der Zeit hier und da dunkle Schemen zu sehen, die mal weinten, mal drohend lachten...es war wirklich schaurig. Doch bis auf das verlief es auch in Seeberg ohne große Vorkömnisse. Also suchten wir uns eine geschützte, verborgene Ecke und versuchten zu schlafen. Das klappte auch sehr gut mit dem Schlafen. Mit dem Verstecken auch.
Als wir nämlich aufwachten, entdeckten wir dass erstens alle weg waren, und zweitens uns in unserem Eckchen nicht gesehen und so nicht mitgenommen hatten. Seeberg war zurückgelassen worden, und wir auch.

Damit begann der Alptraum all meiner Alpträume Tantchen. Zitternd irrten wir, zu zweit auf dem guten Pergastis sitzend (was täte ich nur ohne das edle Tier? Soll Ada ihn noch einmal Ackergaul schimpfen...) durch die Straßen, suchten nach Leben, und fanden nur mehr und mehr von den grauenvollen Schemen, die die Stadt nun anstelle von Menschen zu bevölkern schienen. Als wir bereits verzweifelten, trafen wir endlich noch eine lebende Seele - einen Nortraven, Hulgur hieß er oder Halgar...ich weiß nicht mehr so recht. Ein tapferer Mann jedoch, der sich unserer annahm und anbot, uns aus dieser furchtbaren Geisterburg herauszuführen. Wir wollten nach Brandenstein...oder Falkensee, irgendwohin, wo wir sicher wären. Das war ein Fehler, ein furchtbarer Fehler.

Mir wird noch immer die Hand zittrig, Tantchen, wenn ich an den Ritt durch den dunklen, vereisten Wald denke. Überall Fratzen und Zähneklappern um uns herum, Geister, Untote, und abscheuliche Vögel, die uns allenthalben mit Geheul folgten. Ich erinnere mich nicht mehr an alles, nur an die atemlose Flucht die uns doch nur tiefer ins Verderben führte, an Krallenhände, die nach uns griffen, an den Herrn Nortraven wie er mit Gebrüll dem Feind trotzte und doch überrannt schien, an irgendein halbverwestes Ding mit rot glühenden Augen, das mit schwerer Kampfkeule nach mir schlug und mir den schützend erhobenen Arm brach...

Als ich wieder klar wurde, stellte ich fest, dass Pergastis mich zur Siedlung der Dwarschim herausgetragen hatte, die sich nun meiner Verfolger annahmen und mir Zuflucht gewährten. Der Nortrave war weg, und, was noch schlimmer war, auch Ada war nicht mehr bei mir. Sie waren noch da draußen irgendwo, in diesem kreischenden Schrecken der Wälder, und mir wurde ganz übel als ich mir all dessen so gewahr wurde. Ja wirklich Tantchen, beinah wäre ich hysterisch geworden, wäre da nicht dieser ehrenwerte Diener des Herrn gewesen, der sich unter den Dwarschim fand und mich zur Besinnung rief.

Halbwegs die Fassung wiedergefunden, steuerte ich Pergastis wieder hinaus. Ich weiß nicht was mich befiel so etwas zu tun, Heldenmut war es aber nicht - ich musste einfach Ada finden, und irgendwas weigerte sich in meinem Geist bereits da, weiter über das nachzudenken, was sich sonst so draußen im Wald befand.
Ich weiß nicht, wie das geendet hätte, wäre da nicht die Fügung der Götter gewesen - kaum war ich draußen, trabte das Pferd des Nordmanns mir in die Arme, mit Ada auf seinem Rücken, und der Herr Nortrave lief alsbald hinterher. Und wieder waren es die Dwarschim, die uns Zuflucht und Versorgung der Wunden zukommen ließen. Vor allem Ada wurde sehr geholfen, die schien da nämlich schon ganz vewirrt und halb erfroren.

So saßen wir eine Weile im unterirdischen Versteck...ich erinnere mich nicht mehr genau. Irgendwann betete ich, als der Diener Ignis' Ada half, und dann war plötzlich noch ein anderer Dwarschim da, und Brand... Woher Brand kam, weiß ich gar nicht, doch er schien so fröhlich und unbesorgt wie stets...in solchen Momenten möchte ich ihm gern irgendetwas Schweres in Gesicht schleudern.... Macht mich das zu einem schlechten Menschen?

Nach einer Weile beschloss man jedenfalls, sich wieder nach Seeberg durchzuschlagen. Also gingen ich und Ada natürlich mit - wurden besser gesagt auf den beiden Rössern mitgezogen. Wieder der Wald, die Schreie, die Angreifer...ich versuchte einfach nicht mehr hinzusehen, bis endlich die Tore Seebergs vor uns waren. Scheinbare Rettung Tantchen...scheinbar, denn da erblickte ich ein flammendes Pentagramm hoch im Himmel über der Burg, und Horden von Untoten empfingen uns Flüchtlinge in den vormals leeren Gassen. Wir, das heißt der Herr Notrave und ich, wurden von den anderen abgeschnitten, während Ada von ihrem Pferd davongetragen wurde, und dann bekam ich einen recht starken Schlag auf den Kopf und verlor das Bewusstsein, ehe ich ob des Schreckens der Situation den Verstand verlieren konnte.

Trink doch einen Beruhigungstee, Tantchen.

Ich schreibe Dir ja diese Zeilen, das heißt, ich starb damals nicht. Es war erneut mein Reittier das mich rettete, vor den Angreifern davontrug zu einem Stall am nördlichen Tore, wo sich unser Grüppchen bereits versammelt und verschanzt hatte. Da lag ich also mit dröhnendem Kopf und einer seltsamen Ruhe im Stroh, derweil draußen im Schein verderbten Feuers immer neue Fratzen zu sehen waren, die sich den Weg durch die selbstgemachte Barrikade zu bahnen versuchten, und allein von dem kleinen Kämpfergrüppchen daran gehindert wurden.

Nach einer Weile schien man die Gegner kurz zurückgeschlagen, man führte uns wieder irgendwohin...und plötzlich waren wir an der Burgfeste selbst und dort waren Menschen Tantchen. Viele andere Menschen! In Uniformen Malthusts und Ersonts, Heiler, Magier, Flüchtige wie wir, alle in einem großen Saal versammelt! Pergastis hatte ein Helfer in einer stillen Ecke vor dem Saal abgestellt, und ich konnte nur hoffen, ihm würde nichts geschehen. Um Ada und mich kümmerte sich derweil erst eine Magierin, und dann schiente ein Heiler meinen Arm und versuchte Ada wieder zur Besinnung zu rufen.

In Sicherheit waren wir derweil nicht - draußen stürmten immer neue Angriffswellen von Untoten an die Türen, geflügelte Wesen waren darunter, noch irgendetwas...ich sah das Meiste nicht, konnte nur kurze Blicke erhaschen wenn sich die Türen öffneten um neue Verletzte hinein- oder frische Kämpfer zu einem Ausfall hinauszulassen. Irgendwann dazwischen stand plötzlich Brand mit mir unbekannten Personen hinten im Saal und sie hielten ein Gebet an die Viere und die En'hor, und dann begannen die Wände zu wackeln und alles schrie etwas von Dämonen, während grässliches Gebrüll von draußen zu hören war.
Putz bröckelte von der Decke, und dann war mir plötzlich, als wäre es klar - wir konnten alle gar nicht stand halten. Diese Einsicht erlangte ich in etwa jenem Moment, als eine riesige Klaue von außen kam und die Türe einfach aus den Angeln riss, den Tod einlassend, und Brand sich neben uns setzte und sich ein Kissen aufs Gesicht drückte...

Es war also das Ende, das wir da kommen spürten, und da wollte ich hinaus. Ich würde nun gern schreiben, ich wollte dort helfen oder irgendetwas unternehmen, aber das wäre gelogen. Ich wollte nur nicht in diesem mit Angst gefüllten Saal sterben, und zudem hatte ich Furcht - lächerlich, angesichts der Situation - Dinge daherzureden die ich lieber nicht daherreden sollte, und die ich jetzt übrigens sicherlich sehr bereuen würde. Nicht dass mir damals klar gewesen wäre, dass es überhaupt noch ein Danach gibt...
So oder so - ich stand also von all diesen Ängsten getrieben auf und begab mich hinaus, in einen Alptraum aus Dämonen, Untoten, und Kämpfenden. Wahrscheinlich wäre ich da draußen auch unnütz herumgestanden bis mir eine Klauenhand den Kopf abgerissen hätte, doch da hörte ich ein angstvolles Wiehern und sah - Pergastis.

Wieder, mein Pergastis, und dieses Mal war er es, der Hilfe brauchte, der in Angst und Hilflosigkeit über das Schlachtfeld irrte.
Ich weiß nicht ob es die glücksspendende Hand Vitamas war, die sich über mich gelegt hatte, oder ob mir der feurige Atem Ignis' Schnelligkeit verlieh - ich rannte recht kopflos, doch erstaunlicherweise ohne verletzt zu werden zu meinem Tier, fing es ein, drehte mich herum... und wurde von hellem Licht geblendet.
Das Dunkeltief war vorüber, und all die Abscheulichkeiten zerfielen vor meinen, unser aller Augen zu stinkenden, doch höchst ungefährlichen Überresten.

Es war so plötzlich vorüber, dass ich einfach weiter da stand mit Pergastis und es nicht glauben konnte, bis plötzlich jubelnde Menschen aus der Burg strömten, und Brand mich umarmte und rief dass wir leben und man wolle sich auf den Heimweg machen. Er ging noch mit Ada und dem Herrn Nortraven das Pferd des Nordmannes suchen, und ich glaubte es immer noch nicht, und fühlte mich...komisch Tantchen. Sehr komisch.
Wie in einem wirren Traum. Und wie ich so da stand und sinnlos in die Gegend blinzelte erinnerte ich mich an jenen Mann der einmal zu Dir in die Heilstube gebracht wurde. Du weißt noch, der da seine Frau im Kindbett verloren hatte und nur noch lachte und schrie "Es ist ein Traum, es ist ein Traum!" und dann plötzlich zusammenbrach.

Mir wurde da jedenfalls bewusst - ich würde nicht mit heimgehen. Ich musste da weg, und meinem Geist die Heilung erlauben, derer er offensichtlich so sehr bedurfte, um nicht wie dieser Mann zu enden. So setzte ich mich wieder auf Pergastis und trieb ihn an, trieb ihn zum Lavasee, an welchem ich nun sitze und mich zu sammeln versuche.

Mein Arm schmerzt furchtbar, und mein Kopf ebenso, doch ich spüre allmählich, wie die Hitze und der Anblick des Feuers meine gemarterten Gedanken langsam beruhigen. Ich weiß, eigentlich sollte ich zurück, bevor man sich Sorgen macht, und ich sollte mich bei den Heilern, dem Herrn Nortraven und den Dwarschim bedanken gehen, und ich sollte nach Ada schauen und in Brandenstein helfen... aber ich kann nicht, Tantchen.
Ich glaube, ich breche zusammen, wenn ich hier weggehe. Und so bleibe ich hier, bis ich auch ohne die Nähe der Flammen den Kopf aufrecht halten kann.

Doch sorge Dich nicht über die Maße - wenn Du diesen Brief liest, bedeutet es, dass ich irgendwann wieder in die Gesellschaft anderer fand. Am Lavasee gibt es schließlich keine Boten.

Deine Ancabeth

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Liebes Tantchen...
BeitragVerfasst: 26.01.10, 12:14 
Einsiedler
Einsiedler
Benutzeravatar

Registriert: 25.07.09, 00:31
Beiträge: 161
Liebes Tantchen,

Ich kann kaum in Worte fassen wie erleichtert ich bin dass es Dir gut geht und Du das Dunkeltief gesund überstanden hast. Eine Kapelle ist da doch wahrlich der sicherste Ort… Hier sind die Schrecken auch allmählich abgeklungen. Die Straßen sind aufgeräumt, die Wunden heilen, wenngleich mein Armbruch sicher noch brauchen wird.
Ich komme mir recht verkrüppelt vor solange, vor allem, da ich mich gestern schlimm verbrüht habe – und wieder auf der rechten Körperseite. Zum Glück ist es hier so eisig und verschneit, dass ich die Stelle schnell herunterkühlen konnte. So gibt es wenigstens keine Brandblasen. Weh tut es trotzdem sehr, obwohl ich es mit Ringelblumensud behandle. Ja, ich habe mir das ein oder andere gemerkt von Deinem Tun, da staunst Du, nicht? Aber vielleicht doch zu erwarten, nachdem ich Dir Jahre zur Hand gegangen bin … Doch gut. Solange versuche ich nicht allzu sehr zu jammern und warte ab. Schließlich sind bisher alle Verbrennungen bei mir gut abgeheilt, dem Herrn sei gedankt.

Anderes ist soweit wichtiger. Das Dunkeltief trug nämlich auch ernstere Opfer mit sich. Fräulein Brijt, die hiesige Heilerin und Köchin, ist in ungleichem Kampf gegen zwei Dämonen (denke Dir nur!) gefallen. Mir ist noch immer schlecht im Magen wenn ich daran denke…ich mochte sie sehr, und sie hat mir sogar einmal beim Üben geholfen. Gestern war ihre Trauerfeier, und da sie von den südlichen Inseln kommt und im Glauben den Elementen nahe stand, waren Ada und ich eingeladen, ihr das letzte Geleit zu geben. Eine ergreifende Zeremonie war das, Tantchen, erst hielt Leandra eine Rede, und dann hat sich jeder von Fräulein Brijt persönlich verabschiedet. Und dann war ich dran…ich muss gestehen, mir war Angst und Bange. Ich bin doch noch nie selbst im Dienste des Herrn aufgetreten…so vor allen Leuten. Doch es ging gut, zumindest warf niemand Eier nach mir, und Herr Ignis schien ebenso zufrieden – das Feuer geriet so groß und würdevoll, wie man es sich nur wünschen konnte. Nach mir entsandte auch Ada ein Gebet, gen Ventus nämlich, und dann wurde die Asche ins Meer geweht, um über die Wellen den Weg nach Hause anzutreten. Ich bin eigentümlich stolz auf Ada nun, wie sie das gemacht hat…bisher hatte sie ja doch eher Eigenschaften einer Magd denn einer Dienerin der Winde gezeigt.

Leider blieb mir nach der Zeremonie nicht viel Zeit zur Andacht: Seine Eminenz Herand erwartete mich schon. Ich beriet mich nämlich mit jenem in einer heiklen Sache. Irgendjemand hat unseren Lavasee kaputt gemacht an Dunkeltief, Tantchen. Ich schrieb Dir noch nicht davon da ich hoffte, das vergeht wieder, aber das tat es nicht. Ganz erkaltet liegt er da, der See. Als ich ihn mit meinen bescheidenen Kräften untersucht habe, merkte ich auch eine sehr unangenehme, ganz und gar nicht morsanhängige Kälte vom Boden ausgehen, und als ich die Asche berührte, tat es gar weh an meiner Hand, als würden die alten Narben wieder aufbrechen. Einen Hoffnungsschimmer gab es nur: inmitten des toten Aschefeldes fand sich ein kleines Becken wieder brodelnden Lavas, wenngleich dieses dunkel gefärbt war, als würde es gegen die unnatürliche Kälte ankämpfen.
So oder so – ich bat Seine Eminenz um Rat und Hilfe. Erstens kennt er sich mit dem Bösen aus – und dass die Kälte böse ist, daran besteht kein Zweifel – und zweitens fand ich weder Meister Lodhrell noch Meister Karag in den letzten Tagen. Seine Eminenz erwies sich auch wie erwartet als größte Hilfe. Er erkannte nämlich, dass die Kälte von den Machenschaften des Namenlosen stammt. Natürlich….ich verstehe einmal mehr nicht, wie einige von uns diesem Widerling noch duldsam gegenüber stehen können. Seine Diener sind nichts Besseres als Kakerlaken Tantchen, die überall nur Dreck hinterlassen…und er ist die größte Kakerlake von allen! Sich einfach so an einem Ort des Herrn Ignis vergehen…. Ich würde gern jemanden dafür schlagen.

Doch gut. Eminenz Herand begleitete mich jedenfalls, und riet mir außerdem, Feuer aus der Insignie Ignis‘ von unserem Altar mitzunehmen, und in die Lavagrube zu werfen. Das tat ich auch mit einem Gebet um die Rückkehr der Flammen – und Du wirst es nicht glauben Tantchen, der Herr hat es erhört! Das Lava begann zu brodeln und zu blubbern, und dann schoss eine riesige Feuersäule in die Luft hinaus. Als die Flammen sich senkten, sah ich es dann…die Gestalt eines Dwarschim, Tantchen! Einen langen Bart trug er, und hatte ein weises Gesicht, und eine rote Robe! Und im gleichen Augenblick spürte ich eine Hitze in mir, die gleich einem Abklang des segnenden Feuers schien, das ich damals, bei der Prüfung meines Glaubens spürte. Es tat nur nicht so weh dieses Mal… Ich war so ergriffen von diesem Zeichen des Herrn, wie kaum jemals zuvor…und es war ein Zeichen, Tantchen!

Als ich nämlich hinterher in die Grube hineinsah (Seine Eminenz hatte sich da schon auf den Heimweg gemacht), sah ich einen versteinerten Dwarschim darin! Er sah in friedlichen Schlaf versunken aus und lag genau inmitten der Lava, die um ihn herum besonders stark und kraftvoll brodelte. Im ersten Moment war ich so ratlos, was zu tun wäre, da ritt ich zu dem Tal der Dwarschim hoch und berichtete dort davon, worauf mich einer des Volkes zurück zum See begleitete. Er erkannte den Steinkörper auch als den eines früheren Priesters des Herrn, Mithrar… Als würde dieser noch im Tode Ignis dienen, schien er die Lava weiter aufzuheizen, und so sahen wir von Versuchen ab, ihn aus der Grube zu holen – das lag wohl kaum im Willen der Flammen.

Ich bin jedenfalls noch immer recht fassungslos ob des Erlebten…und gleichzeitig voller Dankbarkeit und festen Glaubens, dass sich der See wieder erholen wird. Ich werde auch alsbald wieder dorthin aufbrechen, um nachzuschauen und ein Gebet zu sprechen. Ich hoffe darüber hinaus, bald einen meiner Lehrer zu finden, um ihnen zu berichten und mehr über diesen Mithrar zu erfahren.
Oh, und den Dwarschim, der mir gestern zum See folgte, jenen darf ich einmal besuchen auf dass er mir von seinem Glauben erzählt, das hat er mir gesagt! Meister Karag trug mir nämlich auf, mit seinem Volk darüber zu sprechen und mir Aufzeichnungen zu machen. Ich bin schon recht ungeduldig deswegen, doch vorerst gibt es leider noch Anderes zu tun. Dem will ich mich nun auch geschwind widmen!

Herzlichst, Deine Ancabeth

P.S.: Brand ist ein schlechter Mensch. Man hätte es ja sehen können, aber manche Erkenntnisse kommen recht spät. Leider. Es nimmt mich Wunder, wie ich so lange in kindergleicher Verblendung weilen konnte, was ihn angeht.


Dem Brief ist dieses Mal ein zweites Blatt beigelegt.

_________________

Die Idee der "freien Entfaltung der Persönlichkeit" scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei entfaltet hat.


Nach oben
 Profil E-Mail senden  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 12 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de