„Im Wein liegt die Wahrheit.“
Sie war wieder unbemerkt von ihren Mitmenschen in ein Loch gestürzt.
Gerade hatte sie es aus einem herausgeschafft, ohne dabei alles retten zu können, und schon stolperte sie in das nächste.
Und die Dunkelheit war gesättigt mit dem Zweifel an viele Dinge auf einmal.
Sie konnte mit niemanden darüber reden.
Schämte sich für die Wahrheiten. Schämte sich für das, was wirklich passiert war.
Es im Geheimen zu halten, es niemanden zu verraten... nur einem Buch, dessen Seiten sie in einem
Tempel beschrieb, in dem ihre Finger es an Kraft und Glaube fehlte die Raute zu zeichnen.
Und sie wagte es nicht einmal die Zeilen ein zweites Mal zu lesen. In diesen Seiten stand ihr Wesen festgeschrieben. Und sie mochte ihre inneren Zwiespälte nicht. Also warum nicht nur das herauspicken, was erträglich ist? Das taten ihre Mitmenschen doch auch. Nur sehen, was sie sehen wollten. Die Wahrheit ist veränderbar. Formbar.
So bildete sie sich ein, redete es sich immer zu, dass sie den Tempel nur zum Schreiben aufsuchte, weil die Schneiderei sie in ihrer Enge und Fülle von Arbeit erdrückte. Es gehörte nicht zu ihrer Wahrheit, dass sie nach irgendwas suchte was sie wieder zurückbringt. Zu den Göttern, zu ihrer Unerschütterlichkeit des Glaubens. Die ganzen Zyklen war sie alleine dort gewesen.
So elend ließ der Kummer über die Frage sie aussehen, warum sie es nicht schaffte zu sagen was sie wirklich dachte und fühlte und vor allem nicht schaffte um Hilfe zu bitten, dass
Herr Mondsilberhaar ihr im
„Ersonter Kessel“ direkt einen Schnaps vor die Nase stellte.
„Ihr Menschen trinkt so was immer wenn Ihr eine solche Miene habt.“Kaum später kam die
Rätin Aurora hinein. Angespannt und bissig forderte sie zwei Schnäpse nach einander, um sie in eins hinunter zu schlucken. Sie war nicht wirklich bissig, mehr schienen die harschen Worte wie eine Maske.´
Awa hatte beim Kleideranpassen gesehen, wie dünn Solice geworden war. Aber es hatte keinen Sinn zu fragen. Auch diese Frau würde sich dem Umfeld nicht offenbaren mit ihren Sorgen.
Und dann das vor ihrer
Schneiderei. Mitten in der Nacht kam
Markus in ihr Haus, stellte einen Wein und einen Zettel auf ihre Theke. Vor ihrer Tür habe sie es gefunden.
Das erste was sie dachte war ein verzweifeltes Warum.
Zitat:
„Im Wein liegt die Wahrheit. 40b“
Was sollte das heißen? Wein... Wahrheit... die Zahl.
Wen oder wer konnte sie mit Wein in Verbindung bringen? Dieser
Comari? Nein.
Eliath? Wer weiß... aber die 40b? Markus musste ihre sorgenvolle, fast ängstliche Verwirrung bemerkt haben und eilte los auf die Straße.
40 b.
Eine Wohnung an der Straße zum Südtor. Aber wer wohnte dort? Irgendeiner von diesem Gespann vielleicht...
Wolf? Lorum?Awa wurde blass und unruhig. Seit
Ashram in ihr Haus eingestiegen war, beunruhigte sie alles, wenn sie nicht wusste woher es kam.
Oder war es mehr die erwähnte Wahrheit, die wie ein Fluch an ihr nagte? Vielleicht sollte es auch eine schöne aufmunternde Nachricht sein? Oder war es doch ein Unheilsbote?
Diese Fragen machten sie Wahnsinnig.
Sie wusste, sie würde die Nacht nicht schlafen können, wenn man ihr keine Antwort gab.