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 Betreff des Beitrags: "Was soll's."
BeitragVerfasst: 5.06.10, 02:54 
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Niemand kann mich irritieren.

Für mich zählen nur die Fakten.

Niemand kann mich irreführen,

denn ich trau nur dem Exakten.

(...)


Jetzt saß er hier also im Wall. Immerhin hatte er ein ganz eigenes, ganz unbefangenes Quartier gefunden. Hierher kam sowieso gut wie nie jemand, erst recht niemand außerhalb des Löwenordens. Die ganze Sache glich zwar einem etwas weitläufigeren Gefängnis - aber im Moment störte ihn das noch nicht so recht. Zwei wichtige Unterschiede gab es nämlich: Es war ihm geglückt sein eigenes Laboratorium hier aufzustellen. Und er hatte seine Bücher.. War das so unterschiedlich vom üblichen Kellerlabor in der Priorei der Ecclesia?

Ein Kopfgeld ausgesetzt auf einen Hohepriester. Nun ja, er würde sich daran gewöhnen müssen, dass es weltlich gesehen keinerlei Belang hatte für jemanden wie Waldemar Delarie. Und? Er hatte es sich selbst ausgesucht hier Ventus zu vertreten, sonst wäre er kurzerhand an der heimeligen und 'einfachen' Akademie zu Ventria geblieben und würde seine Lebtage damit zubringen Studien zu führen zu alltäglichen Themen. Aber irgendwer musste sich ja um das Weltliche kümmern, wenn der Rest des Ordens schon mit den Ohren in den Wolken zu stecken schien.

War seine Philosophie wirklich so schwer zu begreifen für die Menschen? Er war immer bis zur Perfektion konsequent und gründlich gewesen was das Verfolgen seiner persönlichen Moral anging. Natürlich, man konnte es sich auch einfach machen und sich eine Seite aussuchen: So hatte man immernoch Freunde. Aber inzwischen hatte er es sich wohl mit praktischem Jedem auf der Insel verscherzt - und das nur, weil sie es nicht einsehen wollten! Sowas.

Am morgigen Tage würde in den Morgenstunden wieder ein Schiff nach Rothenbucht von Brandenstein aus ablegen. Von Rothenbucht aus könnte er sich einen schnellen Klipper nach Ventria anheuern und wäre dann schon in drei Wochenläufen von heute aus gerechnet zurück an der Akademie. Wo er nicht nur sicher, sondern auch verstanden und geliebt wäre. Zurück beim alten Kollegen Lazalantin und seinen feucht-fröhlichen Dozentenfeiern, zurück bei wissensdurstigen und aufmerksamen Novizen die beinahe Handstände aufführen würden um einen Hohepriester zufrieden zu stellen.

Vielleicht war die Aufgabe hier ja nun endlich erledigt. Und wenn nicht: Waren Isaar, Saphira und Gorion nicht wirklich schon alt genug um das Ganze selbst weiterführen zu können?

Mein Verstand ist unbestechlich.

Ich studier das Positive.

Ich bin niemals oberflächlich.

Ich seh immer in die Tiefe.

Denn ich sammle die Beweise und bewerte die Motive.

Ja, ich dien in jeder Weise nur dem Fortschritt

und der menschlichen Kultur.

(...)


Versteckter Inhalt bzw. Spoiler :
Ich bin mit meinem Charakter in einer Sackgasse gelandet wo er mir nicht mehr so recht Spaß macht. *seufz*
Bei Vorschlägen, Wünschen, Ideen oder generellem Plausch würde ich mich sehr über eine kleine PN freuen.

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 Betreff des Beitrags: Re: "Was soll's."
BeitragVerfasst: 11.06.10, 15:58 
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Euch preis’ ich bei jedem rauhen Wind,
Daß er euch nicht berühret,
Und klag’ euch bei jedem Lüftchen lind,
Daß ihrs im Grab nicht spüret.

Euch preis’ ich bei jedem Schmerz in der Brust,
Daß ihr ihm seid entrücket,
Und klag’ euch bei jeder Frühlingslust,
Daß euch kein Kranz mehr schmücket.

Und rechn’ ich Leid und Freude voll
Zusammen in diesen Tagen,
So weiß ich nicht, ob ich euch soll
Glückpreisen oder beklagen.

(Friedrich Rückert)


In ruhiger Konzentration zog er die rasiermesserscharfe Klinge immer wieder die Wange herab, löste Stoppel um Stoppel und lies sie in die Waschschüssel rieseln. Die Konturen des Kinnbarts zeigten sich langsam wieder deutlicher, nachdem all der Wildwuchs auf dem restlichen Gesicht mit Präzision zurückgestutzt wurde. Verdammt - das tat gut. Manchmal brauchte man das reinliche Gefühl nach einer ausgiebigen Rasur einfach. Merkwürdig. Als es ihm 'dreckig' ging schien er nie so recht den Wunsch nach der Kühle des Rasierschaums und des Wassers auf seiner Wange zu verspüren. Und jetzt wo es ihm, in Ermangelung eines besseren Wortes, blendend ging kam er endlich wieder dazu seine Erscheinung mal wieder herauszuputzen.

Er hatte vor kurzer Zeit erst sein bestes theologisches Werk seit der 'relativen Menstheorie' vollendet - eine rhetorische Schönheit. Wortgewordene Eloquenz! Er hatte sich einfach hingesetzt und es war, als wüsste er schon was auf dem Pergament stehen müsste. Und dann die Pläne für das Sternenteleskop, die er gleich daraufhin angefertigt hatte. Zwei seiner besten Einfälle in so kurzer Zeit, und das, wo er doch in einem selbstgewählten Exil war.

Er konnte nicht so recht vor die Türe ohne zu riskieren über Soldaten oder spätere potentielle Zeugen zu stolpern und hatte deswegen nun schon seit er hier war praktisch keinen Fuß mehr vor die Türschwelle gesetzt. Die Laborausstattung, die er mit sich bringen konnte, war grundlegend und kaum ausreichend für erweiterte Versuchsaufbauten. Die wenigen Bücher hier hatte er schon viele Male durchgelesen und kannte sie bis auf den letzten Paragraphen, das letzte Wort, den letzten Vers, den letzten Pinselstrich jeder einzelnen Illustration auswendig. Er hatte improvisieren müssen, was die drei täglichen Gebete am Ventusschrein anging - persönlich aufsuchen hatte er ihn ja nicht können.

Aber dieser Entzug des Schreins wog gar nicht mehr so schwer, in Anbetracht des neu gefundenen Aufwindes. Sowieso fühlte er sich so viel besser! Im Einklang mit dem Wind..! Er musste sich nicht einmal mehr anstrengen, kaum darüber nachdenken und es schien einfach zu passieren.

Vor lauter Übermut wischte er mit dem Rücken der rechten Hand vor sich durch die Luft und ließ die abrasierten Stoppel in eine Ecke fortgeweht werden - und sich im selben Moment die Wangen von den restlichen, hartnäckigen Wassertropfen und nassen Härchen befreien. Ein tiefes Einatmen und er konnte schwören er verspürte keinen Hunger mehr, kein Bedürfnis diese.. diese irdischen Speisen auch nur anzurühren. Und wozu überhaupt die Kleidung, wenn er sich durch Brise und Pusten doch gar nicht mehr kalt fühlen müsste, wenn er es nicht wollte. Wenn das nicht der perfekte Einklang mit dem Wind war, was dann..?

Halbnackt kam er auf dem Bett zu liegen und kicherte noch einige Stunden vor sich hin statt des Schlafes.

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 Betreff des Beitrags: Re: "Was soll's."
BeitragVerfasst: 6.07.10, 16:44 
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Wie lange war er nun schon hier? Vier Tage, etwa? Vielleicht mehr.
Natürlich war es bedauerlich gewesen, dass es ihm trotz des Einsatzes rhetorischer Stilmittel (Tee und Saft als Demonstration der theoretischen Möglichkeit, dass es ja ungleich gefährlichere Substanzen hätten sein können) nicht gelungen war noch eine passende, letzte Rede zu halten um ein paar Dinge aufzuklären bevor er sich schließlich wohl überlegt in die Ersonterhaft begabt - nicht ganz nach Plan, zugegeben. Ventus möge es Serafina, dem Bellumsdiener und der Vitamadienerin vergelten, die sich um ihn gekümmert hatten. Nun hatte er in aller Ruhe Zeit seine Verteidigungsrede mental vorzubereiten (Schreibmaterial war ihm 'abhanden gekommen') und sich auf den Prozess zu.. freuen.

Ist es in solchen Situationen nicht angebracht, ein Lied als Zeichen des Trotzes und der Unbeugsamkeit im Angesicht der Unterdrückung durch.. Strohköpfe zu demonstrieren? - Gut. Die Kehle würde mit einem Räuspern gereinigt. Es würde auch ohne Instrumente gehen, denn schließlich gab die Zelle an sich eher wenig her. Genaugenommen seit Tagen schon nicht mehr Essen, wenn man von der brockigen Fischsuppe absah, die noch dazu außerhalb seiner kettenbeschränkten Reichweite lag. Es wurde sich also eines Liedes entsonnen - des Einzigen, das er noch auswendig konnte.

Die Hymne der Akademie der Winde zu Ventria.


Adeste, quotquot estis,
Alumni ventorum;
Adeste, quidquid usquam est
Ventronensium:
Vos hodie vos aula
Festiva convocat,
Et vobis en! aestivis
Sertis se decorat.
Adeste quotquot estis,
Neu votum sileat,
'O floreat Ventria,
Ventria floreat!'

Kommt, wo auch immer ihr seid,
Kinder des Windes;
Kommt, was auch immer sonst sein mag,
Ventrier:
Denn heute ruft sie zusammen im Hofe
zu einer Festlichkeit,
Und seht nur! In herbstliche
Blumenpracht hat sie sich gehüllt.
Kommt, wo auch immer ihr seid,
Damit der Schwur nicht verklingen mag,
"O Ventria, erblühe,
Erblühen möge Ventria!"


Stat nostra stetque sedes
Silvis circumdata,
Et stantis instar vigilis
Tuetur omnia;
Qua collibus se collis
Jungit purpureus,
Qua turgidus in rivum
Se fundit rivulus;
Stat nostra stetque sedes
Aquis imposita,
Rivorum, ruris, montium,
Silvarum domina.

Da sind wir und es steht ihr Sitz
In den umliegenden Wäldern,
Und dort steht sie wie eine Wächterin
Alle bewachend;
Wo Berg und Berg
Sich purpurn vereinigen,
Wo plätschernd sich das Bächlein
in den Bach ergießt;
Da sind wir und es steht ihr Sitz
Über den Wässern.
Der Bäche, Länder, Berger
Und der Wälder Herrin.


Stat gaudiorum fautrix,
Stat fautrix studii,
Bonarum mater artium,
Civisque liberi:
Favet, favebit eadem
Nativo robori,
Ventus amori, patriae,
Datoris et Venti:-
Quo semper orbis vocem
Hanc totus audiat,
O floreat Ventria,
Ventria floreat.

Sie ist die Herrin unserer Freuden,
Die Herrin unseres Bemühens,
Die gute Mutter aller Künste,
Und freier Menschen:
Sie bevorzugt, und bevorzugt seit jeher
Ihre angestammte Linie,
Die Liebe des Windes, des Vaterlands,
Und des schenkenden Ventus:-
So soll ganz Tare auf immer diese
Stimme hören:
"O Ventria, erblühe,
Erblühen möge Ventria!"

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