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 Betreff des Beitrags: [An Waldemar Delarie] Ein Brief.
BeitragVerfasst: 9.06.10, 17:31 
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Im Laufe des Tages dürfte ein unbefangener Bote eine Nachricht zu den Wachen am Nordtor Falkensees überbringen - die dann früher oder später durch Wachablösungen etcetera ihren Weg zum Addressaten finden dürfte. Wenn man das gefaltete Blatt aus feinem Pergament öffnet erblickt man sorgfältige Schrift, die sich über viele Zeilen hinweg erstreckt, tintenschwarz auf pergamentbraun. Die Einleitung, wohl der eigentliche Brief, wurde mit andersfarbiger Tinte über die erste Zeile geschrieben.

An Gardehauptmann Waldemar Edelherr Delarie zu Ersont.
Werter Gardehauptmann, ich hoffe, ihr schätzt diesen kruden Auszug aus meinen geistigen Ergüssen des heutigen Tages. Ich bin überzeugt, dass eingehende Lektüre euch zu dem Schluss bringen wird, dass der Fehler auch teils bei euch liegt - und dass wir folglich diese dröge Sache ein für alle Mal hinter uns lassen können.
Hohepriester Windflüsterer.

Freier Dozent der Akademie der arkanen Künste zu Siebenwind,
Ordensstreiter des Löwenordens,
Freund der Kabale,
Erfinder des Semaphors,
Autor der "Vermessung Siebenwinds" und neunzehn anderer umfangreicher Werke,
etcetera.


Versteckter Inhalt bzw. Spoiler :
En'Hor und Sa'Hor
Eine kleine Erläuterung, halb in Stichworten.


In letzter Zeit zeichnete sich immer wieder eine theologische Ansicht von Seiten diverser Vieregläubiger ab: Dass die En'Hor nur die Diener der Viere sind und ihnen ihre Schöpfung willenlos zur Verfügung stellen, unfähig einen Gedanken zu fassen.

Das Argument lautet in etwa so: Die Diener und Gläubigen der Viere sind zweifellos wesentlich zahlreicher als die Anbeter der Elementarherren. Folglich muss es etwas geben, dass sie zu diesem Glauben anzieht - der Glauben muss also der Richtigere sein, da er einen größeren Einfluss auf die Menschen hat. Weil Einige dazu tendieren, im Werk der Viere ihre Erfüllung zu finden, sollten sich Andere ihnen anschließen - wie bei einer Karawane.
Das Problem an diesem Argument ist, dass, wer sich dieses Appelles bedient, einen logischen Fehltritt begeht. Die Zahl der Unterstützer einer Thesis (In diesem Fall "Die Viere sind vorzuziehen") sagt nichts über ihre Richtigkeit aus, da die Möglichkeit des Irrens immer noch gegeben ist. Im Späteren wird darauf eingegangen werden, warum es ein solches Ungleichgewicht in der Verteilung der Gläubigen gibt; nämlich, dass das Verhältnis von Vieredienern zu Elementdienern größer ist in den Städten als es in den ländlichen Gemeinden und Kommunen ist. Für den Moment muss es genügen zu sagen, dass das Wohl der Vielen oft zu Kosten des Wohles der Wenigen gefunden wird.

Denn ein zweiter Fehler ist zumeist, dass uns von früh auf eine Welt beschrieben wird, die aus Schwarz und Weiß besteht - wir sehen uns einem sogenannten Falschen Dilemma gegenüber, bei dem wir uns nur für eine der beiden Seiten entscheiden können. 'Wer nicht für uns, ist gegen uns.' ist ein perfektes Beispiel für diese moralische Einstellung. Tatsache aber ist, dass es einen Mittelweg geben kann, den Glauben an die Elemente, der für so manchen ebenfalls zu Erfüllung führt. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus kann ich berichten, dass besonders Diener der Elemente ihren Lebtag ein bedauerliches und trübsames Leben fristen, wenn sie sich aus Furcht nicht ihrem Schicksal hingeben. Der Pfad der neutralen Mitte war so auch oft ein lebensrettender: Am Beispiel von Ana Sargan, etwa, einer Frau, die andere Frauen dem männlichen Geschlecht im Bette vorzog. Diener der Viere pfählten ihre Geliebte, da diese Art der Liebe von der überwältigenden Mehrheit der Vitamaorden als nicht richtig und nicht von den Vieren gesegnet angesehen wird: Wen verwundert es dann noch, dass eben diese Ana zum Glauben an die Elemente führte? Die Meisten von uns Gläubigen der Elemente haben ihren Platz in der vieregesegneten Ordnung nicht so recht finden können und eckten auf allen Seiten an, ehe wir Zuneigung und Liebe erfuhren durch die Elemente, die längst nicht so lebensfeindlich und abweisend sind wie es oft heißt, oder wie man sie oft wahrnehmen mag. Ist es verwerflich, diesen Pfad, der so offensichtlich unsere einzige Hoffnung auf ein glückliches Leben auf Tares Angesicht ist, weiter zu verfolgen?
Wer diese Denkanstöße im Bewusstsein abschmettert, dass "Häretiker" (eine unpassende Bezeichnung wohlgemerkt, da Häretiker per Definition nur in der selben Kirche zu finden sind), dass Ungläubige kein wahres Wort sprechen können, der begeht einen logischen Erbfehler, denn die Quelle der Inspiration sagt nichts über die Qualität der Idee selbst aus. Die plündernden Khalandrier waren, bewiesenermaßen, hervorragende Krieger: Ist die Kriegskunst daher verwerflich? Dies muss wohl jeder klar verneinen.

Oft wird diese Ansicht auch von Menschen fortgetragen, die auf ihre Autorität pochen und diese missbrauchen um sie zu verbreiten. Offensichtlich ist es, dass es fehlhaft ist, die eigene Autorität auf die Wichtigkeit der Behauptung zu übertragen, wenn die Autorität selbst nicht von Relevanz im Angesicht des behandelten Gebietes ist. So folgt logisch, dass weder Adlige, noch Männer aus Militär, Handel mehr Gewicht haben in diesen Belangen als Freie. Zutreffen tut dies aber auf Philosophen, Theologen und Diener der Götter, die jeden Tag mit solchen Fragestellung zubringen und so eine gewisse Eminenz haben.
Im Zusammenhang mit dem Appell an die Autorität findet sich auch oft ein logischer Appell an irrelevante Belange: Weder Tradition, noch Antiquität des zweifellos alten und auch altehrwürdigen Viereglaubens sprechen für oder gegen die Stärke der Argumente, die er vorbringt. Mit der selben Wahrscheinlichkeit können gute Ideen und Vorschläge auch von 'Neuen' eingereicht werden, denn die Weisheit von Individuen überträgt sich nicht erblich durch eine Institution. Selbst im kurzen Zeitrahmen von drei Götterläufen hat, als Beispiel, die Kirche der Viereinigkeit zu Siebenwind drastische Änderungen durchlaufen und die Dogmen teils vollständig umgewälzt und umgeschrieben. Detail dessen darzulegen ist nun nicht meine Aufgabe und würde den Rahmen dieses Werkes sprengen.

Nach all diesen Fehlern in der Relevanz der angeführten Argumente aber gilt es nun, sich den fatalen Implikationen des Schlusses aus den Folgerung zu widmen. Die Beweislast, dass die En'Hor keine Götter sind liegt bei den Vertretern der Gegenmeinung, nicht umgekehrt. Denn wenn man von der Gleichheit von Materie und Seele ausgeht, so ist es möglich, dass sie "brüderlich" Hand in Hand arbeiten und koexistieren können. Sobald man aber die En'Hor als Diener der allmächtigen Viere bezeichnet muss man damit zwangsläufig auch einige weitere Dinge annehmen. Anfangs, beispielsweise, dass die Diener der Viere dann den Vieren selbst überlegen sein können. Beispiele dafür finden sich beispielsweise in den Überlieferungen vom Ende der Amulettkriege. In der größten Stunde der Not der Viere mussten die En'Hor selbst eingreifen um ihr geschätztes Gleichgewicht wieder zurechtzurücken - und setzten sich dabei kurzerhand über den Feind hinweg, an dem die Viere selbst scheiterten. Antike, quellenlose Geschichten, Mythen fast schon, reichen aber nicht als Erklärung aus: So lassen sich in kürzer zurückliegender Zeit Gofilm und Falkensee als Referenzen heranziehen. Beide Städte wurden durch die Taten der Diener der Elemente (vom Orden der Hand Flachtez beziehungsweise der Ecclesia Elementorum) schwer verwüstet und beschädigt. Eine solche Tat setzt entweder vorraus, dass die Viere selbst es erlaubten, oder dass die En'Hor es dennoch taten. Wenn man nun sagt, dass diese von Menschen angestifteten Taten lediglich das Werk von Geistern waren, mit denen die Diener wohl einem Dämonenpakt gleich einen Handel geschlossen haben, dann vergrößert man lediglich das Problem der vermeintlichen Lücke zwischen den Mächten der Elemente und den Mächten der Viere.

Wer also die Göttlichkeit der En'Hor anzweifelt, der lässt auch die Möglichkeit offen, dass man die Göttlichkeit der Viere ebenso anzweifelt, mit identischen Argumenten. Denn weder Verweis auf die Urgeschichte (die interpretierbar und unzuverlässig ist) noch ein Appell an die Macht, die eigene Meinung notfalls gewaltsam durchzusetzen (wie praktiziert in Vandrien) taugen als endgültiger Beweis, dass eine Wesenheit eben doch göttlich ist. So wäre ein theologischer Waffenstillstand das Sinnvollste, denn beide Wege, sowohl Verneinung der Viere als auch Verneinung der En'Hor, führen wahlweise zur Inqusition oder zum Zorn der Elemente.

Nicht abzusprechen ist jedoch die Tatsache, dass die Schöpfungen sowohl der En'Hor als auch der Sa'Hor auf ihre Weise essentiell sind für das Leben: Ohne Materie würde nichts existieren, was man sehen, fühlen oder hören kann (und man könnte nicht sehen, fühlen oder hören, genaugenommen) während die Seele uns ermöglicht, aus unseren Fehlern zu lernen und uns zu vervielfältigen durch das Wunder des Lebens.

Im Übrigen:
Ein weiser Mann sagt einmal, dass Macht ohne Liebe zu Tyrannei führt,
Wissen ohne Liebe zu Rechthaberei und Schläue,
Und Glauben ohne Liebe zu Fanatismus.

Denkt bitte einmal darüber nach.

_________________
"Nenne mir, Muse, den Mann, den Vielgewanderten..."
Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον


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 Betreff des Beitrags: Re: [An Waldemar Delarie] Ein Brief.
BeitragVerfasst: 12.06.10, 22:52 
Edelbürger
Edelbürger
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Registriert: 10.05.09, 19:53
Beiträge: 1943
*Der Brief mag den Gardehuptmann lange erreicht haben. Eine Reaktion scheint aber auszubleiben.*

_________________
Sic semper tyrannis
Waldemar Delarie


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