Falkenstein am 22. Triar im 21. Jahr der Herrschaft des Königs Hilgorad I. Ap Mer
Den Vieren zur Ehr liebe Freundin!Lang ist es nun schon her, daß ich bei dir im Weberknecht stand und Abschied nehmen mußte. Im Oner muß es gewesen sein und erst im Dular erreichte ich meines Vaters Haus.
Den ganzen Duler saß ich im ossianischen fest und versuchte mit wachsender Verzweiflung eine Passage nach Falkenstein zu bekommen.
Der
Atmende Tod, auf der Insel glücklicherweise ausmerzt, tanzt fröhlich durch die Gassen
Venturias und kaum ein Falkensteiner Schiff legt an, ohne zuvor einige Zeit fernab des Hafens vor Anker gelegen zu haben.
Meinem Vater geht es inzwischen wieder besser, seine Gebrechen sind anderer Art, doch ist er nicht in der Lage die Geschäfte alleine zu führen.
Lang sind die Tage und kurz die Nächte.
Es ist nicht leicht den Boden zurückzugewinnen, den sich perfide und verschlagene Konkurrenten meines Vaters erobern konnten, doch eher will ich ganz Falkenstein in ein Armenhaus verwandelt sehen, als diese
Knilche in feinen Brokatkleidern die Straßen entlang flanieren zu sehen.
Ich hoffe die Lage auf der Insel ist nicht so düster, wie mancher Reisende mir berichtete.
Von einem Händler, der Geschäfte mit Siebenwind macht, konnte ich ein paar Ausgaben des
Siebenwindboten erstehen.
So bin ich, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, leidlich auf dem Laufenden über die Ereignisse auf der Insel.
So konnte ich in einer der Ausgaben, ich glaube, es war die 178. entnehmen, daß unsere spezielle Freundin,
Alachid von ihrem Posten enthoben wurde. Mein Herz frohlockte beim Lesen dieser Nachricht, denn ich erinnere mich noch gut an die von ihr geleiteten Bürgerversammlungen.
Mit großem Schrecken aber las ich von der Liste dieses ominösen
Lorion, der dir ja schon eine ganze Weile nachstellte. Hab ja gut Acht auf dich und verriegle die Türen des Nachts, den Dienern des Einen ist jede Schandtat zuzutrauen.
Wie geht es diesem eigentümlichen Alchemisten, ich glaube
Markus war sein Name? Er schien ja ein gewisses Interesse an mir gehabt zu haben. Obgleich ich weit weg bin - oder vielleicht gerade deshalb, möchte ich dich bitten ihm herzliche Grüße auszurichten.
Wenn ich mich recht erinnere, hatte er ja sein Netz recht weit ausgeworfen und auch die
Patrizierin von Brandenstein mit Aufmerksamkeiten bedacht. Ich nehme jedoch an, daß dies auf keinen fruchtbaren Boden fiel, vielleicht solltest du ihm raten sich auf eine Dame zu konzentrieren.
Ich hoffe du hast endlich einen leidlich vernunftbegabten Mann gefunden, der dir weniger Last als Stütze ist und weder all zu ausgefallene Neigungen hegt noch gänzlich abgeneigt ist.
Als ich heimkehrte fand ich einige junge Bedienstete im Geschäft meines Vaters vor, von denen ich zwei nach einigem Streit und Ärger vor die Tür setzen mußte, da sie, anstatt den Reichtum des Geschäftes zu mehren durch Arbeit und Fleiss, diesen zu mindern suchten, indem sie Dukaten in die falschen Beutel fallen ließen.
Einer der Angestellten - ich weiß, man sollte sich nicht mit Untergebenen einlassen - hat mich hierbei sehr unterstützt. Er scheint auch recht hell im Kopfe und voll Hingabe und Tatendrang das Terrain zurückzugewinnen, welches wir an die Konkurrenz verloren.
Sein
lockiges braunes Haar und seine
verträumten blauen Augen erscheinen mir manches mal gar in meinen Träumen, doch wage ich nicht den Wünschen Taten folgen zu lassen.
Zu groß sind meine Zweifel, ob ich noch die Herrin des Hauses sein kann, wenn ich Schwäche zeige im falschen Moment.
Wäre mein Vater nicht, die Sorgen wären geringer.
Was machen deine Geschäfte? Ich erinnere mich noch, daß dieser
unsägliche Schneider als Brandstifter aus der Stadt flüchtete.
Ist
Lea noch bei dir in der Lehre? Ich mochte sie recht gern und erinnere mich noch gut an die vielen Zyklen, die wir im Keller beim Weben von Tuch verbrachten, über diesen größenwahnsinnigen Elfen
Ahilur lachten und uns über die Statthalterin beklagten.
Hat der Herr Ahilur nun seine Pläne verwirklicht und eine Zwangszunft gegründet mit sich selbst als Leiter? Ich hoffe doch, liebe Freundin, daß du und die anderen vernünftigen Handwerker der Stadt soetwas nicht zugelassen habt.
Ich muß nun langsam schließen. Die kleine Nau, die mein Vater für den Handel mit
Ossian bauen ließ läuft bald aus und meine Fragen mögen wirr und zusammenhanglos auf dich wirken.
Ich hoffe, diese Zeilen erreichen dich so schnell als möglich.
in
liebevoller Freundschaft verbunden
Deine
Jeska