Event-Teamleiter |
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Registriert: 6.04.08, 20:14 Beiträge: 2882 Wohnort: USA
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 Unter Brandenstein, in einem Kellergewölbe bei Kerzenschein: Gräulicher Qualm brach das Licht der Kerze, dämpfte es stellenweise je nach Dichte gar vollständig. Die Quelle war eine Pfeife, in der einige getrocknete, zackig abgebrochene Blätter der Nachtschattenpflanze vor sich hin schwelten - zwei Bücherkanten stützen sie beidseitig, damit sie nicht umfallen würde. Auf einem der haltenden Bücher stand eine Flasche schweren, endophalischen Rotweins - der dunkle Pegel neigte sich bereits dem Boden zu und kündete von der Tatsache, dass diese Flasche ihrem Besitzer schon so manchen wohligen Rausch beschert hatte. Eine Hand langte nach der Pfeife, führte sie zum Mund um sich einen inhalierenden Zug zu gönnen. Langgezogen wurde der heiße Rauch wieder durch die Nase entlassen, als er begann der Lunge allzu schmerzhaft zuzusetzen - wie ein gefangenes Wildtier. Der zweite Handgriff galt der Flasche, um den Geschmack nach Asche mit dem starken Aroma des Roten herabzuspülen. Mit wissenschaftlichem Interesse nahm er die Tatsache hin, dass seine Augen begannen ihm Streiche zu spielen und die Glieder müde und schwer wurden, wie vom Nachtschatten zu erwarten war.
"Ich kam mit offenen Armen, aber ihr habt ausgeschlagen."
Der Druide heute: Typisch für seinesgleichen. Arrogant, denn es liegt schon im Namen: Wahrer des Gleichgewichts. Herren über die Elemente - schlimmer noch als die Magier, denn sie waren sich dessen auch noch so grauenhaft sicher. Das Gleichgewicht war bedroht... Ha, etwas Neues hätte erzählen sollen. Was hatten die Leute in letzter Zeit nur mit dem Gleichgewicht? Kaum zehn Schritt konnte er gehen, ohne daran erinnert zu werden. Als ob auf einem solchen Haufen von meerumspülten Dreck einer Schicksalsinsel überhaupt jemals ein perfektes Gleichgewicht geschaffen werden könnte? Zum Gleichgewicht brauchte man ein gleiches Gewicht, wie der Name schon so direkt aussagte. Und wer vermochte schon, Gegensätze in Einem zu vereinen? Ganz sicher keiner der Festlandsorden, die selbst wenn sie dem selben En'Hor folgten noch so fürchterlich zersplittert waren. Und zänkisch wie die Waschweiber, untereinander.
Das Gleichgewicht...
"Es würde sich schon eine Lösung ergeben."
Das Gespräch mit der lieben Novizin Caethelleath vor einigen Tagen: Wie sie gemeinsam der Tatsache gehadert hatten, dass nur Schlachten und sonstige bösartige Zerstörung der Bedrohung durch die Sammler beikommen könnten. Wie sie gemeinsam gehofft hatten, dass es vielleicht irgendwann einen Ausweg geben würde aus dieser Misere - ein Weg, bei dem man nicht noch mehr Blut vergießen müsste. Aber danach stand hier in dieser verdammten Provinz wohl kaum einer der Sinn. Tapfer wurden Heerführer von Murrin ausgebildet, unbeirrbar führte dieser Edelherr Delarie seine Soldaten in die Schlacht gegen den neusten Auswuchs der Sammlerkreaturen.
So... unbefriedigend.
"Ihr seid nicht mehr der Novize, den ich einst kannte, Lazalantin. Ich dachte, ihr wärt der neue Rektor."
Rektor Vencurius war so voll guter Worte für ihn gewesen. Worte, nach dem es ihn nach so einer Durststrecke förmlich verlangt hatte. Worte, die nach der schrecklichen Erfahrung in der Zwischenebene nach Kawor, tief unter Tiefenbach und doch nicht, auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Aber er hatte die Erwartungen, die er sich daraufhin selbst so tapfer stellte, nicht zu Zufriedenheit erfüllen könnte: Jeder Gedankengang, dem er folgte, endete in einer Sackgasse. Ein Sturm? Gegen Höhlenwesen nutzlos, erst recht, wenn es doch nur zwei, vielleicht drei mögliche Schaffer geben könnte. Flut? Zu weit vom Meer entfernt, Regen zu indirekt, Novizen nicht weit genug. Ein Erdbeben? Nicht gründlich genug für das ausgeprägte Netzwerk an Tunneln, die die Sammler geschaffen hatten. Und an Ignis' Element war kaum heranzukommen, denn der Splitterbergvulkan war zu stabil und zu weit entfernt, wenn auch nur knapp. Es war so grauenhaft frustrierend, feststellen zu müssen, dass zu nichts die Mittel und die Macht reichen würde. Zahlreich wie nie war die Ecclesia nun, und doch waren diese Neuzugänge und Alteingesessenen fast gleichmäßig über die vier Pfade der Elemente verteilt.
Zum Haare ausreißen!
Die benebelten Gedanken brachen ab, bevor er sich an Roughwynns Begrünungsprojekt erinnern konnte. Eine vage Hand strich über den Stapel an Büchern, der sich neben dem niedrigen Tisch stapelte und forschende Fingerspitzen befühlten die eingestanzen, eingestickten oder eingebrannten Buchtitel auf den Bücherrücken. Seine kleinen Schätze, die er aus der Akademie Ventrias mitgebracht hatte. Gleichgewichtstheorie, Obskure Architektur, fortgeschrittene Runen und Symbolik, Kosmologie nach Liskon - und doch wusste keins von ihnen eine elegante Antwort auf das Problem der Sammler. Das Problem, dass einfach nicht von selbst weggehen wollte. Ein hartnäckiges Problem, das nach einer gründlichen Lösung rief. Riesige Schlangenwesen, physisch schon mehreren Männern überlegen und dazu noch hochbegabt in den arkanen Künsten. Was immer er ihnen entgegenwerfen würde, sie könnten es magisch abwenden oder manipulieren und für ihre düsteren Zwecke missbrauchen.
Wie bricht man die Gabe der Magie?
Die Hand schließlich stieß auf eine Unregelmäßigkeit in dem Stapel und zog das hervorlugende Pergament am Eselsohr hervor, um einen Blick darauf zu werfen. Der Rauch brannte in den Augen und der Wein sprach ihm zu, sie einfach zu schließen und die Sorgen auszuschlafen bis er etwas weibliche Gesellschaft genießen könnte um sie vollends auszublenden.
Nein.
Zitat: Die Legende des Spiegels Invar.
Manche Geschichten führen zu einem Krieg. Manche erzählen von einem - von den Heldentaten, die die Beteiligten vollbringen um sich selbst oder ihre Geliebten und Brüder vor dem zerstörenden Sog des Konflikts zu schützen. Diese erzählt von dem Ende eines Krieges. Des Krieges: Der Amulettkriege. Jener Folge von tareerschütternder Kriege, die bald eine neue Zeitrechnung beginnen sollten. Denn nach ihnen war nichts mehr, wie es zuvor noch war.
(...)
Diese Geschichte ist eine Legende, denn es existiert niemand mehr, der es hätte miterleben können. Mehr als Fünftausend Götterläufe ist es nun her, und selbst die unsterblichen Wesen die so alt sein könnten, weilen nicht mehr unter uns. Die Seelensammler dieses Zeitalters sind verlorengegangen, die Elfen schon lange in Lothorien - denn Tare vermag nicht, dass kurze und ungründliche Interesse eines Sterblichen für mehr als ein Millennium im besten Falle zu halten. Selbst die Kaiserdrachen sind gegangen. Die letzte schriftliche Erwähnung eines Kaiserdrachens, zur Offenbarung der Asara Himmelschein, der ersten sterblichen Ventusdienerin, ist nun schon gute zweitausend Götterläufe her. Was uns geblieben sind, sind bruchstückhafte Überlieferungen und kleine Fragmente von mündlichen Geschichten, die durch Generationen von Ventusdienern zusehends verzerrt und korrigiert worden sind. Unzweifelhaft ist, dass die Amulettkriege sich dem Ende zuneigten, als der Eine durch eine großangelegte Liste an die Macht der Sa'Hor gelangte. Durch die Resorption gelang es ihm, der Allmacht der Go'Hor, seinem Ziel, ein gutes Stück näher zu kommen. Ein so bedrohliches Stück, dass er nun seine Eltern und deren Bruder und Schwester an den Rand der Zerstörung brachte. Ihre Gläubigen waren durch die angamonischen Einflüsterungen abspenstig geworden, Tare zerbrach und litt unter seinen Fußtritten als er in der ersten Sphäre wandelte um hier aller Schöpfung ein Ende zu setzen um sich als König über das Nichts zu krönen. Novizen wird gelehrt, dass die En'Hor dies sahen und eingriffen. Es heißt, dass sie das globale Gleichgewicht für das erste Mal seit dem Urkrieg zwischen Laryseij und Gangreij in Gefahr sahen und nicht anders konnten, als selbst aktiv zu werden um es wieder ins rechte zu rücken. Eine unbefriedigende Erklärung, eines Lernenden am Anfang seines Weges jedoch angemessen und durchaus in ihrer Gänze zumindest nicht falsch - wenn auch nicht korrekt. Denn es gibt noch mehr zu wissen. Geschichten, geflüsterte Anmerkungen. Über den Spiegel "Invar", der das Instrument des Gleichgewichts werden sollte. Die vier Elemente waren sich nie einig. Xan und Ignis würden sich gegenseitig auslöschen, wenn sie es könnten und dürften. Rien und Ventus würden sich meiden und völlig trennen, für alle Ewigkeit. Aber eins war ihr gemeinsames Bestreben und ist es noch immer: Nämlich, den Plan, die Idee der Go'Hor - der Demiurgen - aufrecht zu erhalten. Für dies mussten sie gemeinsam Tare behüten und sich miteinander arrangieren. Aber wie konnten sie Hand in Hand gehen, wenn sie sich dabei gegenseitig vernichten würden? Denn nun hielt sie nichts mehr zusammen. Die Viere waren zu schwach geworden und die En'Hor noch nicht kundig in der Kunst der Selbstbeherrschung und Zügelung.
(...)
Ein Medium war es, das sie benötigten. Und so schufen sie den Spiegel Invar, den Unveränderlichen. Seine Fläche war der Himmel und Xan gab ihm die Spiegelung der glatten und blauen See. Sein Rahmen waren die Berge selbst, die ihn sicher hielten. Und Ignis zuletzt hauchte ihm das antreibende Feuer seiner selbst ein, dass ihn niemals würde stillstehen lassen bis Tare wieder bereit war für die Schöpfung.
Und an diesem Tag wurde Tare neugeboren und die Ordnung wiederhergestellt. "Mhm-hm..."
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"Nenne mir, Muse, den Mann, den Vielgewanderten..." Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον
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