Event-Teamleiter |
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Registriert: 6.04.08, 20:14 Beiträge: 2882 Wohnort: USA
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Endtag, der dreizehnte Querlar des Jahres 5019 nach dem Ende der Amulettkriege.
Einige Seiten füllte ich das letzte Mal - jetzt scheint das Buch schon gar nicht mehr so kahl zu sein.
Die Tage seit dem letzten Eintrag fielen unerwartet und erfreulicherweise sehr geruhsam aus. Ich hatte ausgiebig Zeit, mich mit der Insel und ihren Einwohnern näher vertraut zu machen. Es ist wohl mein Fluch, dass ich diese Insel für immer mit Norland und Endophal und Ma'ahn vergleichen werde. Die einzige Wüste, die sich fand, ist leblos und kalt verglichen mit den wandernden Dünen um Luth-Mahid herum. Die wenigen Berggipfel, die ständig Schnee zu tragen scheinen, sind flachbrüstig verglichen mit den massiven Gebirgszügen und Fjorden des nördlichsten Norlands. Selbst die bezaubernd schönen Wälder, die man hier vereinzelt kann, scheinen mir nur ein hohler Abklang von Ma'ahns verborgener und so vielen unbekannter Pracht zu sein. Um mein Herz vor dem schmerzhaften Zerspringen zu bewahren, muss ich mir immer wieder selbst sagen, dass diese Insel womöglich nur eine weitere Etappe auf meiner Reise über Tares liebreizendes Antlitz sein wird.
Schlimme Dinge scheinen hier das einzig wahrlich Außergewöhnliche zu sein. Glücklicherweise wird man wohl auf dem Festland vergebens nach einem so verlassenen und düsteren Flecken wie dem Ödland suchen. Es ist mir nur recht, dass es den Löwenorden gibt, um uns die Kreaturen dieser Öde vom Leibe zu halten - ganz gleich ob Oger, Spinne, Sammler oder was bei allen und sämtlichen Niederhöllen auch immer dort noch herumkreuchen mag.
Doch werde ich es auch weiterhin so halten, nicht allzulange der Vergangenheit nachzusinnen. Denn tatsächlich ergeben sich schöne Möglichkeiten für die nähere Zukunft, die mit den Wesen zu tun haben, die mich wohl nie aufhören werden zu faszinieren: Menschen. Beziehungsweise auch Elfen und Dwarschim. Wo auch immer man vorbeikommt auf langen Reisen, es gibt nur eines, das man wahrlich zurücklässt und so nie wieder finden wird: Die Menschen, die dort lebten. Es versetzt mich immer wieder in Erstaunen, wie jeder Einzelne völlig unterschiedlich und einzigartig ist. So machte ich hier auf der Insel die Bekanntschaft von einigen wirklich faszinierenden Vertretern ihrer Art. Für den Moment werde ich mich auf die anderen Diener der Elemente in der Ecclesia beschränken:
Caethelleath, beispielsweise. Liebenswürdig und herzensgut bis zur Grenze der Naivität ist sie eine der vielversprechenderen Novizinnen, die mir in den letzten Jahren begegnet ist. Wir verstehen uns wirklich ausgezeichnet, nicht zuletzt auch ob ihrer unermesslichen Neugier über das Wissen der Elemente. Sie versteht sich noch nicht allzugut auf die Gebräuche und sozialen Normen der "Biundai", der Menschen, und verschätzt sich in dieser Hinsicht oft. Ich werde auf sie achtgeben müssen, damit sie sich nicht dadurch irgendwann in Gefahr oder Unglück stürzt. Gorion, Johannes und Hauke, die Novizen Riens, sind wirkliche Sturköpfe. Gleichzeitig sehr ähnlich und doch so grundlegend verschieden, dass sie mit der Vorhersehbarkeit eines Erdrutsches immer wieder aneinander geraten. Sobald sie sich die Hörner abgestoßen haben, könnten sie gemeinsam viel erreichen. Liegt darin nicht der Kern der Moral der letzten Jahre? Dass uns Zusammenhalt auch vor den scheinbar unabwendbaren Gefahren, wie der Auflösung des Toleranzediktes, beschützt? Meine pfadeigenen Novizen, Octavius und Quin, lassen sich eher selten blicken - besonders Letzterer. Ersterer erinnert mich sehr an mich, als ich noch Novize war: Aufbrausend, idealistisch und manchmal völlig verschätzt in Anbetracht der Realität. Ich kann nur hoffen, dass er irgendwann etwas mehr Ruhe findet um die Dinge, die ihm aufstoßen, mit unverändertem Elan anzugehen. Isaar, der Oberste Novize ob seiner langen Novizenzeit im Orden wohl, scheint mir da das polare Gegenteil zu sein: Ruhig und überlegt. Sehr ruhig, fast schon an der Grenze zur Gletschergeschwindigkeit. Er hat einen beunruhigenden Effekt auf die anderen Novizen, die ihn teils zu fürchten, teils einfach nur zu meiden scheinen. Er wird sicher einen ordentlichen Priester abgeben, denn er steht kurz vor seiner Weihe, ließ ich mir sagen.
Ich hatte, im Übrigen, die Möglichkeit, einige Vorträge an der lokalen, wenn auch magischen, Akademie zu halten. Freifrau Solos Nhergas bat mich darum, sie zu vertreten, da sie zwei geplante Etikette-Unterrichte nicht würde halten können. Ich kam der Bitte nur zu gerne nach, um mir ein eigenes Bild von der nächsten Generation an Magiern auf diesem Eiland zu machen. Das Ergebnis war bedauerlicherweise ernüchtern. Der erste Trottel, ein gewisser Valen Gutherz, verließ den Unterricht großmaulig nachdem ich ihm sagte, dass es keinen "Schein" dafür geben würde. Olanor Travens, ein Novize des Ita'll, schien zwischendrin immer wieder geradezu einzuschlafen - wenn er nicht gerade die halbe Vorlesung verpasste weil die Graue Garde ihn abbeorderte. Zufrieden bin ich lediglich mit Nadeeda al Nuribad, einer Studienreisenden aus Endophal, die sich sehr klug und aufmerksam anstellte. Wir verbrachten einige Stunden mit weitreichenden Diskussionen über die Götter, die Welt, die Elemente und was weiß ich noch alles. Ich werde mit Interesse verfolgen, was aus ihr wird.
Für heute soll es reichen.
- Lazalantin.
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"Nenne mir, Muse, den Mann, den Vielgewanderten..." Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, πολύτροπον
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